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Ausgabe:

1932 Nr. 24

Spalte:

567-568

Autor/Hrsg.:

Eberhard, Otto

Titel/Untertitel:

Evangelischer Religionsunterricht an der Zeitenwende 1932

Rezensent:

Schuster, Hermann

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Seite 1

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Empfindung seines „Gegeben-seins" und seiner „Abhängigkeit
" von der Gegenwart der Gegenstände. Weil die
Erlebnisinhalte von äußeren Gegenständen herrühren,
müssen wir sie wieder auf äußere Gegenstände zurückbeziehen
. Diese Notwendigkeit der Rückbeziehung unserer
Erlebnisinhalte auf Gegenstände ist die tiefste Wurzel
der Kausalfrage, die also letztlich nur auf dem Boden
des naiven Realismus verständlich ist.

567 Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 24. 568

Blickrichtung von der Vergangenheit fort in die Zukunft,
das hat von dem ersten Satz der Handschrift an die Gedanken
bestimmt: Wie kommen wir zu einem Religionsunterricht
, der uns in der Praxis des täglichen Tuns
weiterführt und den Anforderungen der kommenden Zeit
standhält?" Auch diese Begründung kann unmöglich
genügen; denn solche Fragen müssen den nachdenklichen
Religionspädagogen immer beschäftigen, auch
7. Aber warum müssen wir dieser Nötigung zur I wenn er nicht gerade, wie unser Geschlecht, an einer
gegenständlichen Deutung der Erlebnisinhalte gehör- I Zeitenwende zu leben meint. So muß ich leider erklären,
chen? Dazu zwingt uns die Mittelbarkeit unserer Er- I daß diese Schrift Eberhards mich in der Hauptsache ent-
kenntnis. Im Erkenntnisvorgang haben wir es nicht mit J täuscht hat, da sie von den besonderen Bedürfnissen und
den Gegenständen unmittelbar zu tun, sondern mit den i Anforderungen unserer Zeitenwende nichts sagt. Dem
die Erkenntnis vermittelnden Erlebnisinhalten. Wenn wir j Schlußergebnis stimme ich gern zu: E. bekennt sich zu
einen Erlebnisinhalt nicht gegenständlich deuten können, ,t dem Programm eines „synthetischen" Religionsunterwenn
das, was er uns vermitteln sollte, verborgen bleibt, ] richts, d. h. — denn man muß diesen unbestimmten
dann spüren wir die Mittelbarkeit unserer Erkenntnis. | Ausdruck inhaltlich erklären — eines Unterrichts, der
Das Signal für die bloß mittelbare Natur der Erkenntnis j weder allein den menschlichen Teil, die Subjek-
ist der kausale Denkzwang. Also: warum fragen wir i tivität des Zöglings, noch allein den göttlichen, die
warum? Weil unsere Erkenntnis der Wirklichkeit keine ! Objektivität des heiligen Gegenstandes, zu Grunde legt,
unmittelbare, sondern eine durch die Erlebnisinhalte ver- ! sondern beide in lebendiger Spannung festhält,
mittelte Erkenntnis ist. Ich frage mich aber, für wen der Verfasser sem

Damit hat der Verf. seine Frage beantwortet. In ' Heft bestimmt hat. Die Religionspädagogen vom Fach,
einem Schlußabschnitt, der von der Realität der Außen- die Eberhards zahlreiche Schriften studiert haben, wer-
welt handelt, verteidigt er die durch die Analyse der den kaum etwas wesentliches Neues finden; wenn er
Kausalfrage gewonnene realistische Position gegenüber i aber, wie ich vermute, an einen weiteren Leserkreis
einer idealistischen Erkenntnistheorie, indem er den Satz ' denkt, dann ist das Anliegen zu wiederholen, das ich
Alles, was ist, ist uns als Bewußtseinsinhalt gegeben, neulich schon bei der Sammelanzeige über Eberhards
einer beachtenswerten Kritik unterzieht. Schriften vorgetragen habe: weniger große Worte und we-

Den Ausführungen des Verf. liegen, aufs Ganze ge- niger Fremdworte, schlichter und einfacher! Der Versehen
, zutreffende Beobachtungen zugrunde. An ent- J fasser sagt sehr richtig einmal: „Die Theologie muß un-
scheidenden Stellen bleiben freilich genug offene Fragen ! theologischer werden". Das gilt nicht nur für den Pre-
übrig. Z. B. die Fragen nach der „Entstehung" der diger, sondern ganz besonders für den Religionslehrer.
Begriffe, nach dem „logischen" Verhältnis von begriff- ! Er muß seine Theologie haben, als hätte er sie nicht,
lichem Wissen und Erlebnisinhalt, nach dem „subjek- Schon an der Sprache muß man das merken, an dem
tiven" und „objektiven" Gehalte des Erlebnisinhaltes ' reinen und schlichten Deutsch.

erfahren keine restlos befriedigende Beantwortung. Man j Hannover-Kleefeld. H. Schuster.__

kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß der Verf.
sich hier in einem Zirkel bewegt, der auf seiner die
Ganzheiten in nicht sachentsprechender Weise analytisch
auseinanderlegenden Denkweise beruht. Der Haupteinwand
läßt sich dahin zusammenfassen, daß der Verf.
dem naiven Realismus allzu unkritisch gegenübersteht.
Die Frage, ob der naive Realismus („Einwirkung" bewußtseinsunabhängiger
Gegenstände auf ein Subjekt,
„Entstehung" der Erlebnisinhalte im Subjekt, „Rückbeziehung
" der Erlebnisinhalte auf Gegenstände usw.)
nicht selbst bereits eine im vulgären Verständnis der Erkenntnis
erstarrte Verkrustung einer weit ursprünglicheren
Relation von Ich und Welt ist, ob eine auf dem
Boden des naiven Realismus unternommene Interpretation
der Kausalität nicht notwendig unter dieser Erstarrung
leiden muß, ob eine den Sachen angemessene
Analyse der Kausalfrage nicht durchstoßen muß zu einer
tieferen, ursprünglicheren Erfassung unseres Seins in
der Welt, als die „Erkenntnistheorie" des naiven Realismus
sie uns an die Hand gibt, — diese Fragen bleiben
außerhalb des Gesichtskreises der vorlieg. Untersuchung.
Ranstadt, Oberhessen. Peter Brunn er.

Eberhard, D. Otto: Evangelischer Religionsunterricht an
der Zeitenwende. Einblicke u. Ausblicke. Tübingen: J. C. B.
Mohr 1932. (III, 80 S.) gr. 8°. RM 3-.

Ich muß mit dem Nachwort, das zugleich Vorwort
sein soll, den Anfang machen. Hier bekennt der Verfasser
freimütig, daß die Beifügung des Titels „An der
Zeitenwende" erst nachträglich bei der Titelgebung gefunden
sei, und zwar veranlaßt durch die unterbauenden
Gedanken eines demnächst erscheinenden Vortrages.
Diese Begründung des kennzeichnenden Bestimmungsmerkmals
durch eine noch ausstehende Schrift ist dem
Verfasser offenbar selbst als unzureichend erschienen.
Deshalb fügt er eine zweite Begründung hinzu: „Aber
was in dem Begriff der Zeitenwende enthalten ist, die

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5)os ^öuei) oon beutfetjen ©locken

im Auftrage bes Berbanbes beutfdjer Vereine für Bolhskunbe
gefdjrieben oon Boul Gortori. XII, 256 Gehen.
91931 10.-, geb. 12.-
Tlus bem löcheren 3nboh: Born Gtoff ber ©locken unb oon
ibrem ©uff / ©lockenroeibe / ©lockennomen / Sie Sjehigkeit
unb bie DRenfoblicbheh ber ©locke / (Die ©locke unb bie 3o»
milie / 5)ie ©locke im bürgerlichen (Dienfte / ©lockenfpraabe /
(Die ©locke in allerlei Beoensorten / 3u ben ©lockenfogen

Waltet be ©runter & ©o., Berlin TB 10, ©entfitner Str. 38

Mit je einer Prospektbeilage des Verlages Ferdinand Hirt, Breslau, und des Verlages E. Reinhardt, München.
Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 3. Dezember 1932.

Verantwortlich: Prof. D. W. Bauer in Göttingen, Düstere Eichenweg 46.
Verlag der J. C. H i n r i c h s'schen Buchhandlung in Leipzig C 1, Scherlstraße 2. — Druckerei Bauer in Marburg.