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Ausgabe:

1931 Nr. 8

Spalte:

178-180

Autor/Hrsg.:

Sieden, Julius

Titel/Untertitel:

Katechismen und Katechismus-Unterweisung in Mecklenburg seit der Reformation bis zu Anfang des 18. Jahrhunderts 1931

Rezensent:

Cohrs, Ferdinand

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Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 8.

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stus auch einmal das Pneuma nennen, wie das vor
ihnen schon Paulus getan (2. Kor. 3, 17), oder daß
sie die Fleischwerdung des ewigen Logos mit Lk. 1, 35
zusammenbringen und von da aus eine entsprechende
Gleichung gewinnen (Justin, apol. I 33, 6), um den
Satz zu gestatten: „wir werden also in der alteren
Tradition jede Tätigkeit des Heiligen Geistes als eine
Tätigkeit des Logos auffassen müssen", womit dann
Christus als Taube bei der Taufe gegeben ist. Man
braucht nicht weiter zu bemängeln, daß die S. 53, 4
angeführte Stelle aus Clemens Alex., Paed. III, XII
§ 101, 1 nicht stimmt, sondern gerade da Sohn, Vater
und Geist von einander unterschieden und die beiden
ersteren durch ev äfiqw enger zusammengeschlossen
werden. Irgendwo sonst mag sich der Alexandriner
wohl in der angegebenen Weise ausgedrückt haben.
Von der Taufe Jesu spricht er in dem Zusammenhang
jedenfalls nicht, und darauf käme doch alles an für
die weitgehenden Behauptungen S.s. In den ganz seltenen
Fällen, in denen Clemens von jenem Ereignis
des Lebens Jesu redet, liegt es ihm völlig fern, das, was
S. bei ihm findet, auch nur andeuten zu wollen. Noch
klarer ist der Tatbestand bei Justin. Er erzählt dial. 88,
3—8 im Anschluß an die evangelische Überlieferung von
der Taufe Jesu, spricht immer von 7cvevf.ia, vom Koyog
überhaupt nicht und wertet die Taubenerscheinung als etwas,
was für den Täufling jeder Bedeutung entbehrt, weil es
nur ein Zeichen für den Täufer und die Menschen ringsumher
sei. Das hört sich doch nicht so an, als wäre ihm
die Taube eine „Manifestation des Logos".

Hier, glaube ich, bedarf die Arbeit S.s noch der
Berichtigung. Das hindert mich nicht, gern und dankbar
einzugestehen, mancherlei aus ihr gelernt zu haben.
Göttinnen. V. Bauer.

Lietzmann, Hans: Zur Entstehungsgeschichte der Briefsammlung
Augustins. Berlin: Verlag d. Akademie d. Wissenschaften
. W. de Gruyter u. Co. in Komm. 1930. (35 S.) 4°. = :
Sitzungsberichte d. Preuß. Akad. d. Wiss. Phil.-bist. Kl. 1930, 23.

RM 2.50.

L.s Abhandlung beschäftigt sich mit der literar- j
geschichtlichen Frage nach der Publikationsweise von
Augustins Briefen. Die Frage hat ein besonderes Recht,
da Augustin seine Briefe als halböffentliche Dokumente
behandelt, ihre Verbreitung vorausgesetzt und z. T.
selbst betrieben hat. Wie groß aber ist sein Anteil an
ihrer Herausgabe, hat er sie etwa gar selbst zusammengestellt
und in geschlossenem Corpus ediert?

Was wir besitzen, sind allein frühmittelalterliche,
nach Inhalt und Umfang stark von einander abweichende
Sammlungen. L. hat, um sie nach Alter und
Herkunft ihrer Bestandteile analysieren zu können, von
den Hauptsammlungen nach Goldbachers Beschreibung
der MSS. (in der praefatio zu seiner Ausgabe der
Augustinbriefe, CSEL. LVIII) Listen hergestellt. Die
erste Beobachtung nun, die sich an ihnen anstellen
läßt, ist die, daß zwar hier und dort eine ordnende Hand
gewaltet habe, daß aber nur einzelne kleinere üefüge
in ältere Zeit zurückreichen. So sind es diese spärlichen
Ur-Sammlungen, denen die weitere Untersuchung zu
gelten hat.

Um wenigstens sie sicher abgrenzen und womöglich
ihren Ursprung feststellen zu können, sondert L.
gewisse Gruppen von Briefen verwandten Inhalts aus,
neben anderen die Jugendbriefe, Augustins Briefwechsel 1
mit Paulin von Nola und mit Hieronymus. Von den zuletzt
genannten beiden Reihen, in die auch die verlorenen
Briefe an ihrer Stelle eingesetzt wurden, sind sorgfältige
Regesten beigegeben. Durch ein geschicktes
Befragen der Überlieferung werden wirklich kleine Corpora
gewonnen, die man mit hoher Wahrscheinlichkeit i
als die ältesten Sonder-Ausgaben von Augustin-Briefen
ausgeben darf. Besonders interessant ist die Art, wie
L. die spärlichen Angaben der Handschriften sich ver- I
einigen läßt, um die Existenz eines ältesten Hieronymus-

corpus zu bezeugen; die Liste des Possidius bringt hier
die ebenso erwünschte wie verdiente Bestätigung.

Für diese Ur-Sammlungen möchte nun L. Augustin
selbst als Herausgeber in Anspruch nehmen.

Daß Augustin Briefe veröffentlicht hat, kann in der
Tat nicht in Abrede gestellt werden. Volle Sicherheit

— wie bei den vier Briefen der Pascentius-üruppe —
ist freilich nicht überall, Wahrscheinlichkeit doch z. B.
für die Paulinus-Sammlung, wohl auch für die der
Jugendbriefe in hohem Grade zu erreichen; sie bilden
beide ein wohlgeordnetes Ganzes, worin Wesentliches
und Beiwerk geschieden sind, — beide, wenn nämlich
mit den Nebridius-Briefen die übrigen Jugendbriefe
schon anfangs verbunden gewesen sind.

Bedenken aber habe ich bei der Hieronymus-Korrespondenz
. Hier sprechen mehrere Argumente gegen
einen augustinischen Ursprung der Sammlung. Das 1.
bietet die falsche Stellung von ep. 68 (vor ep. 39), von
L. mit Recht aus einer Verwechslung mit einem andern
Brief des gleichen Überbringers erklärt; der Sammler
ist also ein Opfer seiner Flüchtigkeit geworden; Augustins
bekannte Sorgfalt im Edieren war hier schwerlich
beteiligt. Das Versehen zeigt zugleich, daß der
Sammler nur die chronologische Ordnung durchführen
wollte (Augustin verfährt i. a. anders), und kein sachliches
Prinzip ihn auszuwählen nötigte. Dann aber
muß bei ihm, der auch ein unbedeutendes Billet nicht
auslassen mochte, Unvollständigkeit — es fehlen 3 Nrn.

— damit erklärt werden, daß er nicht alles besaß. Nun
hat gewiß auch Augustin Briefe verloren (ep. 149, 2,
immerhin auf Reisen geschriebene!), — aber es kommt
zum andern. Am meisten aber fällt ins Gewicht, daß
je zwei Briefe nicht an ihrem Ort stehen, sondern mit
denen verbunden sind, in die ihre Duplikate (die Originale
waren unterwegs verloren gegangen) eingelegt waren
. Hier ist also unzweifelhaft, daß der Sammler nicht
Augustins Konzeptbuch, sondern die späteren Briefe mit
ihren Einlagen vor Augen gehabt hat. Also kann der
Sammler nicht Augustin sein. Ja, man mag in diesem
Zusammenhang beachten, daß das corpus am besten
nicht in Augustin-, sondern in Hieronymus-MSS. erhalten
ist; wenn nicht unterwegs, so muß die Abschrift
in Bethlehem angefertigt sein. Gewiß hat Augustin
Briefe an Hieronymus herausgegeben, ep. 166 und 167,
aber als selbständige Schriften, libros! — Ganz ähnlich
steht es bei ep. 95. L. weist selbst darauf hin, daß das
„et alia manu" vor dem eigenhändigen Schlußsatz Augustins
das Stück als Abschrift des Originals erweist,
nicht des Konzeptbuches; dann aber scheint mir der
Schluß unumgänglich, daß Augustin nicht der Herausgeber
sein kann, ja, auch Hippo als Ort der Edition
wird dadurch in Frage gestellt.

So wird man bei der Zuweisung der von L. herausgeschälten
kleinen corpora an Augustin noch einige
Vorbehalte machen müssen, wird aber sie selbst nur
dankbar annehmen können und auch dem negativen
Ergebnis dieser Untersuchung zustimmen, daß Augustin
die aufmerksame Fürsorge, die er seinen sonstigen
Schriften angedeihen ließ, seinen Briefen leider im allgemeinen
vorenthalten hat. Er hat ihre Herausgabe
meist anderen überlassen und auch zu der beabsichtigten
retractatio ist es nicht mehr gekommen.

Es sei zum Schluß noch erlaubt, auf zwei kleine
Versehen aufmerksam zu machen: S. 367 A 2 ist mit
Recht die Lesart Goldbachers, die eine Afrika-Reise
des Paulinus voraussetzen würde, abgelehnt, nur muß
es deshalb heißen, daß exhiemarem zu tilgen, exhie-
mares zu lesen ist; und zu S. 371 Z. 8: Nebridius ist
in Mailand, nicht in Karthago festgehalten worden.
Göttinnen. H. Dörries.

Sieden, Julius: Katechismen und Katechismus-Unterweisung in
Mecklenburg seit der Reformation bis zu Anfang des 18. Jahrhunderts
. Schwerin, F. Bahn 1930. (136 S.) gr. 8°. RM 6.50; geb. 7.50.
Ausgesprochenermaßen hat Sieden sein Buch zunächst
für sein Land und seine Landeskirche geschrie-