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Ausgabe:

1931 Nr. 7

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153-159

Titel/Untertitel:

Die Homilien zu Lukas in der Übersetzung des Hieronymus und die griechischen Reste der Homilien und des Lukas-Kommentars 1931

Rezensent:

Koetschau, Paul

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Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 7.

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daß „dem Verfasser die Vorstellung wirklicher Pestzeit
mit der vom ioifiot; als Krisis pestartiger Zwietracht
ganz von selbst in eins zusammenwächst" (S. 37 f.),
sondern lieber anerkennen, daß 1. Clem. eben nicht
zu den Schriftstellern gehört, die das Bild der ardaig-
vouo^ verwenden.

Nach allem bezweifle ich, daß sich L. auf dem
Wege zu neuen gesicherten Ergebnissen befindet.
Göttingen. W. Bauer.

Origenes Werke. IX. Bd : Die Homilien zu Lukas in der Übersetzung
des Hieronymus und die griechischen Reste der Homilien und des
Lukas-Kommentars. Hrsg. im Auftr. d. Kirchenväter-Commission d.
Preuß. Akad. d. Wiss. v. Priv.-Doz. Dr. Max Rauer. Leipzig: J.
C. Hinrichs 1Q30. (LXVII, 324 S.) gr. 8°. = Die Griechischen Christi.
Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte 35. Bd. RM 32.50; geb. 38.50.
Von dem verlorenen Kommentar des Origenes
zu Lukas, der wahrscheinlich nach 244 in Caesarea
Pal. abgefaßt ist, wissen wir nichts Sicheres; dagegen
kennen wir 39 Lukashomilien, da sie durch die um 390
angefertigte lateinische Übersetzung des Hieronymus
in mehreren Hss. erhalten geblieben sind. Eine wenig
beachtete Stelle (Horn. XXI, S. 141, 28 ff. der neuen
Ausgabe) beweist, daß Origenes damals schon weite
Reisen gemacht und das Meer befahren hatte. Ferner
sind die Homilien zum Deut, und zum I. Kor.-Brief
(S. 57,19. 121,8—11) vor den Homilien zu Lukas
gehalten worden. Hier, bezeichnet die letzteren in dem
Brief an Paula und Eustochium (S. 2,5: „in his Ori-
genem tractatibus quasi puerum talis ludere") keineswegs
als „eine Jugendarbeit" des Origenes (S. XIII),
sondern als eine im Gegensatz zu seinen ernsten Mannesarbeiten
nicht ausgereifte Arbeit, die wegen ihrer
gewagten Allegorien mit dem Würfelspiel der Knaben
verglichen werden könne.

Da nun außer der lat. Übersetzung des Hier, noch
zahlreiche griechische Fragmente besonders in Katenen-
Hss. vorliegen, so mußte der Bearbeiter der neuen kritischen
Ausgabe nicht nur den ursprünglichen Hier.-
Text möglichst herzustellen suchen, sondern auch die
dazu gehörigen griechischen Fragmente so vollständig
wie nur möglich sammeln und verwerten. Nach jahrelanger
mühevoller Arbeit in deutschen, italienischen,
französischen und englischen Bibliotheken hat Max
Rauer diese beiden Aufgaben gelöst, er hat uns nicht
nur einen hs. gut begründeten Text der lat. Übersetzung
geschenkt, sondern auch eine außerordentlich große Anzahl
von griech. Fragmenten zum Lukaskommentar und
zu den Lukashomilien zusammengebracht. Da sich
darunter viel wichtiges, bisher unbekanntes Material befindet
, so ist ihm jeder Origenesforscher zu aufrichtigem
Dank für seine Arbeit verpflichtet. Die Anerkennung
dieser bedeutenden wissenschaftlichen Leistung soll
auch durch meine Kritik an der Behandlung und Bearbeitung
der lat. Hss. und der griech. Fragmente nicht
eingeschränkt werden.

Für „die lateinische Überlieferung" hat R. 11 Hss.
aufgefunden, wovon 6 einen selbständigen Wert besitzen
sollen. Diese zerfallen in zwei Gruppen: 1. E
(Florenz) s. IX, B (Admont) s. XI/XII, A (Rom) s.
XII, K (Orleans) s. XIII; 2. C (Douai) s. XII, D
(Troyes) s. XII. Diese Hs. D bildete die alleinige
Grundlage für die Merlin'sche Ausgabe von 1512 und
dahei auch für die spätem von ihr abgeleiteten Ausgaben
. Da R. die Abhängigkeit des Codex B von E betont
(S. XXI), so war es falsch, beide Hss. im Apparat
als gleichwertig zu behandeln. Im übrigen dürfen wir
gewiß sein, daß R. die Hss. sorgfältig verglichen und
auch ihre Beziehungen zu einander richtig erkannt hat;
aber die Beschreibung der Hss. (S. XXI—XXVIII) läßt
manches zu wünschen übrig. Der Leser erwartet zunächst
eine genaue Beschreibung der ältesten Hs. E,
aber von dieser Hs. ist nicht einmal der Inhalt angegeben
. Weiter heißt es von der Hs. K auf S. XXII:
„Nur die ersten 6 Homilien enthält . . . K", unten aber

i steht: „sie enthält nur 30 Homilien". Was ist richtig?
I S. 43 wird am Ende der VI. Horn, im App. bemerkt:
„Schluß der Hs. K". Daß es nötig war, diese „fehler-
' hafte und schlecht geschriebene Hs." (S. XXII) in den
Apparat aufzunehmen, erscheint mir zweifelhaft. Denn
die 1. Hss.-Gruppe ist durch E (B) A genügend vertreten
, und durch die Fehler von K wird nur der App.
! belastet. Ferner waren die Beziehungen der einzelnen
Hss. zu einander nicht nur zu behaupten, sondern an
einzelnen Stellen nachzuweisen. Einen Ansatz dazu hat
R. erst S. LVf., also sehr viel später, gemacht; die
hier stehenden Bemerkungen gehörten schon zu S. XXVI,
und zwar in wesentlich verbesserter und erweiterter Gestalt
. Die genauere Prüfung hätte ergeben, daß die
beiden Hss.-Gruppen sich einander ergänzen und auf
dieselbe Quelle zurückgehen, die bei dem Alter von E
j (s. IX) recht weit zurückliegen muß und etwa für das
I VII.—VIII. s. anzusetzen ist, also der Originalausgabe
[ des Hier, verhältnismäßig nahe steht. Die Herstellung
| eines guten Textes war durch die Benutzung der beiden
| Hss.-Gruppen ermöglicht. Alles dies kann der Leser
I nur aus dem Apparat erschließen, aber nicht in der Ein-
| leitung lesen.

Zu S. LV bemerke ich, daß S. S4, 1 die Lesart von AC divinus
(zu sermo) durch das griech. Frgm. Z. 9 als richtig, und die von D
divinius als fehlerhaft erwiesen wird, während die von E korrupt und
die von B korrigiert ist. Die Angabe über E und B ist entweder S. LV
oder S. 84, 1 im App. falsch. Ebensowenig stimmt S. LV die Angabe
der Lesart von B zu S. 216, 21 f. mit der im App. zusammen. Aus
der Bemerkung ebenda zu S. 208, 30 könnte man folgern, das R. die
Hss. B E von A ableite, wenn sich nicht aus der Bemerkung ebenda
zu S. 173, 15 ergäbe, daß R. mit Recht eine gemeinsame Vorlage für
EA annimmt. Wenn R. S. LVI Z. 10 v. o. sagt: „K trifft sich ebenso
oft (?) mit C wie mit der Gruppe A B E, während D, wo er nicht
Sonderlesarten hat, ebenfalls sich gerne mit C trifft", so kann der Leser
mit solchen Feststellungen gar nichts anfangen.

R. hat bei seinen Hss.-Untersuchungen vor allem
! ein Hauptkriterium, das von andern Herausgebern
| mit Erfolg verwendet worden ist, gänzlich übergangen:
| die gemeinsamen Lücken in den Hss. Danach
waren die Hss. in erster Linie zu gruppieren, nicht nach
einzelnen Worten, die verschrieben oder korrigiert sein
können, also keinen klaren Beweis liefern.

Wenn S. 32, 15 die Worte: „Et olim quidem" in E(B) A(K) fehlen,
! so gehen eben diese 4 Hss. direkt oder indirekt auf dieselbe Quelle
| zurück und scheiden sich ab von C D, die diese Lücke nicht haben;
J vgl. S. 206, 15.16 (gemeinsame Lücke für E A) usw. Andererseits zeigen
l CD gemeinsame Lücken, z.B. S. 193,11. 12 (durch Homoioteleuton),
[ S. 130,21; 131,7; 167,5 usw. Sowohl C wie D verfahren oft will-
kürlich, haben aber, da E fehlerhaft geschrieben ist und auch von einer
nicht fehlerlosen Vorlage stammt, doch öfters das Richtige bewahrt.
Wenn CD mit E A zusammenstimmen, so haben wir die Lesart des
gemeinsamen Stammvaters vor uns; wenn CD gegen EA stehen, dann
gilt es, die richtige Wahl zu treffen. Daß aber die beiden Hss.-Gruppen
' auf dieselbe Urhandschrift zurückgehen, wird durch gemeinsame Fehler
: der beiden Gruppen bewiesen; vgl. z. B. S. 58,4; 133,15; 211,4.
R. hat mit Recht für die Textherstellung ein eklektisches Verfahren angewendet
; aber es fragt sich, ob er immer richtig gewählt hat. S. 13,6 f.
ist aestimant überliefert und richtig. S. 13,15 war ignorant mit AE
zu schreiben. S. 20, 13 quando CD besser als quo E, da quo schon
durch intentus in ea Z. 11 bezeichnet ist. S. 23, 11 —13 inveniatur —
appareat als indirekte Rede richtig AE; das Futur, invenietur CD ist
weder durch die Vulgata noch durch den griech. Text bezeugt. S. 25,9
1. relegatus mit CD und Z. 23 f. ut talis ei filius ingrediatur mit D,
denn es handelt sich ja nur um einen Sohn. S. 28,5 aeeeperat CD
besser als habebat E. S. 30, 19 offerret C D E, also richtig. S. 33, 1
Moyses CD richtig, in Moyse E falsch, da doch Zacharias (= Iste
S. 32,22) nicht in Moses war; Z. 2 streiche et; Z. 16 qua D besser
als qui. S. 39, 1 1. eum daemonem mit CD; Z. 8 ist wegen maior
Z. 7 und 9 [leiCmv statt xTiptov zu schreiben. S. 57, 17 ist personam
induimus CD richtig nach Z. 13. S. 73, 17 Altissimi durch DAE
besser bezeugt als Excelsi durch C. S. 73, 18 1. memetipsum nach CD.
; S. 79, 10 warum nicht vel difficillimum mit E? S. 83, 12 f. würde der
' Sing, super gregem suum dem griech. Text h& tqv jroi'pvr|V awörv
entsprechen, vgl. S. 107, 4L S. 89,9 veniatACwohl richtig. S. 90,19
■ setze Komma statt Punkt. S. 95, 1 f. u. 18 ist conresurreximus von
j DE bezeugt. S. 97,19 ist qui CE richtig. S. 107, 14 super haec
nur C, ist zu streichen, vgl. Z. 24—26; es müßte übrigens super his
nach S. 106, 17. 19 f. heißen. S. 108,2 iste (statt hic) durch EO bezeugt,
I wie S. 113, 2. S. 108,28 1. habeant mit AEO (seil, verba sequentia).