Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1932

Spalte:

457-459

Autor/Hrsg.:

Deursen, A. van

Titel/Untertitel:

Der Heilbringer. Eine ethnologische Studie über den Heilbringer bei den nordamerikanischen Indianern 1932

Rezensent:

Merkel, Franz Rudolf

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

Theologische Literaturzeitung

BEGRÜNDET VON EMIL SCHÜRER UND ADOLF VON HARNACK

nnter Mitwirkun" von Prof. D. HERMANN DÖRRIES und Prof. D. Dr. GEORG WOBBERMIN, beide in Göttingen

HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR D.WALTER BAUER, GÖTTINGEN

Mit Bibliographischem Beiblatt in Vierteljahrsheften. Bearbeitet von Lic. Dr. phil. REICH und Mag. theol. H. SEESEMANN, beide in Göttingen.

Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis: halbjährlich RM 22.50

M.noskriott und «elehrlf Miltfilungrn sind .u»«chliefilich an Profewor D. BAUER in Gauingen, Düslere Eiclirnweg 46, au »enden.
' . - ..«1, liefilichan den Verlag. Gewähr für Besprechung oder Rücksendung von unverlangt gesandten Rezention».

Re«en„on.e«en.pl.re ' ° "fCj''mplll„n, b„„„der» noch bei Zn.endung nach Cöttingcn, wird nicht übemr.

57. JAHRGANG, NR. 20

Spalte! Spalte

^^•^•"■•^■»^»^»^»^»^^^^^^^ Spalte

Bohne: Das Wort Gottes und der Unter-

rieht (Kesseler)........• ■ ■ • ' V.

Bommersheim: Wertrecht und Wertmacht

(Allwohn).............W ' ' ' a-7

Deursen: Der Heilbringer (Merkel.

Lutherischer Weltkonvent zu Kopenhagen v. (schniewind: Euangelion (Stählin) 463
26. Juni bis 4. Juli 1929 (Nygren) .... 480Sengpiel: Die Bedeutung der Prozessionen
oller: Strophenbau der Psalmen (Wendel) 460 für das geistliche Spiel des Mittelalters in

vink: Philosophische Erklärung der plato- Deutschland (Schröder)...... 457

nischen Dialoge Meno und Hippias Minor Smith: Räbi'a the Mystic and her Feliow-

H er mann- Luthers These „Gerecht und (Breithaupt) ................ 478 Saints in Isläm (Strothmann) ... 459

Sünde- zugleich" (Schmidt)........ 470 Schanze: LutheraufderVesteCoburg(Scheel) 46S Symbolae Osloenses (Behm) ... . '462

Köberle: Rechtfertigung u. Heiligung(Piper) 47l|Schlunk: Botschafter an Christi Statt (Witte) 479|Wilms: Albert der Große (Launj [ 466

Die Preise der hier angezeigten vor dem 1. VII. 1931 erschienenen deutschen Bücher dürften inzwischen im allgemeinen entsprechend der

Notverordnung vom 8. XII. 1931 um mindestens 10% gesenkt sein.

Deursen, Dr. A. van: Der Heilbringer. Eine ethnologische j Traditionsgut der Erzähler stammt, so wird auch die
Studie über den Heilbringer bei den nordamerikanischen Indianern. Frage aufgeworfen: „Inwieweit bewahren die Erzähler
Groningen: Batavia 1931. (395 S.) gr.8°. H 5.90. Dei den Wachtfeuern die alt-überlieferten Mythen und
Die uns hier vorliegende ethnologische Studie ist Legenden? ' Obwohl sich nun öfters feststellen läßt, wie
namentlich für die Religionswissenschaft von aufschluß- j die christliche Gedankenwelt auf die der Indianer emo-e-
reicher Bedeutung, da es sich um ein Forschungsgebiet wirkt hat, ergibt ein sorgfältiger Vergleich doch, daß
handelt, das bisher wegen der Schwierigkeit der Quellen- j „die Heilbringermythen, wie wir sie aus dem 17.'jahr-
heschaffung nur wenig in den Untersuchungsbereich ein- ■ hundert kennen lernen, im wesentlichen dasselbe Bild
bezogen werden konnte. Namentlich aber sind derartige | zeigen als dasjenige, was die modernen Ethnographen
Einzelstudien auf Grund sorgfältiger Quellenbenutzung 1 uns von denselben Stämmen in der Gegenwart schileine
überaus dankenswerte Förderung der sich so eng 1 dem----Auf Grund der Tatsache, daß sich eine histo-

berührenden Wissenschaftsdisziplinen. Im Vorwort gibt j rische Kongruenz der Heilbringerfigur bei jenen Stam-
der Verfasser selbst die Gründe an, die ihn bewogen men vorfindet, bei denen wir dieses Bild von der Zeit
haben sich auf den Heilbringer bei den nordamerikani- nach der Entdeckung bis heute verfolgen können — glau-
schen Indianern zu beschränken: „Erstens weil die Figur ben wir annehmen zu dürfen, daß auch bei den anderen
des Heilbringers in der indianischen Mythologie solch 1 Stämmen die Heilbringergestalt sich gleich geblieben
eine hervorragende Stelle einnimmt; dann wed die ist" (S. 32). Den größten Teil des Buches umfaßt die
Quellenlage durch die vorzüglichen Publikationen der • sorgfältige Bearbeitung des bisher gesammelten Heilamerikanischen
ethnologischen Gesellschaften so gunstig j bringer-Materials, wie es sich bei den Indianerstämmen
ist; weiter weil wir meinen, daß für eine Untersuchung (der Algonkin, Sioux, Caddo, Natchez u. a., bei den
wie diese, die gewählte Induktionsbasis breit genug ist; Nordwestamerikanern und den Kalifornischen Indi-
"nd schließliclÜweil ein eingehendes Studium eines be- anern) erhalten hat. Die Ergebnisse werden dann tabel-
stimmten Gebiets mehr Nutzen bringt als das Schöpfen larisch zu einer Art Klassifikation der Heilbringertvnen'
aus den flachen Gewässern einer Allerweltslekture'. Der I zusammengeordnet (S. 324 ff.), um zu dem Versuch
Verfasser beginnt mit einer Analyse der Heilbrmger-Vor- ; zur Aufstellung einer' eigenen .Hypothese' überzuleiten
Stellung, wie sie erstmals Kurt Breysig schon 1905 fest- ' Nach der nordamerikanischen Mythologie ist der Heil"
gelegt hat und die dann auch von anderen Forschern : bringer zumeist ein Held, auch ein Häuptling oder
(Ehrenreich, Thurnwald, Schmidt, Loewenthal, Soder- Schamane, ein heiliger Mann oder Prophet, wobei Fr
Moni, Brinton, Lang, Radin, Hubert) großenteils über- innerungen an historische Gestalten der Vorzeit hinein"

! verwoben sein können. Den Werdegang stellt sich d

bln'nÜ'rV;^^ ' Tö«ä Radin, Hubert) großenteils uner- lnrierurigen an uuivuüvus ^ia,n.n v»v» »v,tCu irurein-
nommen vurde er selS gibt dann folgende Definition ! yerwoben sein können. Den Werdegang stellt sich der
(S lAf Fi! Heilbringer ist ein Wesen aus der ! Verfasser in wohl zu rational-evolutionistischer Weise
Mythologie dem ubernatürliche Kräfte zugeschrieben vor: „Der große Mann, der Führer der Häuptling wird
werdend der entweder eine Rolle bei der Umformung I nach seinem Tode in der Tradition zum Heros gemacht,
i ^ Erde nach der Schöpfung oder nach der Sintflut ; indem vom Erinnerungsbild das Alltagsmenschfiche ab^
gesnielt h-vT oder dem Volke bedeutende Gesetze, In- ; gestreift wird und die hervorragenden Charakterzüge in
stit utinnen kulturelle Güter geschenkt hat". In einem 1 den Vordergrund gerückt und ihrerseits mit anderswoher
weiteren Abschnitt behandelt der Verfasser die .Methode bekannten, oder die Sehnsucht befriedigenden heroischen
der Forschung' und gewährt uns Einblick in den Quel- l Eigenschaften in assoziative Verbindung gebracht wer-
lenbestand, wobei besonders hervorgehoben werden mag, den" (S. 360). Wenn nun der .Heilbringer' auch eine
daß neben den neueren Publikationen amerikanischer .thenomorphe Gestalt' annehmen kann, und als ErEthnographen
und Linguisten auch die teilweise wert- ; scheinungsform meist kleinere Tiere (Hase, Rabe, Blau-
vollen Berichte der lesSitenmissionare aus dem 17. und haher) wählt so wäre hier Gelegenheit gewesen, dem
18. Jahrhundert (Jesuit Relations 1610—1791 neu hgb. 1 religionspsychologischen Problem des Totemismus näher-
1896—1901 — Lettres Edifiantes et Curieuses, 1731) 1 zutreten; denn die S. 364 gegebene rationale Deutung
herangezogen werden. Da das meiste Material aus dem ] wird kaum befriedigen. Der Beobachtung, daß „die

4K8