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Ausgabe:

1931 Nr. 24

Spalte:

558

Autor/Hrsg.:

Haugg, Donatus

Titel/Untertitel:

Judas Iskarioth in den neutestamentlichen Berichten 1931

Rezensent:

Schütz, Roland

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557

Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 24.

558

über den nachbiblischen Sprachgebrauch besonderes
Interesse. Ausführliche Register erleichtern die Verwertung
des gesammelten Materials.

Neben dem lexikographisch-philologischen Interesse
, das der Arbeit das Gepräge gibt, leitet den Verfasser
aber auch ein sachliches Motiv. Er möchte das
Wesen des neutestamentlichen Skandalon verstehen. Er
ist nicht unberührt von der Wandlung modern-theologischen
Denkens, das mehr als früher im Skandalon ein
zum Wesen der neutestamentlichen Botschaft gehörendes
Moment erblickt. Das tritt besonders in dem Abschnitt
über das Wesen des neutestamentlichen Skandalon
hervor (S. 271 ff.); aber auch gelegentlich in der
Exegese neutestamentlicher Stellen. Nach meinem Ur-

kirchlichen Einflusses auf das Volksleben, während wir
bei dem Wort „Säkularisierung" an das Gegenteil denken
. Doch sollen diese kritischen Bemerkungen die
Anerkennung, die diese fleißige und gelehrte Abhandlung
verdient, nicht herabmindern.

Duisburg-Hamborn. Wilhelm Mundle.

Haugg, Dr. theol. Donatus: Judas Iskarioth in den neutestamentlichen
Berichten. Untersucht. Freiburg i. Br.: Herder &
Co. 1930. (198 S.) gr. 8°. RM 5.20.

Haugg hat in einem Zeitpunkt, da das Judasproblem
von ganz anderer als theologischer Seite her besonderes
Interesse beansprucht, die Aufgabe übernommen
— von J. Sickenberger angeregt — die Judasge-
I statt zusammenhängend zu behandeln. Es ist eine theoteil
wirkt das Hineintragen dieses modernen ues cms- , j -che Doktordissertation geworden. Der Verf. hat
Punktes in die philologisch-lexikographiscne^ unter- | den Hauptwert auf die Exegese sämtlicher Judasberichte
gelegt und ist der Frage eingehend gefolgt, wie
der Apostel zum Verräter geworden sein kann. Ursachen
und Veranlassung geht er so weit nach, als es
die Berichte überhaupt gestatten. Ein besonderes Ka-

punktes in die pnuoiogiscn-ieAiAu^.ap...^— r"T* den Hauptwert auf die Exegese sämtlicher Judasbe
suchuno- eher störend als fördernd; besonders in uei rirh+p aPpa „nd ;st Her Fnop einorehenH r,Pfn<r+
Exegese neutestamentlicher Stellen kommt das zum Ausdruck
: Matth. 16,23 kann ich wohl etwa? von dem

Anstoß lesen, den Petri Wort und 1 erson tu J , uie De,-1CIKC UDernaupi gesiaiien. ein besonderes Ka-
deutet, aber der Gedanke, daß das BÜA des leiuenutn j ^ Judas AbendmaM-Saal gewidmet; die

Messias dem Petrus ein oxdv&aÄav bedeutet (s. joi oi Frage der Judaskommunion und die Entlarvung des

Verräters liegt dem katholischen Theologen naturgemäß
nahe. Man kann der Studie die Anerkennung zollen,
daß sie sich redlich um das Problematische des Judas
bemüht. Läßt sie doch Fragezeichen stehen, wo die
Texte ihr sachlich und zuverlässig scheinen!

Reichhaltige Literatur ist fleißig zusammengetragen.
Kiel. R. Schütz.

im Text nicht ausgesprochen; modern gedacht ist es
auch, wenn Matth. 13,21 öiü töv Xöyov mit oxav&alCc,exai
verbunden (statt mit der participialen Konstruktion
YevourvTi; ... öXiiüecoc) und von den äußeren und inneren
Erschütterungen verstanden wird, die das Wort im Menschen
wirkt; tatsächlich bezeichnet axavSaHtexai hier den
Abfall vom Glauben, der aber im Urchristentum etwas
anderes ist als eine „innere Erschütterung" (S. 220).
Ähnliche Bedenken hätte ich auch sonst gegen Stäh-
lins psychologisierende Exegese bisweilen anzumelden;
andrerseits scheint mir sachlich nicht alles gesagt zu
sein, was über das Wesen des neutestamentlichen Skandalon
zu sagen wäre; die urchristliche Betrachtung des

Prümm, Karl, S. J.: Herrscherkult und Neues Testament.

Rom: Potitificio Istituto Biblico 1929. (52 S.) gr. 8°. = Biblica 9*
(1928).

Die kleine Schrift stellt einen nicht ungeschickten
, Versuch dar, jeglichen Zusammenhang des Christuskul-
Geschehens, die den tatsächlichen Anstoß, den die Welt tes mit dem Herrscherkult zu bestreiten. Sie enthält als

an Christus und der Christusbotschaft nimmt, ins Licht erstes Kapitel einen orientierenden Überblick über die
göttlicher Notwendigkeit rückt, wird nicht genügend ge- „hellenistisch-römische Herrscherverehrung", im Ganzen

würdigt. Bei einer Beschränkung auf die lexikographisch
-philologischen Probleme wäre es vielleicht
auch möglich gewesen, die reichlich umfangreiche Arbeit
etwas mehr zusammenzudrängen; gerade im neutestamentlichen
Abschnitt sind die Ausführungen manchmal
von einer Breite, die durch die erarbeiteten Ergebnisse
nicht gerechtfertigt ist.

Mit diesem Mangel hängt auch noch etwas anderes
zusammen: die eigenartige Geschichtsbetrachtung, die
das Wort oxdvöaAov poetisch einer Blume vergleicht, und
die Zeit des neutestamentlichen Sprachgebrauches als
,die Jahre des Blühens" betrachtet, denen „Jahre
des Werdens" vorangehen und „Jahre des Reifens und
Alterns" folgen. Ob dieser Gesichtspunkt für eine
semasiologische Untersuchung glücklich ist, darf man bezweifeln
; Worte, die sich in ihrer Bedeutung ständig
wandeln,' sind keine lebenden Wesen, die werden,
wachsen und vergehen; und rein sprachgeschichtlich

sorgfältig gearbeitet und auch darum bemerkenswert,
weil der Verf. bemüht ist, die Einleitung der Inschrift
des Antiochos von Kommagene auf dem Nemrud Dagh
unter Berücksichtigung ihres überladenen asianischen
Stils zu übersetzen. Dann folgt der kritische Hauptteil,
die Analyse des Herrscherkults nach Gedankenwelt und
Frömmigkeit, darauf eine Untersuchung des sprachgeschichtlichen
Problems der Pastoralbriefe und endlich
eine Auseinandersetzung, namentlich mit Förster, über
das Kyriosproblem. Meine Kritik setzt vor allem bei
dem zweiten Kapitel ein. Hier bemüht sich der Verf.,
den irreligiösen Charakter des Herrscherkults nachzuweisen
. Das geschieht einmal mit der Betonung von
etwas Selbstverständlichem: daß nämlich zwischen der
Glaubenshaltung der Herrscherverehrer und der Christen
ein tiefgehender Unterschied vorhanden sei. Sodann
arbeitet P. mit allerlei degradierenden Verdächtigungen
des Herrscherkults: schon die Gleichzeitigkeit

betrachtet, ist auch der neutestamenthehe Gebrauch des mit dem eigentlich atheistischen Euhemerismu'C^pTT;»

Wortes nur das Durchgangsstadium zu einer weiteren zeichnend; und vielleicht hätten die römischen mXT

Entwicklung, die weniger einen Abfall von einem er- ; haber — nach Boissiers Wort — sich diese Seh^r^"

reichten Höhepunkt, als den Ansatz zu einer weiteren ; rigung der Unterworfenen im Herrscherkult aanz S

Differenzierung bedeutet, die sich eben an diesen Sprach- j gefallen lassen: „il n'y avait vraiement rien ä rrtinH

gebrauch anschließt. So erwachst das Verständnis des d'un pays si einpresse de flatter ses maitres" Es X

oxdvöakov als geschlechtliche Verfuhrung aus Matth. 5, dabei nicht unterschieden zwischen einer trariintnci

29 ff., des .xavSakov als Häresie aus Rm. 16,17; ganz Verehrung des Herrschers,wie? sie den o^ÄfechS

davon abgesehen, daß schon in neutestamentlicher Zeit 1 Religionen geläufig war, zwischen höfischer Srhmf- i.

jede Häresie ein „Glaubenshindernis" bedeutet, denn es lei und zwischen lrommer£uSng ^l^c£h^Z^

gibt auch für das älteste Christentum keinen Glauben gung, wie sie unter Augustus wirklich begründet wJi"

ohne ZugehorigKeit zur Kirche. Für den, der das NT. Ebenso geht der Nachweis des dritten Kanitels Zm'

nicht modernisiert, ist der Zusammenhang zwischen dem daß die wichtigsten Termini der Pastonlhr.Vf» % *•'

neutestamentlichen und späteren kirchlichen Sprachge- ! das Thema in Betracht kommen G - f"r

brauch enger als Stahlin ihn darstellt. Es ist darum j rcapouma, «wnpfa, ocorfa und y.w" oft'nVnfTnPn'V"'

nicht richtig, diese spatere Periode als eine solche des halts seien. Dabei wird viel zu "sehr in i« S V?"

Verfalls zu betrachten; auch die „Säkularisierung" des [ Kulturmilieu", viel zu wenia an das örienGl'i^h"15^6

„kirchlichen" Wortes d. h das Eindringen in den pro- ; dacht. Es ist'auch nicht bertcksichttgt dad5indiff."

fanen Sprachgebrauch ist ein Zeichen wachsenden l rente Charakter eines Wortes einen daneben sich bilden