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Ausgabe:

1932 Nr. 26

Spalte:

588-591

Autor/Hrsg.:

Tertulliani, Quinti Septimi Florentis

Titel/Untertitel:

De baptismo edidit S. G. Ph. Borleffs 1932

Rezensent:

Koch, Hugo

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Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 26.

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fyaou xttl o&rm<; £xnou£vr| (vgl. dazu Hennas, Vis.
2, 4, 1). Was aber die „Sündenvergebung" anlangt (2.
Cleni. ist eine „Bußpredigt"), so würde der Prediger
sie ohne Bedenken den anderen „Begriffen" an die Seite
gestellt haben, wenn er mit der Abfassung des Bekenntnisses
betraut worden wäre.

Wer weiß aber, ob er es überhaupt gekannt hat?
Ich leugne nicht, daß ich eine Zeitlang mit dem Oedanken
gespielt habe, der Prediger von 2. Cleni. möchte aktiv
an der Abfassung beteiligt gewesen sein. Das hätte gut
gepaßt zu Harnacks Annahme, der ja in dem Prediger
den römischen Bischof Soter wiedererkennen wollte.
Aber damit ist es leider nichts, denn 2. Clem. ist nicht
in Rom, sondern in Korinth entstanden (doch vgl. den
Widerspruch Harnacks in dieser Zeitung 1928, 275 ff.),
v. D. möchte R in das erste Drittel des 2. Jahrhunderts
setzen. Das ist ideengeschichtlich sicher zulässig. Aber
verträgt sich mit diesem Ansatz, daß Justin (dabei muß
ich bleiben) das Symbol noch nicht gekannt hat, der
doch in Rom schrieb? Auch meine ich immer noch,
daß sich die Einfügung des christologischen Teiles (und
damit der Aufbau des ganzen Bekenntnisses), so gewiß
sie schon früher denkbar ist, besser verständlich machen
läßt, wenn man ihm die antignostische bzw. antimarcioni-
tische Tendenz beläßt, die zuerst McOiffert in seinem
zu Unrecht vernachlässigten Buche (1902; vgl. Katten-
busch in dieser Zeitung 1902, 470—474, und meinen
Aufsatz in ZNW. 1905, 72—79), meines Erachtens mit
gutem Grunde, nachweisen zu können glaubte. Aber
darüber werden wir vermutlich nie ins Klare kommen.
Viel wichtiger ist, was v. D. (S. 16) betont, daß das Bekenntnis
nicht neben dem Neuen Testament (das Wort
im weiteren Sinn verstanden, wonach auch die „Apostolischen
Väter" dazu zu rechnen sind), davon getrennt,
steht, sondern literatur- und ideengeschichtlich in den
Strom urchristlicher Gedanken hineingehört. Auch darin
stimme ich v. D. zu, daß keine Rede davon sein kann,
die Formel als solche früher zu datieren, oder formelhafte
Vorstufen in dem älteren Teil des Neuen Testaments
nachzuweisen. „Gerade das ist so charakteristisch
für das Urchristentum, daß es noch nicht formelhaft
ist." Übrigens meiner Meinung nach ein Satz, der meine
Annahme, daß das Erkenntnis nicht vor der Mitte des
2. Jahrhunderts formuliert wurde, zu stützen geeignet ist.

Auch die von v. D. hervorgehobene Tatsache,
daß die Geburt aus der Jungfrau nicht als zum Gemeinbesitz
des Urchristentums gehörig betrachtet werden
kann (S. 26), spricht eher für einen späteren Ansatz
. Nicht übersehen werden sollte D.'s Hinweis darauf,
daß die Geburt ganz im Stile damaliger Geburtsurkunden
beschrieben wird (S. 25; unter Bezugnahme auf
H. J. Sanders, Merr.oirs of the American Academy in
Rome 7, 1931. 6 ff., der uns mit einer Anzahl in Ägypten
gefundener Wachstäfelchen bekannt gemacht hat,
die solche Geburtsbeurkundungen enthalten). „Die regelmäßige
Form ist die, die der Vater vor dem Magistrat
bezeugt: filium natum ex... Dem entspricht hier
(nämlich in R) das Ysvvnfzevta hc Das Besondere ist hier,
daß auf dies in zwei durch nax verbundene Genitive
folgen. Das kann nach dem juristischen Sprachgebrauch
der Zeit gar nicht anders verstanden werden, als daß
hier Vater (der Heilige Geist) und Mutter (Maria) angegeben
werden sollen." Dankbar wird man D. endlich
dafür sein, daß er mit Nachdruck (Anm. 1,15) betont,
daß die sechs Aussagen über Jesus Christus nicht als
Objekte des Glaubens erscheinen, sondern nur der Charakteristik
des Herrn dienen, an den der Christ glaubt.
Wieviel weiter wären wir, wenn das in der kirchlichen
Praxis allgemein anerkannt würde! Ich schließe mich
dem Verfasser von Herzen an, wenn er hofft, daß sich
die von ihm versuchte biblisch-theologische Beleuchtung
des Bekenntnisses auch als fruchtbares Hilfsmittel
zur Behandlung im Unterricht erweisen möchte.
Gießen. O. Krüger.

I 1. Tertulliani, Quinti Septimi Florentis: De baptismo edidit
S. G. Ph. Borleffs. Leiden: E.J.Brill 1931. (102S.). 8°. = Mnc-
mosqne 59, 1931, S. 1-102.
2. Borleffs, S. G. Ph.: Observationes criticae in Tertulliani
De paenitentia libellum. Ebd. 1932. (66 S.) 8°. = Mnemosqne
60, 1932, S. 1—66.
1. Da von Tertullians Tauf schritt sämtliche Handschriften
verschollen waren, beruhten die neueren Ausgaben
alle auf der Pariser Ausgabe v. J. 1545, die ge-
: wohnlich dem Gagneius zugeschrieben wird, tatsächlich
; aber von Mesnart stammt (= B.). Nun entdeckte der
unermüdliche Forscher Dom Wilmart i. J. 1916 in einer
I aus der berühmten Bibliothek von Clairvaux stammenden
, jetzt in der Bibliothek von Troyes aufbewahrten
Handschrift (523, XII. Jahrh. = T.) neben 15 Büchern
j des Eusebius von Emesa, die er veröffentlichen wird,
auch fünf Schriften Tertullians, nämlich adv. Jud., de
; carne Chr.. de resurr. mort. (= de carn. resurr.), de
bapt. und de paenitentia. Das Vorhandensein dieser
! Schriften in der genannten Handschrift war den Gelehrten
entgangen, weil im Catalogue general des ma-
1 nuscrits des bibliotheques des departernents II (Paris
! 1855) S. 227 f. bei ihrer Anführung Tertullians Name
ausgelassen war, obwohl im Inhaltsverzeichnis der Handschrift
selbst die Schriften richtig ihm zugeschrieben
sind. Der Haager Philologe Borleffs, der sich sehr
eifrig und erfolgreich mit den ältesten lateinischen Kirchenschriftstellern
beschäftigt, ließ sich von den in der
Handschrift enthaltenen fünf tertullianischen Schriften
Lichtbilder herstellen und veröffentlichte nun zunächst
eine neue Ausgabe der Taufschrift.

In der Einleitung verbreitet er sich über Beschaffenheit
, Ursprung und Wert der Handschrift. Sie rührt
allem nach von einer und derselben Hand her und enthält
sehr viele Abkürzungen. Der Text zeigt auch sehr
viele Verbesserungen, die entweder vom Abschreiber
selber oder von einer ungefähr gleichzeitigen Hand stam-
| men und wohl auf einer Vergleichung entweder mit der
1 Stammhandschrift oder mit einer der Vorlage von B
I verwandten Handschrift beruhen. Dazu kommen Ver-
; besserungen, die in ganz kleinen Buchstaben über dem
Text angebracht sind und eine dritte, jüngere Hand verraten
, der keine andere Handschrift zu Gebote stand.
Trotz all dem sind noch zahlreiche, vielfach durch
sog. Haplographie entstandene Fehler stehen geblieben,
i Man kann deshalb bei einer Neuausgabe die genannte
Erstausgabe nicht entbehren, zumal da nur sie die richtige
Reihenfolge des Textes bewahrt hat und in der
: Handschr. T der letzte Teil der Schrift von 18, 2 an
fehlt und offenbar schon in der Stammhandschrift durch
! Ausfall von Blättern gefehlt hat. Was das Verhältnis
von T zu der der Ausgabe von Gagneius zu Grunde gelegenen
Handschrift (B) betrifft, so kann diese nicht
von T oder einer ihr verwandten Handschrift abhängen,
! wie sowohl aus den Lücken in T als auch aus der Verschiedenheit
der Lesarten hervorgeht. Dagegen stimmen
j die am Rande der Pariser Ausgabe beigefügten Les-
i arten nicht bloß in de bapt., sondern auch anderwärts,
so mit T überein, daß man auf ihren Ursprung aus
dieser Handschrift schließen darf, um so mehr als da,
j wo T Lücken hat, auch die Randbemerkungen in B
ausbleiben. Bei der großen Verschiedenheit zwischen
i B u. T findet sich das Richtige bald beim einen, bald
j beim andern; ja es gibt Stellen, wo beide, wenn auch
i noch so verschiedene Lesarten gleich gut erscheinen
könnten, weshalb F. J. Dölger eine zweimalige Ausgabe
durch Tertullian selbst vermutet hat (vgl. die ähnliche
Frage beim Apologeticum wegen des cod. Fuld'.). Bor-
i leffs macht aber mit Recht den Umstand dagegen gel-
I tend, daß Tertullian bei einer zweiten Ausgabe doch
wohl das ganze, etwas nachlässig hingeworfene Werkchen
besser geordnet und ausgefeilt hätte. Seine eigene
Vermutung, daß Tertullian einzelne Verbesserungen am
Rande seines Exemplars angebracht habe und diese dann
; in andere Handschriften übergegangen seien, hält der
I Herausgeber, wie er mir brieflich mitteilte, auch nicht