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Ausgabe:

1932 Nr. 9

Spalte:

199-201

Autor/Hrsg.:

Zähringer, Damasus

Titel/Untertitel:

Das kirchliche Priestertum nach dem hl. Augustinus 1932

Rezensent:

Koch, Hugo

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199

Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 9.

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und Laien bestimmt, indem es etwa genaue Auskunft
gibt, in welchen Nöten dieser und jener Heilige sich
hilfreich erweist, Benedikt bei Nierensteinen, Christantianus
bei Hagel und Ungewitter, Antonius bei Krätze
und Rotlauf, wobei kurze Erläuterungen beigegeben
sind, warum z. B. der Mönchsvater zum Schweinepatron
geworden ist. Doch meint der Verf., „auch den Gelehrten
manches zu sagen zu haben". Wirklich stammen
einzelne der Artikel aus der Feder anerkannter Forscher
und ein gewisses Maß vorsichtiger Kritik ist auch im
übrigen zu beobachten, etwa gegenüber der Vitus-Legende
oder darin, daß Dionysius Areopagita nicht als
Verf. der ihm untergeschobenen Schriften genannt ist.
Im Ganzen ist das Buch doch von wissenschaftlicher
Haltung entfernt, und von moderner Forschung ist
wenig Notiz genommen. Bei Ignatius erscheint die
Vision der Katharina Emmerich wichtig, wonach er der
Knabe gewesen sei, den Jesus in Kapernaum segnete
(I, 555), Makarius ist der Verf. der Homilien, Nilus
der Sinaimönch. Der Artikel über Basilius v. Ankyra
lautet: „Julian ließ ihm täglich Stücke Fleisch aus seinem
Leibe schneiden, f um 363". Aus den Reliquien
des Nikolaus v. Bari „fließt das Nikolausöl" (II, 77).
In seinen Grenzen ist das Buch bei dem Fehlen eines
bessern doch als kunst- und kirchengeschichtliches Hilfsmittel
brauchbar. Es wäre es noch mehr, wenn es
neben den Registern der Erkennungszeichen und der
Patronate auch ein Namenregister enthielte. Denn da
die Träger gleichen Namens nach ihren Jahrestagen
geordnet sind, muß man 40 Seiten „Johannes" durchblättern
, um festzustellen, daß Tauler kein Seliger ist.

Göttingen._H. Dörries.

Zähringer, P. Dr. theol. Damasus: Das kirchliche Priestertum
nach dem hl. Augustinus. Eine dogmengeschichtliche Studie.
Paderborn: F. Schöningh 1931. (220 S.) gr. 8°. = Forschgn. z.
Christi. Literatur- u. Dogmengesch., hrsg. v. A. Ehrhard u. J. P. Kirsch.
17. Bd., 1./2. H. RM 14—.

Den kirchlichen Priester- und Amtsbegriff näher
ins Auge zu fassen, nötigte den hl. Augustin die Auseinandersetzung
mit dem Donatismus. Sie war es, die
dem Kampfe die Richtung wies, die Grenzen bestimmte
und das Verhältnis des Persönlichen zum Sakramentalen
in den Vordergrund rückte. Diese Linie mußte
naturgemäß auch die vorliegende, aus der Schule des Tübinger
Dogmatikers Karl Adam hervorgegangene Untersuchung
einhalten, die sich zur Aufgabe machte, die
dogmengeschichtliche Bedeutung des großen Bischofs
von Hippo für diese Fragen herauszuarbeiten. Sie verläuft
in sechs Kapiteln, von denen das erste die Stellung
Christi in der Kirche im Sinne Augustins zeichnet, das
zweite die dem Donatismus vorausgegangene Lehrentwicklung
, namentlich die im Ketzertaufstreit hervorgetretenen
Auffassungen darlegt, die folgenden das Wesen
des Sakraments (Heiligkeit, Empfang, Wirkung), das
kirchliche Ministerium, die Ordination und zum Schluß
das Verhältnis des allgemeinen zum besonderen Priestertum
nach den Gedanken Augustins erörtern. Die Untersuchung
nennt sich eine dogmengeschichtliche Studie und
ist es auch in der Hauptsache. Es laufen aber auch rein
kirchengeschichtliche oder kirchenrechtsgeschichtliche Abschnitte
mit, wie S. 104 bis 121 über Bestand und Gliederung
des Ministerium, S. 167—182 über „die Bestellung
zum kirchlichen Amt". Das soll keineswegs als
Tadel gesagt sein, um so weniger, als sich dabei bemerkenswerte
Beobachtungen finden. So S. 113 über die
Gepflogenheit des Bischofs Augustin, Diakone auch seine
„condiaconi" zu nennen. Das fällt mir deswegen auf,
weil der doch sonst seinem Klerus gegenüber so verbindliche
Bischof Cyprian diese Bezeichnung geflissentlich
meidet, während er die Priester, wie dies auch Augustin
tut (S. 116 f.), gerne als „conpresbyteri" bezeichnet
, einmal die Wendung „cum episcopo presbyteri sacer-
dotali honore coniuncti" gebraucht (ep. 61, 3, S. 697, 1
Härtel). Die Bezeichnung „sacerdos" für den Bischof,
die bei Cyprian gang und gäbe ist, verwendet Augustin

nur ganz selten (S. 115), wie Adam vermutet wahrscheinlich
deshalb, weil sie ihm als dem donatistischen
„mediator" nahekommend verdächtig war. Dagegen gebraucht
er sie vom heidnischen und vom alttestament-
lichen Priestertum. Wir haben also bei Augustin bezüglich
des „sacerdos" dieselbe Erscheinung wie bei
Cyprian bezüglich des „pontifex" (siehe meine „Cyprianische
Untersuchungen" 1926, S. 76 A. 1, wo ich leider
die Stellen mit den jüdischen „pontifices", nämlich ep.
3, 2 S. 471, 2; ep. 59, 4 S. 671, 7 und ep. 66, 3 S.
728, 23 nicht angeführt habe).

Nach welchen Gesichtspunkten Z. die „Literatur"
(S. 10—12) auswählte, weiß ich nicht. Jedenfalls ist die
Auswahl zufällig und mangelhaft. Er verzeichnet z. B.
wohl das Buch von Leclercq über das christliche Afrika
(1904), aber weder das bekannte Werk von Monceaux
noch das von E. Buonaiuti (1928). Die Forschung über
den Ketzertauf streit, der doch für die vorliegenden Fragen
grundlegende Bedeutung hat, endet für Z. mit der
Arbeit Joh. Emsts über Papst Stephan und den Ketzertaufstreit
(1905). So entgeht ihm S. 61 ff. der bekannte
Liber de rebaptismate, der in seinem Beweisgang
ebenso von Papst Stephan wie von Cyprian abbiegt und
eine Richtung einschlägt, die zum „opus operatum" und
zum „character indelebilis" führt. Wenn freilich Z.
S. 52 die donatische Auffassung, die die Gültigkeit des
Sakraments von der Würdigkeit des Spenders abhängig
macht, eine „neue Lehre" nennt, so vermißt man den
Nachweis für das Alter und die ausschließliche Herrschaft
der „kirchlichen" Lehre. Wie hier, so wendet Z.
auch S. 61 nicht einen dogmengeschichtlichen, sondern
einen dogmatischen Maßstab an, wenn er die Stellungnahme
Papst Stephans eine „autoritative Entscheidung
der Kirche" nennt, ohne nachzuweisen, daß die damalige
Kirche einer Äußerung des römischen Bischofs ein solches
entscheidendes Gewicht beilegte. Wie wenig dies
damals und noch später tatsächlich der Fall war, zeigt
gerade Augustin, der den „Irrtum" Cyprians damit entschuldigte
, daß damals noch kein Generalkonzil gesprochen
gehabt habe. Freilich unterläßt es Z. auch S.
152 f. bei Erörterung der Lehrgewalt, die Linie vom
Bischof zum Episcopat und Konzil weiterzuführen.
Nimmt er in diesen Fällen grundlos eine herrschende
Überlieferung an, so übersieht er ein andermal die
Überlieferung, wo sie tatsächlich vorliegt. S. 130 ff.
(vgl. S. 75 ff.) hält er nämlich die augustinische Unterscheidung
zwischen Innerem und Äußerem beim Sakrament
für etwas Neues und erklärt sie aus neuplatonischem
Einfluß. Ein solcher mag ja in der Tat bei der
näheren Fassung und Ausgestaltung mitgespielt haben.
Aber eingeleitet und begründet war diese Unterscheidung
schon früher. So schreibt schon Irenäus adv. haer. III,
17, 2 (S. 514 Stieren): corpora enim nostra per lavac-
rum illam, quae est ad incorruptionem, unitatem acce-
perunt, animae autem per spiritum. Tertullian aber
erklärt in de bapt. 7: sie et in nobis carnaliter currit
unetio, sed spiritaliter proficit, quomodo et ipsius bap-
tismi carnalis actus, quod in aqua mergimur, spiritalis
effectus, quod delictis liberamur, vgl. de resurr. carn. 8
(S. 36,29—37,4 Kroymann), c 48 (S. 100, 11 f.).
Ähnlich sagt Cyprian in ep. 69, 12 (761, 5 Härtel):
aliter pectus credentis abluitur, aliter mens hominis per
fidei merita mundatur, und der Verfasser von de rebapt.
18 (A. 91, 20 Härtel): fide emundari corda, spiritu
autem ablui animas, porro autem per aquam lavari corpora
. Ganz ungenügend ist, was S. 57 f. über die Frage
„Taufe und Sünde" in der ältesten Kirche ausgeführt
wird, und der Hirte des Hermas wird in diesem Zusammenhang
nicht einmal erwähnt. Dagegen ist der Verfasser
öfters in der Lage, unrichtige oder einseitige Behauptungen
Reuters in seinen übrigens trefflichen Au-
gustinischen Studien (1887) richtig zu stellen. Bezüglich
des allgemeinen Priestertums (S. 209) dürfte man sogar
noch weiter gehen: neben dem Amtspriestertum ist es
schon bei Augustin und nachher noch viel mehr zu