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Ausgabe:

1933

Spalte:

241-243

Autor/Hrsg.:

Andrae, Tor

Titel/Untertitel:

Die Frage der religiösen Anlage 1933

Rezensent:

Haas, Hans

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Theologische Literaturzeitung

BEGRÜNDET VON EMIL SCHÜRER UND ADOLF VON HARNACK

unter Mitwirkung von Prof. D. HERMANN DÖRRIES und Prof. D. Dr. GEORG WOBBERMIN, beide in Göttingen

HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR D. WALTER BAUER, GÖTTINGEN

Mit Bibliographischem Beiblatt in Vierteljahrsheften. Bearbeitet von Lic. Dr. phil. REICH und Mag. theol. H. SEESEMANN, beide in Göttingen.

Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis: halbjährlich RM 22.50

Manuskripte und gelehrte Mitteilungen sind ausschließlich an Professor D. BAUER in Göttingen, Düstere Eichenweg 46, eu senden,
Rezensionsexemplare ausschließlich an den Verlag. Gewähr für Besprechung oder Rücksendung von unverlangt gesandten Rezensionsexemplaren
, besonders noch bei Zusendung nach Göttingen, wird nicht Übernommen.

VERLAG DER J. C. HINRICHS'SCHEN BUCHHANDLUNG, LEIPZIG C 1

58. JAHRGANG, NR. 14 8. JULI 1933

Spalte

Andrae: Die Frage der relig. Anlage (Haas) 241
Arildsen: Biskop Hans Lassen Martensen

(Achelis)..................258

Bibliothek der Kirchenväter (Lietzmann) . . 249

Bullarium Danicum (Achelis)........255

Dehio: Geschichte der deutschen Kunst

(Stechow)..................262

Gruber: The first English New Testament

and Lukas (Hirsch)............249

Spalte

H a i n z: Das religiöse Leben der weiblichen

Jugend (Knevels) .............260

Die deutsche evangelische Heidenmission

(Witte)...................260

Die Kirche und das dritte Reich (Usener) . 261
Kittel: Gestalten und Gedanken in Israel

(Zimmerli).................243

Lau: „Äußerliche Ordnung" und „Weltlich

Ding" in Luthers Theologie (Seeberg) . . 255

Spalte

Lob er: Freiherr vom Stein (Gerhardt) . . 256
M o r i n: S. Caesarii Arelatensis Episcopi Re-

gulaSanctarum Virginum (Krüger) .... 254
Schmidt: Das Bodenrecht im Verfassungsentwurf
des Esra (Meinhold)....... 244

Schneider: Doxa (Kittel)......... 245

T s c h u d i: Geschichte der deutschen evangelischen
Gemeinde im Haag (Lerche) . . 257

Andrae, Tor: Die Frage der religiösen Anlage. Religionsgeschichtlich
beleuchtet. Uppsala: A. - B. Lundequistska Bokhandeln
1932. (79 S.) gr.8°. = Uppsala Universitets Arsskrift 1932. Progr. 5.

Von der Teylerschen Theol. Gesellsch. zu Haarlem
war im Jahre 1874 die Preisaufgabe gestellt: „Was lehrt
die Völkerkunde auf ihrem gegenwärtigen Standpunkt
über die Anlage des Menschen zur Religion?" Bekrönt
wurde in ihrer Sitzung vom 10. Nov. 1876 eine von

Seinen Ausgangspunkt nimmt der Verf. von der Tatsache
, daß nicht wenige unserer Zeitgenossen erklärtermaßen
irreligiös sind, was ihm so viel heißt wie des Vertrauens
, der Hingabe und der Ehrfurcht gegenüber einer
überweltlichen heiligen Macht ermangeln, die die Frömmigkeit
persönlich aufzufassen sich bestrebt. Für das
Entstehen dieses modernen Unglaubens hat die katholische
Theologie ihre dogmatische Erklärung, nicht aber,
nach Andrae, bis jetzt wenigstens auch die protestan-

Julius Happel, zu der Zeit Prediger der reformierten Ge- tische. Ohne ihren Vertretern ins Gehege kommen zu

meinde zu Buetzow in Mecklenburg-Schwerin, einge
reichte Lösung. Seiner in die „Verhandelingen rakende
den Natuurlijken en Geopenbaarden God'sdienst" (Nieuwe
Serie. Zesde Deel) aufgenommenen Abhandlung „Die
Anlage des Menschen zur Religion, vom gegenwärtigen
Standpunkte der Völkerkunde aus betrachtet und untersucht
" (Haarlem 1877) war von den gelehrten Preisrichtern
, m. E. nicht unverdientermaßen, das Lob gespendet
worden, ihr Verfasser habe den Gegenstand so
tief und vielseitig erfaßt, die vorgestellte Frage so vollwollen
, will er als Religionshistoriker die Antwort suchen
auf die Frage nach dem Grunde der Abkehr von
der Religion, eine Abkehr, die übrigens keineswegs ein
Neues und nur für diese letzte Zeit Charakteristisches,
sondern schon in der Vergangenheit als vorhanden zu
konstatieren ist. Seit wann das aber? Antwort: Unglaube
als bewußter Gegensatz von Frömmigkeit ist
entstanden in dem Augenblick, wo Glaube in unserem
Sinn, persönliche Stellungnahme zu dem Göttlichen, bewußt
hervortritt und von uns beobachtet werden kann.

ständig beantwortet und eine in mancher Hinsicht so be- | Gezeigt wird das (S. 12—23) an der Entwicklung bei

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deutende und vorzügliche Arbeit geleistet, daß ihm der
Preis nicht habe vorenthalten werden können. Die fünf
Kapitel, in denen Happel sich über sein Thema ausließ,
behandeln 1. die Existenz der religiösen Anlage, 2. Motiv
der rel. Anlage (das Objekt der Religion), 3. die
Qualität der rel. Anlage, 4. der moralische Wert der rel.
Anlage (das Verhältnis der rel. Anl. zur Sittlichkeit),
5. das Schicksal der rel. Anl.

Auf dieses ältere Werk, ein Buch von nicht weniger
als 388 Seiten, nimmt die vorliegende, von mir vorzustellende
Untersuchung nirgends Bezug, und es ist mir

den alten Griechen, wo sich in der Zeit vom 7. bis
zum 4. Jahrhundert, in der sich die Emanzipation der
Persönlichkeit vollzieht und die Religion als individuelle
Frömmigkeit zum Durchbruch kommt, zugleich die praktische
Asebeia (Respekt- und Pietätlosigkeit) wie die
theoretische Gottesleugnung erhebt, und zwar in all den
verschiedenen Formen, die uns aus der religiösen Situation
unserer Zeit wohlbekannt sind. Gezeigt wird es sodann
(S. 23—28) an dem so ganz anderen Ablauf der
alt israelitischen Entwicklung, wo aber doch auch
wieder der Durchbruch der persönlichen Religion die

nicht unwahrscheinlich, daß ihr gelehrter Herr Ver- j Veranlassung wird zu Krise und Entzweiung, indem die
fasser, bei uns bereits wohlbekannt durch seine ausge- i Propheten immer wieder zu ihrer schmerzvollen Entzeichneten
Arbeiten über Muhammed und den Islam, um täuschung erfahren müssen, daß die meisten den Forde-
die Existenz dieser eingehenden Erörterung des von ihm rungen der persönlichen Religion nicht nachkommen kön-
neu aufgegriffenen Gegenstandes überhaupt nicht weiß nen und wollen. „Eine weniger vorgeschrittene Kultur,
oder doch beim Niederschreiben seines eigenen Buches aber auch eine Verschiedenheit der geistigen Einstellung
nicht gewußt hat. Jedenfalls ist dieses sein Buch eine haben es bewirkt, daß die Problematik der Irreligiosität
durchaus selbständige, auch zu einer von der Happel- nicht so vielseitig entwickelt, man möchte sagen: nicht in
sehen verschiedenen eigenen Beantwortung der Frage so moderner Form wie in Griechenland, sich kundtat,
gelangende Durchdenkung des Problems. Ihm ist die- Der Gegensatz ist deswegen keineswegs weniger scharf

und entschieden gewesen." Weiterhin wird vom Verf.
zur Erhärtung seiner These Indien, das Land der
innigen Frömmigkeit, angezogen, wo gleichzeitig mit der
persönlichen Religiosität, von der die Upanishaden zeugen
, auch eine entschiedene Irreligiosität hervortritt
liehe Religion bei dem Einzelnen zum Durchbruch I (S. 28—30). Ganz denselben Gegensatz von Glauben
kommt" (S. 11). . | und Unglauben läßt, wie S. 30—33 gezeigt wird, die

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ses, obwohl auch er im Titel von religionsgeschichtlicher
Beleuchtung spricht, ein durchaus religionspsychologisches
. „Die Entstehung der Religion kann nur in dem
Sinne wissenschaftlich erforscht werden, daß man die
Bedingungen untersucht unter denen noch heute persön-