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Ausgabe:

1933 Nr. 13

Spalte:

230-231

Autor/Hrsg.:

Hoffmann, Ernestus

Titel/Untertitel:

Nikolai de Cusa: Opera Omnia. Vol. I: De docta ignorantia. Vol. II: Apologia doctae ignorantiae 1933

Rezensent:

Hirsch, Emanuel

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Theologische Literaturzeitung 1933 Nr. 13.

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Gott zwar erkennen oder fühlen, aber nichts Zutreffendes
von ihm aussagen könne (Nov. trin. 2, S. 8, 5), findet
sich schon in der Stoa, vgl. Sen. ep. 121,11: facilius
natura [deus sive natura] intellegitur quam enarratur,
auch Min. Fei. Oct. 39, 1. Bezüglich Tertullians hat
sich Hieronymus allerdings im Ausdruck vergriffen, wenn
er Novatians Schrift de trinitate quasi ejie xoiyv operis
Tertulliani nennt, aber ihre literarische Abhängigkeit von
adv. Prax. sollte nicht mehr bezweifelt werden. Treffend
verweist Kr. (S. 14) auf die wörtliche Übereinstimmung
von de trin. 4 (S. 14, 19 f.) mit adv. Prax. 27 (S. 45,
10 f. Kroymann). Man vergleiche aber auch c. 16 (55,
1) mit Prax. 25 (41,11), c. 18 (68,4) und c. 28 (101,
16) mit Pr. 21 (31,12), c. 27 (97, lff.) mit Pr. 22 (36,
lff.), c. 20 (74, lOff.) mit Pr. 13 (18,13ff.). Die Ausführungen
in c. 2 (8, 20 ff.) über die Unfähigkeit des
Menschen, ins Sonnenlicht zu blicken, berühren sich mit
Theophil, ad Autolyc. I, 5 (S. 16 Otto), aber die ähnlichen
in c. 18 (62, 12 ff.) über die Unsichtbarkeit Gottes
und die Sichtbarkeit des Logos treffen näher mit Prax. 14
(20, 18 ff.) zusammen. Ebenso stehen die Gedanken
und Wendungen in c. 31 (116, 4 ff.) den in Pr. 7 (9,3ff.)
näher als etwa den bei Hippol. Phil. X, 33. Auch sonst
finden sich bezeichnende Zusammenklänge in Verwendung
von Schriftstellen und Ausdrücken, wie z. B. beim
Verhältnis des Sohnes zum Vater (nasci, procedere, pro-
ferri etc.). Selbst mit dem silvam commovere in c. 21
(76,3) greift Novatian zu einem tertullianischen Lieblingsbild
, das auch Prax. 20 (30,21) steht. Auch das
Werk adv. Marc, hat bei Novatian Spuren hinterlassen,
wie beispielsweise ein Vergleich von c. 1 (6, lff.) mit
Marc. IV, 34 (537,26 Kroymann, vgl. de an. 58, p. 394,
13 Reiffenscheid), von c. 4 (15, 7 ff.) mit I, 3 (293, 16ff.
Kriebel S. 11), von c. 5 (17, lff.) mit 11,16 (356,19 ff.)
zeigt. Der Gedanke von c. 28 (101,10 ff.), daß die hl.
Schrift oftmals Zukünftiges als schon geschehen darstelle
, geht über adv. Marc. III, 5 (382, lff.) und Irenäus
Epid. c. 67 auf Justin Apol. 1,42 zurück, aber in der
näheren Fassung stimmt Novatian durchaus mit Ter-
tullian zusammen. Die Ausführungen über die Unver-
änderlichkeit Gottes in c. 4 (14, 3 ff.) erinnern an adv.
Hermog. 7 u. 12 (133, 20 ff. u. 139, 3 ff. Kroymann),
die über den Geist bei Moses und den Propheten und
dann bei Christus in c. 20 (75, 10 ff.) und c. 29 (107,
lff.) an de exhort. cast. 4 (I, 744 Oehler). In c. 14
(47, 3ff.) schreibt Novatian: si homo tantummodo Christus
, sur non licet Christum sine exitio animae negari,
cum in hominem commissum delictum referatur posse
dimittiP, wie Tertullian de pud. 21,15 (S. 68,23 Peuschen2
) geschrieben hatte: praeiudicatur enim non di-
mittenda in Deum delicta, cum in nomine admissa do-
nantur.

Auf diese Beziehungen bin ich hier näher eingegangen
, weil hierüber in Iiterar- und in dogmengeschicht-
lichen Werken, wie es scheint, immer noch unbegründete
Zweifel und Bedenken herrschen. Das Verhältnis
Novatians zu Irenäus hat Kr. (S. 10) nur gestreift.
Daß aber der römische Presbyter das große Werk des
Bischofs von Lyon kannte, steht ebenfalls außer Zweifel.
Man vergleiche z. B. c. 13 (44,12 ff.) mit adv. haer.
V, 17,3 (S. 764 Stieren). In c. 1 (5, lff.) wird die mar-
cionitische Behauptung eines Neides beim Schöpfergott
nicht, wie bei Theophilus ad Autolyc. 11,25 (S. 126
Otto) mit dem Baum der Erkenntnis, sondern, wie
bei Irenäus III, 23,6 (S. 550 Stieren), mit dem Baum
des Lebens in Verbindung gebracht, und die Entgegnung
, daß Gott vielmehr die Sünde Adams nicht
verewigen wollte, stimmt ebenfalls in der Fassung mit
Irenäus näher zusammen als mit Theophilus II, 26
(S. 128). Auch der Gedanke der „Gewöhnung" in c. 18
(62, 1 lff.), c. 28 (103, 24 ff) und c. 29 (109, 13ff.) ist
echt irenäisch (vgl. Theol. Stud. u. Krit. 1925, S. 199
A. 1); Tertullian gebraucht dafür gerne discere oder
ediscere (vgl. ThSt Kr. 1932, S. 139 A. 2).

Das 2. Kapitel behandelt die Logoslehre der Apologeten
und die Tertullians in ihren Beziehungen zu einander
, das dritte die Sermolehre Novatians, das vierte
dessen Geistlehre. Anhangsweise werden die Begriffe
ovaia und (pvaiq in ihrer Bedeutungsentwicklung innerhalb
der Philosophie und des christlich-theologischen
Schrifttums bis Novatian erörtert. Kr. hat sich in den
Stoff gut eingearbeitet und er versteht es, die treibenden
Gedanken herauszustellen. Es ist auch richtig, daß die
abendländische Trinitätslehre mit Novatians Werk de
trinitate zu einem gewissen Abschluß gelangt war, bis
sie von Augustin weiter geführt wurde. Doch scheint
mir Kr. manchmal etwas zuviel „Entwicklung" zu entdecken
. So findet er (S. 57 ff.) bei Novatian de trin. 31
(116 4 ff. u. 118,5 ff.) eine Unterscheidung zwischen
dem rein innergöttlichen Vorgang des nasci und dem
nachfolgenden procedere des Sohnes und er sieht darin
allem nach einen Fortschritt gegenüber Tertullian. Allein
gerade dieser ist es ja, der adv. Prax. 7 im Hinblick auf
Gen. 1,3 diese Unterscheidung ausdrücklich macht: haec
est nativitas perfecta sermonis, dum ex Deo procedit,
conditus ab eo primum ad cogitatum in nomine sophiae
(Prov. 8,22), dehinc generatus ad effectum etc. (vgl.
Kr. S. 43, während bei Novatian eigentlich nichts auf
einen doppelten Vorgang hinweist. Es ist auch nicht einzusehen
, warum bei Novatian, im Unterschied von den
Apologeten und „teilweise" auch von Tertullian, ein
Leiden des sermo ausgeschlossen sein sollte (S. 67),
da de trin. 10 (33, 16 ff.) und c. 11 (36,16 ff.) doch dasselbe
besagen wie adv. Prax. 2 (2,27 ff.) und c. 16
(25, 21ff.). Ebensowenig gehen die beiden hinsichtlich
der Bezeichnung des Sohnes als Engel auseinander (S. 39
und 61f.), da auch Tertullian de carne Chr. 14 (II, 450
Oehler) nur die Vorstellung ablehnt, Christus habe sich
bei seiner Herabkunft in einen Engels-, nicht in einen
Menschenleib gekleidet, während er seine Bezeichnung
als angelus mit ähnlicher Begründung gelten läßt, wie
vor ihm Justin und nach ihm Novatian. Man vergleiche
dazu auch Cyprian, Testim. II, 5, wo allerdings unter
den angeführten Schriftstellen Jes. 9,6 fehlt, das bei
Justin Dial. 76, 3, bei Tertullian de carne Chr. 14 und
bei Novatian c. 18 (64,17 u. 68,3) steht.

Zu S. X u. 96 wäre noch die vorzügliche Schrift von A. Beck,
Römisches Recht bei Tertullian und Cyprian (Halle 1930) heranzuziehen.
Die bekannte Schrift über die Götzen hat den Titel Quod idola dü non
sint, nicht sunt, wie es S. 7 heißt, und die Tertullianische Schrift de ido-
lolatria (nicht idolatria) ist dazu kein Gegenstück.

München.__Hugo Koch.

Enchiridion asceticum. Loci ss. patrum et scriptorum ecclesiasticorum

ad ascesim spectantes quos collegerunt M. J. Rouet de Journal,

S. J., et J. DutiHeul, S. J. Freiburg i. Br.: Herder & Co. 1930.

(XXXVI, 666 S.) 8°. rm 13- ; geb. 15-.

Nach dem Muster des bekannten Enchiridion Patristicum gearbeitet:
größere und kleinere Stücke aus der christlichen Literatur von der
Didache bis Johannes Damasicenus, die griechischen mit lateinischer
Übersetzung, sämtlich fortlaufend numeriert, ausführliche chronologische,
systematische und alphabetische Indices. Vertreten sind u. a. apostolische
Väter (20 S.), Tertullian (12 S.), Clemens und Origenes (42 S-), Cyprian
(14 S.), Athanasius (32 S.), Cyrill v. Jerus. (11 S.), die Kappadozier
(76 S.), Chrysostomus (33 S.), Ambrosius (28 S.), Hieronymus (30 S.),
Augustin (56 S.), Makarius (36 S.), Cassian (31 S.), Apophthegmata
Patrum (9 S.), Dionysius Areopagita (11 S.), Johannes Climarus (24 S.),
Gregor d. Gr. (37 S.), Johannes Damasicenus (8 S). Die behandelten
Themen zeigen etwa folgende Stichworte aus dem Index systematicus:
Perfectio, actio et contemplatio, perfectio et praesentia dei, perfectio et
oratio. Timor, spes, Caritas, imitatio Jesu Christi. Caro, mundus, dia-
bolus. Scientia, ratio, oratio, vocatio. Oboedientia, humilitas, patientia,
discretio. Temperantia, mortificatio, abnegatio. Martyrium, virginitas,
vita monastica. Stichproben ergaben Sorgfalt des Drucks.

Göttingen._____E. Hirsch.

I Cusa, Nicolai de: Opera omnia. Jussu et auctoritate Academiae

Litterarum Heidelbergensis ad codicum fidem edita. Vol. I: De docta

ignorantia. Ed. Ernestus Hoff mann et Raymundus Klibansky.

Vol. II: Apologia doctae ignorantiae. Ed. Raymundus Klibansky.

Leipzig: F. Meiner 1932. (XIX, 179 u. XI, 49 S.) Lex. 8°.

Vol. I: RM 36—; Vol. II: 12—.
Bett, Henry, M. A.: Nicholas of Cusa. London: Methuen 8t Co.

1932. (X, 210 S. m. 1 Abb.) kl. 8°. 7 sh. 6 d.

Ein Heidelberger Professor, Johannes Wenck, hat
i den Cusaner zu dessen Lebzeiten wegen der Beziehun-