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Ausgabe:

1932 Nr. 9

Spalte:

201-203

Autor/Hrsg.:

Schweitzer, Vicentius

Titel/Untertitel:

Concilii Tridentini Tractatuum pars prior complectens tractatus a Leonis X temporibus usque ad translationem concilii conscriptos 1932

Rezensent:

Schmidt, Kurt Dietrich

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201

Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 9.

202

einem bloßen Bilde, einem welken Worte geworden.
Alles in allem: die vorliegende Arbeit ist ein hübsches
specimen eruditionis des wohl jungen Beuroner Benediktiners
, sie entwickelt auch in anerkennenswerter Weise
die augustinischen Gedanken über die um das kirchliche
Priestertum gelagerten Fragen, aber daß sie die Forschung
an irgend einem Punkte wirklich gefördert und
neue Lichter aufgesteckt hätte, konnte ich nicht finden,
und wahrscheinlich war das auch gar nicht möglich.

In dem Satze Auffustins S. 115 aus Sermo 356, 10 (ML 39, 1578)
müssen die Satzzeichen so gesetzt sein: „cue ubi est domus presbyteri:
ubi est domus mea, ibi est domus presbyteri". Den Satz aus Sermo
355, 4, 6 (ML 39, 1573) hat Z. S. 108 mißverstanden. Der Sinn von
„maneant ubi volunt et ubi possunt, non aufero eis clericatum" ist
nicht, daß sie nicht in Hippo selbst bleiben dürfen, sondern daß sie
in Hippo wohnen dürfen — „mauere" bedeutet im Spätlatein häufig
Wohnen, „mansio" die Wohnung , wo sie wollen und wo sie können,
ohne ihr Amt zu verlieren. Das gilt für die, die nicht auf ihr Eigentum
verzichten wollen. Wer aber in der vita communis bleiben und
im Priesterhause wohnen will, der muß auf sein persönliches Eigentum
verzichten. Daß dies der Sinn ist, geht auch aus Sermo 356, 14
(ML 39, 1580) hervor. Zudem hätte ein Belassen im Klerus mit gleichzeitiger
Verbannung aus Hippo dem Betroffenen auch gar nichts genützt
. — Zu S. 169 u. 180: wer hat nun eigentlich diesen Subdiakon
in der Diözese Hippo ordiniert? Augustin war es nicht, ein anderer
Bischof aber durfte es nicht ohne Augustins Erlaubnis und wäre doch
wohl von ihm zur Rechenschaft gezogen worden, wenn er es eigenmächtig
getan hätte. - S. 172 wäre auch eine sog. promotio per
saltum zu erwägen gewesen. — Zu S. 118 A. 2 wegen Contra ep. Fund. 4
und Psalm, contra Don. 229 f. siehe diese Ztg. 1931, Sp. 209. —
S. 192 A. 2 ist der Satz aus Aug. ep. 51,4 (S. 147, 22 ff. Goldbacher)
so, wie er dasteht, unverständlich, weil hinter dem ersten „amiserant"
die Worte „baptizare utique poterant, si autem amiserant", wegen des
zweimaligen „amiserant" ausgefallen sind.

München. Hugo Koch.

Schweitzer, Vicentius: Concilii Tridentini Tractatuum pars
prior complectens tractatus a Leonis X temporibus usque ad trans-
lationem concilii conscriptos. Collegit, edidit, illustravit. Freiburg
i. Br.: Herder & Co. 1930. (LXXX, 884 S.) 4°. = Concilium Tri-
dentinum. Diariorum Actorum Epistularum Tractatuum nova collectiv.
Ed. Soc. Goerresiana. Promovendis inter catholicos Germaniae Litte-
rarum Studiis. Tomus Duodecimus. RM 60 —.

Dieser Band 12 des CT., den Vinzenz Schweitzer
bearbeitet hat, bringt die letzte Gruppe der Quellen für
die Geschichte der ersten Periode des Tridentinums zu
unserer Kenntnis, die Traktate. In einer ausführlichen
Einleitung entwickelt der Herausgeber zunächst die
Grundsätze, die ihn bei seiner Arbeit leiteten. Unter
„Traktaten" versteht er kleinere Schriften, die etwa zur
Vorbereitung des Konzils veröffentlicht wurden, und
Gutachten über einzelne Fragen, die auf dem Konzil behandelt
werden sollten oder behandelt wurden. Es handelt
sich also immer um Arbeiten, die, ob von Konzils-
teilnehmern verfaßt oder nicht, neben den eigentlichen
Verhandlungen hergehen und deshalb nicht zu den „Akten
" gehören. Doch ist mir mehrfach zweifelhaft, ob
nicht die hier mitgeteilten Materialien sachlich doch zu
den Akten gehören und nur, weil sie undatiert und anonym
oder eins von beiden sind, dort ihren Platz nicht gefunden
haben. Mehrfach handelt es sich nämlich entweder
um Konzepte oder um nachträgliche Niederschriften
der auf dem Konzil gehaltenen Reden, wie der
Stil beweist, z. B. Nr. 64—67; 72—74, aber auch sonst.

Schw. hat aus der Fülle des gefundenen Materials,
über das der zweite Teil der Einleitung berichtet, nur
die Traktate zum Abdruck gebracht, die entweder wegen
der Persönlichkeit ihres Verfassers oder wegen des von
ihnen behandelten Gegenstandes von Bedeutung sind.
Darin liegt selbstverständlich für die Benutzer des Bandes
ein Unsicherheitsfaktor, weil jede Auswahl einen
mehr oder minder subjektiven Charakter tragen muß.
Aber er war angesichts der Fülle des Materials wohl unvermeidbar
. — Den Grundsätzen, die für die Herausgabe
des CT. gelten, gemäß enthält der Band nicht nur
bisher unveröffentlichtes Material, sondern auch Traktate
, die bereits bekannt, aber schwerer zugänglich war
ren. Daß wir über die früheren Drucke und die dem

Abdruck zu Grunde liegende Handschrift stets unterrichtet
werden, ist selbstverständlich. Wenn ich recht
sehe, war etwa ein Drittel des Materials vorher bekannt.

Auch für die Ausgabe dieses Bandes waren natürlich
die bewährten methodischen Grundsätze der anderen Abteilungen
geltend. Die Seitenzahlen der Mss. sind stets
am Rande vermerkt. Zitate nachzuweisen hat sich der
Hrsg. große Mühe gegeben. Undatierte oder anonyme
Schriften sind zu bestimmen gesucht. Doch wird die
weitere Beschäftigung mit dem Material hier sicher noch
Verbesserungen zeitigen. Z. B. sind die meisten Trak-
■ täte zur Sessio IV mit dem Vermerk versehen: „Mense
I februario vel martio 1546". Bei Nr. 65 ergibt der Text
| aber, daß eine Congregatio theologorum, in der über die
abusus sacrae scripturae gesprochen war, schon vor der
Abfassung bzw. Niederschrift stattgefunden hatte. Da
die erste solche Kongregation am 1. März zusammengetreten
ist, ergibt sich dieser als terminus a quo; dasselbe
gilt für Nr. 66 („retuli") und Nr. 67. Nr. 68
würde ich zum 23. Februar 1546 zu ziehen geneigt
sein, allerdings mit einem Fragezeichen versehen, Nr. 72
zum 17. März. Für Nr. 62 ist doch wohl der 11. Februar
terminus a quo. — Schließlich fehlt nicht ein umfangreicher
Apparat, in dem durch Hinweise auf Literatur
dem Leser die Benutzung des Bandes erleichtert
werden soll. Daß hier Vollständigkeit geboten sein
müßte, wäre ein unbilliges Verlangen. Aber ein Mehr
wäre an manchen Stellen doch dringend erwünscht. Die
Angaben z. B. S. 528 Anm. 2 über Chr. Madrutsch
ließen sich leicht erweitern. Wenn für Luthers Lehre von
der Prädestination allein auf Kattenbuschs Werk vom
Jahre 1S75 verwiesen wird (S. 335 Anm. 1), so ist
das doch ein bißchen allzu dürftig, ebenso wenn für das
Verhältnis von Glauben und Werken nach lutherischer
Anschauung nur genannt werden: „J. Köstlin, Luthers
Theologie I 2 270ff.; II2 202ff. K. Thieme, die sittliche
Triebkraft des Glaubens (1895). J. A. Möhler, Symbolik,
1894, 203 ff. O. Ritsehl, Dogmengeschichte des Protestantismus
II 184 ff." Noch ärger ist m. E., daß für
L.s Bibelübersetzung allein GGA 1888, S. 249 ff. angegeben
ist. Fr. Hunermanns Schrift „Wesen und Notwendigkeit
der aktuellen Gnade nach dem Konzil von
Trient" v. J. 1926 wird zitiert, H. Rückert's Buch „Die
Rechtfertigungslehre auf dem tridentinischen Konzil"
v. J. 1925 im eigentlichen Werk, wenn ich recht gesehen
habe, nur einmal als Anmerkung zu Gabriel Biel, zu
Seripando wird auf es wenigstens im Anhang noch verwiesen
. Sein Werk über „Die theologische Entwicklung
Gasparo Contarinis" v. J. 1926 fehlt dagegen ganz.
Daß auch meine „Studien zur Geschichte des Konzils von
Trient" v. J. 1925 nicht berücksichtigt sind, obwohl
[ ihre Heranziehung an mehreren Stellen sachlich gerecht-
| fertigt gewesen wäre, ist mir auch schmerzlich. Zu Duns
' Skotus (S. 651 Anm. 1) sollte außer K. Werner auch
j R. Seeberg (1900) genannt werden. K. Holl's Aufsatz
! über „Die Rechtfertigungslehre in Luthers Vorlesung
j über den Römerbrief" wird nach ZThK 1910 zitiert,
j statt nach der Neuausgabe in den Ges. Aufsätzen I (S.
! 315 Anm. 3). S. 760 Anm. 6 muß es Althaus heißen
(statt Althäus). Im Ganzen wird man sagen dürfen, daß
der Herausgeber über Luther, Melanchthon, Kalvin und
andere Protestanten seine Leser ungenügend unterrichtet
; die katholische Literatur beherrscht er wesentlich
vollständiger als die von protestantischer Seite beiger
steuerte. Auch die mit dem Tridentinum direkt sich be-
j fassenden Werke — ich könnte noch mehrere Lücken
I nachweisen — sind nicht vollständig vermerkt. Berück-
i sichtigt man allerdings die Arbeitsbedingungen des Herausgebers
, der keine größere Bibliothek zur steten Ver-
I fügung hatte, so bleibt die Leistung groß.

Von dem Inhalt des Bandes einen adaequaten Eindruck
zu geben ist schwer, weil fast alle Probleme berührt
werden, die nur in der ersten Periode des Konzils
auftauchen. Mit einer Ausnahme: die rein politischen
j Fragen scheiden völlig aus, es sei denn, man faßt die