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Ausgabe:

1932 Nr. 21

Spalte:

495

Autor/Hrsg.:

Bludau, Augustinus

Titel/Untertitel:

Die ägyptischen Libelli und die Christenverfolgung des Kaisers Decius 1932

Rezensent:

Heussi, Karl

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Seite 1

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495

Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 21.

496

Bludau f, Dr. Augustinus, Bischof von Ermland: Die ägyptischen will stattdessen, wie der Untertitel angibt, ein Versuch

Libelli und die Christenverfolgung des Kaisers Decius. zur philosophischen Interpretation des augustinischen

Freiburg i.Br.:: Herder & Co 1931 (vil, 79 s.) gr. 8°. = Römische , Liebesgedankens sein. Es sei gleich hervorgehoben, daß

f-^ Mt^^ie u-1 ^ lfQ- ; sie im Rahmen der so gefaßten Aufgabe eine ausge-

p„ , ,. , V zeichnete Arbeit ist.

Der Verfasser der vorliegenden Studie hatte bereits F„ , . . . n . „, , . man

:m ir-o+r,r,iiir" Ions ii 171 1 «7 „„ri 7w oA« Äin0r, '■■ ts handelt sich also darum, den inneren Zusammen-

AuÄä^.D^Ubdi llltä^luSteslS^' hang in Augustins Liebesanschauimg zu rekonstruieren,

Aufsatz über „Die Libelli aus der Verfolgung des Decius"
veröffentlicht, die der nun nach seinem Tode (f 9. Febr.
1930) erschienenen größeren Arbeit zugrunde liegt. Das

sie einfach in ihrem eigenen Sinn zu verstehen bzw. zu
sehen, wie verschiedene miteinander streitende Interessen
in ihr zum Ausdruck kommen. Dabei kann die Verfasse-

«Sil . 3^ LlChr getreten,sind-.in.Rutscher Uber- { unter fol der Begründung absehen: „Nichts von dem

setning vor und zeigt, welche historischen Erkenntnisse | Gedankengut antiker und spätantiker Philosophie, das

uhnen abzugewinnen sind. Kap. 2 gibt sodann eine | Augustin in den einzelnen Epochen seines Lebens in

grundliche und umsichtige Untersuchung der mit der , sich aufgenommen hat von c'iceros Hortensius bis zUr

decischen Verfolgung verbundenen historischen Probleme | übersetZUna Plotins durch Victorinus Rhetor ist je aus

und schildert den Hergang der Verfolgung in den ein- S sdnem ^ . kU h d radikal hieden wor.

zelnen Reichsteilen. Das schwierige Problem, ob das . -.

im Wortlaut nicht erhaltene Edikt des Decius (wahr-

den" (S, 4L).

Die Untersuchung geht in drei relativ selbständigen

scheinlich schon aus dem Jahre 249) die gesamte Be- n^uu ^""^ u ^ %cl" UI+C1 ™™ semsianuigc,.
wohnerschaft des Reichs oder nur die Christen zum j ™Lem^"'Pl,XT^

Opfern aufrief, wird unter vorsichtiger Abwägung aller
in Betracht kommenden Momente so gelöst, daß das

qua appetitus" behandelt. Wenn Augustin bestimmen
will, was Liebe ist, bleibt er immer letzten Endes dabei,
daß sie ein Begehren ist. Und doch kann man von die-

Edikt vermutlich in seinem Wortlaut „in einer allge- T„cc'u ^"S" f" V™ ™cn Kann man von gemeinen
Form gehalten war, indem es die Forderung des T™ff^g TPT t ^ ^ ^schließenden
Opfers an alle römische Staatsbürger stellte", abe? auf ! Z Liebesgedankens Augustms kommen. Die
die Christen gemünzt war, also die Heiden, die ihm nicht j ^eitefnS fuch, untfr dem Gesichtspunkt „crea-
nachkamen, nicht straffäl ig machte (S. 37). Diese und tlly^lfL • m L'ebe "VT* *,?• «fw^t
andere Fragen, z. B. ob das Edikt ein Reichsgesetz oder ,epn e. ?.flu, ht zu seinf.m Ursprung Aber schließlich tritt
nur eine Administrative Anordnung war (I. 47), ob i d£LLleb w * AuSusün unter einem dritten Gees
Strafbestimmungen enthielt (S. i), werden mit' ein- S^^^' &™&£«Jtf^ *Ä SÄ

leuchtenden Gründen gelöst. Gegenüber den Legenden
der Märtyrerakten steht der Verf. auf dem historisch-kritischen
Standpunkte. Das Martyrium der Heiligen Kar

„vita socialis" behandelt wird. Diese drei Gedankenkomplexe
werden nun von der Verfasserin in einer gemeinsamen
, streng einheitlichen Problemstellung zusam-

E Pa^Tus"föchte" er Sto ÄRM ^ H^V W e 1 eh« " »**

Lit desP3Decius als in die des Markus Aurelius setzen d . e N^oh^^j»!.«^«^^ cic^™ ^ „ 3 » ™ J^»"«11 «"i^

nimmt. In dem ersten Problemkomplex, wo die Liebe
ausschließlich in der Form des Begehrens auftritt, gibt es

LibellaTci Gewesen"wäreT ^A^ilJ^e^S PrinziPidl keinen Platz für die Nächstenliebe. Abe? auch
Libellatici gewesen waren die sich also unrechtmäßig , in d zweiten Problemkomplex erhält man keine wirkeinen
Schein ausstellen ließen, sie hatten geopfert, ohne Hche Erklarung dafür> daß Pdie Nachstenliebe eine ent.

(S. 55). Im 3. Kapitel schließlich werden die Fragen
behandelt, die die Libellatici der Forschung aufgeben.
Daß die Inhaber der uns erhaltenen Libelli sämtlich

dies getan zu haben, ist unerweislich; die Libelli können
ebenso gut für Sacrificati oder für zu Unrecht verdäch

scheidende Rolle im christlichen Leben spielt. Von diesem
Ausgangspunkt aus wird es immer problematisch

tigte Heiden ausgestellt gewesen sein (S. 74). Auch !„" Ä8T n w ri. ^ZmZUFmi ««

dies Kapitel bring? eine hfenge interessanter iüge zur I Qott bLogem am

Zeitgeschichte. Das Ganze ist ein dankenswerter und ! m?!L+; u u rXensc% überhaupt em Interesse am

anregender Reitraa 7nr Geschichte Her decischen Ver ! Nächsten haben kann. Erst in dem dritten Problemkom-

fob?uS BeitraS zur beschichte der decischen Ver- , plex wird die endgültige Antwort auf diese Frage ge-

& &• geben. Der christliche Glaube nimmt den Menschen

Einzelne kleine Unebenheiten erklären sich wohl aus dem porthumen aus d€m weltlichen Zusammenhang heraus, aber setzt
Charakter der Veroffenthchung so d>e meht ganz straffe, die endgültige ihn gleichzeitig in einen neuen, „vita socialis".
Ansicht des Verf.s nicht sofort faßbar werden lassende Gedankenfuhrung fr?. , . & .. , , , • . , .

S. 34 oder die nicht einleuchtende, überdies innerhalb ihres Oedanken- I Die hier vorliegende Untersuchung ist sehr grundlich
und gediegen. Es ist ein glücklicher Griff, Augustins
Gedanken in relativ selbständigen Gedankenkomplexen
zu behandeln. Dadurch ist es möglich, mit den vielen
scheinbaren Widersprüchen als Ausflüssen aus verschiedenen
Tendenzen, die nicht ohne weiteres mit einander in
Übereinstimmung zu bringen sind, zurecht zu kommen.

zuges unnötige und diesen behindernde Bemerkung über den „christlichen
Klang" der Namen Irenaeus, Demetria und Isidor (S. 23).
Jena. Karl Heussi.

Arendt, Hannah: Der Liebesbegriff bei Augustin. Versuch
einer philosophischen Interpretation. Berlin: Jul. Springer 1929.

(VI, 90 S.) 4°. = Philosophische Forschungen, 9. H. rm 6.90. ! „Es gilt die Widersprüche als das, was sie sind, stehen

In der Geschichte des christlichen Liebesgedankens
nimmt Augustin eine völlig beherrschende Stellung ein.
Niemand weder vor noch nach ihm hat so wie er der

zu lassen, sie als Widersprüche verständlich zu machen,
das, was hinter ihnen steht zu erfassen" — dies ist ein
gesundes Deutungsprinzip. Und ein ebenso guter Griff

folgenden Entwicklung sein Gepräge aufdrücken können, j ist es, daß die Untersuchung in ihrer Ganzheit sich um
Augustins einzigartige religionsgeschichtliche Stellung be- i die Nächstenliebe konzentriert. Der hervorragende Platz,

ruht vor allem darauf, daß in ihm zwei religiöse Welten
näher bestimmt zwei religiöse Liebesanschauungen, nämlich
die hellenistische Erosanschauung und urchristliche
Agapeanschauung ineinander überfließen. Dieser Verschmelzungsprozeß
bietet offenbar auch ein psychologisches
Problem von allergrößtem Interesse dar.

Die vorliegende Arbeit über den „Liebesbegriff bei
Augustin" sieht ihre Aufgabe weder in der Darstellung
der Bedeutung Augustins als Knotenpunkt in der Ge

den dieser Gedanke bei Augustin einnimmt, gleichzeitig
wie er prinzipiell keinen Platz in seinem von der antiken
Philosophie übernommenen Gedankenschema hat, verursacht
, daß man von diesem Aussichtspunkt aus einen
ziemlich tiefen Einblick in Augustins Liebesauffassung
und die Spannung, die in ihr herrscht, bekommt. Wenn
sich auch die Untersuchung bewußt auf eine immanente
philosophische Interpretation von Augustins Denken beschränkt
, so lierfert sie doch deshalb auch einen guten

schichte des christlichen Liebesgedankens noch in einem ' Ertrag für die umfassendere Frage über die beiden gel
Beitrag zum Verständnis, wie die Verbindung dieser bei- ; stigen Welten, die zu seiner Liebesauffassung Beiträge
den Motive psychologisch zustande gekommen ist. Sie I geliefert haben. Aber gleichzeitig hat die Begrenzung der