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Ausgabe:

1932 Nr. 22

Spalte:

517-522

Autor/Hrsg.:

Pfeil, Elisabeth

Titel/Untertitel:

Die fränkische und deutsche Romidee des frühen Mittelalters 1932

Rezensent:

Campenhausen, Hans

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Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 22.

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(s. das Verzeichnis S. IX ff.), gelegentlich etwas, was
noch gar nicht bekannt geworden war (Berlin 8503, s.
bei Kropp Nr. LXXV, Bd. II S. 243—247). Die „Anmerkungen
" zur Übertragung geben, was das Verständnis .
sehr erleichtert, zunächst eine knappe, gutgegliederte Inhaltsangabe
und dann kurze Erklärungen sachlicher und I
sprachlicher Art. Auch diesen Band beschließen Register
: 1. Personen- und Ortsverzeichnis, 2. Magische
Namen und Worte (einschließlich Engelnamen), 3. Sach- ;
Verzeichnis.

Besonders wertvoll für den Forscher, der die Texte ■
nicht in philologischem Interesse gebraucht, sondern von ■
der religionsgeschichtlichen Seite her sich ihres krausen •
Inhaltes bemächtigen möchte, ist der dritte Band. Hier
vvird der Versuch unternommen, von den in den ersten
beiden Bänden vorgelegten Texten aus in systematischer
Weise das Studium der Religion des koptischen Volkes,
der Geschichte von Magie und Liturgie zu fordern, indem
das Zusammengehörige zusammengefaßt wird. Von
dem reichen Inhalt legt das Inhaltsverzeichnis (14 Kapitel
mit vielen Unterabteilungen) Zeugnis ab. Ich beschränke
mich darauf, die Überschriften der drei Hauptteile
wiederzugeben: 1. „Die Kenntnis der höheren
Mächte, an die oder gegen die der Magier sich wendet".
Zu diesen „höheren Mächten" gehören ebenso altägyptische
Götter, wie Wesen des Synkretismus oder der
Gnosis und schließlich die Heiligen der Kirche. 2. „Mittel
zur magischen Beeinflussung". 3. „Die magischen
Handlungen und Gebete". Hinter S. 216 sind 8 Tafeln
mit 15 Abbildungen eingeschoben zur Vertiefung des Verständnisses
der Darlegungen. Ein Namen- und Sachregister
erleichtert das Auffinden der Einzelheiten. Da
Bd. 3 zuerst gedruckt worden ist, konnten seine (im
ganzen 412) Paragraphen schon in den Anmerkungen
von Bd. 2 angeführt werden.

Ich verdanke diesem dritten Bande besonders
reiche Belehrung und möchte ihn der Aufmerksamkeit
der Mitforscher nachdrücklichst empfehlen. An bemerkenswerten
Versehen ist mir nur aufgefallen, daß III
S. 57 § 94 bei Besprechung der koptischen Form der
Abgarlegende Origenes als Zeuge für diese erwähnt
wird. Es soll doch wohl Eusebius heißen.

Göttingen.__W- Bauer.

Pfeil, Elisabeth. Die fränkische und deutsche Romidee des
frühen Mittelalters. München: Verl. d. Münchner Drucke 1929.
(V, 238 S.) gr. 8°. = Forschgn. z. mittelalterl. u. neueren Geschichte,
hrsg. v. A. Brackmann, F. Härtung u. a. 3. Bd. RM 8 — .

H eidmann, Karl: Das Kaisertum Karls des Großen. Theorien
u. Wirklichkeit. Weimar: H. Böhlau 1928. (VII, 446 S.) gr 8°. =
Quellen u. Stud. z. Verfassungsgesch. d. Dtsch. Reiches in Mittelalter
u. Neuzeit Begr. v. K. Zeumer, hrsg. v. F. Härtung, K. Rausch, A.
Schultze, E. E. Stengel, Bd. VI, H. 2. RM 15—.

Schramm, Percy Ernst: Kaiser, Rom und Renovatio. Studien
und Texte z. Gesch. d. Römischen Erneuerungsgedankens vom Ende
des Karolingischen Reiches bis zum Investiturstreit. 2 Tie. Leipzig:
B. G. Teubner 1929. (XIV, 305 u. VI, 185 S.) gr. 8°. = Studien der
Bibliothek Warburg. Hrsg- v. Fritz Saxl. XVII.

1. Teil: RM 18—; 2. Teil: RM 14—.

Seit Fedor Schneiders bahnbrechendem Buch
über Rom und Romgedanken im Mittelalter (1926) ist
die Forschung auf diesem Gebiet nach verschiedenen
Richtungen rüstig fortgeschritten. Bei der Bedeutung,
die dem Romgedanken für die mittelalterliche Kirchengeschichte
selbstverständlich zukommt, erscheint es angemessen
drei schon vor längerer Zeit fast gleichzeitig
erschienene Untersuchungen, die in diesem Zusammenhang
von Wichtigkeit sind, gemeinsam zur Anzeige zu
bringen.

1. „Die fränkische und deutsche Romidee des frühen
M.A." macht Elisabeth Pfeil, eine Schülerin
Brackmanns, zum Gegenstand einer ziemlich umfangreichen
Studie. Dem Bild der Entwicklung, das sie
entwirft, ist im allgemeinen zuzustimmen. Aus den unsicheren
Anfängen der Merowingerzeit erhebt sich das
stolze Gefühl eigener staatlicher Größe, die sich mit
den alten Römern vergleicht und sich ebenbürtig, ja

durch den wahren Glauben noch überlegen findet (Prolog
der Lex Salica). Das neue imperialistische Bewußtsein
findet dann im Kaisertum Karls d. Gr. seinen
angemessenen Ausdruck. Ihm entspricht das Bewußtsein
einer kultürlichen Erneuerung, für die der Ausdruck
„karolingische Renaissance" von der Verf. mit Recht
beibehalten wird.

Als Grundlage der fränkischen Romidee wird auch die antike und
altkirchliche Romidee recht ausführlich behandelt, da in der Folgezeit
„eine politische Romidee zündend nur wirken konnte, wenn sie aus dem
religiösen Romgedanken erwachsen war" (S. 67). Aber nicht Roms
Charakter als „Glaubensstadt", sondern die Reliquienverehrung ist hierbei
entscheidend in Ansatz zu bringen; vgl. Kohlmeyer, Zur Ideologie
des ältesten Papsttums (Forsch, z. Kirchengesch, und christl. Kunst
1931, S. 3 ff.); ferner Zwölfer, Sankt Peter (1929) S. 20 ff. Auch
darf die Stellung der Iren zu Rom nicht einfach mit der der Angelsachsen
in eins gesetzt werden (S. 61). - Im Abschnitt über den christl. Romgedanken
der Antike S. 25 ff. vermißt man eine Würdigung des Prudentius,
(Contra Symmachum), der seinerseits auf Ambr. ep. 17. 18. zurückgeht
und mit der christlich-patriotischen Romverherrlichung den Anfang macht.

Der Gedanke einer römischen Rechtsnachfolge findet
nur in den polemischen Äußerungen gegenüber Byzanz
und in der späteren Translationstheorie der Päpste Verwendung
. Erst unter Otto III. gewinnt die Erinnerung
an das antike Rom für das Kaisertum selbst eine tiefere,
geistige Bedeutung.

Karl d. Gr. versuchte, in der Kaiserstadt Aachen ein neues
Reichszentrum zu schaffen, und die Bedeutung seines Vorbilds für die
Politik der Ottonen könnte noch stärker betont werden: vgl. Schramm
S. 67ff. und E. Moni msen , Studien z. Ideengehalt d. dtsch. Außenpolitik
im Zeitalter d. Ottonen und Salier (Diss. 1930), S. 30 ff, 53 ff. Otto
d. Gr. hat sein Kaisertum zwar auf Rom gestützt, beruft sich aber doch
in erster Linie mit deutlich nationaler Betonung auf „die alte fränkische
Idee von dem unbegrenzten Recht des Volkes, das die Welt ordnet" (S. 199).

Die Untersuchung endet, was den eigentlich fränkisch
-deutschen Romgedanken angeht, wesentlich negativ.
Wahrscheinlich hätte sich dies Ergebnis jedoch nicht
ganz so einfach und eindeutig formulieren lassen, wenn
die Verf. neben den etwas schemenhaften direkten Zeugnissen
einer deutschen „Romidee" die konkrete Rompolitik
der Herrscher mit herangezogen hätte, die
ihre entscheidende Voraussetzung bildet. Hier liegt eine
schädliche Einseitigkeit vor. Selbst für die Kaiserkrönung
Karls d. Gr. glaubt sich die Verf. eine ernsthafte
Prüfung der tatsächlichen Geschehnisse sparen zu können
; es kann nicht überraschen, wenn der Versuch, die
ideellen Auswirkungen des epochalen Ereignisses trotzdem
zur Darstellung zu bringen, unter diesen Umständen
in die Irre führt.

2. Hier setzt Karl Heldmanns bedeutsames
Buch über „das Kaisertum Karls d. Gr." ein, eine Frucht
fast zwanzigjähriger selbständiger Beschäftigung und
zugleich eine Zusammenfassung und Sichtung der ganzen
bisherigen Forschung über den großen Gegenstand.
Bei der Fülle der Hypothesen, die im Lauf der Jahre
an das Zeugnis der Quellen herangetragen sind, empfahl
sich eine solche kombinierte Darstellung, die sich in geschichtlicher
Disposition in jedem Kapitel wiederholt;
und die Klarheit, mit der hier das Gewirr „der schier
zahllosen großen und kleinen Theorien" nach den entscheidenden
Gesichtspunkten in wenige große Gruppen
zusammengefaßt und gleichwohl eine durchaus flüssige
ja fesselnde Darstellung der Ereignisse erreicht wird'
bedeutet einen besonderen Vorzug des Buches den jeder
Benutzer dankbar empfinden wird. Auch die Quellen
kommen in dem umfangreichen Apparat der Anmerkungen
reichlich zu Wort, ohne den Fortgang der
Darstellung störend zu unterbrechen.

Das sachliche Ergebnis des Buches ist in seinen
Hauptzügen kurz folgendes. Die Kaiserkrönung Karls
d. Gr. ist nicht der gewissermaßen notwendige Abschluß
einer seit Jahren angebahnten geistigen und politischen
Entwicklung des fränkischen Reiches, sondern kann nur
aus den besonderen lokalen Verhältnissen der Stadt Rom
richtig verstanden werden, d'. h. aus der akuten Notwendigkeit
, den Majestätsprozeß gegen die Gegner des