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Ausgabe:

1932 Nr. 4

Spalte:

88-92

Titel/Untertitel:

Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche 1932

Rezensent:

Thieme, Karl

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Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 4.

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(1162—96) einsetzt, während die früheren, dunkleren
Zeiten mehr kursorisch behandelt werden. Es schließt
mit König Alfons IV. (1327—36) und hebt die weitere
Fortsetzung für einen 2. Bd. auf. Die dargestellte Periode
und das benützte Material berühren sich aufs
engste mit den Arbeiten Finkes, dem der Schüler das
Thema verdankt und den vorliegenden Band zum 75. Geburtstag
gewidmet hat.

Eine Untersuchung der Beziehungen zwischen Staat
und Kirche in Aragon, das seit 1137 mit Katalonien (der
ehemaligen Spanischen Mark) verbunden war, kann nur
mit lebhaftem Dank begrüßt werden, und die sorgfältige
Arbeit Vinckes wird der gestellten Aufgabe durchaus gerecht
. Verf. beginnt mit einem Kapitel über den Besitz
der Kirche an öffentlichen und privaten Rechten, das er
selbst bescheiden nur ein „dürres Gerüst" und eine
„magere Vorstudie" nennt, durch das wir aber auf
diesem Gebiet zum erstenmal einigermaßen festen Boden
unter den Füßen gewinnen. Die gewöhnliche Annahme,
daß im späten Mittelalter der dritte Teil des Bodens
aller nach Rom gerichteten Länder sich im Besitz der
Kirche befand, wird für Katalonien und Aragon (außer
Valencia) bestätigt, im Einzelnen aber durch eine Unterscheidung
der Inhaber (Ordensritter, Kathedralen, andere
Kirchen und Klöster) sowie namentlich der Rechtstitel
geklärt und für die Untersuchung des Verhältnisses
zum Staat fruchtbar gemacht. Es versteht sich, daß auch
in Spanien die Könige eifrig bestrebt waren, den reichen
kirchlichen Besitz in ihren Dienst zu stellen. Darüber
erfahren wir näheres in den zwei Kapiteln, die den
eigentlichen Kern des Bandes ausmachen und die Abgaben
des Klerus an den Staat sowie die Besetzung der
Bistümer betreffen. Über die finanziellen Leistungen der
aragonesischen Kirche gab schon ein anderer Schüler
Finkes, der früh verstorbene Ludwig Klüpfel in seiner
Verwaltungsgeschichte des Königreichs Aragon zu Ende
des 13. Jahrhunderts (1915), eine vorläufige Anschauung
, die Vincke erheblich erweitert. Die Abgaben, die
die Kirche machen mußte, waren im Allgemeinen recht
hoch, der Schutz, den die Kurie gewährte, nicht sehr
wirkungsvoll, die Bereitwilligkeit, mit der die Zahlungen
geleistet wurden, größer als anderswo, was mit der Popularität
des Sarazenenkriegs, dem sie dienten, zusammenhängt
. Hinsichtlich der Besetzung der Bistümer erreichte
die Kirche um 1207 einen förmlichen Verzicht
Peters II. auf jede Mitwirkung bei der Wahl der Bischöfe
und Äbte. Aber es blieb dennoch ein starker
Einfluß der Krone erhalten, später, im Zeitalter der
päpstlichen Provisionen, auf dem Umweg über Rom.
Ja die Könige haben das päpstliche Provisionswesen im
eigenen Interesse unter Beschränkung des Wahlrechts
der Kapitel geradezu gefördert. Ein letzter Abschnitt
(„Landesgrenze und Kirchenprovinz") betrifft die, nach
langen Versuchen im 12. Jahrhundert vollendete Wiederherstellung
der in der Maurenzeit zerfallenen Kirchenprovinz
Tarragona, ihre Teilung durch Errichtung
des Erzbistums Saragossa (1318) und die Bemühungen
der Könige, eine Angleichung der kirchlichen Provinzgrenzen
an die Landesgrenze zu erreichen.

Berlin. Rob. Holtzmann.

Schweizer, Jules: Le Cardinal Louis de Lapalud et son
proces pour la possesion du siege episcopal de Lausanne.

Paris: F. Alcan 1929. (III, 200S.) gr. 8°. =e Etudes d'Histoire et
de Philos. religieuses publiees par la faculte de Theologie Protestante
de l'Universitö de Strasbourg. Nr. 20.

Der französische Kardinal Ludovicus de Palude ist
auf dem Basler Konzil als Führer der Konzilsmehrheit
häufig hervorgetreten. Schweizer schildert diese Tätigkeit
an Hand der Akten anschaulich und zutreffend und
führt daneben die Schwierigkeiten vor, die diesem Wirken
Paludes auf der Synode dadurch entstanden, daß
er zugleich einen Prozeß um das Bistum Lausanne zu
führen hatte, mit dem er, der Konziliarist, von Eugen IV.
providiert worden war, während das Kapitel den Wünschen
des Herzogs von Savoyen entsprechend einen

i Gegenkandidaten, Johann de Prangins, gewählt hatte.

Sind die Verflechtungen dieses Prozesses mit den Kon-
; zilsverhandlungen nicht ganz uninteressant, so erscheint
I die hier gebotene Biographie doch zu wenig lohnend,
i und sie versinkt demgemäß allzu oft in allgemeinen
Schilderungen der Konzilsgeschichte selbst, die ihrerseits
wieder in dem zu engen biographischen Rahmen
notwendig lückenhaft sind und wenig Neues bieten.
Des Verfassers Betrachtungen über die konziliare Theorie
gehen zu wenig tief, seine Neigung zur Breite und zu
; allgemeinen Redensarten haben ein dickes Buch ent-
| stehen lassen, an dessen Stelle ein straffer Aufsatz ge-
I nügt hätte.

Freiburg i. B. H. Heimpel.

Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche,

I hrsg. v. Deutschen Evangelischen Kirchenausschuß i. Gedenkjahr der
Augsburgischen Konfession. Bd. 1 u. 2. Göttingen: Vandenhoeck 8c
Ruprecht 1930 (XLVI, 1218 S.) gr. 8°. RM 19-; geb. 20—.

Bei der Vierhundertjahrfeier der Augsburgischen

j Konfession in Augsburg überreichte am 25. Juni 1930 an

j den Präsidenten des Deutschen Evangelischen Kirchenausschusses
die von diesem Ausschuß'veranstaltete Neuausgabe
der Bekenntnisschriften der evangelisch- luthe-

I rischen Kirche D. Lietzmann (L.) als der Vor-

S sitzende der Gelehrtenkommission, die mit der Arbeit be-

: traut worden war, und der Redakteur ihres Werkes.

j „Die Mitarbeiter an diesem Buch", sagte L., „gehören
der jüngsten theologischen Forschergeneration an". Die

I Aufteilung der Arbeit teilt die Vorrede1 mit: L. bearbeitete
die altkirchlichen Symbole, D. Bornkamm (B.)

j die Augustana und Apologie, Dr. Volz (V.) die Schmai-
kaldischen Art. und die Katechismen sowie den Tractatus

I etc., D. E. Wolf die Konkordienformel, Lic. Hoppe

| das Register.

Ein Nonplusultra ist die Kirchenaus-
schußausgabe (K.) nicht! Man stellt manche
Unterlassungen fest, auch einige, die sich die durch sie

I allerdings antiquierte Müllersche Ausgabe (M.) nicht hat
zuschulden kommen lassen. Diese hatte in ihrer 10. und
11. Aufl. 1907 und 1912 eine neue „historisch-theologische
" Einleitung Th. Kolde's, die die ganz veraltete
Müllersche ersetzen sollte. Aber sogar diese bot, was
L., der Redakteur der Gesamtausgabe, als Bearbeiter der

i drei altkirchlichen Symbole in dem neuen Werke
schmerzlich vermissen läßt. Nach Kolde (S. II) hat
eine Einleitung in die Symbole des Luthertums auch zu
zeigen, wie es zu ihrer Verbindung mit den altkirchlichen
gekommen ist.

Als diese im 16. Jahrh. in die Corpora doctrinae. zu denen ja auch

: das Konkordienbuch gehört, vorangestellt wurden, war groß die Abhängigkeit
von Luthers bekannter Schrift von 1538: „Die drei Symbola
oder Bekenntnisse des Glaubens Christi in der Kirche einträchtiglich gebraucht
" (WA 50, 255 ff.). Diesen Titel Luthers gebraucht wie schon
das Corpus Philippicum so das Konkordienbuch (M. S. 27, K. S. 19. 21)
als Überschrift über die 3 altkirchlichen Symbole.2 Darüber unterrichtete
wie schon Müller (' 1882, S. XXXIII, vgl. S. XVI o. LH) so Kolde
(S. LXXIX). Aus jener Lutherschrift (WA 50, 263) stammen aber im Konkordienbuch
wörtlich auch die Überschriften über Apostolikum und Athana-
sianum (M. S. 29 f.; K. S. 21. 28). Endlich liest man in Kolde's Einleitung
a. a. O.: „Und eben seine (Luthers) da (in jener Schrift) gegebene

j deutsche Übersetzung (der drei Symbole) wurde in das Konkordienbuch
aufgenommen" und auch über „oecumenica'^ im lateinischen Konkordien-

' buch für Luthers „einträchtiglich gebraucht" im deutschen sagt er dort

j das Nötige.

L. unterrichtet über nichts von alledem, hat sich
über die Herkunft der 3 Überschriften und der drei deutschen
Texte keine Rechenschaft gegeben. Daß die Ver-

1) Das unter ihr prangende Faksimile der Unterschrift des Präsidenten
„D. Dr. Kapler" bringt einen auf den Rat, der 2. Aufl. ein Blatt

! mit Faksimiles der Handschriften der Reformatoren beizugeben. Ich
j schlage vor aus dem Original der Schmalkaldischen Artikel die Stelle

S. 415, 1—3 (mit der Streichung von „gläuben und", s. Anm. 1, die
| der ganze Luther ist) und den unter Spalatins Abschrift unterschriebenen

Vorbehalt Melanchthons, S. 463, 10 — 464, 4, der der ganze Melanchthon ist.

2) Das zu „Symbola" gesetzte „Haupt-" tritt m. W. zuerst im
I Frankfurter Rezeß 1558 auf, s. CR 9, 494.