Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1931 Nr. 25

Spalte:

594-596

Autor/Hrsg.:

Zoellner, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Im Dienst der Kirche 1931

Rezensent:

Usener, Wilhelm

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

593 Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 25. 594

das eine starke Entleerung dessen, was der Predigt auf

ließe sich mit dem Verfasser streiten, so sehr man ihm

getragen ist. Da ist die Gegnerschaft gegen eine Theo- ! gründliche Erfahrung und ernstes Durchdenken der

logie des „grausigsten Kulturpessimismus" berechtigt.
Aber ebenso wie Barths Anschauung das Kind mit dem
Bad ausschüttet, hat m. E. auch der Verf. Unrecht, wenn
er dem Kulturpessimismus gegenüber schreibt: „ihm

Dinge anmerkt. Uneingeschränkt ist ihm zuzustimmen,
wenn er die Predigt ablehnt, die zu wenig von Gott und'
wenn auch noch so fein psychologisch, im wesentlichen
vom Menschen redet. „In der Kultpredigt soll Gott

gegenüber steht die ermutigende, erbarmende, positiv j dominieren, alles aus Gott und seinem Wort hervor
Leben weckende Paradoxie, daß umgekehrt alles, (vom ! wachsen — aber letztlich doch nicht um seinetwillen
Berichterstatter gesperrt) was vom Menschen aus als i sondern, wie er selbst gebietet, um der Menschen
schlecht angesehen werden muß, im Schauen . . . Gottes [ willen".

zuletzt gut (vom Berichterstatter gesperrt) sein muß". Das Buch stellt die gegenwärtigen Probleme deut-

Sünde ist doch nicht nur Entwicklung vom Schlechten lieh heraus und hat vieles Wertvolle dazu zu sagen"
zum Guten; in dieselbe Richtung weist auch eine solche ! Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit ihm — auch
Wendung: „Eben diese gemeinsame Unvollkommenheit 1 auf Pastoralkonferenzen — wäre dnngend zu wünschen
— die Kirche nennt es 1 e i d e r (vom Berichterstatter ge- Pouch bei Bitterfeld. Wilhelm Usenrr

sperrt) Sünde". Durchaus richtig ist aber gegen die--.____

dialektische Theologie der Hinweis darauf, daß Gott Zoellner, D. Wilh.: Im Dienst der Kirche. Reden u Aufsätze
seiner Schöpfung auch etwas von sich selbst gegeben a. vier Jahrzehnten. Hrsg. v. Ev. Presseverband f. Westf. u Lippe

hat, und ebenso, daß aus dem Evangelium den an Jesus Witten: Westdeutsch. Lutherverl. 1931. (xiv, 7Si s.) s°. geb. RMis—!
glaubenden Menschen Gott neue Kräfte schenkt zu ei- Bei seinem Ausscheiden aus dem Amt hat der

nem mehr als gewöhnlich-menschlichen Leben in über- westfälische Generalsuperintendent D. Zoellner internatürlicher
Sittlichkeit; mit Recht wird hier auf 1. Cor. essierte Kreise der Kirche mit einem stattlichen Band
15, 10 verwiesen. Das Verdienst der dialektischen Theo- 1 von annähernd 800 Seiten beschenkt, der den zutreffen
logie wird dabei durchaus anerkannt, „daß sie den Gott, den Titel trägt: Im Dienst der Kirche Reden und Auf"
den wir gern der Welt zurückgegeben sehen möchten, sätze aus vier Jahrzehnten. Der Leiter des West"
davor bewahrt, in ihr so zu versinken, daß er seine j deutschen Lutherverlags Witten, der das Werk heraus"
Gottheit verlöre". Der 4. Abschnitt „Gott und das | gebracht hat, schreibt in seinem Vorwort- Der Ent
Wort" weist darauf hin, daß es richtig ist zu betonen, Schluß, die Reden und Aufsätze D. Zoellners" in einem
daß es sich in der Tat um Gottes Wort handelt, daß Sammelband herauszugeben, entsprach der einmütigen
Religion nicht Menschenwerk sein darf, zeigt aber auch, Überzeugung eines Freundeskreises, daß der literarische
wie viel Fragen hier noch offen stehen, es bleibt vielfach 1 Niederschlag dieses Lebens im Dienst der Kirche dau
bei der Subjektivität der Anschauungen. „Eine Sub- | ernd Gültiges und Bedeutsames enthält" Dem ist
jektivität ist allen Christusgläubigen gemeinsam, die [ durchaus zuzustimmen. Zoellner ist ohne Frage einer
innerhalb ihres Kreises als Objektivität genommen wird, der bedeutendsten, kraftvollsten und in seinem"wirken
daß Jesus göttliches Wort hörte und redete." Aber von erfolgreichsten Persönlichkeiten der evangelischen Kirche
da ist es noch ein weiter Prozeß, bis das Wort zu uns ] in den letzten Jahrzehnten, und wenn in dem Vorwort
kommt im Gottesdienst. „Urwort" und „Schriftwort" eine Äußerung zitiert wird, daß gerade das letzte lahr
werden gegen einander gestellt, und schließlich wird ge- 1 zehnt D. Zoellners große Zeit gewesen sei daß er mit
sagt, daß wir trotz aller historischen Kritik doch den einer ungewöhnlichen Energie vorwärts gesehen und mit
Worten des synoptischen Jesus gegenüber nicht davon i seinem starken, leidenschaftlichen Willen an den Neubau
abzubringen sind, „daß wir hier so nahe vor dem leben- 1 der Kirche gegangen sei, so wissen die die sein Wirken
digen Gott stehen, wie es nur möglich ist". (Also doch | persönlich gekannt haben, wie richtig auch dieses Urteil
auch subjektiv, was aber durchaus kein Fehler ist.) Es I ist. Großes hat Zoellners immer weiter strebende vnr
ist beides im Auge zu behalten, die Bereitschaft zum et- wärts gerichtete, neue Wege suchende und weisend
waigen Empfang neuer Offenbarung und das möglichste Tätigkeit in der ihm anvertrauten Kirchenorox inz
Hindurchdringen durch die Vermenschlichung einstigen geleistet. Neue Arbeitsorganisationen tFrauenhIUV
Gotteswortes die Stufenreihe zurück aufwärts zur letz- • Männerdienst) hat er geschaffen und vorhandene
ten Gottesnähe. Mit einer starken Kritik an dem, was baut, unermüdlich unterwegs und mit Reden PreS.«
vom jetzigen Kultus zu erwarten ist, geht es zum 5. und Vorträgen dienend. Der Anfang D Zoellners" »h
Abschnitt Gott und der Gottesdienst". Die verschie- Generalsuperintendent fällt in die Zeit schwerster k,r
denen Anschauungen über das Wesen des evangelischen chenpolitischer Kämpfe, die in der rheinisch
Gottesdienstes sind doch in dem einig: Hin zu Gott. fälischen Kirche besonders stark waren tFälle Irthn
Gegenüber der Anschauung vom Glauben als dem Traub und andere). In sehr sympathischer Weise spricht
„Hohlraum" wird betont wie sich Gott und Mensch im Z. in der Einleitung von diesen Kämpfen ganz kürz
Gottesdienst begegnen; „die von unten emporgestreckte Aus der damaligen Zeitlage heraus ist s Z sein
Hand, die von einer von oben herab gereichten erfaßt beachteter Vortrag, über das Minoritätenn o
wird". Die Gemeinde hat ein Recht zu ihrem Bemuhen blem inderevangelischen Kirche p„ic?L "
um eine göttliche Gegenwart im Kultus. Unter Ableh- der übrigens mit gutefn Recht nicht in dem Buch "S"
nung des Wegs der Mystik wird das Gebet als wesent- druckt ist. Die Zelten sind andere geworden undI als I"
Iiches Mittel hierzu genannt; aber schließlich bringt die nach 25jähriger Tätigkeit als GeneralsuperinJdent aus
Predigt, der ein Schriftwort zu Grunde hegt, die stärkste dem Amte schied, folgte ihm der üSkmd dSvS
Konzentratron au Gott und seinen Willen. Der letzte ehrung der allerverschiedensten Kreise und Rieh ungen"
6. Abschnitt zieht nun die Folgerungen für „die Auf- ein Zeugnis dafür der Z bei seinem Scheiden h '
gäbe", bei der es schließ ich auf den Glauben ankommt. Amt würdigende Aufsatl von £^eSci-DoÄd
Der Prediger hat das Wort zu „ents.nnl.chen" und zu in der Preußischen Kirchenzeitung. A r weit
versinnhchen'S dazt1 ist unumgänglich notig gediegene - Westfalen ging Zoellners Tätigkeit, er war eine sforl
Exegese, die sich von Gott fuhren laßt und nicht schon : bestimmende Persönlichkeit in Generalsvnöde „h 1?
vorher fest stehende Satze sucht. Die kirchliche Ver- ( chensenat, im Zentralausschuß deMnliÄÄ und
kundigung hat den Gott zu zeigen, der sich um uns 1 in der lutherischen Konferenz immer mehr " .

kümmert, den Gott des Heils; Abweisung einer Stirn- ! ökumenischen Beweguno?l^^l± vL^ £er
mung in der gegenwartigen Theologie, die in den Wor- ren schreibt Soederblom Zt2ilrZ^
ten Gottes mehr das Interesse findet, das Gott an sich der ökumenischen Erw-ckung a Rr N• tionen «JÄ^S?
selbst hat. Zuletzt wird der Suchende auf den einen chen unserer evangelisch-lutlmriSn
Höhepunkt hingeführt: Jesus Christus, über einzelne Auftreten tnSt^Ss^l^im^J&H! n"
Reformvorschlage hinsichtlich Gottesdienst und Predigt bei ist der frühere Leiter Ö^ioSSSStt^SK