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Ausgabe:

1931 Nr. 24

Spalte:

565

Autor/Hrsg.:

Wotschke, Theodor

Titel/Untertitel:

Der Pietismus im alten Polen 1931

Rezensent:

Voelker, Karl

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565

Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 24.

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(1860) über die Stiftung dieser Abtei und eine Abhand- Wotschke, D. Dr. Theodor: Der Pietismus in Petersburg t
hing über die Kirche von Walbach von A. Straub 1 "er Studenten bis 1800. Koiiektengesuche Poscn Wri HiJ r t!T
(1864) vorhanden. Besonders wertvoll ist das von) f. Posen 1930. (36 s.) 8°. = Sonderabdr. a. H. 19 d Dtsch w
Pfleger gesammelte gedruckte und ungedruckte Urkun- ' Zeitschr. f. Polen, hrsg. v. Dr. A. Lattermann. ' ISS"

denmaterial, das er in ausführlichen Regesten zusammen- Ws. sehr dankenswerten Archivstudien über den

stellt. In den inneren Verfall des Klosterlebens im aus- ! Halleschen Pietismus haben Aufzeichnungen zutage g
gehenden 15. Jahrh. gewährt uns die strenge bischöf- fördert, aus denen klar hervorgeht, daß A H Fran U
liehe Reformordnung vom Jahre 1488 einen deutlichen und sein Kreis ernstlich bemüht waren gerade auf dp
Einblick. Von allgemeinem Interesse sind die Einzel- 1 **»«*»n«aitm« in Hen r,r«n,fI»K;0+»„ 'f?L«..q _
heiten, die aus dem Jahre 1647 mitgeteilt werden über
die Kriegsverwüstungen in den Gemeinden, in denen die
Abtei begütert war.

Über die Predigttätigkeit Geilers von Kaysersberg
bringt der vorliegende Band drei kürzere Beiträge von

L. Pfleger und FI. Landmann; außerdem eine längere

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Protestantismus in den Grenzgebieten Einfluß zu nehmen
, um die in der Zerstreuung gefährdeten Glaubensgenossen
durch Aufforderung zur Entschiedenheit im
Festhalten am evangelischen Glaubensgut zu kräftigen.
Von hier aus ergeben sich neue Perspektiven für die
allgemeine Beurteilung des Pietismus. In der vorliegenden
Studie zeigt W. wie der von Francke nach Petersburg
als Prediger empfohlene aus Merseburg gebürtige
AbhVndTung über Geilers Seelenparadies von Ad. von- Heinrkh Gottlieb Nazius daselbst für die Hallesche
lanthen in der diese 1510 bei Schurer in ««»ourg ge , Qeistesart Verständnis zu wecken verstanden hat, woraus
druckte und bisher noch wenig eHorschte< Pred|gtsamm | ^ R„ipll11n„pn „rfTQK.n Hi- hie —-

Jung als Übersetzung und als populär-theologischer Korn
mentar gewertet ist.

Über die Seelsorgetätigkeit der Molsheimer Jesuiten
von 1585 bis 1764 berichtet Medard Barth. Mit
besonderer Ausführlichkeit ist dabei die Tätigkeit der
Jesuiten in Straßburg behandelt. Wenn aber Barth behauptet
, die von dem Jesuiten Laguille im Jahre 1727
aufgebrachte und seither von allen elsässischen Historikern
wiederholte Legende, es hätten im Jahre 1681
in Straßburg nur 2 katholische Familien gewohnt, erstmalig
widerlegt zu haben, so hat er die betreffende
Stelle meiner „Evangelischen Kirchengeschichte der
Stadt Straßburg", die schon 1922 erschienen ist, übersehen
. Was über die Erfolge der in der Molsheimer
Ignatiuskapelle vor 300 Jahren vorgenommenen Teufelaustreibungen
von den damaligen Jesuiten überliefert
worden ist, hat Barth kritiklos übernommen.

Zwölf kleinere Beiträge bilden den Schluß und einer
die Einleitung dieses 6. Bandes, der sich den vorhergehenden
ebenbürtig anreiht.

Dorlisheim (Elsali). Joh. Adam.

Wotschke, D. Dr. Theodor: Der Pietismus im alten Polen.

Sonderdr. a. „Deutsehe Blätter" 1929. Jhrgf. IV, Nr. 10 (26 S.).
Meseritzer Studenten bis 1800. Sonderdr. a. „Heimatblätter"
1928. (15 S.). Ein Spenerfreund in Fraustadt. Sonderdr. a.
„Grenzmärkische Heimatblätter" 1929. (S. 182—190). Aus den
Briefen eines sibirischen Pastors. Sonderdr. a. H. 4 u. 5 der
„Deutschen Blätter" in Polen. 1928. (20 S.).

In Weiterführung seiner gleichbetitelten Studie aus
dem Jahre 1927 wendet W. von Fraustadt sein Augenmerk
Danzig zu, woselbst die beiden Bürger Postl,
Vater und Sohn, gegen den orthodoxen Rektor Samuel
Schelwig für die Hallesche Richtung in die Schranken
traten, um von hier aus Verbindungsfäden Franckes mit
Litauen durch seine ehemaligen Schüler Henning und
Ventzki aufzudecken. Die Angaben über die in der

sich Beziehungen ergaben, die bis gegen Ende des Jahrhunderts
anhielten. Bemerkenswert erscheint die Notiz
über den von Halle aus unternommenen Versuch, die
Bibel und Arndts wahres Christentum in russischer
Übersetzung zu verbreiten. — Unter den aus den bisher
veröffentlichten Universitätsmatriken von W. zusammengestellten
310 Lissaer Studenten, deren Reihe Mitglieder
des Grafengeschlechtes von Lissa (Leszczynski), das
sich besonders in der Anfangszeit die Förderung der Reformation
besonders angelegen sein ließ, eröffnen, finden
sich Namen von nachmaligen Theologen, Ärzten,
Lehrern und Juristen, die auch außerhalb ihrer engeren
Heimat sich hervorgetan haben. — W. veröffentlicht
ferner ein Kollektengesuch für Schokken an den sächsischen
Kurfürsten August den Starken aus dem Jahre
1678 und eines Karl von Unruhs für die heimgesuchte
evangelische Kirche in Karge an dessen Nachfolger vom
2. Mai 1735.

Wien. Karl Völker.

Sacke, Georg: W. S. Solowjews Geschichtsphilosophie. Ein

Beitrag z. Charakteristik d. russischen Weltanschauung. Berlin: Ost-
Europa-Verl. 1929. (XVI, 138 S.) 8°. = Quellen u. Aufsätze z.
russischen Gesch., hrsg. v. K. Stählin, 9. Bd. RM 4.80.

Im Zusammenhang mit den Erörterungen über das
Verhältnis der russischen zur abendländischen Weltanschauung
wird Solowjews Name viel genannt. Für ein
einwandfreies Urteil über ihn fehlen jedoch bisher die
wissenschaftlichen Voraussetzungen. Solowjew gilt im
allgemeinen als der repräsentative russische Philosoph
um die Jahrhundertwende, ohne daß aber die Grundlagen
seiner Denkweise genügend geprüft worden wären.
D. V. der vorliegenden Studie sucht nun diese Lücke
auszufüllen, indem er unter voller Beherrschung des
Stoffes Solowjews Beurteilung des historischen Geschehens
ins Auge faßt. Von hier aus ergibt sich für
ihn die Möglichkeit, dessen Stellung in der Philosophie

i, lif' rli 'i 11 n t näher »i i Ko„+im-.a- C-

Buchdruckerei des Halleschen Waisenhauses zustande- j überhaupt näher zu bestimmen. Er möchte ihn i
gekommene polnische Bibel sind besonders beachtens- i sentlichen als Moralphilosophen bewertet wissen Bei
wert — Durch das Verzeichnis der 177 Meseritzer Stu- seiner Geschichtsphilosophie handelt es sich wie S
denten die W. in den Universitätsmatriken von Witten- zeigt, nicht um ein geschlossenes System, sondern um
berg Leipzig Frankfurt, Krakau, Straßburg, Leiden, i die wiederholt wechselnde Betrachtungsweise des histo-
Köni'gsberg, Jena und im Schülerverzeichnis der akade- : rischen Werdeganges unter bestimmten philosophischen
mischen Gymnasien in Danzig und Thorn festgestellt j Gesichtspunkten. Die in den Schriften Solowjews
hat wobei Frankfurt als Bildungsstätte bei weitem über- darüber zerstreut liegenden Äußerungen faßt nun S zu
wiegt setzt W. seiner Vaterstadt ein kulturelles Ehren- , einem Gesamtbild zusammen. Den Kirchenhistoriker
denkmal — Bei dem Spenerfreund in Fraustadt handelt interessieren daran besonders die deutlich zutage treten
es sich um den frommen blinden Leinweber Johann den Verbindungslinien mit anderweitigen religiös einge
Hirsch dessen Schilderungen seiner religiösen Erfah- i stellten Denkweisen. Solowjew hat sich vom Nihilismus
rungen' W. „als bedeutsames Kulturdenkmal der Grenz- seiner Junglingszeit zu einem positiven Christentum be-
mark" bewerten möchte. — Aus den Briefen des ge- kehrt, und so ergab es sich von selbst, daß er sich
bürtigen Magdeburgers Georg Friedrich Weises an den immer mehr gerade solchen Gedankengängen erschloß
jüngeren Francke, der ihn dem russischen Feldmarschall die den Sinn des Geschehens in Anlehnung an Christ'
von Münnich als Hausgeistlichen empfohlen hatte, er- liehe Begriffe zu bestimmen suchten. Dabei kreuzten
fahren wir sonst schwer zugängliche Nachrichten über sich bei ihm westliche und slawische Einflüsse Hegel

und Sendling haben auf ihn ebenso wie der russische
Messianismus, allerdings nicht gleichzeitig in gleich stir
| ker Weise, eingewirkt. Die Einbeziehung der Natur"

evangelische Seelsorge im fernen Osten. und Sendling haben auf ihn ebenso wie der russisch

Wien. Karl Völker. ( Messianismus, allerdings nicht gleichzeitig in gleich stnr