Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1932 Nr. 1

Spalte:

343-345

Autor/Hrsg.:

Bévenot, Hugo

Titel/Untertitel:

Die beiden Makkabäerbücher übersetzt u. erkl 1932

Rezensent:

Zimmerli, Walther

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

343

Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 15/16.

344

Schlägen zur Textauslegung und fast immer Textverbesserung
, die nur zuweilen sich an die anderer Exe-
geten anlehnen, meist aber selbständig gemacht sind. Die
Versionen kommen dabei zu ihrem Recht. Die Konjekturen
sind graphisch großenteils gut, manchmal sehr
kühn, oft geradezu phantastisch. Es gibt Verbesserungen
, die durchaus als unnötig erscheinen (3, 10 4, 7
5, 21 15, 19. 20 17, 8 19, 2 20, 28 22, 12 u. a.), bei
anderen ist der vorgeschlagene Text umständlich und
mutet unhebräisch an (z. B. 5, 2 15, 7 22, 19 f. 28, 16).
Für gut und annehmbar halte ich die Vorschläge zu
3, 33 f. 7, 10. 22f. 10, 17 11, 9 12, 9. 23 16, 16
21, 8 30, 28. 32. Geistreich, aber kaum möglich sind
die Konjekturen zu 14, 25 f. 21, 28 f. 25, 10 27, 9.
Auch bei notorisch verderbten Texten wie 18, 19 19, 7
sollte man lieber auf ein Heilmittel verzichten. Bemerkenswert
ist der Versuch (S. 76 f.), in 30, 1 zu lesen
Agur-pen-jeqar hammassa = „ich fürchte, die Last sei
zu schwer"; und lu-itti-el = „o daß Gott mit mir wäre".
Der Satz fährt fort: „Wenn Gott mit mir wäre, so hielte
ich (die Last) aus, gesetzt auch, daß ich . . ." (folgt
V. 2). Der Verf. findet hier eine Übereinstimmung mit
der Situation von I. Reg. 3, 6 ff., dem Gebet des jungen
Salomo, und demgemäß in der Benennung des Sprechenden
V. 1 eine „Selbstbezeichnung des jugendlichen Salomo
unter einem Pseudonym". Weniger glücklich ist
dann ein ähnlicher Versuch mit „Lemuel" in 31, 1
(S. 83). Doch muß man schon sagen, wie gerade auch
dieses Beispiel zeigt: originell und geistreich sind die
Vorschläge fast immer, wenn auch manches wie Spielerei
wirkt. Vermißt wird meist eine Erklärung darüber,
wie denn nun der gegenwärtige Text der Massorethen
aus dem vermeintlichen des Verf. zustande gekommen
ist. — Die ganze Arbeit läßt stark die Frage aufwerfen
nach dem Recht und den Grenzen
solcher Textverbesserungen. — Am Schluß
des Buches findet sich eine Sammlung von Bemerkungen
zum LXX- (und Vulg) Text (S. 85—104) sowie zur
syrischen Übersetzung und zum Targum (S. 105—13).
Beide enthalten wertvolle Beobachtungen, die jeder künftigen
Behandlung des Spruchbuches von Nutzen sein
werden.

Marburg/Lahn. H. W. Hertz berg.

Bevenot, Hugo, O.S.B.: Die beiden Makkabäerbücher übersetzt
u. erkl. Bonn: P. Hanstein 1931. (XII, 260 S. m. 2 Ktn.)
gr. 8°. = Die heilige Schrift d. A. T. übers, u. erkl. In Verbdg.
ra. Fachgelehrten hrsg. v. F. Feldmann u. H. Herkenne, IV. Bd.
4. Abtlg. RM 9.60; geb. 11.60.

Im Bonner exegetischen Bibelwerk behandelt B. die
Makkabäerbücher (Mkk.). — Eine Einleitung bespricht
auf 45 Seiten die literarkritischen und historischen Probleme
der beiden Bücher. Das im Original hebräisch verfaßte
, in seinem heutigen Umfang (auch c. 14—16) als
ursprünglich zu betrachtende 1. Mkk. dürfte zwischen
120—100 abgefaßt sein, um dieselbe Zeit wird Jason
von Kyrene das Werk geschrieben haben, von dem wir
einen Abriß in 2. Mkk. vor uns haben (Original griechisch
). Von den im Text verstreuten Urkunden (Briefe
und Dekrete) kann keine unbedingt als unecht angesprochen
werden. In II 1—2,18 sind 3 „echte", höchstwahrscheinlich
jedoch vom Verf. nachträglich dem Werke
vorangestellte Einleitungsbriefe zu finden. Erkennt man,
daß im 3. Brief (1, 10 b—2, 18) der Tod des Anti-
ochus III. erzählt ist, dann steht seiner Echtheit nichts
im Wege. Und selbst der Abbitte-Brief des Antiochus IV.
von seinem Todeslager aus (II 9,19—27), dessen Stil
„zwar nicht einwandfrei königlich" ist, läßt sich gegen
alle Angriffe verteidigen. „Epiphanes konnte auch auffallend
leutselig sein." — Es folgen Ausführungen über
den Schauplatz der Ereignisse, durch 2 dem Buch beigegebene
Karten ergänzt (1. Das Westreich der Seleu-
kiden. 2. Judäa), über die Reihe der Seleukidenkönige
einerseits, der Hasmonäer andererseits und über die
Chronologie. (l.Mkk. rechnet die Sei. Aera vom Nisan

j 311, 2. Mkk. vom Tischri 311 ab. Eine chronologische
Tabelle am Schluß führt die einzelnen Daten durch.)
: Der Klärung des Verhältnisses der beiden Bücher dient
> weiter die Besprechung der Feldherrnnamen, der Feld-
| züge, die eine synoptische Tabelle auszugleichen sucht,
i der Kriegerzahlen. Die auch den Aussagen von 2. Mkk.

gegenüber nur im Notfall kritische Haltung des Kom-
i mentars wird verständlich von dem besonderen Ab-
| schnitt her, der außer über theol. Haltung und Kanoni-
i zität auch über die Inspiration der Bücher redet. Während
im I. Mkk. der hebräische Urtext inspiriert war,
„erfreute sich (in 2. Mkk.) der Epitomator (von Jasons
i Werk) des Beistandes des hl. Geistes bei seiner Kürzungsarbeit
. Er hat nicht nur fehlerlos exzerpiert, sondern
weiterhin immer das Richtige herausgenommen".

Die Übersetzung, die den Sinaiticus bzw. Alexan-
drinus zugrunde legt und Abweichungen durch Kursive
kennzeichnet (S. Vf.), entfernt sich stellenweise, im Bestreben
ein möglichst freies Deutsch zu bieten, ziemlich
j weit vom Wortlaut des Originals. Man kann sich auch
fragen, ob es in einem wissenschaftlichen Kommentar
richtig ist, die unverkennbare hebräische Sprachgrund-
i läge des griech. Textes von 1. Mkk. im Deutschen möglichst
zu verwischen, z. B. I 11, 72 xai üjieoxqeuiev jtpöc
avxovc, 7ioXexfo xai exoojuööaxo uvxovc xai ecpvyov lautet übersetzt
: Dann wandte er sich zum Kampfe (fehlt: gegen
sie) und schlug sie derart, daß sie fliehen mußten.

Die beigegebene Erklärung bewegt sich auf der
Linie einer vorsichtigen Auslegung, in der besonders den
topographischen Fragen sorgfältige Beachtung ge-
i schenkt ist (Mizpa = Nebi Samwll, vgl. das besondere
! geograph. Register S. 252—54), die aber in der histo-
I risenen Auswertung sich nicht zu einer nüchtern kritischen
Beleuchtung des Textes unter Abstreifung der
j legendären Elemente zu erheben vermag, wenn auch die
i Auseinandersetzung mit den übrigen geschichtlichen
Nachrichten der Zeit nicht fehlt (Zu I 8, 22 ff. Ver-
j gleich mit dem foedus Astupalaion). Für letztere wäre
! eine regelmäßigere genaue Angabe der Fundstellen wün-
, sehenswert. (Etwa zu I 1, 29 7,1 u. ö.). — Gelegentlich
bricht das Interesse des Dogmatikers (Die Fürbitte der
Heiligen zu II 15, 11 ff.) und Ethikers durch (Rechtfertigung
des strengen Vorgehens von Judas durch das
Naturrecht I 5, 51, von Joh. Hyrkan I 16, 19 ff., die
kasuistische Frage, ob Onias das Asylrecht des Tempels
von Daphne in Anspruch nehmen durfte II 4, 33f., Exkurs
über den Selbstmord zu II 14, 43 ff.).

Warum die Übersetzung den Wortlaut des Textes verläßt, ist nicht
immer klar. I 6, 63 wird übersetzt: (Doch fand er Philippus als) Herr
der Lage xuotevovxa xfjc, jiöXeooc,. I 9,22 wird verkürzt: xai xoVv
jioXeuxov xai äVv dvöpaYaxhöjv d>v ejioit|06V xai xrje; UEYaXocnrvr|?
aÜToü ov xatEYpacpri seine Kriegsleistungen und Großtaten hat man
nicht aufgezeichnet u. s. w. Alfons Schulz hat sich in seiner Besprechung
Theologische Revue 30 (1931) Sp. 496 ff. die Mühe genommen, die
I unnötigen Freiheiten der Übersetzung für I 1 zusammenzustellen. Auch
für die andern Kapitel ließen sich nicht minder stattliche Listen aufstellen
.

Gelegentlich muß sogar von Ungenauigkeit der Übersetzung geredet
werden. Ich greife I 2,50 f. heraus: Das einleitende: xai vüv wird
einfach weggelassen, xai ööte xae, lyuxäs viä>v wieg öiam'ixTic
rcaxepavv rjucöv wird übersetzt: gebt euer^Leben hin fürs Vaterland.
uW|Cüx|XE xoVv Jtaxfipwv rjudVv xä epya seid eingedenk der
Taten eurer Väter. — I 7, 7 i)v eitornoev das sie zugefügt haben
etc. — In I 4, 35 ist die falsche Übersetzung ganz offenbar durch das
Interesse der Harmonistik mit 2. Mkk. bedingt. (Als Lysias den Zusammenbruch
— Tpojtriv — seines Heeres sah . . .) xpoxcrj heißt aber:
das Umwenden, Geschlagen werden, die Flucht. 1. Mkk. redet von
5000 gefallenen Gegnern, 2. Mkk. von 12 000. „In dieser Angabe
(2. Mkk.) dürfte die ursprüngliche Zahl eher erkennbar sein. Spricht
doch unser Text (l.Mkk.) hier vom .Zusammenbruch' der Truppen des
Lysias."

Die Versuche modern zu reden sind nach meinem Empfinden
1 nicht immer glücklich. So wenn I 6, 57 xai EJtixeixai f|u.iv xa xfjc,
ßaesikeiag übersetzt wird: Dazu müssen wir jetzt zur Wahrung der
Reichsverfassung eintreten. Oder wenn I 4,35 die Juden bereit sind
i „wie Ritter zu leben oder zu sterben", I 7, 19 „etliche aus dem bürgerlichen
Stande" ergriffen werden, I 6, 20 „Geschütztürme" zur Belagerung
herangeführt werden, I 10, 66 Jonathan „mit Jubel im Herzen"

r