Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1932 Nr. 11

Spalte:

248-249

Autor/Hrsg.:

Kohler, K.

Titel/Untertitel:

Studies, Addresses and Personal Papers 1932

Rezensent:

Bischoff, Erich

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

247 Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 11. 248

Pietismus, zumal das Herrenhutertum, teils ignorierte, So finden wir hier Regelungen über landwirtschaftliche

ablehnte oder z. T. scharf bekämpfte, so auch das ortho- Arbeiten, über Trauer und Begräbnis, über unvermeid-

doxe Judentum sowohl den theoretischen Chassidismus liehe Schreibarbeit usw.

(„Chabad") wie seine volkstümliche Auswirkung, wäh- Außer dem kulturgeschichtlichen Inhalt geht den

rend die liberale Moderne christlicher und jüdischer Theologen dabei die Form viel an, weil er ja hier in

Prägung für die „Lämmleinbrüder" wie für die „Kaf- ursprünglich mündliche Tradition, in die Formen der

tanjuden" wenig Interesse hatte und hat, obwohl dem Halaka, in ihre Motive und Kontroversen hineinsieht.

Chassidismus noch heute Hunderttausende von „Ost- Durch alles das gewinnt der Theologe die namentlich

juden" mit ganzem Herzen anhangen. — Für den zum Verständnis der Evangelien unentbehrlichen Kennt-

christlichen Religionsforscher (und auch den Ju- nisse und den geschärften Blick für die Formung und

denmissionsfreund) ist der Chassidismus von unge- die Formgesetze einer Mosaik- und Traditionsliteratur,

meinem Interesse, weil er auf rein-jüdischem Boden ohne Martin Dibelius baut jetzt die „Formgeschichte" nament-

fremden Einfluß Gedankengänge gezeitigt hat, wie das lieh auch nach der rabbinischen Seite hin aus. Das wird

Urchristentum sie 1700 Jahre früher auf seinein Gebiete dieser fruchtbaren Arbeit größere Durchschlagskraft geerzeugte
. Ich erwähne z. B. nur die Freiheit des Gott- , ben, als sie bisher besessen hat. Man vgl. meine Schrift

begnadeten von der Knechtschaft der allmächtigen und „Rabbinische Formgeschichte und Geschichtlichkeit Jesu"

alleinseligmachenden rabbinischen „Thora" (vgl. Jesu (Leipzig, Gustav Engel).

„Ich aber sage euch"), ferner die (vom Rabbinismus An Einzelheiten sei bemerkt: Fremdartig ist i, 4 die Übersetzung:

Schroffstens abgelehnte — Vgl. Talmud, Joma 52 a) „einen Balkenriß vermachen", 1,5: „eine Totenklage ausbringen". -

Mittlerschaft zwischen Gott und Israel wie bei Christus I, 4 hätte der Sinn von: „auf gewöhnliche Weise" und „auf ungewöhnliche

und dem chassidischen „Zaddik" USW. — Bei der Selten- Weise" erklärt werden müssen. Auch in den Sabbatgesetzen spielt eine
heit und Schwerzugänglichkeit der chassidischen Quellen- ! Rolle, daß man dem Arbeitsverbot dadurch entgeht, daß man die beschriften
ist der christliche Forscher fast ganz auf die ; treffende Tätigkeit, das Ergebnis der Arbeit auf einem anderen als dem

wenigen zuverlässigen neueren Werke Über den Chassi- gewöhnlichen Wege erreicht. So fehlen auch unerläßliche Erlauterunge«

dismus angewiesen: 1. Paul Levertoff, Die religiöse ?.u }•5 ,"nt' .^schweren ) I 0 zu ^senkann II 1;

■ x , • & , r, ... 7, . . 11 • . , inio 0.5 zu „heimlich , III, 5 zum Inhalt, ebenso III, 0 usw. — S. 24,44

Denkweise der Chassidim (Leipzig, Hinrichs, 1918); sind Punkte abgesprm.ge... - I, 6 ließ: „es sei denn, daß er (bereits

2. b. A. Horodezky, Religiöse Strömungen im Juden- fertige} Bretter zur Verfügung hat", II, 5: „Sie legten sich selbst Er-

tum, mit besonderer Berücksichtigung des Chassidismus schwerung auf", in, q lies: „Aber was sagt er (d. h. Gott in der Schrift)

(Berlin Und Leipzig 1920), das bisher ausführlichste im Hinblick auf die (messianische) Zukunft?", für „verheißen" lies:

Werk; 3. Lazar Gulkowitsch, Der Chassidismus, „geredet" usw. — Man sollte bei jedem Traktat die Begriffe, die Ter-

religionswissenschaftlich untersucht (Leipzig 1927), eine minologie, die Begründungen, die halakischen Formen herausarbeite«.

kurze Skizze; 4. Martin Buber (Begründer des Neu- Le'P^__Paul Fltbie-

Chassidismus), Die chassidischen Bücher (Hellerau . „ .... „„ ....

1928); 5. Das vorliegende Werk D u b n o w's, das ge- "or°v,tz""- ,H Me^ , ■?abb' ,fm*7l; ^* "<nt. Apparat

wissermaßen ein Ergänzungsband zu desselben Äv l™£{*tu£ ^^^JL^rT^mt

fassers und Verlages einzigartiger monumentaler „Welt- (x_ 35Q s) Er 8o = Corpus Tannaiücnm. Abt. 3. Halachische

geschichte des judischen Volkes" (10 Bde. Großoktav, Midraschim. Tl. l Mechilta, Easz. l. = Gesellschaft z. Förderung

5500 Seiten) ist. Mit bekannter Meisterschaft verarbeitet d. Wiss. d. Judentums i. Berlin. RM 42—.

Dubnovv in lichtvoller Gliederung seinen Riesenstoff von Einen sozusagen künstlischen Midrasch „Mechilta" (d. i. Kompen-

vielfach bisher noch unbekanntem und unveröffentlichtem dium) über Exodus mit halachischem (religionsgesetzlichem), aber auch
chassidischem und (was besonders wertvoll und neu ist) . haggadischein (berichtendem) Inhalt hat 1915 D. Hoffmann veröffent-

antichassidischem („misnagdischem") Schrifttum. Ober- licht, in welchem er die im nachmaimonideischeu „Midrasch ha-gadöl"

dies verfügt er (gleich Horodezky) Über eine genaue llnd anderen späten Quellen als Zitate aus der „Mechilta" vorkommende«
Kenntnis des chassidischen ReligioilS l e b e n S aus lan- ! Stellen gesammelt, zu ordnen versucht und die These zu verfechte«

ger eigenster Erfahrung. So bietet dieses wahrhaft ^°Tm,- ' ^ T^y^L^v^A^

p, . s_ iv/ 1 /j j z 1 .-vi , , Jochai, den Jungei des großen talmudischen Schulhauptes Rabbi Akiba

klassische Werk (dessen deutsche Ubersetzung eben- (U2. Jahrh. 1,. Chr.). - Der hier herausgegebene echte Midrasch

tallS vorzüglich ist) in seiner vorbildlichen Ausstattung „Mechilta", ebenfalls halacliisch und haggadisch, stammt aus der Schule
Und mit seinen reichen Beigaben auch dem nichtjüdischen ; Von Akibas Zeitgenossen und Antipoden Rabbi Ismael. Von diesem

Forscher eine religionswissenschaftliche Glanzleistung M. haben wir vollständige alte Hss., alte, noch zensurfreie Drucke,
gediegensten Wertes. , ebenso neuere Ausgaben (z. B. die kommentierte von M. Friedmann aus

frirh „■ .„„ i dem J. 1870) sowie eine deutsche Übers, von Winter und Wünsche
(1909). — Bei dieser neuen kritischen Ausgabe haben Horovitz und

Rapp, Dr. Eugen Ludwig: Mo'ed qatan. (Halbfeiertage) Text,
Übersetzg u. Erklärung. Nebst einem textkrit. Anhang. Gießen:
A. Töpelmann 1931. (IV, 59 S.) gr. 8°. = Die Mischna. Text,
Übersetzung u. ausführl. Erklärung. Mit eingeh. geschichtl. u. sprachl.
Einleitgn. u. textkrit. Anhängen unter Mitwirkg. a. hrsg. v. G. Beer,
O. Holtzmann u. S. Krauß. II. Seder. Mo'ed. 11. Traktat. Mo'ed

Rabin, was Textgestaltung, krit. Apparat, (hebr.) Kommentar nebst Zusätzen
anlangt, eine riesige, unendlich mühsame Arbeit geleistet; muß
man sich doch nicht weniger als 60 Abkürzungen benutzter Werke
merken! H. hatte ursprünglich, wie schon bei seiner Ausgabe des Midrasch
„Siphre" (1917), den gerade für eine Midrasch-Ausgabe sehr
zweckmäßigen Plan, den Text der Editio prineeps (die doch auf alte«

qatan. RM 4.90; in Subskr 4 40. ' und guten Handschriften beruhte) zu drucken und diesem die Variante«

Man findet in dieser Rearheitnno des Mischnatnktates ' der noch verfügbaren Hss. und sonstigen Textquellen beizugeben (wie

Man tmdet in dieser Bearbeitung des miscnnatraktates ( dies Laz. Goldschmidt bei seiner Talmud-Ausg. u. Ubers, geta«

über die Halbfesttage eine Ubersetzung des entsprechen- hat) Leider „zerredete" der Ausschuß der herausgebenden „Gesellsch.
den Toseftatraktates, terner vor allem sprachliche und z, Förderung der Wissensch, d. Judentums" beidemal diesen Plan. Be-
auf die Biographie der vorkommenden Rabbinen bezüg- sagte Gesellschaft hat sich auch die Groteske geleistet, im lateinische«

liehe Anmerkungen. Zum inhaltlichen Verständnis des 1 Titel der Ausgaben von Siphre wie von Mechilta diese beiden in sich

Traktates aber vermißt man viele, unerläßliche Anmer- 1 abgeschlossenen starken Bände (von XXI -f- 339, bzw. II + 359 S. S.)

kungen. Der Text wird daher vielfach erst verständlich, 1 ieweils als »Heft" (fascicuius) zu bezeichnen!

wenn man Baneth (Berlin, Itzkowski) heranzieht. R. hat Leipzig. ___Erich Bischoff.

sich Baneths Arbeit viel zu wenig zunutze gemacht, 1 ... . _ , „

auch den Babli hätte er viel mehr auswerten können, Kohl er, Dr. K.: studtes, Addresses and Personal Papers.

vT' iaoibeZt^ ^ BandC «°ldfmidtSChe" ' 'Ä™^^

Volksausgabe M. q. bequem zuganglich ist. *~ . _ „ , ., , ' " _.. .

Dieser Traktat will rias Verhflten an rlen Halhfeier Professor Dr. Kaufmann Koh 1 er (1843—1926 aus Furth bei Nurn-

Uieser iraktat will das Verhalten an den nalbteier- die länzcnde Führererscheinung des radikalen nordainerikani-

tagen regeln. Es mußte die Festfreude und die Festruhe sch-n Ref0rmjudentums, in dessen Mitte er 1869 auf Abraham Geigers

Sichergestellt und andererseits bei der Festdauer von , Empfehlung trat. In Deutschland ist er am bekanntesten geworden durch

zirka einer Woche trotzdem alles Dringliche, Unauf- ' seinen (von der „Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Juden-
SChiebbare an Arbeiten und Tätigkeiten erlaubt werden. tums" herausgegebenen) „Grundriß einer systematischen Theologie des