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Ausgabe:

1931

Spalte:

541-543

Autor/Hrsg.:

Seeberg, Erich

Titel/Untertitel:

Festrede zum Gedächtnis der 400jährigen Übergabe des Augsburgischen Bekenntnisses 1931

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 23.

542

Formgebung eine ganz besondere Stelle ein, die der gefeiert wurde, wie in Augsburg, und daß dort einer der Theo-
frühere Herausgeber W. Uhl (Leipzig 1896) nicht ZU '"gen der jetzt als Erbin von Wittenberg schon im Namen gekemi
bestimmen wußte Und der auch die in der letzten Zeit ; zeichneten Universität Halle die Rede hielt. In Halle selbst hatte Joh"
Wieder stärker aufgeblühte Murnerforschung nicht ge- ! F'c!c.er ^P1"01*«». ohne Zweifel der genaueste Kenner der Augustanä
recht geworden ist. Die „Geuche", von denen Murner f, ,hrerGescmcht<-*; in Wittenberg sprach E. Kohlmeyer, sein Nach-
hier handelt und die er im Anschluß an volkstümliche I Z^L^LTZ,,L~hl .Ich ,hfttc *-'ern eine Gesamtübersicht über
Vorstellungen auf einer Liebesmatte versammelt, sind ! t Ä

B Cht dieselben Narren Wie m seiner Narrenbeschwo- aufgetragenen Stücke, da ich keinem andern Referenten etwas vorweg
Hing" und in der „Schelmenzunft". Es Sind die durch I nehmen" mochte. Nun ist mir doch die Berliner Festrede no?h
Liebe verdorbenen „wybschetl mannen'', wie der Titel | überwiesen worden, und ich habe es gern übernommen Sic in Ergin
Sagt. Indem er sie an den Pranger Stellt, hält er einer , zu"g meiner Sammelanzeige hier zu besprechen. Merkwürdig- Sie hat
entnervten Zeit den Spiegel vor, in der die Überliefe- ! ke,nc iudere, Beötetang oder Themabezeichnung als oben angegeben
rungen des mittelalterlichen Minnedienstes allmählich . 1S.,alf »Festrede" charakterisiert und ich darf bemerken daß
zur Karikatur, zum kindischen Unsinn geworden waren. S „^tJ^uJ^u^J?^ nicht -Vor^e" 'st und', wie
Murner weiß, wie Fuchs überzeugend nachweist, gut . ^1^,?^^^

Bescheid mit allem, was Sich aus dem Mittelalter her- andeutend hier vorzuführen. Erich Seeberg stell knano I ! ; s
Ubergerettet hat, besonders mit den eigentümlichen Kodl- j ich so sage: Thesen auf. jede in lebhafter, lapidarer Ausführung nrle
flxationen und Regulationen des Minnedienstes und mit Begründung, aber natürlich auch — das ist bei „Thesen" so —
den wirklichen oder angeblichen „Minnegerichtshöfen". einzelnen zur „Opposition" lockend, leb darf sie ernstlich der Beach"
An alle diese Dinge knüpft er auch gern mit Prosaein- *""<»' dcr Fachleute, nicht bloß der Kircheuhistoriker, überhaupt der
lagen in seinem Üedichtbuche an, sodaß mehrere Stil- "'storKer, empfehlen, ohne selbst aus naheliegenden Gründen hier
formen durcheinandergehen. Daß Murner kein so ober- etwa e,"e Dlsk»ss'°" einzutreten.

flächliches und fast sinnloses Bei- und Durcheinander f . ^eeherg beginnt damit, daß er „drei Bilder" mit
geboten hat, wie man ihm immer wieder vorgeworfen ^sten Umrissen kurz hinstellt, die die „Stunde" lebenhat
, weist Fuchs in einer sehr dankenswerten Unter- , a'£ werden lasse. Zunächst das Bild der um Karl V
suchung über den Aufbau der „Oeuchmat" nach, von der versammelten Keichsstande in Augsburg (die pro-
wir nur wünschen möchten, daß sie zur Durchforschung testantiscnen Fürsten" sind wohl etwas, ja wie soll ich
der satirischen Form im 16. Jahrhundert führen möge. | sa£en: zu kleinbürgerlich, als „rührend bieder" [ frei-
Dem dient auch der hier wie bei allen Bänden der Aus- u-,JuMa »gewissenhaft"! ] in Andeutung ge-
gabe sehr reichhaltige, sorgfältige und inhaltreiche Korn- | • ü /i ann das M e 1 a n c h t h o n s, des lutheri-
mentar, der in die Sprache und Vorstellungswelt nicht rJ^c^n Humanisten", „großen Lehrers", „Freunds aller
bloß Murners, sondern seiner Zeit trefflich einführt. Dränung und Unterordnung" (!), „BecrriinrW —
Faßt man alles zusammen, was hier geboten wird, so | wfAantischen Dogmatik"; (auch seine
blicken wir tief hinein in die Auseinandersetzung christ- wir, , tein, charakterisiert — die des K.

liehen (nicht etwa nur
Geistes am Anfange des

(.in uKiiaiMcuMcu — uie aes Kaisers war doch

die Auseinandersetzung Christ- wohl r e 1 i g i ö s - katholischer, als S. sie ansieht [so ge-

kathohschen) und weltlichen , wiß Karl kein ^frommer" Mann war]). Zuletzt das

. 16. Jahrhunderts. Dieser weit- Bild Luthers auf der Feste Koburg, wuchtig, warm-

liche Geist stützt sich wohl auf Vorstellungen des nerz:g> anschaulich. — Im 2. Abschnitt bietet S. eine

Mittelalters, ist doch aber auf der andern Seite recht gkizze dessen, was die Augustana „bedeute", sie leite

modern und steigert Lieblingsgedanken- und Brauche ejne ue Epoche" ein. „Die Beteiligten wußten (wie

seiner Zeit gerade in seiner freiwilligen Abhängigkeit zumeist nichts davon": der „evangelische Glaube wird

von einer mißverstandenen Vorzeit bis zur Karikatur. ir,-rr|„,„m,a/.i,{/.w*«« iz„_i <
Murner zei_i

muffiger Pfaffe
Mannesehre

Wie sich seine Freiheit im satirischen Spiel mit den 'st YiCl, Material, das S. kurz in den Blick treten läßt'

Sachen erweist, wie er nicht bloß Wortschatz und Vers, i ™cn Zw-ngli und die Oberdeutschen werden berührt

sondern eine ganze Reihe von Tonarten zu meistern, i lneseJ »'-".her kennt geistige Kraft nur . konkret

verschiedene Register anzuziehen, mit seiner Stellung I :.• " -5 den Geist 1 • ■ absfrakt, letztlich als

zu den Dingen zu wechseln weiß, das alles sollte noch , Ver"un:rt beide „konnten" sich nicht einigen la und

genauer untersucht werden.' ! doch "ach mehr als einer Seite disputabel! Bei beiden

1""V_____ JI_____~ A i < c rv (i ' I , ..

- «H.UUCUU, uao nier neoen der echten Polemik I nth

1) Die satirische Wirkung wird natürlich erhöht durch die Holz- diejenigen Elemente hervortreten, die den Protp ++-FS

schnitte von A. Holbein, Urs Graf u. a., die hier zum ersten Male ge- ■ mUS mit der Aufklärung verbinden" S dp Irlan"S-

nau nachgebildet werden, wie der schön ausgestattete Band auch frohen sact. an dip Rp+z..,,,„^ ,i— _„:____ ■ ' ".. . .nKt> Wie er

Seeberg, Erich: Festrede zum Gedächtnis der 400jährigen
Übergabe des Augsburgischen Bekenntnisses. Berlin : Fried-
rich-Wilhelms-Universität (Preuß. Druckerei u. Verlags-A. G., Berlin)
1930. (15 S.) 4°.
In Nr. 14 dieses Jahrgangs besprach ich hier eine Anzahl Reden,

Aufsätze, Schriften, die dem Augsburgischen Bekenntnis in Anlaß der

... <_____t__■* - * '__...:___u:_______,_ . .. , i____ ... . - . .....

uKiarung verbinden". S. denkt, wie ei
mme von A. "™ "™ »• .^utteic Band auch Proben ' sagt, an die Betonung der reinen Innerlichkeit der Re

nau nachgebildet werden, wie der tcMnn*V Randlejstcn Metet ligion", wolle sagen: „gegenüber der katholischen Sakra

der z. T. vao^vhanu^- | nfentsmystik und -magie". Die der „Freiheit eines Chn-

Z~~. • - •- stenmenschen" wird verbunden mit „Vereinfachung des

Christentums und Kirchentums durch den Rückgang auf
die B i b e 1" (aber tritt die „Bibel" erst oder besonders
im IL Teile hervor? Und ist das „aufklärerisch"?!).
S. sieht noch manches, wo ich stutzig bin. Liegt wirk-
äiscuc. u.«"""» ■" "'"u" Qer 1 lieh „der Schein des geschichtlich sehr bedeutsamen und
Z^mäaÜitortelä *taer Hinaragabegegoltenvon i wenig erforschten theologischen Humanismus über dem

SSSfÄS darunter fünf, die: von Gießen OoJ^MJ : Und M es gg^ daß die Konfession insQ.

Halle-Wittenberg. Br7 Sffii *5E I fern „leisetreterisch" sei, als Melanchthon Luthers Ge-

gern auch : der e r n a d