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Ausgabe:

1931 Nr. 3

Spalte:

65

Autor/Hrsg.:

Baumgärtel, Friedrich

Titel/Untertitel:

Der Theologiestudent und die Bibel 1931

Rezensent:

Herrmann, Johannes

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Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 3.

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nach S. 201 nennen sich die Tolstoianer und Militaristen j gangs, vor allem den von Heiler verfaßten, das Gepräge
prinzipielle und konsequente Gegner, „mit denen letz- j (Apostolische Sukzession S. 34f., Evangelisches Franzis-
tere leicht fertig werden können", während in Wirk- | kanertum S. 67f., Der ganze Christus S. 98f. und 138f.,
lichkeit jeder von ihnen mit dem anderen leicht fertig i Die Katholizität der Confessio Augustana S. 172 f., Au-
zu werden hofft; S. 203 liegt ein so grobes Mißver- | gustinus als Lehrer der Kirche S. 249 usw.). Gewiß ist
ständnis vor, daß ich den ganzen Satz richtig stellen j diese Richtung nicht allein da, wie einige Aufsätze deutmuß
. Er lautet: „Der dritte Fehler in diesem Vergleich j lieh zeigen, vor allem der des „Nestors der hochkirch-
liegt in der Nichtbeachtung des großen Unterschieds : liehen Bewegung", des Pastors Hansen: „Die bischöf-
zwischen der Abwehr eines Verbrechers und der organi- liehe Verfassung" (S. 55 f.) und der von Fr. Benedic-
sierten Massenvernichtung unschuldiger Menschen auf tus: „Über die Predigt in der Hochkirche" (S. 79 f.)

der Gegenseite, die ebenso wie die Leute, die ihnen
gegenüberstehen, nur gezwungen die Rolle von Banditen
spielen".

Berlin-Tegel.__Aug. Schowalter.

Aber Heiler versteht es, in den gerade hier angehängten
Nachworten die Abweichungen von der neuen Linie zu
korrigieren und unschädlich zu machen. So bemerkt er
z. B. gegenüber dem Hansenscheu Ruf nach landeskirchlichen
Bischöfen: „Die hochkirchliche Be-

Baumgärtel, Prof. D. Friedrich: Der Theologiestudent und

die Bibel. Vortrag, gehalten auf der Freizeit der Oreifswalder j wegung tordert Bischöfe im altkirchlichen Sinne, also

Theologiestudenten in Misdroy am 29. Juni 1929. Gütersloh: C.
Bertelsmann 1929. (23 S.) gr. 8°. RM —.90.

Baumgärtel hat das Charisma, unsern Studenten
über ein solches Thema das Rechte zu sagen, unkompli-

Hüter und Verfechter des katholischen Glaubenserbes
. . . Protestantischen Kirchenmännern durch ein Bischofsamt
zu einer Steigerung ihrer Autorität zu verhelfen
, das hieße nichts anderes als selbst die Waffen

ziert und ohne eine verzwickte Terminologie, aufge- zur Bekämpfung unserer Ideale schmieden" (S. 58)

schlössen für die Not und mit Zutrauen weckender, un- Das Absehen von den evangelischen Landeskirchen wird

aufdringlicher Hilfsbereitschaft, wahr und schlicht, ernst j also durchweg aufrecht erhalten.

und fromm. Man kann nur wünschen, daß dieses Heft Das Ziel der Einigung mit Rom will Heiler auf

in die Hand jedes jungen Theologen käme; aber auch j dem Umwege über die Ostkirche erreichen. Nach einer

denen, die älter sind, und besonders denen, die jüngeren „modifizierten Übernahme des östlichen Kultus" (hin

Theologen dienen möchten, muß es wertvoll sein. Über
dem kann es jedem Gebildeten, der die Problematik
empfindet und in der Schrift sucht, wegweisend werden.

Münster (Westf.)._Johannes Herrmann.

sichtlich des Dogmas bestehen nach Heiler keine Unterschiede
) wird das katholische Ideal selbständig verwirklicht
werden. „Dann wird uns . . . die orthodoxe Kirche
des Ostens die Bruderhand reichen und uns als die

Die Hochkirche. Monatsschrift der hochkirchl. Vereinigung. Schrift- I orthodoxe Kirche des Westens anerkennen. Und dann

wird der Tag kommen, da die römisch-katholische
Kirche danach verlangen wird, . . . uns wie die verschiedenen
östlichen Kirchen als unierte Kirche des deutschen
Ritus mit sich zu vereinigen" (S. 207). — Die Frage,
ob dieses mit bemerkenswerter Deutlichkeit aufgezeich-

leitung: Prof. D. Dr. H e i 1 er unter ständiger Mitwirkg. v. P. Sc h o r-
lemmer und G. A. Glinz. München: E. Reinhardt. Jährlich
12 Hefte, gr. 8°. RM 8—; Einzel-Nr. -.80.

Der 12. Jahrgang der H. darf ein lebhafteres Interesse
als die früheren Jahrgänge in Anspruch nehmen,

denn er spiegelt eine neue, bedeutungsvolle Phase der I nete Programm, auf das Heiler immer wieder hinweist
hochkirchlichen Bewegung wieder. Um was es sich da- 1 und das er nach verschiedenen Seiten hin näher er-
bei handelt, kann aus dem einleitenden Aufsatz des ! läutert, wirklich bis zum Schlüsse durchführbar und ob

neuen Schriftleiters „Orthodox, katholisch und evange
lisch" unschwer erhoben werden (vgl. auch den kritischen
Artikel von Schian in „Das Evang. Deutschland",
1930, Nr. 2: „Von der hochkirchlichen Vereinigung"
und die Erwiderungen von hochkirchlicher Seite in
Nr. 4.). Die Wahl Heilers zum 1. Vorsitzenden (Okt.
1929) stand im Zeichen der Heilung des Bruchs zwischen
dem hochkirchlich-ökumenischen Bund, der sich
unter Prof. A. von Martin einige Jahre vorher abgesplittert
hatte, und den konfessionell-lutherischen Kreisen
der hochkirchlichen Vereinigung. Von der dadurch
geschaffenen neuen Lage schreibt Heiler: „Nach der
Aussöhnung der konfessionell-evangelischen Gruppe mit
der radikal-katholischen konnte das katholische Ele-

seine Aufstellung überhaupt notwendig ist, wird wohl
verschieden beantwortet werden. Jedenfalls aber ist das
im neuen Jahrgang der H. sich spiegelnde deutsche
Hochkirchentum in seiner neuen Gestalt als eine Parallelerscheinung
der anglokatholischen Bewegung und
als ein eigentümlicher Versuch, das Ziel der Lausanner
Konferenz von 1927 zu verwirklichen, aller Beachtung
wert. Man wird der literarischen Vertretung des neuen
Programms eine gründliche wissenschaftlich-theologische
Fundierung nachrühmen können (man klagt schon über
zu geringe Volkstümlichkeit; vgl. S. 332) und wird es
begrüßen dürfen, daß die romantische Verschwommenheit
, wie sie sich in den Anfängen der Bewegung vielfach
breit gemacht hat, einer erfreulichen Eindeutigkeit

ment . . . sich immer kräftiger und konsequenter ent- ! und einem kühnen kirchenpolitischen Realismus ge-

falten. Manches, was noch vor ein paar Jahren für viele ' wichen ist. Über das, was die hochkirchliche Vereini-

Vertreter des hochkirchlichen Gedankens ein arger Stein gung auf dem neuen Wege schon erreicht hat (Grün-

des Anstoßes war, wie die Aufbewahrung der Eucha- ; durig einer selbständigen evangelisch-katholischen eucha-

ristie, das ist heute den meisten zu einer Selbstverständ- ' ristischen Gemeinschaft, gottesdienstliche Verbindung

lichkeit geworden. Das Erstarken des katholischen j mit der Kirche des Ostens usw.) unterrichtet in hoch-

Sinnes, . . . aber auch das zunehmende Mißtrauen der ! interessanter JX/eise der Aufsatz des Herausgebers: „Ex
Landeskirchen hat die Anhänger des hochkirchlichen
Gedankens allmählich selbständiger und unabhängiger

gegenüber den Landeskirchen gemacht. Hatte man j Besondere Beachtung verdient die Stellung des

früher in dem ängstlichen Bemühen um das Wohlwollen ' neuen Jahrgangs der H. zum „Evangelischen"

Oriente lux. Der 12. Hochkirchentag — ein Schritt zur
ökumenischen Einheit" im Novemberheft 1930.

der Kirchenbehörden und in der schonenden Rücksicht
auf protestantische Vorurteile sich mehr auf eine theo'
retische Vertretung der hochkirchlichen Ideale be>
schränkt, so hat man in neuerer Zeit deutlich eingesehen,

Heiler will nämlich das evangelische Element der hochkirchlichen
Bewegung durchaus nicht preisgeben. Er
verweist immer wieder auf die Unterschiede zwischen
römischer und evangelischer Katholizität und betont,

daß es nottut, die hochkirchlichen Ideale in entschlösse- daß die Confessio Augustana die „historische Pro

ner Tat zu verwirklichen und, wo es nötig ist, zur Bil- ! grammschrift" der hochkirchlichen Vereinigung ist (S.

dung selbständiger, wenn auch den Zusammenhang mit 174). „So wie wir orthodox und katholisch sind",

der Landeskirche nicht lösender Gemeinschaften zu heißt es in dem einleitenden Aufsatz, „so sind wir evan-

schreiten" (S. 3 f.).

Diese Radikalisierung nach der Seite des katholischen
Elements hin gibt den Aufsätzen des 12. Jahr-

gelisch, aber evangelisch im Ursinne des Wortes,
Gerade als orthodoxe und katholische Christen müssen
wir über der „Reinheit" des Evangeliums wachen. Und