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Ausgabe:

1933 Nr. 11

Spalte:

199-201

Autor/Hrsg.:

Hoffmann, Gustav

Titel/Untertitel:

Kirchenheilige in Württemberg 1933

Rezensent:

Bossert, Gustav

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199

Theologische Literaturzeitung 1933 Nr. 11.

200

mat Froschauers und die Zwingliana in der Bibliothek
des Gervasius Sopher. Zum Schluß erhalten wir eine
Bibliographie zur Zwingli-Gedenkfeier des Jahres 1931.
Horb. Q. Bossert.

Hoffmann, Gustav: Kfrchenheilige in Württemberg. Zusammengestellt
. Stuttgart: W. Kohlhammer 1932. (325 S. u. 1 Kte.) gr. 8°.
= Darstellngn: a. d. Württ. Geschichte. Hrsg. v. d. Wiirtt. Kommission
f. Landesgesch. 23. Bd. RM 6 — .

Diese Zusammenstellung der württ. Patrozinien ist
eine wichtige Hilfe für die Kirchen- und Kunstgeschichte
, besonders für die Lokalforschung, die dadurch zu
weiterem Suchen veranlaßt werden soll. Der Vf. folgte
den Anregungen des f D. Dr. Bossert, der in seinen
Thesen für die Generalversammlung der deutschen Gesch
.s- u. Altertumsvereine 1893 gefordert hatte eine
Zusammenstellung der Orte mit ihren Heiligen unter
scharfer Unterscheidung der Pfarrkirchen, Kapellen und
Altäre, sowie eine alphabetische Zusammenstellung der
Heiligen mit Hinweis auf das Ortsverzeichnis. H. sieht
„in der Wahl der Patrozinien einen Niederschlag der
Geistesströmungen der m. a. Kirche und einen Wegweiser
" zur Aufhellung der Gesch. der Christianisierung
Württ.s.

Bei der Frage nach der Christianisierung muß man ausgehen von
den Martinskirchen und den Landkapiteln, und mit ihrer Hilfe die mutmaßlichen
ältesten Missionsstationen und -bezirke zu fassen suchen, wie
das einst t D. Bossert in seinen Untersuchungen über die Urpfarreien
schon getan hat. Aber dazu ist dann auch die Erforschung der Geschichte
der Entstehung der 5 an Württ. beteiligten Bistümer Konstanz,
Augsburg, Worms, Speyer und Würzburg nötig, für die solche Zusammenstellungen
erst noch zu schaffen sind. Am weitesten ist hier die
Erforschung des Bistums Konstanz jetzt vorgeschritten mit den Arbeiten
von A. Nüscheler, J. Sauer, A. Krieger u. a. Leider wissen wir über die
Entstehung dieses größten deutschen Bistums bitter wenig und doch
hängt diese aller Wahrscheinlichkeit nach mit der Christianisierung des
Schwabenlandes eng zusammen. Die Lokalgeschichte hat für jedes Landkapitel
jetzt zu untersuchen, wo der Ausgangspunkt für die Mission lag.
Man darf sich dabei nicht mit den Martinskirchen begnügen, wie sie
jetzt überliefert sind, sondern muß auch nach etwa abgegangenen forschen
und achten auf die Höhen und Bühle, die Osch-, Feld- und Öd-
kirchen, von deren Vorhandensein noch Flurnamen reden. So ist z. B.
bei dem seinem Namen nach verhältnismäßig jungen Dornstetten ein
Martinsbühl, der vermutlich die Missionskirche trug, deren Patron dann
in die benachbarten Dornstetten und Tumlingen abwanderte. Nicht
allzu entfernt davon ist eine Michelshöhe, die vielleicht einst die Kirche
des nahen Oberiflingen trug. Beide liegen an einem im M. A. vielbegangenen
Salzweg. Mit Recht stellt H. nach t D. Bosserts Vorgang
trotz mehrfachen Widerspruchs für Württ. Martins- und Michelskirchen
zusammen, wenn er auch die anderweitige Bedeutung Michaels als des
Schützers der Friedhöfe u. s. w. gebührend hervorhebt. Neben der Christianisierung
kann man aus der Zusammenstellung ablesen den Ausbau
des Pfarrnetzes innerhalb der weitausgedehnten Missionsbezirke bis zur
Abgrenzung der Bistümer und Landkapitel. Leider setzt H. in einem
für die Lokalforschung bestimmten Buch zu sehr die Kenntnis der einschlägigen
Literatur voraus. Diese ist notwendig beizuziehen. Dabei
sei auch auf den Aufsatz von Lucian Pfleger in dem Archiv für elsäß.
K. G. IV (1929), lff. über die Entstehung der elsäß. Pfarreien aufmerksam
gemacht.

Nacheinander rollen die Wellen der Frömmigkeit
vorüber, die gekennzeichnet sind durch die Namen Bonifatius
, Cluny-Hirsau, Bettelorden; die Ritterschaft, die
Zünfte, die Bruderschaften und Spitäler bringen neue
Heilige in Mode.

In seiner Einleitung spricht H. zuerst von der Methode
, die Heiligennamen festzustellen aus Weiheinschriften
, Urkunden, Lagerbüchern oder Urbarien, Heiligenrechnungen
, Bildern, Schlußsteinen, Glocken, Orts-,
Flur- und Vornamen der Kirchorte, Siegeln, Marksteinen
, Märkten und Kirchweihen. Dann geht er den
Gründen für die Wahl des Heiligennamens nach: Einfluß
der Franken, der heidnischen Vergangenheit, der
Taufsitte, der Wandersagen, Roms, der Klöster, Grundbesitzer
, Translationen, Kreuzzüge u. s. w. Auch der Zufall
hat oft seine Hand bei der Wahl im Spiel. Sehr
eingehend wird der Patroziniumswechsel besprochen,
aber Feuersteins These, daß die meisten heute geltenden
Kirchenpatrone für die älteste Kirchengeschichte bedeutungslos
, ja irreführend seien, in ihre Grenzen zu-

i rückgewiesen. Bei näherer Untersuchung wird sich oft
' zeigen, daß gerade die Namen Martin und Michael, wo
sie sich bis in die Gegenwart erhalten haben, in die Anfänge
der christlichen Kirche zurückführen. Der Einleitung
(S. 1—44) folgt die Zusammenstellung der Orte
mit ihren Heiligen unter Unterscheidung der Pfarrkirchen
, Kapellen und Altäre (S. 45—258). Auch hier vermißt
man ungern einen Hinweis auf Literatur. Man
staunt über den Bienenfleiß, mit dem hier Material aus
j allen möglichen, oft ganz entlegenen Quellen zusammengetragen
ist. Dann folgt ein alphabetisches Verzeich-
I nis der Heiligen unter Verweisung auf die Orte (S. 259
! bis 297). Hier wäre es gut gewesen, die Seitenzahlen
I der Einleitung anzugeben, wo der Heilige genannt ist.
Auch sollten die Namenstage der Heiligen und ihre
mutmaßliche Herkunft angegeben sein, ebenso die Jahre,
in denen sie in Blüte standen und in den Urkunden
erstmals vorkommen. Das Register Dorns, der aus
Haucks K. G. schöpfte, hätte hier vorbildlich sein
können. Es folgen noch Ortsregister, Berichtigungen
und Nachträge, Angabe der Quellen und, was besonders
dankenswert ist, eine Karte mit Angabe der Diözesangren-
zen und Landkapitel, sowie der Martins- und Michelskirchen
im heutigen Württemberg. Sie gibt sofort einen
Blick für die Bedeutung der Martinskirchen und das
Verhältnis der einstigen Missionsbezirke zu den späteren
Landkapiteln. Schon auf S. 1 betont der Vf., daß
der Lokalforschung noch manche Arbeit übrig bleibt.
Aber die Hauptarbeit ist getan; das werden ihm alle
danken, die nun an die Bearbeitung der Heiligen der
fünf Bistümer gehen. Nur ist noch zu bemerken, daß
H. seine Zusammenstellung zeitlich begrenzt hat. Seine
Arbeit umfaßt die Zeit bis ca. 1517. Deshalb fehlen
die Heiligen der neueren Zeit. H. wollte nur die Christianisierung
und die m. a. Frömmigkeit im Auge behalten
. Möge für Hohenzollern und Baden bald eine ähnliche
Arbeit erscheinen und A. Nüschelers Untersuchungen
vollends für die Schweiz zu Ende geführt werden!

Unter den Heiligen sind merkwürdig der „Wiesenherrgott" (S. 88),
S. Orendel (S. 21. 323), S. Mutel (S. 46), S. Kimen und Walsung. Zur
Ergänzung bezw. Berichtigung: Statt Wittendorf-Neuneck (S. 38) ist
besser zu sagen Dornstetten-Oberiflingen. S. 39 statt Trichtingen Harthausen
. S. 25. 26 ist bei Murbach auf die Leodegarkirchen zu verweisen
. S. 54 wäre bei Kirchheim a. N. auf Württ. Vierteljahrshefte 1892,
294ff. und Blätter f. württ. K.G. 1886, 88 S. 220 zu verweisen. S. 114. 274
ist Jost nicht mit Justus, sondern mit Jodocus wiederzugeben. S. 49
sollte bei Heutingsheim Reiters Hinweis auf Matthias genannt sein.
Zu Möckmühl vgl. Blätter f. württ. K. G. 1888, 25. S. 127 ist zu
OAB zu ergänzen: Rottweil. Außerdem aber ist zu sagen, daß Sunthausen
natürlich das badische Sunthausen ist, daß Suntheim-Obertrossingen
eine Annakapelle hatte und daß S. Martin nach Sonthof bei Zepfenhan
gehört. Talheim hat für seinen Ägidius einen Zeugen auch in dem
Flurnamen Ilgenhölzle. S. 131 Marschalkenzimmern hat neben dem
Schloßkapellenheiligen Sebastian im Ort U. L. Fr. Cyriacus gehört nach
Trichtingen, wie der Fleckenrodel von 1750 sagt. S. 134 Unterbrändi
hat vielleicht auch U. L. Fr. S. 130 sant Jörgen weist nach dem benachbarten
Böhringen. S. 131 Mariazell heißt wohl 1353 Cella S. Marie,
kann aber doch, wie Kgr. W. 2,352 angibt, Marcus und Hubert zu
Heiligen haben, zumal Reichenau hier alte Lehenrechte hatte. S. 140
fragt es sich bei Geislingen, ob nicht ein einstiger Michael als Altarheiliger
noch erhalten ist nach dem Patroziniumswechsel statt des von H. genannten
Martin. (S. 4) S. 144 Mit der Hl. Geistkirche in Horb ist die
Marienkapelle gemeint als Kapelle des Spitals. S. 149 gehört Hart zu
Horb statt zu Eutingen trotz des lib. tax. S. 154 wird man in Gomaringen
oder Hauchlingen einen S. Martin vermuten dürfen. S. 163 möchte
man in Döffingen einen Michael vermuten, Friedrich in Ehningen erweckt
Bedenken. S. 168 Hochdorf muß 1275 einen anderen Heiligen als den
späten Wendelin gehabt haben. S. 171. 323 In Gundelsbach wird S.
Paul als Patron der Kapelle der Eremiten anzunehmen sein. S. 263
wundert man sich, daß Bartholomäus nicht in dem durch seinen Schäferlauf
an Bartholomä bekannten Markgröningen genannt ist, sondern in
seinem Filial Tamm. S. 265 Coloman ist auch in dem zu Bartholomä
gehörigen Kollmannswald (S. 80) zu vermuten. S. 266 ist statt Marschalkenzimmern
? Trichtingen unter Cyriakus zu lesen. S. 267 ist
Eligius-Layes und Elogius AConp. Ulm (S. 214) einzusetzen. S. 268
ergänze Eventius in Faurndau. S. 269 ergänze bei Gallus Zell O. A.
Riedlingen. S. 272 unter Joh. Bapt. Saulgau (S. 229), unter KConp.
Seeburg (S. 20). S. 297 ergänze zu dem seltenen Zeno, der auch in
Stortzingen in Hohenzollern sich findet, AConp. Ulm (S. 212). Vgl. auch
die Ergänzungen V. Emsts in Württ. Vierteljahrshefte 1933, 162.