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Ausgabe:

1932 Nr. 13

Spalte:

308-309

Autor/Hrsg.:

Braun, Joseph

Titel/Untertitel:

Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung 1932

Rezensent:

Koch, Hugo

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Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 13.

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zu denselben Resultaten; er zieht auch, wie es in der
Natur der Sache liegt, dieselben Predigten heran (besonders
Pred. I S. 154 ff. über die Gemeinschaft mit
Gott, VII 528 ff. über das Verhältnis des eigentümlich
Christlichen zum Allgemein-Religiösen, II, S. 21 ff. über
Christus den Befreier von Sünde und Gesetz, u. a.).
Schm. geht genauer, als dies bisher geschehen ist, auf
die feineren Unterschiede der Predigten von der Gl. L.
ein. Sein Resultat ist: die Darstellung der Predigten ist
weniger aus der Reflexion als aus der lebendigen Gestaltung
des christlichen Lebens heraus geflossen. In
der Glaubenslehre wirkt zuweilen ein für die Aufstellung
des Systems maßgebendes kontingentes Prinzip einfahrend
die Predigten der Mannigfaltigkeit des christlichen
Glaubenslebens gerechter werden. Dieselben zeigen z. B.,
daß das Gefühl der Abhängigkeit Geborgenheit und
Sehnsucht einschließt (S. 21; 109 f.). Daher wird die
Predigt „in der Hauptsache der wahre und angemessenere
Ausdruck für den betreffenden Sachverhalt sein".
Da die Erbsünde in den Predigten nirgends erwähnt ist,
schließt Schm. (S. 55), daß diese in seine Glaubenslehre
durch den Grundsatz hineingekommen ist, daß alle Glaubenssätze
sich auf Bekenntnisschriften berufen müssen
(S. 55). Also würden nicht die Predigten, wie man
früher zuweilen geurteilt hat, als Anpassung an die
Tradition der Kirche zu beurteilen sein, sondern in manchen
Punkten eher die Glaubenslehre. — Schm. behandelt
nach einander das Wesen der Religion und ihr Verhältnis
zum sittlichen Leben („Impuls"). Sodann wird
in der Gotteslehre gezeigt, wie die Glaubenslehre von
der alles tragenden Allmacht Gottes ausgeht und in
die Liebe Gottes mündet, während die Predigten deutlicher
die eigentliche Anschauung Schl.s offenbaren, daß
Gottes Liebe die tragende Wesensbestimmung im Christentum
ist. Auch reden die Predigten ganz deutlich von
persönlichen Taten Gottes, während in der Glaubenslehre
ein trübender Einfluß der Philosophie Schl.s
zu spüren ist. Es folgt die Lehre von Sünde und Gnade,
von Christus und den Erlösten. Was Schi, unter der
„mystischen" Wirkung Christi versteht, wird in der
Predigt II, S. 34 viel deutlicher gesagt als in der Gl. L.
— Dann wird die christliche Kirche, das Gebet, die
Eschatologie, endlich die christliche Sittenlehre behandelt
. — Zur Eschatologie hätte auch die allein in der
Ausgabe des Verlages Grosser 1873, Bd. II, S. 478ff.
sich findende Predigt des Jahres 1829 herangezogen
werden können, der der Herausgeber die Überschrift
„über die Unsterblichkeit der Seele" gegeben hat. Richtiger
wäre der Titel „das Vergängliche und das Bleibende
". Es wird auch bei Schm. klar, daß Schi, niemals
das Fortleben der Gläubigen bezweifelt hat. Früher
(in den „Reden" und in den Trostbriefen des Jahres
1807) nahm er eine überpersönliche, später eine persönliche
Form des zukünftigen Lebens an. — Schm.s
Buch wirkt. überzeugend und ist klar und verständlich
geschrieben.

Basel. Johannes V e n d 1 a n d.

Siegfried, Theodor: Grundfragen der Theologie bei Rudolf
Otto. Gotha: L. Klotz 1931. (VII, 62 S.) 8°. = Marburger Theologische
Stud., H. 7. RM 4—.

Nachdem die Gedankenwelt R. Ottos in seinen letzten
großen Schriften immer mehr ihre Erfüllung und
Abrundung erfahren hat, ist diese „Einführung" von
seifen eines Gelehrten, der mit Otto obendrein in persönlicher
Fühlung steht, sehr zu begrüßen. Nicht um eine
bloße Berichterstattung handelt es sich dabei, sondern
um eine lebendige Reproduktion von den innersten Motiven
her. Es ist reizvoll zu sehen, wie Verf., mit Otto
denkend und zugleich die gegen dieses Denken möglichen
Einwände erwägend, die Antworten Ottos sich
herausgestalten läßt. Mit Recht ist im ersten größeren
Teil Ottos Vertiefung des Weltbewußtseins, sein Versuch,
im Vernunftdenken die transzendente Bezogenheit, die
Hinweise auf einen überempirischen Halt aufzudecken,

damit aber die Brücke zum gläubigen Bewußtsein zu
schlagen, in den Mittelpunkt gestellt und sind im zweiten
j Teil die im Werke Ottos lebendigen dogmatischen
Grundgedanken herausgearbeitet.

Zwei Typen gesamttheologischen Denkens charak-
j terisieren heute unsere Lage. Der eine läßt das rationale
i Weltdenken sich an inneren Widersprüchen zerreiben
j und richtet in diesem verzweiflungsvollen Dunkel die
Fahne des Glaubens auf. Unverkennbar übt dieser Typus
in unserer an sich zerrissenen Zeit, deren Grundlagen
, allenthalben wanken, den stärksten Einfluß aus. R. Ottos
J Denken stellt den andern Typus dar. Nicht an Kants
j Antinomienlehre anknüpfend, aber an bestimmte Inten-
j tionen der Kritik der Urteilskraft, geht er liebevoll den
geheimnisvollen Tiefenbeziehungen eben des Weltdenkens
selbst nach, indem er kraft eines intuitus mysticus
i durch den Seelengrund, ja durch die Gemeinschaft der
j kreatürlichen Welt hindurch zu dem alles befassenden
und tragenden göttlichen Grund hindurchzudringen
sucht. Es handelt sich wirklich um eine dem forschenden
Sinnen sich erschließende „Erfahrung", der eine sonst
I verborgene göttliche Grundoffenbarung sichtbar wird.
| Verf.. der diese Erfahrung mit Beispielen aus Rickert
und Leibniz erläutert, hebt richtig hervor, daß hier wenn
auch mit weit vollkommeneren Mitteln die alte Linie
Schleiermachers aufgenommen ist. Doch möchte ich
dazu zu bedenken geben, daß Schleiermacher objektives
und subjektives Bewußtsein schärfer sondert, ferner daß
er für das objektive Bewußtsein die Erfahrung des gött-
I liehen Grundes nur im Dialektik-Entwurf von 1811 ohne
Vorbehalt annimmt, während er später die Bezogenheit
des objektiven Bewußtseins auf den transzendenten
Grund zunächst als Postulat einführt. Wahrscheinlich
wird man von jener Erfahrung doch dialektischer reden
müssen, als es bei R. Otto und Siegfried geschieht, wie
ich überhaupt meine, daß in der Synthese der beiden
genannten Typen, in ihrer gegenseitigen Begrenzung
und Aufhebung die Wahrheit liegen wird. Groß und be-
I deutsam bleibt doch Ottos Werk, das, obschon heute
noch mehr im Hintergrund stehend, unveräußerliche
Denkintentionen enthält, die nur zum Schaden der
Theologie zurückgedrängt werden können. Dies uns von
neuem eingeschärft und an wichtigen Einzelfragen aufgezeigt
zu haben, ist das Verdienst der feinsinnigen
! Studie, die uns Siegfried über R. Otto geschenkt hat.
Tübingen. Georg Wehrung.

Braun, Joseph, S. J.: Das christliche Altargerät in seinem Sein
und in seiner Entwicklung. München: M. Hueber 1932. (XVIII, 706 S.
m. 610 Abb. a. 149 Taf. u. i. Text) gr. 8°. geb. RM 72.50.

Im Jahre 1907 veröffentlichte Braun S. J. ein einbändiges
Werk „Die liturgische Gewandung im Occident
und Orient", 1924 ein zweibändiges „Der christliche
Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung" (siehe diese
' Ztg. 1928, Sp. 35 ff.). Nun übergibt der greise hervorragende
Archäologe und Kunsthistoriker als Abschluß
seiner Arbeiten ein weiteres schön ausgestattetes Werk
der Öffentlichkeit über das christliche Altargerät, das er
1924 wegen des Umfanges ausscheiden mußte. Ziel
dieses Werkes ist laut Vorwort das gleiche wie bei den
j beiden vorausgegangenen. „Es sollte nicht eine bloße
] Materialiensammlung, lediglich eine Zusammenstellung
, der das Altargerät betreffenden Angaben in den literarischen
Quellen und ein beschreibendes Verzeichnis der
wichtigsten der aus vergangenen Zeiten noch vorhandenen
Altargeräte, sondern eine möglichst vollständige
wissenschaftliche Verarbeitung des zur Zeit vorliegenden
literarischen und monumentalen Quellenmaterials sein,
sachlich darbieten, was sich mit Sicherheit oder mehr
oder weniger Wahrscheinlichkeit an wirklichen Ergebnissen
aus diesen hatte gewinnen lassen". Dabei wurde
der Quellenstoff der älteren Zeit möglichst vollständig
verarbeitet, während aus dem viel reicheren des späteren
Mittelalters und der nachmittelalterlichen Zeit eine,
wenigstens alles Wichtige und Bedeutungsvolle einschließende
, Auswahl getroffen werden mußte. Selbstver-