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Ausgabe:

1932 Nr. 17

Spalte:

401-402

Autor/Hrsg.:

Schellhass, Karl

Titel/Untertitel:

Der Dominikaner Felician Ninguarda und die Gegenreformation in Süddeutschland und Oesterreich 1560 - 1583. Bd. I 1932

Rezensent:

Schmidt, Kurt Dietrich

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401

Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 17.

402

tianern vernichtet wurde, sondern weil der Berberstamm
kl wa*a nacn Egypten einbrach; übrigens eine späte,
aber sehr gründliche, auch konfessionell beeinflußte
Kache Nordwestafrikas gegen die Fatimiden, die vor 1V2
Jahrhunderten dort gesessen hatten. Übersetzer hält
den Bericht mit Recht der Aufnahme für wert, bringt
aber nicht den freilich viel umfangreicheren Excurs
zum J. 541 =i3. juni H46_i. junj 1147 über die berbe-
nsche Reformationsbewegung des IbnTumart. Und doch
ist diese, vom Verf. selbst wohl ungeahnt, da er sie als
Ketzerisch ablehnt, ein Hauptgeschehen jener Zeit; denn
hat den einzigen erfolgreichen Kreuzzug, den vom
Verf. allerdings nicht berücksichtigten westlichen, noch
fast für ein Jahrhundert aufgehalten dadurch, daß sie
den zerrissenen spanischen Islam im Almohadentum
doch einmal sammelte (wie das der bis dahin siegreiche
Alfons VII bereits 1148 vor Kordova erfahren sollte).
Gaß im J. 1148 die Einführung des sunnitischen Ge-
detsrufes anstatt des schiitischen durch Nureddin in
Aleppo zu Unruhen führte, fehlt zunächst in der Übersetzung
zum J. 543; die bloße Tatsache dieser amtlichen
Änderung, welche das konfessionelle und politisch-militärische
Ineinander kennzeichnet, ist dann aber in einer
Note zum J. 552 wenigstens nachgetragen gelegentlich
der übersetzten Mitteilung, daß jetzt im J. 1157 bei einer
Krankheit Nureddin's einer seiner Brüder sich fofort das
Erbe sichern wollte durch Wiedereinführung des Schi-
dentums.

Einen Ersatz für seine Ausscheidungen bietet Gibb
durch eine selbständige sehr klärende Einleitung über
die untereinander um Syrien ringenden einheimischen
feilgruppen; an die sich eine sehr willkommene Beschreibung
der muhammedanischen Bewaffnung anschließt
. Viel dankenswerte Mühe steckt in dem Index,
der auch nicht namentlich genannte Franken erfaßt
und für die orientalischen Namen die Form der fränkischen
Quellen beigibt; ferner in den Anmerkungen zur
Feststellung von dunklen Namen und zur Behebung einzelner
Versehen des Verfassers oder des Herausgebers,
Während die Auswertung des Quellenwerkes den Kirchen
, und Welthistorikern überlassen wird. Ihnen hat
Gibb einen dankenswerten Dienst geleistet; denn diese
dürre alte Chronik hat für den aufmerksamen Leser
auch Gegenwartswert: das Kreuzfahrerland, bezeichnenderweise
mit Ausschluß des armenischen, steht wieder
unter christlicher Herrschaft; im Libanongebiet hat diese
den nie ganz abgerissenen Faden aus Kreuzfahrertagen
wieder aufgegriffen; während sie auf palästinensischem
an die vorchristliche Tradition anzuknüpfen vorgezogen
hat.

Hamburg. R. Stroth man n.

Schellhass, Karl: Der Dominikaner Felician Ninguarda
und die Gegenreformation in Süddeutschland und Oesterreich
1560—1583. Bd. I: Felician Ninguarda als apostolischer
Kommissar 1560- 1578. Rom: W. Regenberg 1930. (XII, 355 S.)
gr. 8°. = Bibliothek d. Preuß. Histor. Instituts in Rom, Bd. XVII.

RM 25 —

Es ist für die Kenntnis nicht nur des allgemeinen
Ablaufs der Gegenreformation sondern vor allem für
die Erkenntnis der in ihr wirkenden verschiedenen Kräfte
und ihre Beurteilung von großer Wichtigkeit, daß wir
die für die Gegenreformation tätigen Personen genau
Kennen. Deshalb ist es dankbar zu begrüßen, daß ein
|o hervorragender Kenner des Quellenmaterials wie Karl
Schellhaß es unternommen hat, uns die Bedeutung F.
Ninguardas durch eine ausführliche Darlegung seiner
Wirksamkeit klar zu machen. Der bisher vorliegende
erste Band schildert N. in seiner Tätigkeit als apostolischer
Kommissar im Gebiet des Erzbistums Salzburg
Und den österreichischen Landen, einem der Ausgangs-
Punkte der Gegenreformation in Deutschland, in den
Jahren 1560—1578. Seine Hauptsorge galt der Abhaltung
von Diözesansynoden, dem Konkubinat der
Kleriker, sowie der Klosterreform. Einzelnes herauszugreifen
wäre sinnlos; bemerkt sei lediglich, daß N.

durch seine Tätigkeit auch der Kurie fruchtbar gewordene
Anregungen gegeben hat. Daneben sei ein
Wunsch für die noch ausstehenden beiden Bände ausgesprochen
: Wir erfahren ausführlich von N.s Wirksamkeit
und seinen Plänen; aber woher N. die Reformideen
seinerseits hat, das erfahren wir nicht. Dadurch
aber ist die Abgrenzung der Bedeutung dieses Dominikaners
für die Gegenreformation z. B. von der der
Jesuiten ungemein erschwert. Ich nehme an, daß die
dürftigen Quellen über die Lebensanfänge N.s direkte
Aussagen über seinen inneren Werdegang nicht gestatten.
Aber ob sich nicht durch einen ideengeschichtlichen Vergleich
doch noch manches aufhellen ließe? Wir würden
für den Versuch jedenfalls dankbar sein.

Kiel. Kurt Dietrich Schmidt.

Melanchthon, Philipp: Grundbegriffe der Glaubenslehre.

(Loci communes) 1521. Ins Deutsche übertragen von Friedrich
Schad. Mit einem Geleitwort von Prof. D. Karl Heim. München :
Chr. Kaiser 1931. (VIII, 254 S.) kl. 8°. RM 3.75; geb. 5—.

Pastor Schad schreibt S. VIII, Spalatins Übersetzung
„konnte ich als Grundlage für eine Neuherausgabe des
Melanchthonschen Werkes nicht verwenden". Er habe
sich in seiner eigenen, selbständigen Übersetzung bemüht
, „ein lebendiges Deutsch zu schreiben und zugleich
dem Sprachstil Melanchthons gerecht zu werden
". Hätte er sich doch von Spalatin — dessen Übersetzung
hat O. Clemen 1910 vorzüglich herausgegeben
(Supplem. Mel. I. Dogmat. Schrift. 1 [ = S.M. ]) — wenigstens
vor solchen Übersetzungsfehlern wie den zwei
folgenden behüten lassen. Melanchthon [ = M. ] schreibt
Loci ed. Kolde3'4 62/3: „Reliquos vero locos, peccati
vim, legem, gratiam, qui ignorarit, non video quomodo
christianum vocem". Schad übersetzt S. 7: „Wer nun von
den anderen Grundbegriffen ... nichts weiß, in dem sehe
ich keineswegs eine christliche Stimme"!! Spalatin hätte
behütet: „sich ich nit, warumb ich in ain Christlichen
menschen nennen soll" (S. M. 8, 1 f.).

M. schreibt S. 100/1: „Jam quae prodidere sophistae de merito
congrui, scilicet quod ex operibus moralibus, id est, quae viribus naturae
nostrae faeimus de congruo, sie loquuntur, mereamur gratiam, ipse,
lector, intelligis, blasphemias esse in iiiiuriam gratiae dei ementitas."
Schad übersetzt S. 14: „Was die Sophisten ferner betreffs des zum
Gnadenempfang vorbereitenden Verdienstes, das natürlich aus moralischen
Werken besteht, vortragen, d. h. hinsichtlich der Frage: was
können wir mit den Kräften unserer Natur tun, um uns die Gnade zu
verdienen, so meinen sie tatsächlich: wir könnten die Gnade verdienen.
Du siehst hier selbst, mein lieber Leser, die Lästerungen gegen die Ungerechtigkeit
der Gnade Gottes sind Lüge." Spalatin hätte belehrt:
„Weitter, wie die Sophisten geschriben . . . haben ... als nemlich,
daß wir mit den sittlichen werken, das ist mit den werken, die wir auß
den kreften unser natur von dem bequemen thun (dann also pflegen sy
zu reden), Sölten wir die gnad gottes verdienen, da merkest du, leser,
selbs, daß es gotteslesterung seind, die zu injurien und belaidung der
gnaden gottes erlogen seind" (S. M. 43, 15 —21).

Dürfte ich nicht jetzt schon die Anzeige
schließen?

Der Leichtsinn Schads, Spalatin nicht zu verwenden
, rächt sich gleich auf S. 1, wo Z. 9 mit „recht
ausführlich" übersetzt ist „quam pinguissime". Pinguis
heißt aber nicht nur „fett", sondern auch „grob"
was Schad nach S. 11 u. weiß („ganz grob" für
„pinguissime"). Bei Spalatin steht richtig „aufs gröbst"
(S.M. 3, 12) und bei Clemen (S.M. XVII) hätte Schad
lesen müssen: „enthalten auch viel zu viel, was über den
Rahmen einer möglichst elementaren (,quam pinguissime
'!) Einführung ... hinausliegt".1

Ehe ich fortfahre, das Mißraten der Magisterflucht
Schads zu beweisen, rüge ich seine zahllosen Auslassungen
. S. 1 Z. 5 ist „allgemeinsten (Grundbegriffe)"
weggelassen — Spalatin: „allergemainsten orter" (S.M.
3, 7) — während am Schluß S. 254 „communissimos
(locos)" mitübersetzt ist. Z. 8 steht „für meine Schüler"

1) Oder sollte Schad hier die „Grobheit" der breiten Ausführlichkeit
elementarer Einführung meinen? Aber gab es eine „recht aus-
: führliche" lucubratiuncula ? Zwei Zeilen vorher steht ja „in einem
| kurzen Auszug"! Vgl. Clemen S. M. XV—XVII.