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Ausgabe:

1931 Nr. 8

Spalte:

175-177

Autor/Hrsg.:

Sühling, Friedrich

Titel/Untertitel:

Die Taube als religiöses Symbol im christlichen Altertum 1931

Rezensent:

Bauer, Walter

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Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 8.

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und auch diesmal hinderte die Sorge vor einer zu
starken Verteuerung des Buches eine Neubearbeitung
mit erheblichen Eingriffen in den vorhandenen Text. Es
wurde der Weg einer mechanischen Wiedergabe des
bisherigen Wortlautes gewählt, dem die wichtigsten
Änderungen, meist neue sprachliche Belege — die apostolischen
Väter sind besonders stark herangezogen —
und Hinweise auf seither erschienene Literatur, folgen.
Im Text weist ein N. am Rande darauf hin, daß auch
die Nachträge zu Rate zu ziehen sind. Auch in den Registern
sind die Zusätze ausgiebig berücksichtigt. Übrigens
sind die Nachträge auch gesondert zu beziehen
zum Preise von 1,80 RM.

H e u s s i s Kompendium erreicht in der 7., durchgesehenen
, Auflage das 22.—25. Tausend. Das bedeutet
, daß seit seinem ersten Erscheinen rund tausend
Stücke jährlich abgesetzt worden sind. Damit hat der
Erfolg für das Buch gesprochen, um so lauter, als es
nicht an dem Wettbewerb gleichgerichteter Werke gefehlt
hat. Niemand wird es daher dem Verf. verargen
, wenn er an den Grundgedanken nichts zu ändern
fand und sich darauf beschränkte, Einzelnes zu verbessern
und zu ergänzen. Den Anspruch, alles zu enthalten
, was der Studierende an kirchengeschichtlicher
Einsicht und Kenntnis nötig hätte, hat das Buch nie erhoben
. Aber es bietet, besonders auch an Literaturangaben
so viel, daß man von ihm aus ohne große Mühe
den Übergang zu den umfassenden Werken finden kann,
um sich von ihnen, wie in Vorlesung und Seminar, zu
methodischer wissenschaftlicher Arbeit und selbständiger
Forschung erziehen zu lassen.

Die Specimina codicum gruecorum Vaticanorum,
diese äußerst lehrreiche und dankenswerte Sammlung
von Proben zur Einführung in die griechische Paläo-
graphie, wurden in ihrer ersten Auflage von 1910 für
die Theol. Lz. durch Hermann von Soden angezeigt
(Jahrg. 1911, Sp. 174 f.). Er hatte seine Besprechung
mit dem Wunsche geschlossen: „Möchte das überraschend
billige Werk in recht viele Hände kommen!"
Nun ist die erste Ausgabe vergriffen, offensichtlich noch
weiterer Bedarf, und man möchte wohl wissen, in wie
starkem Maße die evangelische Theologie, besonders
der jüngeren Semester daran beteiligt ist. Wie leicht
wird es doch dem Leser gemacht, eine Vorstellung von
einer Handschrift zu gewinnen, die verschiedenen Typen
kennen zu lernen und sich in die einzelnen Schriftarten
einzulesen. Die Wiedergaben sind vorzüglich gelungen.

Da die Herausgeber mit Absicht wenig an der
früheren Ausgabe geändert haben, darf zur Kennzeichnung
des Werkes auf die Rezension v. Sodens verwiesen
werden. Die zweite Auflage unterscheidet sich von der
ersten wesentlich darin, daß dem einstigen Bestand
von 50 Blatt zehn weitere beigefügt worden sind, fast
alle aus den Werken von Nichtchristen bis zurück auf
Herodot.

Görtingen. W. Bauer.

Sühling, Dr. theol. Friedrich: Die Taube als religiöses Symbol

im christlichen Altertum. Freiburg i. Br.: Herder & Co. 1930.

(XXIII, 329 S. m. 47 Tat.) 4°. = Römische Quartalschrift f. christl.

Altertumskunde u. f. Kirchengesch. Begr. v. A. de Waal, hrsg. v. P.

Kirsch, E. Göller u. E. David, 24. Supplementheft. RM 25—.

Das umfang- und inhaltreiche Buch von Sühling
behandelt die Taube als religiöses Symbol, doch mit der
Einschränkung, daß dieses Sinnbild nur durch das
christliche Altertum hin verfolgt werden soll. Verf.
weiß sehr wohl, daß auch die heidnische Antike die
heilige Taube kennt. Und die Beziehungen zwischen der
heidnischen und der christlichen Taube in alter Zeit hat
für einen Punkt H. Greßmann in seiner Abhandlung
„Die Sage von der Taufe Jesu und die vorderasiatische
Taubengöttin" im Archiv f. Religionswissenschaft XX
1920, S. 1—40. 323—359 untersucht. Doch auf diese
Zusammenhänge und überhaupt den heidnischen Religionskreis
will S. nicht eingehen. Er streift sie wohl

| hier und da; aber eine erschöpfende Behandlung der

| Fragen soll erst die Zukunft bringen.

Der Stoff gliedert sich in fünf Kapitel mit insge-

; samt 27 Paragraphen, wozu noch eingehende Register

j und 47 Bildertafeln treten. Das 1. Kapitel handelt von
der „Taube als Sinnbild des Hl. Geistes", wobei auch
die Rolle zur Sprache kommt, die sie in der Noege-
schichte, bei Mariä Verkündigung und an Pfingsten
spielt. Das 2. Kapitel ist überschrieben „Die Taube
als Sinnbild des Christus-Logos". Dann kommen „die
Taube als Sinnbild der Kirche und der Gläubigen"
(Kap. 3), „die Taube als Seelensymbol" (Kap. 4), endlich
„Archäologische Exkurse zum Taubensymbol"

( (Kap. 5), die in eine Auseinandersetzung mit H. Dütsch-

: kes Ravennatische Studien 1909 auslaufen (§ 27).

Das Buch stammt aus der Schule F. J. Dölgers,
der wir schon manchen gewichtigen Beitrag zur alten
Religions- und Kirchengeschichte schulden. Immer wieder
spricht S. dankbar von seinem Lehrer, dem er Schu-

] lung und wissenschaftliches Rüstzeug verdankt. Damit
ist der große Vorzug gegeben, den sein Werk zeigt in
der gründlichen Beherrschung des Stoffes vor allem

auch der auf den Gegenstand bezüglichen Bildwerke.

: Es ist eine sehr erfreuliche Erscheinung, daß Bücher,
wie das vorliegende, ein so reiches Illustrationsmaterial
enthalten. Kann doch auch die beste Beschreibung nicht
entfernt den Eindruck schaffen, den das Bild vermittelt.

i Hier wird, aus begreiflichen Gründen, eine Veröffent-

j lichung wie die Römische Quartalschrift einen Vor-
sprung behalten, den die protestantische Forschung nur
schwer ausgleichen kann.

Dafür darf diese — wie mir scheint — anderes zu

j ihren Gunsten buchen; etwa das Fehlen der Neigung,
die Kirchenväter von dem Verdacht zu entlasten, als

i trieben sie eine falsche Christologie oder hätten mangel-

i hafte trinitarische Vorstellungen. An diesem Punkt ist
auch S. nicht ganz unbefangen. Ebensowenig läßt ihn

i seine Hochschätzung der Kirchenschriftsteller meinen
Eindruck teilen, daß sie sich oft genug, ohne sich viel dabei
zu denken, dem Schwall angelernter frommer Redens-

| arten überlassen. Da interpretiert er dann allzu unerbittlich
. Ich vermag eine geistliche Rhetorik die von

i „Herabschweben" und „Schwingen des Geistes" redet,
nicht als k lares Zeugnis für das bewußte Vorhanden-

, sein der T a u b e n Vorstellung zu werten (S. 41).

Damit stehe ich schon bei der Beurteilung. Was

; die Beibringung des gelehrten Stoffes anlangt, so kann

1 es sich für einen Späteren wohl nur um Nachlese
handeln. Ich habe z. B. bei der Taube als Zeichen

j (S. 42ff.) einen Hinweis auf Protev. Jacobi 9 vermißt,
wo eine Taube aus dem Stabe des Joseph hervorkommt,
auf sein Haupt fliegt und ihn so als denjenigen Witwer
bezeichnet, der die Maria in seine Obhut nehmen soll.
Bedenklicher scheint, daß nicht immer Klarheit darüber
herrscht, ob die Taube Verkörperung von etwas oder
Sinnbild für etwas ist. Es ist doch nicht dasselbe, ob
sich der Geist in der Taube materialisiert oder ob die
Turteltaube als Opfertier Reinheit, der Vogel ohne
Galle Friedfertigkeit symbolisieren.

Am wenigsten vermag ich mit dem anzufangen,
worauf Verf. besonderen Wert legt, auf den Nachweis,

I „daß die Taube auch Symbol des Logos-Christus ist"
(S. VIII). Daß von Gnostikern die Taubenerscheinung

! bei Jesu Taufe dahin gedeutet wird, damals sei der

t obere Christus auf Jesus von Nazareth herabgestiegen

— Verkörperung also, nicht Sinnbild —, ist eine bekannte
Tatsache (vgl. S. 67 ff.). Daß jedoch auch
Männer der Kirche jene Taube mit Christus irgendwie

— und sei es auch symbolisch — gleichgesetzt hätten,
hat S. mir wenigstens nicht dargetan. Ich kann es auch

! nicht billigen, daß er sich hier weitgehend auf seinen
; Lehrer zurückzieht. Eine für ihn selbst so wichtige Angelegenheit
müßte in einem derartig umfänglichen Buch
anders erledigt werden als durch Berufung auf Dölger.
' Es genügt doch nicht, daß die Logos-Theologen Chri-