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Ausgabe:

1931 Nr. 2

Spalte:

39

Titel/Untertitel:

Die indischen Missionen 1931

Rezensent:

Schlunk, Martin

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39

Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 2.

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die Gruppen selbst hätte reden lassen. Beachtenswert ist
aber ein Hinweis darauf, daß die persönlichen Verhältnisse
der Anhänger des Dissent, die Zugehörigkeit zu
unterdrückten Kreisen, ein Minoritätsgefühl, zu der starken
Anteilnahme am Abolitionskampf geführt hat. Die
Gruppen des Dissent sind ziemlich gleichmäßig beteiligt.
Besonders hervorstechen die Quäker, Baptisten und Methodisten
.

Kiel-Voorde. Kurt Dietrich Schmidt.

Schmidlin, Prof. D. Dr. Joseph: Das gegenwärtige Heiden-
apostolat im fernen Osten. II. Hlbd.: Die indischen Missionen.
(Vorder- u. Hinterindien m. Indonesien u. Philippinen). Münster i. W.:
Aschendorff 1929. (160 S. m. 2 Ktn.) gr. 8°. = Missionswissen-
schaftl. Abh. u. Texte hrsg. v. J. Schmidlin, 14. = Veröffentlichgn.
d. Internat. Instituts f. Missionswiss. Forschgn. RM 7.75.

Dem ersten ist der abschließende Band, Vorderindien
, Hinterindien und Indonesien mit den Philippinen
behandelnd, schnell gefolgt. Er ist nach denselben
Grundsätzen angelegt, gibt also zuerst einen Überblick
über das Missionsobjekt, dann über die Geschichte,
weiter im wichtigsten dritten Kapitel die Beschreibung
der gegenwärtig vorhandenen Missionsarbeit und
schließlich eine summarische Überschau über die protestantische
Arbeit. Dabei nehmen die Literaturnachweise
und die Anmerkungen unter dem Text wohl ein Drittel
des Raumes ein. Das heißt aber, daß sich die Darstellung
äußerster Knappheit befleißigen muß, um einen
fast unermeßlichen Stoff zu meistern. Die indische
Missionsgeschichte muß sich z. B. mit 7 Seiten begnügen
, die von Niederländisch Indien und den Philippinen
mit 41/» Seiten. Das ist für das Verständnis der
Gegenwart trotz der Konzentration fast zu wenig. In
der Beschreibung der Gegenwart haben wir in diesem
Buch endlich ein Hilfsmittel, das uns nach der Gesamteinführung
jede einzelne Mission nach ihren Stationen,
Arbeiten und Erfolgen aufzählt, eine bei der Sprödigkeit
des Stoffes erfreulich gelungene, mühseligen Sammeli-
fleiß voraussetzende Leistung. Das ganze Buch ein
Buch für Fachleute zum Studieren. Offenbar ist der die
katholischen Missionen behandelnde Teil freier von
Druckfehlern als der Anhang über die protestantischen
Missionen und nicht, wie notwendig der protestantische
nur aus sekundären Quellen gearbeitet. In der Beurteilung
zeigt Schmidlin immer wieder sein Bemühen
um eine vornehme Sachlichkeit. Für die Missionsi-
methode ist es lehrreich, darauf zu achten, was der
katholische Theoretiker an der protestantischen Arbeit
auszusetzen, zu loben, ja auch zu beachten für wert hält.
Tübingen. M. S c h 1 u n k.

Brunstäd, Prof. D. Dr. Friedrich: Zum zehnjährigen Gedenktage
von Versailles. Rede, geh. am 28. Juni 1929 in d. Aula
d. Univ. Rostock. Rostock: C. Hinstorff. (20 S.) 8°. = Rostocker
Univ.-Reden, IX. RM 1,50.

In gedankenreicher Rede skizziert Br. die Lage
Deutschlands vor dem Krieg, beim Friedensschluß und
nachher. Ob alle Einzelheiten zutreffen, kann nicht erörtert
werden; die Beleuchtung, in die er die Dinge
rückt, ist klar und heilsam. Er beschränkt sich nicht
auf das Reinpolitische; er sucht dem Geschehen auf den
Grund zu gehen. Eine Rede, die sicherlich gern gehört
wurde.

Breslau. M. S ch i a n.

Gerhardt, Lic. Dr. M.: Johann Hinrich Wichern auf dem
Hamburger Johanneum und dem Akademischen Gymnasium.

Hamburg: W. Mauke Söhne 1929. (27 S.) gr. 8°. = Vorträge u.
Aufsätze H. 3. RM 1—.

G., der die neue große Wichern-Biographie begonnen
hat, bringt hier eine sehr hübsche, auf genauen
Ermittlungen beruhende Ergänzung über W.s Schulverhältnisse
bis zum Abgang vom Akademischen Gymnasium
in Hamburg 1828. Allerhand recht bemerkenswerte
Einzelheiten, bei denen doch der Blick auf das

Ganze der seelischen Entwicklung gerichtet bleibt,
machen die kleine glatt geschriebene Studie belangreich
und wertvoll.
Breslau. M. S c h i a n.

! Scholz, Prof. D. Dr. Heinrich: Eros und Caritas. Die platonische
Liebe u. d. Liebe im Sinne des Christentums. Halle a. S.:
M. Niemeyer 1929. (VII, 120 S. m. 1 Titelb.) 8°. RM 5—.

Lange ist die Forschung allzu flüchtig an dem umfassenden
Problem über den Sinn der christlichen Liebe
vorübergegangen. Zwar ist man sich immer dessen bewußt
gewesen, daß die Liebe auf irgend eine Weise im
Mittelpunkt für das Christentum steht, dagegen hat
man nur in geringem Maße ein Gefühl dafür gehabt,
daß hier ein wirkliches Problem vorliegt. Oft begnügt
man sich damit, einfach von der Liebe zu reden, als ob
diese nur ein und dasselbe bedeuten könnte und nicht im
Lauf der Geschichte den verschiedensten Inhalt gehabt
! hätte. Indessen ist mit dem Wort Liebe wenig gesagt,
solange man nicht die christliche Liebe von anderem,
was unter dem Namen Liebe geht, abgrenzt. Um nur
ein paar von den Fragen, die sich hier einstellen, anzudeuten
: wie verhält sich die christliche Liebe zu dem humanen
Altruismus, zu dem, was als allgemeine Menschenliebe
bezeichnet zu werden pflegt? Worin besteht
die Eigenart der christlichen Liebe im Unterschied zu
dem antiken Liebesgedanken, der seinen Höhepunkt in
der platonischen Eroslebre erhalten hat? Unablässig
sind diese beiden so artverschiedenen Liebeskonzeptionen
ineinander geflossen, wodurch der ursprüngliche
Sinn des christlichen Liebesgedankens verdunkelt worden
ist. Es ist deshalb eine der drängendsten Aufgaben, auf
diesem Gebiet eine klare Abgrenzung und Fixierung
zustande zu bringen. Viele Zeichen deuten auch darauf
hin, daß die Eigenart des christlichen Liebesgedankens
immer mehr in das Zentrum der Forschung der letzten
Jahre gelangt ist.

Die oben angeführte Arbeit „Eros und Caritas" von
| Heinrich Scholz kann als ein solches Zeichen gedeutet
werden. Das Problem, das hier behandelt werden
soll, wird durch den Untertitel präzisiert; es handelt
sich um das Verhältnis zwischen „der platonischen Liebe
j und der Liebe im Sinne des Christentums". „Zweimal
in der Geschichte des abendländischen Geistes ist über
I der Liebe eine Metaphysik von der ersten Größenordt-
! nung aufgebaut worden. Das eine Mal im Piatonismus.
! Das zweite Mal im Christentum" (S. 1). Die platonische
j Liebesanschauung wird als Eros, die christliche als
Caritas bezeichnet. Diese beiden Liebesanschauungen
j sollen also miteinander verglichen werden. Soll ein sol-
j eher Vergleich einen Sinn haben, ist es aber erforderlich,
daß es etwas Gemeinsames gibt und etwas, worin sie
; sich unterscheiden. Das für Eros und Caritas Gemein-
| same ist nach Scholz dies, daß wir es in beiden Fällen
| mit einem bestimmten menschlichen Zustand, einer be-
j stimmten Gemütsverfassung zu tun haben, deren Exi-
, stenz das Leben überhaupt erst lebenswert macht (S.
| 46). Von diesem gemeinsamen Ausgangspunkt aus wer-
! den die beiden Arten von Liebe unter folgenden drei
i Gesichtspunkten einander gegenübergestellt: worauf be-
■: ruht die Liebe, worin besteht sie und wie verteilt sie
: sich auf die Geschlechter? Die platonische Liebe, Eros,
ist die Gemütsverfassung, die 1. auf dem Eidos des
Schönen beruht, 2. in dem Angezogensein von dem
Eidos des Schönen besteht, 3. sich nur in einem Manne
j erzeugen kann (S. 4). Die christliche Liebe, Caritas,
J andrerseits ist die Gemütsverfassung, die 1. auf der
| Liebe Gottes beruht, 2. in der edlen Nachbildung der
| Liebe besteht, die ihr Paradigma in Gott hat, und 3.
; „deren schönste und zarteste Manifestationen in Frauen
: und nur in Frauen" existieren (S. 63, 83).

Scholz hat einen klaren Blick für den prinzipiellen
j Gegensatz zwischen der platonischen und der christ-
! liehen Liebe. Er weiß, daß Eros begehrende Liebe ist,
| die von der Tendenz nach oben gekennzeichnet wird,