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Ausgabe:

1932 Nr. 22

Spalte:

515-516

Autor/Hrsg.:

Beck, Alexander

Titel/Untertitel:

Römisches Recht bei Tertullian und Cyprian 1932

Rezensent:

Niedermeyer, Hans

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Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 22.

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Laie, sondern Theologe wäre, so würde er nach M.s
Meinung schwerlich dem Index entgangen sein. Begreif-
licher Weise haftet das Interesse des Verf. auch an den
visionär empfangenen Lebensbildern Jesu der Katharina |
Emmerick und der Therese Neumann; freilich wird1
diese nur sehr im Vorübergehen besprochen. Aus der !
Behandlung der Modernisten, denen M. Agnostizismus,
Immanentismus und Evolutionismus vorwirft, ist das ;
Kapitel über Joseph Wittig zu erwähnen, in dem u. a. j
die Entscheidung der Indexkongregation wörtlich mit- i
geteilt wird. Von den englischen Leben-Jesu-Theologen
wird natürlich die Oxford-Bewegung und vor allem ,
Newman mit besonderer Ausführlichkeit bedacht; von j
Newman wird die Epiphaniaspredigt 1857 vollständig
wiedergegeben.

Die Protestanten werden an ihrer Stellung zu dem
gemessen, was der Katholik die Übernatur nennt. Darum
wird Harnack zuletzt doch abgelehnt, obwohl vorher an
dem „genialen und unparteiischen Geschichtsforscher"
sein eigentlich konservativer Charakter gerühmt worden
ist. Das Auftauchen der dialektischen Theologie im Protestantismus
ist eine „ebenso überraschende als erfreuliche
" Erscheinung (S. 1122). Denn sie bezeugt einen
neuen Sinn für übernatürliche Wirklichkeiten. In dem
Abschnitt, der die Leugnung der Geschichtlichkeit Jesu
von Dupuis und Volney bis zu Arthur Drews behandelt,
sind auch die protestantischen Gegenschriften zusammengestellt
.

Den Beschluß des ganzen Werkes macht ein umfangreiches
Kapitel, das von der Geschichtlichkeit Jesu handelt
und nicht von den Evangelien, sondern von ihrer
Bezeugung im zweiten Jahrhundert ausgeht. Die Zeugnisse
des Ignatius, des Polykarp und des Papias eröffnen
den Reigen, in dem auch die griechischen Handschriften
nicht fehlen. Die bekannten Papias-Zitate bei
Eusebius werden besprochen; die Johannesfrage des
Proömiums wird zugunsten zweimaliger Nennung des
gleichen Apostels im selben Text entschieden. Dann werden
die 4 Evangelien und die synoptische Frage behandelt
; die Zweiquellentheorie wird natürlich abgelehnt
zugunsten einer Verbindung von Diegesentheorie und
Annahme des Einheitscharakters der Urpredigt. Die
Beziehung des Markus-Evangeliums zu Petrus wird betont
; die Übereinstimmung mit dem Kerygma in den
Petrusreden der Acta benutzt der Verf., um die Abhängigkeit
des Evangelisten vom Apostel zu erhärten.
Dieser Quellenbehandlung entspricht dann das Jesusbild
, das zum Schluß entworfen wird. Für die Leser
dieser Zeitschrift ist dabei weniger die apologetische
Haltung von Interesse als die Art, wie M. bezeichnender
Weise die dem Neuen Testament völlig fremde Kategorie
der Tugend an den Anfang stellt, wenn er S. 1671
von Jesu „Sündelosigkeit in des Wortes strengstem
Sinne" spricht, von seiner „Tugendfülle und Tugendharmonie
", von „Jesu einzigartiger Tugendverzweigung
und Tugendentfaltung".

Man würde die Besprechung des unorganischen, aber auf viel Studium
beruhenden Werkes gern mit einem Ausdruck des Respektes beschließen.
Was daran hindert, ist die auch im dritten Band wieder zutage tretende
Lässigkeit in der Autoren-Nennung. Sorgfalt in diesen Dingen ist von
solch einem Thesaurus unbedingt zu verlangen. Hier aber liest man von
Troelsch, Erich Petersen (Erik Peterson), von Alfred Renan (wenigstens
in der Ueberschrift), von Gförer, Planetz, Dalmann, Cornelius (statt Cor-
nicelius), von der Papyrusbezeichnung P (statt des Fraktur-J3) und endlich
von der englischen Law-Church (statt Low Church!).

Heidelberg. Martin Dibelius.

Beck, Alexander: Römisches Recht bei Tertullian und Cyprian.

Eine Studie z. frühen Kirchenrechtsgesch. Halle a. S.: M. Niemeyer
1930. (X, 149 S.) gr. 8°. = Schriften d. Königsberger Gelehrten
Ges., 7. Jahr, Geisteswiss. KL, H. 2. RM 12—.

Der Verfasser gibt in diesem Buch zweierlei. Zuerst
(S. 27—83; 132—164) sucht er die Persönlichkeiten
vor allem Tertullians und auch Cyprians in einem Gesamtüberblick
in die Rechtskultur und die Gedankenwelt
seiner Zeit hineinzustellen. Dann gibt er auf Grund ;

lexikographischen Materials eine Übersicht über das,
was an juristisch-kirchenrechtlichen Begriffen bei diesen
Kirchenvätern auftritt. Der Fleiß des Verfassers hat in
weitgehendem Umfange Literatur zusammengetragen, um
dem kulturhistorischen Bilde der Zeit, in der Tertullian
und Cyprian stehen, jeweils Farbe zu geben. Aber es
fehlen doch eigentlich die wirklich selbständigen Erkenntnisse
, um die großen Probleme, die die Figuren
dieser Kirchenväter in ihrer Stellung zu Staat und Kirche
bieten, wirklich lebensvoll heraustreten zu lassen. Die
Person Tertullians besonders hätte, glaube ich, an sich
mehr erfaßt werden müssen, um die allgemeine Stellung
des Christentums zum römischen Recht und damit
auch die Stellung des römischen Rechts zum Christentum
herauszubringen. Ebenso ist es bei Cyprian. Hier
werden z. B. die beiden Verfahren gegen ihn, die so
wertvoll für die Erkenntnis des römischen Strafrechts
und die Stellung der Bischöfe sind, nur außerordentlich
kurz gestreift. (Vgl. auch meine Phil. Diss.
Göttingen 1918: Über antike Protokolliteratur, Seite
77 ff.) Wenn der Verfasser aus allgemeinen Wahrscheinlichkeitsgründen
heraus (S. 39 ff.) Tertullian
mit dem in den Pandekten aufgeführten Tertullian für
identisch erklärt, so läßt sich das vertreten, obwohl sich
irgend wirklich Zwingendes nicht dafür anführen läßt.
Dagegen hatte Cyprian, anders als Verfasser will (S-
136, Anm. 7) nicht senatorischen Rang. Die oratio
Valeriani (Cypr. Ep. 80) trifft Cyprian als Bischof nicht
als römischen Senator, das sagt er ausdrücklich in
Ep. 80. Verdienstvoll ist die Übersicht über den juristischen
Sprachgebrauch der beiden Kirchenväter. Es tritt
hier die Erkenntnis heraus in wie hohem Maße die kirchlichen
Schriftsteller juristische Termini für die kirchliche
Disziplin als Gemeingut verwenden. Diese Sammlung
ist verdienstvoll und zeugt von besonderem Fleiß
des Verfassers.
Göttingen. H. Niedermeyer.

Kropp, P. Dr. Angelicus M., O. P.: Ausgewählte koptische
Zaubertexte. Geleitwort von Jean Capart. Vorrede von W. E.
Crum, M. A. Bd. 1: Textpublikation. 7 Schriftproben u. 4 Tafeln.
Bd. 2: Übersetzungen und Anmerkungen. Bd. 3: Einleitung in
koptische Zaubertexte. 15 Abb. auf 8 Tafeln. Brüssel: Fondation
Egyptologique Reine Elisabeth. 1930 u. 1931. (XIX, 123; XV,
286 u. XV, 255 S.) gr. 8°.

Die Sammlung und Bearbeitung griechischer Zauberpapyri
, die wir vornehmlich K. Preisendanz verdanken (s.
Th. Lz. 1929. 1932), hat eine sehr erfreuliche Ergänzung
erfahren durch A. M. Kropps „Ausgewählte koptische
Zaubertexte". Kr. stammt aus C. Schmidts Schule, und
der Lehrer hat ihn bei der Arbeit mit Rat und1 Tat unterstützt
. Da sie auch den Beifall von W. E. Crum gefunden
hat und auf dessen Empfehlung von der Fondation
Egyptologique Reine Elisabeth unter ihre Veröffentlichungen
aufgenommen worden ist, sind alle Sicherheiten
für Sachverständnis, für Sauberkeit und Gediegenheit
gegeben.

Das Werk zerfällt in drei Bände. Der erste enthält
„Textpublikation", d. h. den erstmaligen Abdruck einiger
koptischen Texte aus Privat- und öffentlichem Besitz, sowie
den Wiederabdruck von vier bereits publizierten
Stücken, die bei der Bearbeitung des Neuen fortgesetzt
heranzuziehen waren (s. Bd. I S. 4ff.); unter letzteren
Rossis Gnostischen Traktat, der 1904 bei dem Brande
der Turiner Bibliothek zu Grunde ging. Es schließen
sich an 7 Schriftproben und 4 Tafeln, die überwiegend
Teile der Handschriften abbilden, endlich drei Register:
1. griechische Worte, 2. koptische Worte, 3. Namen.
Vorausgegangen waren zwei Einführungen, von J. Capart
, dem Direktor der oben erwähnten Fondation Egyptologique
, und von Crum, sowie eine Liste der gebrauchten
Abkürzungen, die gleichzeitig als Literaturverzeichnis
dienen kann.

Der zweite Band „Übersetzungen und Anmerkungen"
bringt nicht nur die neu veröffentlichten Stücke deutsch,
sondern daneben eine größere Anzahl schon publizierter