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Ausgabe:

1931 Nr. 7

Spalte:

164

Autor/Hrsg.:

Michels, Robert

Titel/Untertitel:

Der Patriotismus 1931

Rezensent:

Dibelius, Otto

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163

Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 7.

164

Wahl nur den verschiedenen Gruppen von Mönchen zu-
steht: wie wäre jene Freiheit mit der Grundlage gemeinsamen
Gebets bei den gemeinsamen Mahlzeiten in
der „Engelregel" zu vereinbaren? usw. Man wird also
die „palladianischen" Stücke in den genannten vitae |
ebenso, wie die in den Handschriften 33 u. 47, als |
mehr oder weniger genaue Auszüge aus der Historia
Lausiaca betrachten müssen.

Ein störender Druckfehler ist S. 289 Mitte in c. 5 stehen geblieben: ;
jruXojipaYpovETv st. rcol.v3r(jaY(rovfTv (= cpiXojtQaYjiovEiv bei Palla-
dius S. 272). Aufgefallen ist mir, daß Y sich an einigen Stellen mit
der Fassung B berührt, wo II u. W, wie überhaupt fast durchweg, der
Fassung G entsprechen. So hat in § 5 Y das y.uxä töv ä.Qiß"|iöv I
xöjv EixoöixEaoäpcov YQapudxcov von B, während es in II (u. XV) heißt |
coro ton ul.cpa xal ßfjxa xxL wie in G. In § 3 heißt es dort: xa
öe eXöttü) xal e üxojtoVuEpa toTc, 8id xf|5 dcxi|0£<i>i; xö ö(7)u.u xaxa-
jxovoüoi xxX.., entsprechend der Doppelwendung in B: xd uxova xai
iXayQÜ xotq doxrixixooxepoi?, während es hier, wie in G, nur heißt:
xd öe dxova xoTg üaxnxixcoxEooti; xxX.. In § 4 schreibt Y: ev 0T5
xal axaupoö xiva xwtov ex ßacpfj? Jtopcpupü? EvoT|uaiveot)ai [so
cod. G ; oxavjQoö xurcov cod. E, xdrcov oxaupoü codd. ND], II: ev
olg xal xaxTjvdpia 8id irapapiicäou exe?.euoev xHtEottau Nun heißt I
es in Rez. B: ev oIc, xauaxi|Qd xiva oxaupoü 8id xopapupiou exe-
Xeuoe xovxou; EixtöEoflai {xauxTjpä xiva cod. b, xavoxfipa xivtov 1
cod. f], in Rez. G: ev oT; xal xairtfjpa xüjrov oxaupoü xxX... und in 1
cod. 32 fehlt xünov oxaupoü. In § 10 nennt Y den Pachomius ein- |
fach „den Großen" (xoü pEYÖÖvou), ohne Namen: die Beifügung von :
ieyaq zum Namen ist aber eine Eigentümlichkeit der Rez. B (so § 7 ,
zweimal, § 8 6 paxdpio? ITax), während II und W sich in den j
„paliadianischen" Stücken, wie Rez. G, mit dem Namen begnügen.
München. Hugo Koch.

Geiges, Oberstudiendirektor Robert: Herrnhut und Württemberg
. Die Verhandlungen zwischen Zinzendorf und der
württembergischen Kirche 1745—1750. Stuttgart: Chr. Scheu- |
feie 1930. = Blätter für württembergische Kirchengeschichte. 34. Jahrg.
H. 3/4.

Der Aufsatz von Geiges hat nicht nur lokalgeschichtliche
Bedeutung, sondern liefert einen wichtigen
Beitrag zur Zinzendorfforschung. Die Verhandlungen,
die Zinzendorf in Hoffnung eines näheren Anschlusses 1
mit der württembergischen Kirche führte, sind zwar
ergebnislos geblieben, zeigen aber die Zähigkeit, mit
welcher Zinzendorf an seinem Grundplan hing, die
Kinder Gottes in allen Konfessionen zusammenzubringen
und dabei den Zusammenhang mit den historisch gewordenen
Kirchen zu wahren. Solche Verhandlungen
sind immer ein schwer zu bearbeitender Stoff. Es
kommt aber hier noch etwas Besonderes dazu. Zinzendorf
macht als Kirchenpolitiker nie eine gute Figur. Er j
ist kein Diplomat: ihm fehlt der Maßstab dafür, wie
weit ihm der Partner entgegenkommt und entgegen- |
kommen kann. Die unbedeutendste Zustimmung nimmt I
er als vollstes, innerlichstes Einverständnis, daraus ergeben
sich leicht Enttäuschungen und Mißstimmung auf
beiden Seiten. Nehmen wir noch die impulsive, sprunghafte
Art Zinzendorfs dazu, so wird es klar, daß nicht j
nur die Verhandlungspartner Zinzendorfs oft vor der j
Frage standen, was denn eigentlich sein Ziel sei, sondern
auch der Historiker es nicht leicht hat, Zinzendorfs
Absicht zu ergründen. Geiges, der in der Zinzendorfforschung
kein Neuling ist, ist der Aufgabe gewachsen.
Daß in seinem Aufsatz Zinzendorfs Bild nicht so klar
und scharf heraustritt wie etwa das des Konsistorial-
präsidenten Bilfinger, liegt daran, daß Zinzendorf noch
nicht so allseitig bearbeitet ist, wie es erwünscht und
nötig wäre. Aus demselben Grunde kann auch der
Gegenüberstellung des Verfassers: „Bengels Biblizis-
mus" und „Zinzendorfs religiöser Individualismus" nur
eingeschränkte und vorläufige Bedeutung zukommen.
Sicher hat Bengel Zinzendorf als religiösen Individualisten
empfunden und damit seinen Gegensatz begründet
; ob aber religiöser Individualismus eine endgültige
Kennzeichnung sein darf, kann man billig fragen bei
einem Manne, der kein Christentum ohne Gemeinschaft
statuiert und Separatisten zur Kirchlichkeit erzogen hat,
der auch durch die Verhandlungen mit Württemberg !

seine Treue zum angestammten lutherischen Bekenntnis
bewiesen hat.

Herrnhut. W. Bettermann.

Michels, Prof. Robert: Der Patriotismus. Prolegomena zu s.
soziologischen Analyse. München: Duncker 8: Humblot 1929. (VIII,
269 S.) gr. 8°. RM 8.50; geb. 11—-

Im Vorwort verwahrt sich der Verfasser gegen
den Vorwurf, daß seine Bücher ein Warenhaus seien,
auf einem glänzend organisierten Zettelkasten fußend.
Aber dieser Vorwurf, der seinen früheren Schriften gemacht
worden ist, ist nicht ganz unberechtigt, gerade
in Bezug auf die vorliegende Arbeit. In vier Kapiteln
wird vom „Mythus des Vaterlandes" gehandelt, von
„Vaterlandsliebe und Heimatgefühl", von der „Soziologie
des Fremden" und von der „Soziologie des Nationalliedes
". Mancherlei wird zusammengetragen, was der
Verfasser selbst, vor allem aber seine Gewährsmänner
beobachtet haben. Wie etwa das Heimweh sich verschieden
äußern kann, unter welchen Bedingungen die
Assimilation der Auswanderer an die Bevölkerung der
neuen Heimat sich schneller oder weniger schnell vollzieht
, wie weit die heimatliche Musik in den Dienst der
nationalen Mission gestellt wird. Oder es werden die
Vaterlandslosen nach verschiedenen Gesichtspunkten in
Gruppen gegliedert. Das ist bisweilen durchaus instruktiv
. Aber es fehlt jede große Linie, jede Zusammenschau
. Das Material, weil es nicht im Dienst einer Idee
steht, wirkt zufällig. Jeder, der ein wenig Geschichte
kennt, könnte das Material für jedes einzelne Kapitel
seinerseits ergänzen. LJnd man empfindet, weil kein
durchschlagender Gedanke den Leser in den Bann zieht,
daß wichtige und unentbehrliche Tatsachen fehlen. Der
theologische Leser sucht begreiflicherweise nach einem
Wort über die Bedeutung des kirchlichen Lebens für die
Bewahrung der Nationalität. Dieses Wort findet er
nicht. Offenbar ist dem Verfasser diese ganze Seite des
Nationalitätenproblems nicht aufgegangen.

So bleibt das Ganze eine Sammlung von Material,
die man nicht ohne Gewinn studieren wird. Entscheidende
Einsichten aber vermittelt sie nicht. Sie kann es
auch deshalb nicht, weil der Verfasser seinen Stoff mit
einer gewissen kühlen Skepsis gegenübersteht. Für rein
intellektuelle Probleme ist gewiß der „Ort der Grenze",
um mit Paul Tillich zu reden, der gegebene Ort der
Erkenntnis. Die Welt sittlicher und religiöser Werte
aber erschließt sich nur dem, der ganz in ihr steht.
Über Patriotismus sollte niemand schreiben, der nicht
das Ethos eines blutwarmen Nationalgefühls mitempfinden
kann.

Berlin. Otto Dibelius.

M a c k i n t o s h , D. D., D. phil. H. R.: The Christian Apprehensions
of God. New York and London: Harper and Brothers Publishers.
1929. (231 S.) 8°. 6 sh.

Auch dieses Buch des bekannten schottischen Theologen
ist — ebenso wie seine früheren Arbeiten — ausgezeichnet
durch die Schärfe der Problemstellungen,
die Klarheit der Gedankenführung und die Umsicht des
Urteils, das immer bestrebt ist, alle Einseitigkeit zu
vermeiden, dabei aber doch die entscheidenden Glaubensmotive
für die Stellungnahme ausschlaggebend werden
zu lassen.

Diese Vorzüge treten gleich im 1. Kapitel deutlich
hervor. Es behandelt die Frage nach dem Wesen der
Religion: The Nature of Religion. Daß und weshalb das
spezielle Thema des Buches doch als Fundament eine
Erörterung über das Wesen der Religion im allgemeinen
erfordert, wird vom Verfasser in einer gerade für die
heutige theologische Problemlage doppelt dankenswerten
Argumentation begründet. Dabei verdient die
scharfe Unterscheidung zwischen den Fragen nach Ursprung
und Wesen der Religion einerseits, nach Wesen
und Wahrheit der Religion andererseits, besondere Beachtung
. Dasselbe gilt für die saubere Herausstellung