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Ausgabe:

1932 Nr. 1

Spalte:

360-365

Autor/Hrsg.:

Titius, Arthur

Titel/Untertitel:

Natur und Gott. Ein Versuch zur Verständigung zwischen Naturwissenschaft und Theologie. 2., neubearb. Aufl 1932

Rezensent:

Steinmann, Theophil

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359

Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 15/16.

360

bekenne der „Staat" sich zu der „Theorie", daß der
Nep-Mann eigentlich nur dazu „gemästet" werde, um
später „abgeschlachtet" zu werden; E) „Die Partei"
— die „herrschende Schicht", in Wirklichkeit „Stalin",
der Diktator und sein Apparat", die GPU, seine
Polizei, die „allgegenwärtig" spioniert. In einem neuen
Abschnitt „Die Kultur", der in Heft 7 eine Fortsetzung
findet, beleuchtet Fedotow besonders die „Wissenschaft
", die „Universitäten", die „Kunst" (Malerei,
Dichtkunst), zuletzt „die Kirche". Fedotow ist nicht
ganz ohne Hoffnung: das Christentum^ die Kirche in
wahrem Verstand, wonach sie die „Macht" der „Ewigkeit
" über alle „Zeit", alles Neue ist, das doch stets
bald alt werde, ist ihm die „Arche", in die sich das
„Lebendige" auch im heutigen Rußland „vor der Sintflut
der Revolution retten" wird.

Ein weiterer Aufsatz in Heft 6, von M. Artemjew
gilt neben dem Fedotow'schen den freien „Gesellschaftsformen
im heutigen Rußland", I. der der „Kirchlichen
", II. der „Mystiker und Sektierer". Von den
ersteren meint A., daß sie eine neue „Intelligenz"
zu erzeugen Aussicht hätten, eine die „ihrem Geiste
nach gewiß der Intelligenz der Chomjakovs, Aksakovs,
Samarins ähneln", (mehr oder weniger altorthodox sein)
werde; sie habe einen beträchtlichen Teil der Jugend
hinter sich, bestehe aber noch so geheim wie möglich.
Die „Mystiker" scheinen eine Art „Gnostiker", („Dua-
listen", analog den Bogumilen) zu sein, die sich als
„Orden" für „christlichen (eschatologischen) Kommunismus
", mit lebendigem Ehr- und Opfersinn zusammengeschlossen
haben. Die „Sektierer", besonders in
kleinbürgerlichen Kreisen zu treffen, sind unter protestantischen
Einflüssen (Baptisten, Adventisten) entstanden
. In einem Aufsatze, Heft 7, berichtet Artemjew
über „Unterirdische Literatur im heutigen Rußland".
Geheim muß ja jede oppositionelle Richtung sich im
Sowjetstaate betätigen. Auf allen Gebieten gibt es solche
Richtungen, so schwer sie es haben sich vor der allgegenwärtigen
, allsehenden GPU „verborgen" zu halten.
Man kommt nicht aus dem Schaudern heraus, wenn
man Fedotows und Artemjews Aufsätze liest!

Allerhand kleinere Sachen lasse ich hier auf sich
beruhen. Sehr willkommen sind in jedem Hefte die Mitteilungen
in der sog. „Chronik", daneben die „Literatur
berichte". Wie ich schon in meinen früheren
Besprechungen hervorhob, werden die Begriffe „Orient"
und „Occident" sehr weit gefaßt. Auch China gehört
dazu, nicht minder Polen (wo der römische Katholizismus
sehr an der „Verfolgung" [Beraubung!] der
„Orthodoxen" teilnimmt).
Halle a. S. F. Kattenbusch.

Historischer Atlas der Provinz Brandenburg. Hrsg. v. d. Hist.
Kommission f. d. Prov. Brandenburg u. d. Reichshauptstadt Berlin.
1. Reihe: Kirchenkarten, Karte Nr. 2, Blatt 2: Der geistliche Grundbesitz
in der Mark Brandenburg und angrenzenden Gebieten im Bereich
der Diözesen Kammin, Lebus, Meißen und Posen mit Ausschluß
der Kreise Dramburg, Krossen westl. d. Bober, Prenzlau nördl. Teil
u. Schivelbein, sowie der brandenburgischen Gebiete in der Lausitz
um das Jahr 1535 v. Gottfried Wentz. Maßstab 1 : 350000.
Berlin: D. Reimer in Komm. 1932. RM 3.50; mit Mappe 7-.

Drei Karten dieses wertvollen Werkes liegen nun
vor. Was von der klaren Übersichtlichkeit und Brauchbarkeit
der beiden ersten gesagt wurde, gilt in vollem
Umfange auch von dieser Karte. Stellte die letzte Karte
den Westen der Mark dar, die Diözesen Brandenburg
und Havelberg, finden wir auf diesem Blatt den östlichen
Teil in derselben mustergültigen Weise bearbeitet. Auch
dieses Blatt wird sowohl der Heimatgeschichte als auch
der allgemeinen, insonderheit der Kirchengeschichte
wertvolle Dienste leisten. Bemerkenswert ist es zu sehen,
wie weit doch der Bereich der Diözese Posen in das
Land noch hineinreichte. Interessant ist auch der ausgedehnte
Besitz des Johanniterordens. Auch sonstige
geistliche Orden und Stifter verfügten über einen beträchtlichen
Besitz. Ich nenne z. B. da die Stifter Für-

1 stenwalde, Kammin, Soldin und das Prämonstratenser-
Stift Gramzow, die Zisterzienser-Klöster Bernstein, Ble-
; sen, Chorin, Himmelstädt, Neuzell, Paradies, Seehausen
■ und andere, die Karthäuser-Klöster Frankfurt und Schi-
i velbein und andere Klöster anderer Orden. Es macht
wirklich Freude und bringt stets Gewinn, sich immer
j wieder in diese anschaulichen Karten zu vertiefen, und
j man kann mit Spannung der Vollendung dieses Kartenwerks
entgegensehen.
Bernburg. H. Peper.

Birkner, Joachim: Augustinus Marius, Weihbischof von Freising,
Basel und Würzburg (1485-1543). Ein Lebensbild. Münster i. W.:
Aschendorff 1930. (XII, 126 S.) gr. 8°. = Reformationsgeschichtliche
Studien und Texte, begr. v. J. Greving, hrsg. v. Albert Ehrhard, H. 54.

RM 6.55.

Eine von S. Merkle als Dissertation angenommene,
] sorgfältige und kritische Biographie des A. M. (Mair),
die einmal viele Unrichtigkeiten und Ungenauigkeiten der
bisherigen Biographien korrigiert, daneben die Bedeutung
dieses der alten Kirche treu gebliebenen Humanisten
für die beginnende Gegenreformation zu erfassen
sucht. M. ist für sie tätig gewesen als Dekan der theologischen
Fakultät in Wien, als Weihbischof in Freising,
I Basel (hier vor allem als schroffer Gegner Oekolam-
j pads) und Würzburg. Doch scheint er sich z. T. selbst
i durch seine Art um die Erfolge gebracht zu haben.
Kiel. Kurt Dietrich Schmidt.

| Titlus, Prof. D. Artur: Natur und Gott. Ein Versuch z. Ver-
I ständigung zwischen Naturwissenschaft u. Theologie. 2., neubearb.
Aufl. Göttingen: Vandenhoeck& Ruprecht 1929 —1931. (XII, 946 S.)
gr. 8°. RM 29-; geb. 32—.

Daß es notwendig und möglich war, dieses um-
i fassende Werk schon nach 5 Jahren neu heraus zu
| bringen, ist unter beiderlei Hinsicht mit Freuden zu begrüßen
. Der buchhändlerische Erfolg beweist, wie sehr
dies Buch einem vorhandenen Bedürfnis entgegenkam.
Und wir freuen uns mit dem Verf. über diesen der Arbeit
zweier Jahrzehnte zuteilgewordenen Erfolg.

Wie der Verf. selbst in seinem Vorwort ausspricht,
bringt die neue Auflage keine wesentlichen Veränderungen
.

Die leitenden Gesichtspunkte sind dieselben geblieben. In den Kapiteln
III, IV u. V, die ein Gesamtbild der Welt im Lichte der heutigen
Naturwissenschaft zu geben versuchen, finden sich Bereicherungen und
auch einzelne Berichtigungen nach den Ergebnissen neuster Forschungsarbeit
z. B. die neue Quantentheorie, Struktur und Bewegung der Zelle,
Vererbungsphänomene, Instinktbegriff, Kultur des Eiszeitmenschen, Gehirnphysiologisches
u. A. m.; dazu auch über Rassentheorie und -biologie
in Kapitel VIII. Erweitert ist auch VII, 8 „Der naturwissenschaftliche
Kausalbegriff" durch Ausführungen über Kausalität u. Wahrscheinlichkeit
, Ganzheitskausalität und Wahrscheinlichkeit. — Das 1. Kapitel:
j „Die Bedeutung der Natur für die Religion und für ihre Geschichte"
i bringt neue Ausführungen über Magie und Mythologie; das 2. Kapitel
„Wissenschaftliche und religiöse Naturanschauung in der Geschichte
des Christentums" — neben andern kleineren Erweiterungen — unter
I 12 mit Veränderung der alten Überschrift: „Die Leibnitzsche Synthese
I und die Aufklärung" in „Von Leibnitz bis zu Kant" zum Schluß Kants
Entwickelung zum Kritizismus und ein ganz neues Kapitel: „Die Naturphilosophie
im Zeichen Kants und Goethes", um die schon vorhandenen
Beziehungen der Problemstellung des Vf. zur philosophischen stärker
in den Vordergrund zu rücken. Im Interesse einer eingehenderen Begründung
der Wahrheit des Gottesglaubens ist dem Abschnitt VII, 6:
„Die Begründung der Glaubensgewissheit" eine Ausführung über den
| allgemeinen Wahrheitsbegriff in seinem Verhältnis zum religiösen, sowie
i eine Auseinandersetzung mit Feuerbachs Illusionstheorie ein-, resp. an-
i gefügt und sind die beiden weiter folgenden Abschnitte 7 und 9 „Über
die Eigenart der religiösen Sätze und ihr Verhältnis zur Metaphysik"
und „Die religiöse Erkenntnis als Glied aller Wirklichkeitserkenntnis"
1 beträchtlich erweitert. — Aus dem Schlußkapitel wären endlich noch
besonders herauszuheben die Ausführungen über den Arbeitsprozeß der
Weltwirtschaft und über Mathematik, Technik und Biologie als Bildungswerte
.

Das Buch von T. hat in seiner ersten Auflage in
der ersten Nummer des Jahrgangs 1927 der Theol.
Litztg. durch K. Heim eine ausführliche Besprechung
gefunden. Ich würde seiner Bedeutung aber nicht gerecht
, wenn ich bei der Anzeige dieser zweiten Auflage