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Ausgabe:

1932 Nr. 9

Spalte:

206-207

Autor/Hrsg.:

Sachsen, Johann Georg Herzog zu

Titel/Untertitel:

Neueste Streifzüge durch die Kirchen u. Klöster Aegyptens 1932

Rezensent:

Duensing, Hugo

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Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 9.

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als moralisch bedenkliche Federfuchser abgetan. So hat
auch H. für die Besprechungen, die die Glaubensspaltung
zu beseitigen suchten und die sich an den
Namen Leibniz knüpften nur insofern Interesse, als er
dabei eine Stärkung der katholischen Kirche erhoffte.
Das Scheitern dieser Versuche begleitet er mit entsprechenden
Äußerungen.

H. sieht die Zeit der Gegenwart an wie etwa Kaiser
Leopold I. seine Zeit angesehen haben mag. Nicht überlegene
Führung, nicht bessere Ausrüstung, nicht der
innere Wert der Truppen ermöglichten dem christlichen
Heere 1683 die Entsetzung Wiens und den Sieg über
Kara Mustafa, sondern die feierliche Messe und die
Segnung durch den Kapuziner vor dem entscheidenden
Schlage, zumal der Pater hierzu vom Papste abgeordnet
und beauftragt war. P. Markus aber ist nicht aus der
Welt Leopolds I. fortzudenken.

Das ganze Buch ist nicht etwa eine rückwärts gerichtete
historische Betrachtung, sondern ein Dokument
der fortschreitenden Rekatholisierung. Ganz unerträglich
sind dem Nichtkatholiken alle die Zeugen und Beweise,
die aus dem umständlichen Seligsprechungsprozesse angeführt
werden und deren geschichtlicher Wert freilich
an ihrer kanonischen Bedeutung nicht gemessen werden
kann. Für H. sind die nichtkatholischen Christen
auch heute noch Irrgläubige und Häretiker. Sie in
den Schoß der katholischen Kirche zurückzuführen bedarf
es eifriger Arbeiter, denen der selige Pater Markus
Vorbild sein mag.

Kulturgeschichtlich wertvoll ist schließlich die Verwertung
eines ungeheuren Quellenmaterials. Bisher waren
wir im Wesentlichen für das Jahr 1683 und die
Tätigkeit des Pater Markus bei den entscheidenden Ereignissen
auf Onno Klopp angewiesen, der neben einer
Darstellung der Ereignisse von 1683 auch die Korrespondenz
des P. Markus bearbeitet hatte. Nur rein
militärische Schriften waren dazu gekommen. Jetzt hat
H. hier mit einem Buche eingesetzt, das in ganz bedenklicher
Weise Onno Klopp übertrumpft.
Leipzig. Otto Ler'che.

Neher, Dr. A.: Die wirtschaftliche und soziale Lage der
Katholiken im westlichen Deutschland. Tl. 2: Rheinische
Großstädte. Statist, u. kulturpolit. Untersuchgn. Rottweil: Verl. d.
Emanuel 1930. (32 S.) 8°. RM —.75.

N. weist hier im Anschluß an einen bereits 1927 erschienenen ersten
Teil seiner statistischen und kulturpolitischen Betrachtungen nach, daß
der wirtschaftliche und kulturelle Fortschritt der Katholiken Deutschlands
■weit hinter ihrem zahlenmäßigen und politischen Aufstieg zurückgeblieben
ist. N. zieht hier besonders die Städte Köln, Düsseldorf und Essen in
den Kreis seiner Betrachtungen und gruppiert die Vertreter der herangezogenen
Berufsarten in a) Selbständige, b) Beamte (d. i. Angestellte)
und c) Arbeiter, wobei sich dann — nicht überraschend — ergibt, daß in den
meisten der herangezogenen Berufen in den Klassen a und b der katholische
Bevölkerungsteil ein bedeutendes Minus gegenüber den Evangelischen
aufzuweisen hat. N. benutzt dies Ergebnis dazu, seinen anspornenden
Worten an die Katholiken zur wirtschaftlichen Betätigung
Nachdruck zu verleihen. Freilich zeigt sich der wirtschaftliche und
kulturelle Rückstand der deutschen Katholiken auch auf wichtigen anderen
Gebieten. So ging letzthin durch die Presse, z. B. „Das evangelische
Deutschland" 1931 Nr. 44 s. 399, die Nachricht, daß eine ganze Reihe
katholischer Zeitschriften und Verlagsunternehmungen eingegangen sei.
Das darf nun keineswegs zum Anlaß eines Aufrufs zum „Durchhalten"
an das katholische Deutschland benutzt werden, sondern es ist dies
lediglich ein Beweis dafür, daß auch hier der Rahmen weit über das
Notwendige und Tragbare hinaus gespannt war.

Leipzig. Otto Lerche.

Johanssen, Ernst: Geistesleben afrikanischer Völker im
Lichte des Evangeliums München: Chr. Kaiser 1931. (VIII,
263 S.) 8°. RM 5 — ; geb. 6.50.

Der Verfasser, aus zahlreichen Veröffentlichungen
über Ostafrika schon gut bekannt, war lange Jahre im
Dienst der Bethel-Mission unter verschiedenen Völkern
Ostafrikas Missionar. Je mehr die Überschwemmung
Afrikas mit westlicher Zivilisation und Kultur fortschreitet
, um so mehr schwindet das eigene Geistesleben dieser
vielen Völker und Stämme. Johanssen hat tief hineingeblickt
in ihr inneres Leben und hat die Ergebnisse seiner
Studien und Erlebnisse hier musterhaft verarbeitet und
wissenschaftlich fruchtbar gemacht. Form und Inhalt
ihrer Sprachen, ihre Fabeln und Märchen, ihre Sozialstruktur
, die ganz eigenartige Ordnung von Sippenverband
und Individuum, ihre Religion, das alles wird nicht
nur geschildert, sondern durch viel Quellenmaterial aus
der mündlichen Überlieferung belegt. In dem durch
Professor Schmidt-Wien neu angeregten Forschen nach
[ den Urformen der Religion ist die Frage nach dem
„Ur-Monotheismus" wieder wichtig geworden. Johanssen
gibt viele Belege dafür, daß der Glaube an einen welterhabenen
, höchsten Gott auch in Ostafrika seit je lebendig
war. Johanssen meint, das Evangelium wisse
von solchem Urmonotheismus nichts. Aber er lehnt den
religionsgeschichtlichen Evolutionismus ab, der eine einfache
Entwicklung der Religion von unten nach oben
annahm, und betont zugleich, daß der höchste Gott,
um den diese Völker wissen, weit mehr ist als ein
„Hochgott". Durch diese Untersuchungen hat das Buch
weit über den Kreis der Missionen hinaus Bedeutung.
Berlin.__J. Witte.

Johann Georg, Herzog zu Sachsen : Neueste Streifzflge durch
die Kirchen u. Klöster Aegyptens. Leipzig: B. G. Teubner 1931.
(VIII, 35 S. m. 71 Abb. a. Taf.) gr. 8°. RM 6-.

Den „Neuen Streifzügen" (Vgl. Theol. L. Z. 1931
Nr. 12 col. 273) läßt Herzog Johann Georg jetzt
„Neueste" folgen. Die hier festgehaltenen Ergebnisse
sind auf einer Reise im Frühjahr 1930 gewonnen worden
. Der Verfasser glaubt hiermit seine Forschung über
das christliche Ägypten zu einem Abschluß gebracht zu
haben, zumal er mit dem hier im 4. Kap. beschriebenen
Besuch des Paulusklosters das letzte von ihm noch nicht
besuchte Kloster gesehen und nach Schweinfurth wiederum
beschrieben hat. Immerhin bleibt noch genug
genau zu erforschen. Der Verfasser bemerkt selbst z. B.
im 2. Kap. anläßlich der Beschreibung von Deir El-
Genadla Seite 9 f., daß hier für eine gründliche Aufnahme
und gute Erhaltung etwas geschehen müßte, und
dieses eine schöne Aufgabe für einen jungen Gelehrten
sei.

Das Buch bringt im Text und in den Abbildungen
manche neue Einzelheiten. Beispielsweise ist jetzt erst
in Deir Abu-Sefein eine bis dahin vermauerte Nische eröffnet
, in der sich ein schöner Kopf Christi in Fresko
befindet. Oder: Seite 4 korrigiert der Verfasser früher
Gesehenes dahin, daß unter dem besseren Licht des
koptischen Museums ein ehemals für ein Pferd erklärter
Gegenstand der nackte Fuß eines Heiligen ist.

Bemerkenswert ist, daß diesmal der Verfasser in
Abbildung und Beschreibung einen Anhang über Werke
abessinischer Kunst bringt. Sehr begrüßenswert ist der
Seite 4 mitgeteilte Plan, dem koptischen Museum einen
abessinischen Saal anzugliedern. Als Dank für das vom
Verfasser Gebotene sollen hier einige Bemerkungen
folgen.

Althistoriker und Archäologen werden erfreut sein über die Wiedergabe
des römischen Tores in Alt-Kairo auf Abbildung 3. Ob dasselbe
aber schon abgebildet ist, könnte nur durch einen Einblick in die
Description de 1' Egypte. Antiquites tom. V festgestellt werden. Bei der
Abbildung 23, die einen Teil des Klosters Deir-Rifa wiedergibt, ist der
Stein mit dem Hieroglyphen bemerkenswert, der aber nur mit dem einen
Ende aus der Erde hervorragt. Noch eben sichtbar sind 2 Königs-
cartouchen.

Der Verfasser erklärt Seite 12 ff. das Kloster Deir-Abu Samouil für
identisch mit dem alten Kalamoun. Die Lebenszeit des Abba Samuel
von Kalamun konnte der Verfasser nach Seite 14 nicht feststellen. Er
gehört in das siebte Jahrhundert. Seine Vita ist äthiopisch erhalten in
Handschriften des Britischen Museums und einer Berliner Handschrift.
Unter den abessinischen Kunstgegenständen wird unter 2 auf Seite 32
das wertvolle Manuscript mit 47 ganzseitigen Miniaturen aufgeführt, aus
dem die Abbildungen 66 und 67 stammen. Vor diesen Abbildungen
hat der Verfasser ratlos gestanden. Die Befragung eines Sprachkundigen
hätte ihm die nötige Aufklärung verschafft. Auf der Abbildung 66 ist
links der Patriarch Zacharias abgebildet, der dem daneben stehenden
I Mercurius von der Messe seines Aussatzes wegen ferngehalten hat. In
I dem mittleren Bogen steht halb entblößt Mercurius, der dem Patriarchen