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Ausgabe: | 1932 Nr. 14 |
Spalte: | 323 |
Autor/Hrsg.: | Mozley, I. K. |
Titel/Untertitel: | The Beginnings of Christian Theology 1932 |
Rezensent: | Preisker, Herbert |
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Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 14.
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auf eine Wandlung der zuvorgeschehenen Offenbarung
durch die Osteroffenbarung verweist, so muß dem gegenüber
die einheitliche Deutung des ganzen neutestament-
lichen Geschehens von der Ostertatsache aus gefordert
werden, auch wenn in der Urkirche bereits neben dem
eschatologischen Oedankenkreis ein neues, der Verkündigung
Jesu fremdes Verständnis des Reichsbegriffes sich
anbahnt.
Die Diskussion über das Reichs-Gottes-Problem im
Neuen Testament wird also auch durch die vorliegende
wertvolle Untersuchung nicht abgeschlossen sein. Die
scharfe und doch vorsichtige Herausarbeitung des eschatologischen
Charakters der Reichs-Gottes-Verkündigung
der Evangelien aber ist hier zu einem gewissen Abschluß
gebracht, der in der künftigen Diskussion (Reichs-Gottes-
Problem und Passion, Jesus und Paulus) als Ausgangspunkt
und Grundlage wird verwertet werden müssen.
Gießen. Georg Bertram.
Mozley, I. K., D. D.: The Beginnings of Christian Theology.
London: Cambridge University Press 1931. (X, 138 S.) kl. 8°.
geb. 5— sh.
Was M. auf Einladung der British Broadcasting Corporation
in 8 Sonntagsgesprächen einem „unsichtbaren"
Publikum vorgetragen hat, bietet er in diesem Band
unter den Überschriften: Der Hintergrund des Neuen
Testaments; Der christliche Glaube im frühen zweiten
Jahrhundert; In Verteidigung des Glaubens; Notwendige
Streitfragen und theologischer Ausbau; Schwierige Fragen
und Versuche, darauf zu antworten; die christliche
Philosophie von Alexandrien; Schrift, Glaubensbekenntnis
und Kirche; Das Konzil von Nizaea. Aufs Ganze
gesehen, ist es ein geglückter Versuch, Nicht-Theologen
in die Entwicklung des Christentums einzuführen. Freilich
wird man fragen können, warum die dogmatischen
(christologischen) Fragen so einseitig stark herausgehoben
, dagegen die den Laien doch eher mehr interessierenden
Fragen nach dem Ringen des werdenden
Christentums mit den Problemen der Lebensführung
fast ganz unter den Tisch gefallen sind. Im einzelnen
könnte man noch hier und da Wünsche äußern: so ist
der Unterschied zwischen den apostolischen Vätern und
dem N. T. unter dem wachsenden Einfluß des Judentums
nicht herausgestellt, die Bedeutung der Apologeten
als Abwehr der Gnosis zu wenig betont. Der Traditionalismus
eines Irenaeus ist übergangen, der sein Bild
plastischer hätte erscheinen lassen. Ebenso hätte die
Herausarbeitung des Unterschiedes im Offenbarungsbegriff
der Gnosis gegenüber dem Offenbarungsbegriff
der Apologeten die Entwicklung gerade für Laien durchscheinender
gestaltet. Und bei Origenes hätte statt der
langen christologischen Erörterung vielleicht doch die
Hörer eine Darlegung, wie bei ihm Glaube und Spekulation
aus seinem Bibelverständnis kommen, mehr angesprochen
. Aber hier läßt sich nicht streiten. Das Gebiet
ist so groß und weitverzweigt, daß jeder solche Versuch
nur Ausschnitte geben kann; die Auswahl bleibt
subjektiv. So sollen auch meine Ausstellungen nicht
willkürliche Kritik, sondern Hinweise für ähnliche Versuche
sein.
Breslau. Herbert Preisker.
Klostermann, E., u. E. Benz: Zur Ueberlieferung der
Matthäuserklärung des Origenes. Leipzig: J. C. Hinrichs 1931.
(VIII, 136, 32 • S.) 8". = Texte u. Untersuchgn. z. Gesch. d. altchristl.
Literatur. Hrsg. v. E. Klostermann u. C. Schmidt. Bd. 47, 2.
RM 13.80.
Origenes hat das Matthäusevangelium dreifach erklärt
: in einem 25 BB. umfassenden Kommentar, in 25
Homilien und in Scholien. Der größte Teil dieser Arbeiten
ist verloren. Von dem Kommentar, den Origenes
nach 244 n. Chr., also in seinen letzten Jahren, bearbeitet
hat, sind uns griechisch nur 8 BB. (das X. bis
XVII., = Mtth. 13, 36 bis Mtth. 22, 33) erhalten. Dazu
kommen noch zahlreiche griechische Bruchstücke, 4 Zitate
des Pamphilus im I. Buche seiner Apologie (308
I n. Chr.) und eine alte lateinische Übersetzung. Die Ausgabe
Delarues (abgedruckt bei Lommatzsch Bd. III—V)
hatte bei weitem nicht alles vorhandene Material heran-
| gezogen und weist auch manche andere Mängel auf.
i Daher begrüßen wir die vorliegende vortreffliche Arbeit
von E. Klostermann und seinem Mitarbeiter als die Vor-
j läuferin einer neuen kritischen Ausgabe mit ganz beson-
I derer Freude. Der um die Werke des Origenes schon
| hochverdiente Erich Klostermann hat unter Beihilfe von
E. Benz zahlreiche Bibliotheken durchforscht, das weitverstreute
Material gesammelt und bearbeitet und ein
j klares Bild der Textüberlieferung geschaffen.
! Das I. Kapitel (S. 1—39) behandelt die Über:
lieferung der Griechen. Erwin Preuschen (bei
I Harnack, Gesch. d. altchristl. Lit. I 1) hatte neun Hss.
des Matthäus-Kommentars aufgezählt. Von diesen können
aber nur zwei als selbständige Zeugen gelten,
I nämlich 1. Codex Monacensis gr. 191 saec. XIII
(M), an den Rändern durch Feuchtigkeit beschädigt, der
fol. 1—110 den Matthäus-Kommentar und fol. 111—305
den Johannes-Kommentar des Origenes enthält. M ist
von Preuschen (Orig. Werke IV Einl. S. IX ff.) ausführ-
i lieh beschrieben worden; Ergänzungen habe ich auf
Grund eigener Kollation von M in meinen „Beiträgen
zur Textkritik von Origenes' Johanneskommentar" (T. U.
N. F. XIII 2, 1905) gegeben. Eine Abschrift von M ist
der Codex Venetus Marc. 43 a. 1374 (V). Wenn
■ der Schreiber von V auch manche Fehler seiner Vor-
j läge verbessert, so ergänzt er doch die durch Feuchtig-
j keit zerstörten Zeilen derselben teils unrichtig, teils gar
nicht, da er keine andere Hs. des Matthäus-Kommentars
[ kannte. V darf also nur für eventuelle eigene Verbesse-
] rungen von M herangezogen werden. Neben M steht
2. CodexCantabrigiensis Coli. S. Trinit. B. 8,10
(C), wohl auch saec. XIII. Wahrscheinlich sind M und
I C aus derselben Quelle geflossen. Denn die S. 95—108
mitgeteilte Probekollation der beiden Hss. beweist, daß
j sie nah verwandt sind, sich da und dort ergänzen und be-
i richtigen und von einer Hs. (etwa XI. saec, vgl. Preu-
! sehen, Orig. Werke IV S. XVIII) abstammen, die schon
recht fehlerhaft war. Auf den Seiten 95—408 kann man
nämlich etwa 7 gemeinsame Fehler von M C feststellen.
Codex C ist von Huet als Codex H o I m i e n s i s und von Delarue
als Codex Anglicanus benutzt worden. In der bei Lom. III 7 abgedruckten
Note Delarues' werden 4 Hss. als Textzeugen genannt, darunter
Cod. Holmiensis, und zwar als verschieden vom Cod. Anglicanus
(Cantabrigiensis). Erst allmählich überzeugt sich Delarue von der Identität
der beiden Hss. und notiert (Lom. IV 23. 66; 157 Note 2 ist
fehlerhaft): „Cod. Anglicanus seu Holmiensis." Über die von Delarue
herangezogenen Hss., vor allem über C, wird uns ja die Einleitung der
neuen Ausgabe genauere Nachricht geben. Hier sei nur bemerkt, daß
die von Delarue-Lommatzsch abgedruckten 29 Überschriften in B. Xl-XVII
wohl aus C stammen, während sie in M zu fehlen scheinen. Aus einer
Note Huets (Lom. III 303 Nr. 3) erfahren wir, daß sie am Rand des
Cod. Holm, von I. Hand beigefügt waren, und zwar, wie Huet meint,
„e Codice, ut apparet, lacero vel obsoleto detracta". Das könnte für
die Beurteilung des Archetypus wichtig sein.
Direkt ist uns also ein Drittel des Matthäus-Kommentars
nur durch eine zu erschließende Hs. etwa XI.
saec. erhalten; deshalb ist die reiche und mannigfaltige
indirekte Überlieferung als Ergänzung und
Korrektur der direkten außerordentlich wertvoll. Hierüber
handeln S. 12—39, wo Kl. und B. die Ergebnisse eige-
; ner gründlicher Forschung auf Grund der einschlagenden
| Arbeiten von Karo-Lietzmann, Heinrici, Sickenberger,
Rauer vorlegen. Danach ist der Matthäus-Kommentar
j des sogenannten Petrus von Laodicea (n) etwa
zur Hälfte aus dem Matthäus-Kommentar des Origenes
geschöpft! Ferner liefert die Cramerkatene (Typus
I Cc) 72 Scholien; die Katene des Typus II Ce sogar
; 330 Fragmente, von denen allerdings einige „begründe-
| ten Bedenken unterliegen" (S. 17 f.). Bei den 23 Fragmenten
der Katene des Typus VI Cv, die S. 19—27
abgedruckt sind, ist es fraglich, ob sie alle dem Matthäus
-Kommentar zugehören, und bei den 71 Fragmenten
' des Typus III Cp ist nach S. 27 Vorsicht nötig.