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Ausgabe:

1931 Nr. 25

Spalte:

581-582

Titel/Untertitel:

Reformation und Gegenreformation 1931

Rezensent:

Clemen, Otto

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Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 25.

582

Burckhardt, Dr. Rudolf: Michelangelo und das Evangelium. I Kontroverse um Holl (wobei richtig bemerkt wird, daß
Meiringen: Loepthien (1928). (48 S. u. l" Tafeln) 4°. RM 3.30. j Holl „gewissermaßen die Ritschlsche Position — gegen
Das Burckhardtsche Buch ist aus Vorträgen ent- l die Troeltsch sich gewandt hatte — mit viel weiterstanden
, in denen der Verf. in recht geschickter Weise gehender Begründung erneuert". Mit welcher Lutherjunge
Menschen in Michelangelos Welt eingeführt hat. j kontroverse wird § 1 der 3. Auflage schließen? „O
Den Zweck einer volkstümlichen Darstellung erreicht 1 Menschheit, qualenvoller Sisyphus, der seinen Felsen ewig
es in recht brauchbarer Weise. Wenn es darüber hinaus j wälzen muß!"). Diese Verschiebung der Problemstellung
den Anspruch erhebt, Michelangelos Stellung zum christ- ! hat zu mehreren Änderungen in den folgenden §§ geführt,
liehen Glauben zum ersten Male in umfassender Weise In § 8 ist ein besonderer Abschnitt über das „Turmerleb-
zur Darstellung zu bringen, so erklärt sich das nur aus nis" hinzugekommen, in § 9 sind die Abschnitte: „Der
der völligen Unkenntnis des Verf.s in Bezug auf das Beginn des kirchlichen Prozesses" und: „Friedrich der
seinen Gegenstand vor ihm behandelnde Schrifttum. Weise" umgearbeitet, in § 10 der Abschnitt: „Neue
Die Frage, um die es bei dem Verständnis von Michel- Freunde", in § 13 der Abschnitt: „Die Prediger des
angelos Lebenskampf geht, ist von Burckhardt ziemlich ] Evangeliums" erweitert usw. Natürlich kann Hermelink
richtig gesehen: Wie ist das Dämonische in ihm durch j nicht an allen umstrittenen Punkten mit einem selbstän

das Göttliche, das über ihn kam, überwunden worden?

digen eigenen sicheren Urteil aufwarten. Aber gerade

Bei dieser Fragestellung wirkt allerdings das Lob, das | deshalb wäre es vielleicht richtiger gewesen, grundsätz-
der Verf. Romain Rolland spendet, der das Dämonische ; lieh überall, wo er These, Replik, Duplik usw. nicht
krankhaft verzerrt und von dem Göttlichen nichts ge- j genau nachprüfen konnte, nur den Stand der Forschung
sehen hat, doppelt merkwürdig. anzugeben. Allermeist verfährt er ja so vorsichtig, z. B

In richtiger Weise bahnt sich Burckhardt den Weg j gleich in dem neuen Abschnitt über das „Turmerlebnis"'
zur Beantwortung seiner Frage durch die Deutung eini- ! und nur ganz selten übernimmt er eine haltlose Hypo-
ger besonders wichtiger Kunstwerke des Meisters. Das : these wie etwa S. 94: Nikolaus Gerbel Verfasser des
Feinste, was er dazu beibringt, sind Anführungen aus ( Eckius dedolatus, S. 232: die Indifferenten de la robe
Adolf Kellers Sixtinischen Briefen (Christliche Welt | courte geheime Jesuiten, aber er hätte doch wohl z. B
1902). Wie man bei dem Gottesbilde, in dem der i auch in dem Abschnitt über die Wittenberger Bewecrunä
Schöpfer mit dem Chaos ringt, von „erhabener Ruhe" t 1521/22 nach dem von mir empfohlenen Rezept sich
und von dem „seligen Gott" sprechen kann, ist mir da- | richten sollen. Auch stilistisch ist gebessert worden
gegen unerfindlich, ebenso wie man den tiefen Schmerz ( Freilich: seinen esoterischen Charakter hat das Buch
in Gottes Zügen, als er das Weib schafft, in „Freund- I nicht abgestreift, für Uneingeweihte = Durchschnittsstu-
lichkeit und Leutseligkeit" umfälschen k ann. Von der j denten ist es schwer zu lesen und zu verstehen. Dazu ist
„Wärme gemütlicher Beziehungen" aus wird man [ es zu stoffreich, und die Fülle des Stoffs ist zu sehr zuMichelangelo
nie verstehen. sammengedrängt. Aber für die, die mit der Geschichte
Im zweiten, systematischen Teil, sind vornehmlich j der Reformation und Gegenreformation vertraut sind
Michelangelos Dichtungen die Grundlage. Richtig wird ■ eignet es sich vorzüglich zur Bereicherung der Kennt-
die Wende in des Künstlers Ringen um Gott in die Zeit nisse und Vertiefung der Erkenntnisse. Unschätzbar ist
um 1540 gesetzt und mit Vittoria Colonna zusammen- es vollends als Nachschlagewerk. Da wird es einen
gebracht. Dabei wird der Stachel, den Savonarola für kaum je im Stich lassen.

immer in Michelangelos Herz zurückgelassen hat (die Zwickau i. Sa. O Cle

platonisierenden Gedichte können darüber nicht hinweg---._J_en'

täuschen) unterschätzt und der Einfluß der italienischen MeTanges Mandonnet. Etudesd'histoirelitWraireetdoctrinaleduMoven
Reformation^sbewegung um Valdez und Ochino ZU hoch 2se. Tome I. u. II. Paris: j. Viru 1930. (510 u. 498 S) 8° je 75 Fr
bewertet. Der Verf. hebt damit zu einem Teil wieder ; ,„„ . „ . . . „' . * °m' 0 ■ Je

auf was er vorher selbst gesagt hat- Die innerlich er- V .!, u"V l 9ebur,stae lhres derzeitigen Führers und

aUT, was er ~rner seiusi gesagt iidL uie imier ncri e. , Lehrmeisters in mittelalterlicher Literar- und Lehrgeschichte des Domini

fahrene Schrift war es, die ihn, Unabhängig von äußeren : kaners Pierre Mandonnet (1891 - IQIS Prof der KirchengescmteÜ te,

Einflüssen, aber im Zusammenhang mit persönlichen , Freiburg i. d. Schweiz, seit 1921 Haupt der geschichti Abteilung des

Lebenserfahrungen, Unter ein Lebensideal, nun nicht nur | Dominikanerinstituts zu Le Saulchoir an der französ.-belg. Grenze [vgl

die Idee des Guten, sondern unter den einzig Guten < TLZ. 1923, 348] und Leiter des großen wissenschaftlichen Unternehmens

selbst gestellt hat". Michelangelo ist in der Tat nach i »BIMtothique Thomiste", dessen erste sechs Bände auch der TLZ zur

einem bis an die Verzweiflung rührenden Lebenskampfe 1 Brechung zugingen und darin besprochen wurden [1922,265; 1923

durchgestoßen zu einer Gotteserfahrung, die einzigartig 3vf;. 1924' 177; 1925: 233; 1926' I08- 328L dessen weitere 8 Bände,

uuiciigcsiwucii tu , , , , , , V j u -u mlt Ausnahme der zwei vor egenden Bände 13 und 14 ihm- a;» tt 7

in seiner Zeit neben der Luthers steht aber doch von ihr anscheinend zur Besprecnunf, nKicht ^Jf ^% J-TU.

wesensverschieden ist weil der Kunstler von der Frage ; Festschrift gewidmet, die an Umfang, Ra<Mm^,^^£St und

nach dem Sinn des schaffenden, nicht des von Gott im ) wissenschaftlichem Wert in der ersten Reihe solcher Festschriften steht

Gewissen angesprochenen Menschen ausging. Dies Tief- j und ein glänzendes Zeugnis für das wissenschaftliche Ansehen und den

Ste im Ringen Michelangelos hat Burckhardt nicht [ weitreichenden Einfluß seiner Lehrtätigkeit und seiner bahnbrechenden

o-ezeigt. ' Scnriften (von denen an die TLZ. leider nur ein winziges Stück [1902

° Greifswald. Hermann Wolfgang Beyer. i 592] ZUr ^Tt'^ gela',gt ZU Sei" Scheint) darstellt- Nach einer

I imponierenden Aufzahlung von Mandonnets Werken (7-16) — schade,

Handbuch der Kirchengeschichte für Studierende. Hrsg. von
Gustav K r ü g e r. 3. Tl. Reformation und Gegenreformation. 2. Aufl.
In Verbdg. m. Lic. Wilhelm Maurer neu bearb. v. D. Dr. Heinrich
Hermelink. Tübingen: J. C. B.Mohr 1931. (XI, 395 S.) gr. 8°.

daß eine wenigstens kurze Lebensskizze fehlt — folgen im ereten^Band
17 Aufsätze von Schülern und Mitarbeitern des gefeierten Gelehrten-
Cl. Suermondt (Rom) veröffentlicht (17—50) eine ungedruckte Antikritik
seines (t 1925) Namens- und wohl auch Bluts-Vetters C. Suermondt
RM 15-'-" geb l'f— ' wider des T a- Baumker Kritik an den ersten Bänden der Leoninischen
Die Neubearbeitung des Buches tritt zunächst b. j £ SÄtTt Äff* ffi £*kl

sonders hervor in der Ergänzung der bibliographischen ' (Bd. 25 [1928] 115 ff.) wieder abgedruckt wurde. Die Antikritik Uta
Angaben. Hier ist Bewundernswertes geleistet. Man ver- | einem höchst mangelhaften Deutsch geschrieben und auch noch maneel
gleiche Z. B. gleich die Literaturübersicht an der Spitze ! haft hier gedruckt worden; sie wäre besser ungedruckt geblieben denn
des Ganzen S. 1 — 5 und die „Luther" Überschriebene, I sie ist der schwächste Beitrag zur ganzen Festschrift. P ru~i-~' ti iti.
ebenso trefflich gegliederte S. 71—75 mit den entsprechenden
Zusammenstellungen in der 1. Auflage. Die
seit der 1911 erschienenen 1. Auflage neu hinzuge-

sie ist der schwächste Beitrag zur ganzen Festschrift. P. Glorieux' (Lille!
verbreitet (51-81) helleres Licht über des Thomas v. Aquin Schrift
Contra impugnantes (Dei cultum et religionem). A. Mansion (Löwen!
entdeckt die Abhängigkeit des Thomaskommentars de sensu et sensato

kommene Literatur ist nun aber auch in der Darstellung i zu !noV°"l e"tsPrech^den Kommentar des Alexander v. Aphro-

gewissenhaft benutzt. § 1: Stand und Probleme der k^Jt e~ ?LJ{e,^% 9kn.^ue' DeP-Seme et Oise, Frankreich)

Forschung schloß in der 1 Auflage mit der Kontroverse ! ^l£t^M^^^y^JZ'^ii^}6^ ^di^

um Troeltsch, in der 2. Auflage schließt er mit der | religiös-kosmolog. Fragen, wie in jenem . Brief", handelt es sich Ü, Jen