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Ausgabe:

1932 Nr. 13

Spalte:

299-300

Autor/Hrsg.:

Manitius, Max

Titel/Untertitel:

Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters. 3. Teil: Vom Ausbruch des Kirchenstaates bis zum Ende des 12. Jahrh 1932

Rezensent:

Krüger, Gerhard

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299

Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 13.

300

der Kritik des Islam am Christentum. Das wird doch
erst klar, wenn die Frage beantwortet ist, worin das
Christentum verfälscht sein soll. Der Kerngegensatz
liegt ganz einfach in den beiden islamischen Grunddogmen
, neben dem mehr äußeren Unterschied, den das
Dogma vom Propheten bedeutet, vor allem im Gottesbegriff
. Das kommt in Fritschs Abschnitt über die dogmatischen
Streitpunkte (a Gotteslehre, Trinität, Christo-
logie S. 102—127) auch sehr gut zum Ausdruck. Gerade
dieses Stück zeigt die Vertrautheit des Verf.s mit dem
Stoff und sein ernstes Bemühen um Objektivität im
besten Lichte. Es mag für den fernerstehenden Leser
vielleicht überraschend sein, daß die Beweisführung der
muslimischen Polemiker zu einem guten Teil exegetisch,
und zwar nicht nur qor'änexegetiseh, sondern bibelexegetisch
vorgeht, wobei sich die — naturgemäß nicht im
Rahmen der vorliegenden Arbeit zu lösende — Frage
nach dem zugrundeliegenden Bibeltext, bzw. den Übersetzungen
als ein dringliches Problem erhebt. Eben hier
beim Gottesbegriff liegt auch die Stelle, an der die Überzeugung
von der Verfälschung des Christentums ihren
Platz und ihre Hauptwurzel hat. Da wir auf sie dann
immer wieder stoßen, sei dem Verf. gerne eingeräumt,
daß sie in der Tat der einheitliche formale Gesichtspunkt
der ganzen Polemik wird.

Fritschs Darstellung der islamischen Polemik enthält
sehr viel, was den Religionshistoriker interessieren
muß, was ganz besonders auch dem christlichen Theologen
lehrreich sein dürfte. Vielleicht könnte die Zusammenarbeit
des Arabisten mit dem Kenner der orientalischen
Kirchengeschichte noch das eine oder andere
der Rätsel lösen, die Fritsch bestehen lassen muß.

Da die Arbeit mit guter Kenntnis des Islam und mit
möglichster Objektivität ausgeführt ist, kann sie warm
empfohlen werden. Gelegentliche Schönheitsfehler wie
das Herausfallen aus der meist peinlich gewahrten Objektivität
S. 87, Z. 3 v.u., S. 146, Z. 29 ff., der sinnstörende
Druckfehler „Unerschaffensein" statt „Erschaffensein
" S. 5, Z. 22, die wenigstens meinem Ohr sehr
hart klingenden Ableitungen „Zyprianer", „zyprianisch"
von Cypern statt „cyprisch", die bisweilen auftauchenden
Bedenken gegen die Übersetzung eines Passus usw. fallen
gegenüber den Verdiensten der fleißigen, gewissenhaften
und sachlich fördernden Arbeit nicht ins Gewicht.
Göttingen._R. Hartman n.

Manltius, Max: Geschichte der lateinischen Literatur des
Mittelalters. Unter Paul Lehmanns Mitwirkg. 3. Teil: Vom
Ausbruch des Kirchenstaates bis zum Ende des 12.Jahrh. München :
C. H. Beck 1931. (XIII, 1164 S.) gr. 8°. = Handbuch der Alter-
tumswiss. Begr. v. J. v. Müller, neu hrsg. v. W. Otto. 9. Abt., 2. Tl.,
3. Bd. RM 56- ; geb. 60—.

Der Wunsch, dem ich bei Besprechung des zweiten
Teils dieses Handbuchs in dieser Zeitung 49, 1924,
324, Ausdruck gab, daß es dem Verfasser vergönnt sein
möge, sein groß angelegtes Werk, wenn nicht zu Ende,
so doch noch um einige Jahrhunderte weiter zu führen,
ist so weit in Erfüllung gegangen, als menschliches Ermessen
es erwarten durfte. Dem greisen Gelehrten ist es
möglich gewesen, uns noch ein gut Stück Weges weiter zu
geleiten. Daß er sich dabei der Mithilfe Paul Lehmanns
und dessen „unvergleichlicher umsichtiger Sachkenntnis
" erfreuen durfte, erkennt M a n i t i u s im Vorwort
dankbar an und hat es auch auf dem Titelblatt gebührend
zum Ausdruck gebracht.

Im Gegensatz zum zweiten Band, der uns hauptsächlich
durch die öde Steppe des saeculum obscurum
führte, betreten wir mit dem vorliegenden Bande fruchtbares
Land. Manche bekannte, ja berühmte Persönlichkeiten
begegnen uns, und man empfindet beim Durchblättern
des umfänglichen Bandes immer von neuem die
Freude darüber, daß ihr Lebenswerk endlich im Rahmen
einer vollständigen, erschöpfenden Darstellung zu seinem
Recht gelangt. Daneben bleibt man sich freilich der
verwirrenden Fülle kleiner und unbedeutender Gestalten
bewußt, die sich auch in diesem Bande wieder fast in
den Vordergrund drängen. M a n i t i u s hat aber keine

Mühe gescheut, sie lebendig zu machen. Die Ausführlichkeit
der Inhaltsangaben, wegen deren er sich entschuldigen
zu müssen glaubt, wird man hierbei nur
dankbar begrüßen. Allerdings sage ich den Fachgenossen
nichts Neues, wenn ich die Schreibweise als
steifleinen bezeichne. M a n i t i u s ist ja auch nicht der
' (Einzige, der sich von diesem Fluch der deutschen Gelehrtensprache
nicht hat befreien können. Über die Methode
der Darstellung und ihre Durchführung brauche
i ich mich nicht wieder zu verbreiten. Sie ist nach Vorzügen
und Schwächen die gleiche geblieben. Doch muß
rühmend vermerkt werden, daß innerhalb der Abschnitte
der gleichartige Stoff durch Unterabteilungen möglichst
zusammengestellt worden ist, wodurch eine stärkere
Gliederung der vier Einzelgebiete (Theologie und Philo-
I sophie, Artes, Geschichtsschreibung, Dichtung) nach Kate-
J gorien erzielt werden konnte. Die Übersichtlichkeit hat
dadurch bedeutend gewonnen.

Von diesen Einzelgebieten kommt für uns in erster
Linie Theologie und Philosophie mit den Unterabteilungen
Kirchliche Streitschriftenliteratur und theoretische
| und praktische Theologie, der die Philosophie angeglie-
' dert ist, in Betracht. Wie bedeutsam gleich der erste Abschnitt
ist, weiß der Kenner der Zeitgeschichte: handelt
es sich doch um die Hochflutszeit der kirchlich-staatlichen
Auseinandersetzungen, die eine Publizistik von
I bisher unerhörtem Umfang und Gehalt zutage förderte.

Und für den zweiten Abschnitt genügt die Erinnerung
j an Namen wie Petrus Damiani, Abälard, die Viktoriner,
Bernhard von Clairvaux und den Lombarden, um nur die
j wichtigsten Namen unter den schriftstellernden Zeitgenossen
hervorzuheben. Aus dem Gebiet der Artes mögen
die Abschnitte Staatsschriften und Briefe als für den
Kirchenhistoriker wichtig genannt werden. Das dritte
Gebiet (Geschichte und Geographie) ist gegliedert nach
allgemeiner Geschichte, Reichs-, Länder-, Zeitgeschichte,
Kreuzzugsgeschichte, Volks-, Dynasten-, Fürstenge-
| schichte, Kirchen-, Bistums-, Stadtgeschichte, Klostergeschichte
, Biographie, Hagiographie, Geographie. Imvier-
I ten Teil interessiert uns die kirchliche und religiöse Dich-
' tung (Bibel, Hagiographie, Dogmatik), die geistliche
Lyrik und das geistliche Drama (Weihnachts- und Oster-
I spiele, der Ludus de Antichristo). Nachträge zu den
; beiden ersten und dem vorliegenden Band. Reiches und
j gut gegliedertes Register. Gesamturteil: unentbehrlich.
Gielien. G. Krüger.

Bullariutn Danicum. Pavelige Aktstykker vedrorende Danmark 1198
til 1316. Forste Halvbind 1198 — 1247. Hrsg. v. Alfr. Kramp.
Udgivet paa Carlsbergfondets Bekostning. Kopenhagen: G. E. C:
Gad in Komm. 1931. (320 S.) 8°. Kr. 4—.

In 6 stattlichen Bänden sind unter dem Titel Acta
pontificum Danica seit 1904 die auf die Geschichte
Dänemarks in seinem damaligen Umfange bezüglichen
1 päpstlichen Urkunden herausgegeben worden. Jetzt hat
der Bibliothekar Alfred Krarup, der an dieser Sammlung
I hervorragend beteiligt war, sich zu einer doppelten Er-
1 gänzung entschlossen, welche, wie das Hauptwerk durch
! die Unterstützung des Carlsbergfond ermöglicht wird.
| Ein neuer Band der Acta pontificum Danica soll das
seit dem Erscheinen des Hauptwerkes bekannt gewor-
1 dene Material zur dänischen Geschichte aus dem Vatikan
| für die Jahre 1316—1336 vorlegen. Die seit 1920 im
Vatican gefundenen Beiträge zur dänischen Geschichte
für die Zeit von 1198—1316 werden unter dem Titel
„Bullarium Danicum" veröffentlicht. Der erste Halbband
, der bis 1247 geht, liegt vor, der zweite soll noch
in diesem Jahre fertig werden. Es sind 405 Dokumente
j aus der Frühzeit der dänischen Kirche, fast ausnahmslos
I bereits früher gedruckt oder doch durch Abschriften bekannt
. Die neue Sammlung trägt das an sehr verschiede-
i nen Stellen publizierte Material zusammen und macht es
' bequem zugänglich. Der Verfasser hat durch diese neue
Veröffentlichung seinen Verdiensten um die Wissen-
I schaff in seinem Vaterlande ein neues hinzugefügt.
Hadersleben. Th. O. Ac h e 1 i s.