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Ausgabe:

1932 Nr. 1

Spalte:

16-17

Autor/Hrsg.:

Kekelidse, K.

Titel/Untertitel:

Die Bekehrung Georgiens zum Christentum 1932

Rezensent:

Völker, Walther

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Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 1.

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die lateinische Bibel, Tertullian, Cyprian, Arnobius,
Lactanz, nicht genügend berücksichtigt worden sind. So j
reichhaltig die Zusammenstellung der Literatur S. 13—18
ist, so ist sie doch nicht voll ausgewertet worden. Es
fehlen auch die Untersuchungen von F. Gabarrou, Le
latin d'Arnobe, Paris 1921 (siehe diese Ztg. 1926,
Sp. 101) und Teeuwen, Sprachlicher Bedeutungswandel
bei Tertullian, Paderborn 1926 (siehe diese Ztg. 1926,
Sp. 472 ff.), ferner die Werke von Rönsch (Itala und
Vulgata 1875) und Koffmane (Gesch. des Kirchenlateins
1879/81). Von nichtkirchlichen Schriftstellern
könnte man die immer noch lehrreiche Untersuchung
von Joh. Müller über den Stil des älteren Plinius (Innsbruck
1883) vermissen. Der genannte Fehler wird in
den sonst so hübschen Abschnitten über die Metapher
(S. 244 ff.) und die Vergleiche (S. 267 ff.) zum Verhängnis
, weil hier vieles der Eigenart Augustins zugeschrieben
ist, was ihm in Wirklichkeit von der hl. Schrift
und der kirchlichen Vergangenheit dargeboten wurde.
Ziemlich deutliche Anspielungen an Schriftworte, ja
selbst mehr oder weniger wörtliche Anführungen von
Schriftstellen hat B. nicht als solche erkannt, was um i
so auffallender ist, als in der Ausgabe der Confessiones
von de Labriolle (Paris 1925), die er benutzt hat, doch
wohl die Schriftstellen gekennzeichnet sind, wie dies
in der Ausgabe des Gottesstaates von Dombart der
Fall ist.

Zu diesem Oute der hl. Schrift oder früherer kirchlicher Schriftsteller
gehören: der Verpersönlicluuig der ecclcsia und der veritas (S. 250),
deus . . panis, ignis edux, sab alis tuis (S. 252), investigabilis abyssus iudi-
ciorum tuorum (S. 253), animae sitientes, pascis Israel, Gott als lumen
und veritas (S. 255), die Welt als Meer und der Glaube als ein Netz
zum Fischfang, der Christ als Soldat, das sanfte Joch und die leichte
Bürde (S. 255), renasti, regcncratio, flactus temptationum (ein stoisches,
von den Christen übernommenes Bild), jovea periculi, caligine erroris,
ignorantiae tenebris, et nos fuimus aliquando tenebrae (Eph. 5, 8) , Stimulus
cupiditatum (S. 257f.), morbus coneupiscentiarum, peccatorum languorcs (längst
aus der Stoa herthergenommen), deviare a lege, cor aperirt (S. 250 f.),
exarsit uuimus, fiuetuare, aestuare, rigarc foutibus lacrimarum, humiüatis
montibus et collibus cogitutionum, carbones ardentes, sicut ovis ad immolandum
duetus est etc. (S. 260, Jes. 53, 7), area per ventilaiionrm purgata u. s. w.
— Dem Casusgebrauch hätte mehr Beachtung geschenkt werden dürfen.
Es wird nur der Genet. identitatis (oder explicativus) berücksichtigt
(S. 224 ff.), wozu übrigens irrtümlich Wendungen wie amore amoris tui,
pulchritudo pulchrorum omnium, memorati memoriam martyris gerechnet sind.
Und wenn S. 225 Ammianus Marcellinus als der genannt wird, der alle
andern Schriftsteller des Spätlateins im Gebrauch dieses Genetivs überboten
habe, so ist dabei Cyprian vergessen, der hierin von niemanden
überboten worden ist (siehe meine Zusammenstellungen in der Ztschr.
f. neutest. Wiss. 1912, S. 165 ff.). - Zu S. 115: bei fidelem catholicum
(Conf. VI, 1, 1) ist nicht fidelem das Eigenschaftswort, sondern catholicum
(vgl. II, 3, 7 : ptr matrem mearn, fidelem tuam (S. 119). — Zu S. 27: mit
sanetitas tun wird allerdings später der hohe kirchliche Würdenträger
angeredet, aber gerade Augustin und andere Prediger reden noch das
christliche Volk nicht selten mit sanetitas vestra an.

München. Hugo Koch.

Co lern an, A. M.: The Biblical Text of Lucifer of Cagliari
(Acts). Welwyn: J. H. Lawrence 1927 (10 S.) 8°.

Lucifer v. Calaris hat für den Textkritiker des NT.
besonderes Interesse, weil seine zahlreichen Zitate uns
einen Einblick in den vor-hieronymischen Text verschaffen
. Deshalb hat H. J. Vogels in zwei Aufsätzen
der ThQS 103, 1922 die Lukaszitate (S. 22 ff.) und
die Johannes-Zitate (S. 183 ff.) untersucht, wobei er
für Lukas eine Übereinstimmung mit Veronensis feststellte
, für Johannes eine solche mit Vercellensis und
Palatinus. Dabei ergab sich des weiteren, daß Lucifer
eine ältere Textform überliefert, und Vergleiche mit der
Vulgata zeigten z. B., wie cod. Vercellensis verglichen
mit Lucifers Textform sich mit einer „Vulgatadecke"
überzogen habe.

Hinsichtlich der Acta-Zitate hatte bereits P. Corssen
in seinem Programm „Der cyprianische Text der Acta
apostolorum" (1892) auf die Übereinstimmung zwischen
Lucifer und dem Gigas Holmiensis hingewiesen. Verf.
greift diesen Gedanken auf und legt eine Kollation vor.
Irgendwelche Folgerungen für die Textgeschichte —

etwa nach Art der instruktiven Ausführungen von Vogels
— werden leider nicht gezogen.
Halle/Saale. Walther Völker.

Kekelidse, K.: Die Bekehrung Georgiens zum Christentum.

Leipzig: J. C. Hinrichs 1928 (51 S. m. 1 Kte.) gr. 8° = Morgenland.
Darstellungen aus Geschichte und Kultur des Ostens, H. 18. RM 2—.

Vorliegende Schrift ist aus einem Vortrag herausgewachsen
, den Verf. 1925 in georgischer Sprache in der
Versammlung der geschichtl.-ethnogr. Gesellschaft gehalten
hat und der in großen Zügen die Missionierung des
georgischen Volkes schildert. Mit Recht wird der legendäre
Charakter aller Erzählungen behauptet, die von
einer missionarischen Tätigkeit der Apostel zu berichten
wissen, weil sie vor dem 10. Jahrhundert nicht nachweisbar
sind. Zustimmung wird auch These 2 verdienen:
„Da die georgischen Volksstämme unter verschiedenen
kulturell-geschichtlichen Bedingungen lebten, drang zu
ihnen das Christentum zu verschiedenen Zeiten und
aus verschiedenen Quellen ein" (S. 50). Nach Westgeorgien
verbreitete es sich zu Anfang des 6. Jahrhunderts
von Byzanz aus, nach Ostgeorgien in
früherer Zeit von Syrien-Armenien her. Das Neue
dieser kleinen Schrift liegt nur darin, hier zu präzisieren,
Angaben vorzustoßen, Zeit und Träger der Mission möglichst
genau zu bestimmen. Erscheint in den Berichten
über die Bekehrung Ostgeorgiens bald Gregor der Parther
, bald die Nino (Nina) als die führende Persönlichkeit
, so löst K. diesen Widerspruch, indem er Gregor in
Gogarene, Nino in Iberien wirken läßt, und er versucht
zu zeigen, daß infolge von dogmatischen Spannungen
mit Armenien Ninos vita im 9./10. Jahrhundert über-
| arbeitet wurde, so daß sie von jetzt ab als die Bekehre-
1 rin von ganz Ostgeorgien galt und Gregors Name unterdrückt
wurde. Sodann versucht Verf. den Zeitpunkt der
Bekehrung Iberiens genau zu fixieren, wobei er sich an
Gelasius v. Cäsarea, den Gewährsmann Rufins, hält.
Als Resultat ergibt sich ihm, daß König Mirian (nicht
Bakurios) der erste christliche König gewesen sei, daß
die Bekehrung nicht unter Kaiser Konstantin d. Gr.,
sondern unter seinem Sohne Konstantius stattgefunden
habe, und zwar genau im gleichen Jahre wie die Bekehrung
Äthiopiens (355/356).

Eine Nachprüfung dieser Resultate wird für einen
Deutschen, der die östlichen Sprachen nicht beherrscht,
dadurch erschwert, daß die vom Verf. reichlich angeführte
Literatur in georgischer und russischer Sprache
verfaßt ist. Die Kontrolle muß sich daher darauf beschränken
, die Verwendung der griechischen Quellen
zu prüfen, und hierbei zeigt es sich allerdings, daß K.
nicht immer die nötige Vorsicht hat walten lassen. Zugegeben
, daß die Bekehrung Äthiopiens wirklich genau
ins Jahr 355/356 fällt, so wird man doch zögern, die
Worte Rufins „per idem tempus" derart zu pressen, wie
es Verf. tut. Und geradezu abenteuerlich erscheint mir
der Versuch, dieses Jahr durch die astronomische Berechnung
einer Sonnenfinsternis zu stützen, die für den
König Anlaß zur Bekehrung gewesen sein soll und
deren Tag ein Astronom von Tiflis auf den 28. 5. 355
festgelegt hat. Selbst wenn diese Sonnenfinsternis ein
feststehendes Faktum in der gesamten Überlieferung
wäre, so müßte man doch bedenken, daß wir es hier mit
einer beliebten Kulisse zu tun hätten. Naturereignisse
bilden sehr oft den Anstoß zu königlichen Bekehrungen,
welche die des ganzen Volkes nach sich ziehen, ohne
daß wir hier jedes Mal ein geschichtliches Faktum konstatieren
könnten. Gar nicht erwähnt Verf. die Frage,
ob die in Georgien wohnenden Juden nicht als Bindeglied
für die Christianisierung des Landes in Betracht
kämen. Endlich ist die Lösung des Gregor-Nino
Problems davon abhängig, ob die geographische Einteilung
, die K. von Ostgeorgien gibt, für diese frühe Zeit
bereits zutrifft und ob sie einen Rückhalt an kritisch geprüften
Quellen findet, eine Frage, die sich mir aufdrängt
, wenn ich die Verwendung der griechischen Quellen
betrachte.