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Ausgabe:

1932 Nr. 11

Spalte:

255

Autor/Hrsg.:

Liebeschütz, Hans

Titel/Untertitel:

Das allegorischeWeltbild der Heiligen Hildegard von Bingen 1932

Rezensent:

Lempp, Eduard

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Seite 1

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255 Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 11. 25fi

Smidt, der uns die Geschichte dieses alten Architektur- Täter, eine Schar von etwa 24 Bürgern, sofort nach der
denkmals erzählt und ihm seinen Platz in der Baukunst Tat flohen, und nicht ohne ausdrückliche Erlaubnis, die
der Zisterzienser anweist. Die Kirche in Lügumkloster sie in flehentlichen Schreiben erbaten, in die Stadt zuist
eine der schönsten des dänischen Mittelalters, ge- rückzukehren wagten. Ists nicht wahrscheinlicher, daß
gründet 1173. Ihre Verwandtschaft mit den französi- das Fastnachtsbier, das sie vorher in Matthias Vogts
sehen Klosterkirchen des Fontenay-Typus wird ausführ- ' Haus getrunken, eine Rolle bei diesem Sturm gespielt
lieh und überzeugend dargelegt. — Das sehr schön aus- hat? Der Sturm selbst und die dabei begangenen Rogestattete
Werk stellt eine wertvolle Bereicherung der heiten sind natürlich in keiner Weise zu entschuldigen,
kunstgeschichtlichen Literatur des Herzogtums Schleswig immerhin ist dabei offenbar keiner der Mönche ernstlich
dar. Ein französischer Auszug macht die Resultate des verletzt worden, und der angerichtete Schaden mußte auf
Werkes auch solchen zugänglich, welche kein dänisch Befehl des Kurfürsten Friedrich, der durch die Untat
können. sehr erzürnt war, wieder gut gemacht werden, wobei es
Haderslehen/Nordschieswig. Thomas Otto Achelis. sich zeigte, daß es sich wirklich nicht um große Summen

handelte; freilich behauptet D., daß die Wiedergutma-

Liebeschütz, Hans: Das allegorische Weltbild der Heiligen chungssumme in gar keinem Verhältnis zum tatsächlichen
Hildegard von Bingen. Leipzig: B. G. Teubner 1930. (XI, 179 Schaden gestanden sei (S. 40). Schließlich war der Fort-
S. u. 6 Tat.) Lex. 8°. = Stud. d. Bibliothek Warburg, hrsg. v. Fritz bestand des katholischen Klosters in Torgau natürlich
Saxl, XVI. RM 15 . nicht mehr möglich, etliche der Mönche zogen fort, et-
Die für unser heutiges Denken so seltsamen Schnf- liehe wandten sich der neuen Lehre zu, die zürückbleiben-
ten der h. Hildegard werden von L. in formeller und in- den erhielten von der Stadt aus dem eingezogenett
haltlicher Hinsicht einer genauen auf umfassender Lite- Klostergut eine Abfindung; die Briefe, die die Mönche
raturkenntnis beruhenden Untersuchung unterzogen. For- nach dem Sturm und später schrieben, zeugen nicht von
meli handelt es sich dabei um Aufhellung eines schein- großem Heldenmut; daß der Guardian des Klosters
baren Widerspruchs: einerseits betont ja die Heilige | schließlich übertrat und heiratete, sieht D. als ein Vernachdrücklich
ihren eigenen Mangel an Bildung und die hängnis an (S. 79).

ausschließliche Herkunft ihrer Aussagen und Bilder aus Auf katholischer Seite wird es als ganz natürlich

göttlicher Eingebung, andererseits zeigt L., m wie rei- gefunden, daß man damals in Eger von den Luthe-

chem Maß in diesen Visionen das Bildungsgut jener rischen („diesen Buben") keinen im Land duldete (S.

Zeit zwar nicht zitiert, aber verwertet ist. Inhaltlich wird 24), jedenfalls ist mit Nachdruck darauf h inzuweisen,

in den Visionen die ganze Welt, Makrokosmos und Mi- daß das, was die Franziskaner in Torgau zu erleiden

krokosmos, religiös gedeutet, vergangene und kommende hatten, gar nicht zu vergleichen ist mit dem, was in der

Weltepocheu und das Weitende geschildert, ihre Stel- Gegenreformation die lutherischen Prediger und Laien

lung zu den Zuständen der Gegenwart wird dabei, ob- /u erdulden hatten.

gleich sie Namensnennung zu vermeiden pflegt, doch Stuttgart. Ed Lempp

deutlich. „Es ist Krisenzeit, der katholische Glaube er- I----— -----------

scheint aufs äußerste gefährdet und alle geistige Speise Ludwig, Pfarrer Lic. M.: Das Problem Religion und Sittlichist
unwirksam geworden; Gott will aber das Gericht ; keit bei Luther in der theolog. Literatur u. seine methodischen

noch nicht sofort heraufführen, deshalb muß jetzt die Schwierigkeiten. Leipzig: M. Heinsiiis 1931. (49 S.j gr. 8*. RM 3

Ungelehrte sprechen" (S. 136) „die Prophetin ist in Die Dissertation, die als Vorarbeit zu dem Buch des

Opposition zur deutschen Kirche um sie her, zur Kirche Verf. über „Religion und Sittlichkeit bei Luther bis

Barbarossas, die gegen Alexander im Schisma ver- zum Sermon von den guten Werken 1520" (Quellen

harrt" (S. 442). mul Forschungen zur Reformationsgeschichte Bd. XIV)

Die politische, bzw. kirclienpolitische Bedeutung für gedacht ist, setzt ein bei dem bekannten Vorwurf gegen

ihre Zeit wird aber, dem Zweck des Buches entspre- Luther, er verbiete die guten Werke, dessen Spuren bis

chend, kaum gestreift. i" die frühen Vorlesungen Luthers zurück- (S. 1—10)

Stuttgart. Ed. Lempp. unti dann weiter kurz durch die neuere Geschichte der

--.---——1__-- Theologie (S. 11—14) verfolgt werden. Nach einer

Doelle, Dr. P. Ferdinand, O. F. M.: Der Klostersturm von deutlichen Abweisung des Versuchs, die Svnthese von
Torgau im Jahr 1525. .Münster i. v.: Aschendorff 1931. (126 S. „Religion" und „Sittlichkeit" durch Union mit dem
in. 4 Abb. u. l Bildn.) gr. S°. = Franziskanische Studien, Beiheft H. Calvinismus zu erreichen (S. 14—15), stellt der erste
Im jähr 1926 hatte A. Bartscherer in der Ztschr. des Abschnitt die bisherigen Lutherischen Lösungen des ProVereins
f. Kirch. Gesch. der Provinz Sachsen einen Auf- , fblems da^ »d,e ub±EL„L v^f1"^
salz veröffentlicht über Wahres und Sagenhaftes von, 10.1,e" ^nd,aU/-Lu,tber f'cb berU 5,"d*"„•f ,™Che
Klostersturm und der Auflösung des Barfüßerkonvents Losu"g" <Sh . 3~40)- Dab£' weiden d e monographt-
in Torgau. Diese Darstellung genügte D. offenbar nicht ^he" Bearbeitungen d€.s J^"JIS™E [ierIrmam1'
und er" schrieb darum ein ganzes Buch über diesen Ge- ^unsch, Mensch.ng) und die zuuuul«senden Llrther-
genstand, wobei hauptsächlich 28 neuaufgefundene ^rstellungen der alteren Th Haraack, Luthardt, Lom-
Briefe die Grundlage bilden. Es soll darin gezeigt wer- matzf ±?>ntJ^V c^SL^Sm Jheologte
den, mit welch standhafter Treue die Franziskaner an (Lootf> Boh™£ ^alther.vRVn^efhfiV. °V' S> Swnge'
ihrer Kirche hingen und welchen Roheiten und Drang- Q°ga.rte"> ™* bls V^K11 deKs P"?blf™*
salen sie schließlich unterlagen, was, wie der beigegebene grundl.ch besprochen. |J'e Übersicht etwa über die Dis-

Waschzettel sagt, bei Vorträgen zumal in der Diaspora ku ,S10" ^-^^-Jl^^'tnt (S" J2R tl^

ausgiebig benutzt werden soll. ' allcb dem Kf.nner der. M/e'h h-,1 w"« C"e ,I?-StJ"^t,OI,*

Die Darstellung ist sorgfältig und im ganzen ruhig und d€l* !f^Ztr SJvL ^ zllrfE'"fuhr^
gehalten, gibt aber doch zu manchen Zweifeln Anlaff. : !" f"!^^

D. geht davon aus, daß die Franziskaner von jeher ' ^t. sieht die historischen »Schvwerigke.ten, die steh der

im besten Verhältnis zu der ganzen Bürgerschaft zu Erf,aSSUng4ftVonmLut£e^5S e"i?egenS^ Ie" (

Torgau standen und daß dies Verhältnis erst durch das Te'1: t„ '„„Iben S^r,hmauS f^LES*

Eindringen der Reformation getrübt wurde, als die Mön- : m^T^K SSt« ZI n^fn 1? ?+"!°v

che bei dem katholischen Glauben verhaften und der sfh'cb 1,che °r-K?tieT^t^ *7

lutherische Pfarrer Didymus die Leute aufgehetzt habe. «äfiS* ZW'!f^iL S ÄÄÄ^"

Der Klostersturm aber am Aschermittwoch 1525, in dem Stellung" — nienwls niehr als „Winke" (wie S. 39) für

die ganze Wut der Einwohnerschaft zum Ausbruch kam, dieh ,che Beantwortung d.eser zentralen Frage

u«_ gaini. v. vii_i l.iiivvwiiiu_i av_uai l zum rtUSLfiuv.il Kam, „okn,, Linn

sei nicht ohne Mitschuld des Rates der Stadt erfolgt. g

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Das ist aber deshalb ganz unwahrscheinlich, weil die

Berlin. Franz H i 1 de h ra n d t.