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Ausgabe:

1931 Nr. 23

Spalte:

538-539

Autor/Hrsg.:

Stammler, Wolfgang

Titel/Untertitel:

Verfasserlexikon des deutschen Mittelalters; Bd. I., 1. Liefg. 1931

Rezensent:

Schröder, Edward

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Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 23.

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Qrundschrift mit dem heidnischen Renegaten des Juden- ' Hier schwimmt unser Verfasser r/anz in r

tums nichts, anfangen können; daher hat der tyrische I moderner Neutestamentier wie Bultmänn I ohm^aSw7

Clemens bei ihm ebensowenig einen Platz gefunden ; Bauer und anderer, auch werden mi" ktt™

wie die heidnischen Gegner, wohl aber ist der Clemens , Mandäer mobil gemacht VielS

von Caesarea unverkennbar mit einzelnen Zügen des j führungen von H. Lietzmann Ein Reif" „ ,VUS"

Clemens von Tyrus ausgestattet worden (vgl. meine ! däerfrage" (S.B. d Berl Ak 10tn ^ ?ol« xMan"

Mudien S. 206, Anm. 1). Der Bearbeiter der Keryg- Vorsicht gemahnt, wenn sie ihm bereit, m r 6 ?! ZUr

men müßte also die jüdische Apologie bereits in Händen kommen wären. Jedenfalls kann ichMhi • ?eSo T: ge"

gehabt haben. Dagegen hat der Verfasser der Grund- , tungen nur mit große- Skepsis betrachten n?" ^b™P'

schritt als Vertreter der katholischen Kirche bei dem zu wollen, daß unser Ver&

s von Rom sofort an den berühmten Clemens der j bindungslinien zwischen den ^rygm^Lrdi^d^h

altkatholischen Tradition, den Verfasser des 1. Clemensbriefes
und Zeitgenossen der Apostel, gedacht und ihn
nicht allein zum Begleiter des Petrus auf seinen Reisen,
sondern auch zu dessen Nachfolger gemacht. Nur in
den Disputationen taucht indirekt der Clemens der judischen
Apologie als Redner neben seinen angeblichen
Brüdern Faustinus und Faustinianus auf, indem diese

gnostischen Umwelt aufgezeigt hat. Freilich der These
von dem palaestinischen resp. syrischen Ursprung der
johanneischen Literatur stehe ich verständnislos gegenüber
. Trotz dieser Mängel ist aber das Werk in seiner
Gesamtheit als ein guter Führer durch das Labvrinth der
mit den Pseudo-Clementinen zusammenhängenden Probleme
zu empfehlen.

drei in der Rolle des jüdischen Clemens sich teilen, j Berlin._ Carl Schmidt.

während Faustus, der angebliche Vater des Clemens,

die"Rolie der drei' VeVtreter des Heidentums übernimmt, i Stammler, Wolfcanir: Verfasserlexikon des deutschen Mittel-

Eine aewisse Diskrepanz der beiden Clemens muß man alters. Unter Mttarb. zahlreicher Fachcenosscn bng. Bd. I, I. liefe,

schonghinneh,nen df der heidnische Clemens der jüdi- W" de 0ru>'ter * c<>- (S. IV-XHI, .60 So.) u*. 8».

sehen Apologie und der verchristlichte Clemens der Ein- i Dj Tend di verschiedensten Wi«enC,h,'fl 5~'

leitung und der Clemens von Caesarea so wenig zu biete md ^& ^^^^mZM^S^^t

einander passem ür^rhaupt steht der Ctoja-d-to- KfteÄhfoÄ

& s^^r*-1^ müssen w,e d,e n^^'o^^iv^sz^sh^j^£i

IlhQov von Waitz.

Wie schon erwähnt, gehört zu den Quellenschriften
der Grundschrift eine jüdische Apologie, die C. in
Kap. IX S. 116 ff. eingehend ihrem Inhalt, ihrem Cha-

sich nun geradezu erfinderisch betätigen. Noch ehe das
„Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte" von Merker
und Stammler zum Abschluß gelangt ist, beginnt
von dem gleichen Verlag angeregt, der zweite Heraus-

rakter, Ursprung und Datum nach behandelt, im An- , geber mit einem „Verfasserlexikon des deutschen Mittelschluß
daran in Kap. V die letzte Quelle, den aus heid- | alters". Daß ein solches Werk „einem dringenden Be
nischer Feder stammenden Anagnonsmen-Roman, dessen . dürfnis der Wissenschaft entspreche" (so liest man S VI
Inhalt rekonstruiert und dessen Ursprung naher beleuch- j vermag ich von vornherein nicht anzuerkennen ■'die
tet wird. Den Beschluß bilden die Erörterungen über | Wissenschaft hat auf diesem Gebiete zunächst noch viel
den Charakter und Ursprung der Grundschrift S. 142 ff., I zu viel andere Aufgaben, und die Prüfung des vorliegen.

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den Heftes hat mich nicht davon überzeugt, daß unsere
Zeit dazu über eine ausreichende Zahl berufener Kräfte

Wertordnung anzustreben.

Über den Begriff und Umfang von .Verfasser"
„deutsch" und „Mittelalter" gibt der Herausgeber in der
Vorrede Auskunft, und man kann seinen Grundsätzen zu-

indem deren literarische und religiöse Persönlichkeit
gewertet wird. Als Ort der Entstehung nimmt C. Syrien

oder in Übereinstimmung mit mir Transjordanien an, j verfügt. Aber daß das Vorhandensein dieses "Verfasset
in Ablehnung von Waitz, der unbegreiflicherweise wegen lexikons" in jedem Bibliothekslesezimmer und Semin»
des Briefes des Clemens an Jacobus den Verfasser in angenehm und erwünscht ist, geb ich ohne weiteres zu
Rom sucht. Als Datum wird richtig die Zeit zwischen Und ich wiI1 gleich Eines zum Lobe der Mitarbeiter fund
220-230 angenommen, wenn er auch falschlich hm- des Herausgebers) beifügen: man hat hier die Literntor
zufügt: tres peu de temps apres 1 Itineraire, sa pnncipale j sehr vollständig zusammen - leider nicht nach einem
source. I festen Prinzip geordnet, denn der eine verfährt dabei

Nachdem C. in einem Schlußkapitel VII S. 158 ff. j alphabetisch, der andere chronologisch, ein dritter scheint
den Charakter und die Abzweckung der Homilien und
Rekognitionen behandelt hat, bemüht er sich in einem
dritten Hauptteil das historische Problem der Pseudo-
Clementinen zu erörtern, d. h. sie in einen größeren geschichtlichen
Zusammenhang zu stellen. Dabei geht er j stimmen, sein Schwanken verstehn und seine Entschei-
zunächst S. 170 ff den gnostischen Tendenzen im Schöße j dung in der Hauptsache billigen. Ich mag auch nicht an
des Judentums nach, wie sie bereits in den paulinischen i dem Titel mäkeln (der mir übrigens bis vor kurzem als
und ignatianischen Briefen zu Tage treten sollen, als I Scandinavismus erschienen wäre!), denn das Programm
deren Vertreter im Talmud die Minim bekämpft werden, eines solchen Lexikons einmal zugestanden ist die Ein
C. weist hin auf die große Täuferbewegung innerhalb ; reihung der im MA. besonders zahlreichen anonymen
des Judentums zur Zeit der Entstehung des Christen- ; Werke nicht zu umgehn, ja selbstverständlich —'auch
tums, besonders auf die Mandäer, die die Johannes-Junger j wenn dabei einzelne Artikel, wie etwa gleich Apoka
später absorbiert haben. Auch die Kerygmen des Petrus I lypse", mehr für ein Stofflexikon als für ein Verfasser
sollen die religiösen Ideen dieser jüdisch-gnostiscn-taufe- lexikon geeignet erscheinen. Bedenklicher ist das Stre
rischen Bewegung zeigen. Dieser Zusammenhang wird ben, ja geradezu die Gier die Namen zu häufen- wenn
im Einzelnen aufzuweisen gesucht in der Haltung zum hier der durch seine betriebsame Handschriftenkunde be
A T und den Propheten, in der dualistischen Betrach- i kannte Herausgeber und der gelehrte Historiker der Me
tung der Welt, in der Bezeichnung Jesu als des Men- | dizin Prof. Sudhoff ihre Kartothek ausschütten dann
schensohnes und des wahren Propheten und dessen j werde ich bedenklich an jene Zeit der „Schriftsteller
Inkarnation, in dem Sakramentarismus d. h. in der Er- lexika" erinnert, wo jeder, der einmal auf eigene Kosten
setzung des Opferdienstes durch die Wassertaufe. Das j „Veilchen am Wege" veröffentlicht hatte oder durch
führt den Verf. letztlich auf die Beziehungen der Keryg- ; die trauernden Angehörigen veranlaßt war Worte r/e
men zum ältesten palaestinensischen Christentum, be- j sprachen am Grabe des Herrn Baron X" in Druck zu
sonders zu der johanneischen Literatur, die aus dem- geben, der Verewigung sicher sein konnte Ist denn ein
selben geistigen Milieu geflossen sein soll und deren Arzt der ein Pestrezept niederschreibt, oder ein Schrei
Entstehung nach Palaestina oder Syrien verlegt wird. | ber der eine gehörte Zote in ein paar Reime schließt