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Ausgabe:

1931 Nr. 21

Spalte:

485-486

Autor/Hrsg.:

Engel, Johannes

Titel/Untertitel:

Das Schisma Barbarossas im Bistum und Hochstift Freising 1931

Rezensent:

Holtzmann, Robert

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485

Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 21.

486

Widerstreites mit dem Volke, dem die unbedingte Liebe
Gottes eine verhaßte Lehre war. Was Gott und Menschen
scheidet, ist nicht die Schuld, sondern die Macht
der Sünde in den Herzen der Menschen; es gibt keine
Erlösung, die etwa eine Errettung ohne Ueberwindung
der Sünde bedeutete, es gibt keine andere Möglichkeit
der Erlösung als die Befreiung der Menschen von der
Macht der Sünde, und diese Befreiung geschieht ausschließlich
dadurch, daß die Menschen von der alles
vergebenden Liebe Gottes durchdrungen werden. Für
diese Wahrheit hat Jesus Christus am Kreuze gelitten
und so die Sünde radikal bekämpft. Durch das Blut
Christi gereinigt zu werden bedeutet, durch innige Lebensgemeinschaft
(Das Leben im Blute) mit ihm, der die
Sünde überwunden hat, die Sünde zu überwinden. Das
Lamm der Apokalypse wird nach dem Buch Enoch als
der siegreiche Leiter der Schafe erklärt. Ritsehl hat nicht
ganz darin Recht, daß der Zorn Gottes eschatologisch
zu verstehen ist. Rom. 1 zeigt, daß der Zorn Gottes
auch die natürlichen Konsequenzen der Sünde enthält;
und nun bestrebt sich der Verfasser zu beweisen, daß
der eschatologische Begriff des Zornes Gottes nicht die
echte Auffassung Jesu Christi ist. Er hat grade den
Fluch der Sünde darin gesehen, daß sie in ihrer natürlichen
Entwickelung die menschliche Persönlichkeit zerstört
. Daß die Sünde ihre Konsequenzen nach sich zieht,
so wohl im Leben des Sünders wie nach außen, ist nicht
Ausdruck des Zornes Gottes im eigentlichen Sinn, sondern
ein Ausdruck dessen, daß die Weltordnung besteht,
und daß ein Zuwiderhandeln sich deshalb straft. Von
dieser inneren Zerstörung will Christus retten durch die
„Blutsgemeinschaft" mit ihm. Die Ideen von dem Zorn
Gottes und der Strafe Gottes, die in der überlieferten
Versöhnungslehre vorausgesetzt werden, sind ganz unbiblisch
, und werden gar nicht von der Moral gefordert.

Die Art und Weise, wie Jesus Christus die Sünde
überwunden hat, und wie die Sünde in der Gemeinschaft
mit ihm überwunden werden soll, ist das Beharren und
der Sieg der leidenden Liebe. „The meaning of his death
then is that Ood eures the worlds sin by love carried to
the extreme of non-resistance".
Kopenhagen.__Ed. Oeismar.

Engel, P. Dr. Johannes, S. C. J.: Das Schisma Barbarossas im
Bistum und Hochstift Freising (1159—77). .München : M. Hueber
1930. (XIV, 195 S.) gr. 8°. RM 7.50.

Das vorliegende Buch eines Mitglieds der Gesellschaft
des Herzens Jesu ist eine Dr.-Dissertati6n der
kath.-theol. Fakultät zu Freiburg i. Br. aus der Schule
des Kanonisten und Kirchenhistorikers Emil Göller. Es
behandelt die Stellung, die der Bischof Albert von Freising
(1158—84), der Nachfolger des berühmten Historikers
Otto von Freising, während des Kirchenschismas
von 1159—77 zu Alexander III. und seinen Anhängern
einerseits, zu Kaiser Friedrich Barbarossa und den kaiserlichen
Gegenpäpsten andererseits eingenommen hat.
Das Bistum Freising gehörte zur Kirchenprovinz Salzburg
, die ganz Bayern umfaßte, und es ist bekannt,
daß die Salzburger Erzbischöfe (Eberhard, Konrad, Adalbert
) sich durch ihr entschiedenes Alexandrinertum hervorgetan
und ihre Diözese zeitweilig in schwerste Bedrängnis
gebracht haben. Über die Haltung ihrer Suffra-
gane ist freilich an sich mit dieser Feststellung noch
nicht entschieden. Denn wenn auch der bayerische Klerus
in seiner überwiegenden Mehrheit zweifellos alexan-
drinisch gesinnt war, so standen doch einige, wie die
Bischöfe Rupert von Passau (1164—65), Eberhard von
Regensburg (1165—67) und Otto von Brixen (1165—
70), auf der Seite des Kaisers, und auch an schwankenden
Gestalten fehlte es nicht. Daß aber Albert von
Freising im Grunde seines Herzens zu den Anhängern
Alexanders gehörte und nur aus äußeren Gründen
gleichfalls hin und wieder lavierte, das ist seit langem
eine communis opinio, und es ändert wenig an diesem
Bild, wenn Engel sich nun Mühe gibt, das Alexandrinertum
Alberts noch schärfer zu betonen und sein gelegentliches
Abgleiten zur Gegenseite mehr abzuschwächen
oder zu entschuldigen. Es ist nicht übel, wenn Engel
den Bischof einmal so charakterisiert (S. 31): „Sein
Verhalten im Verlauf der Kirchenspaltung rechtfertigt
die Annahme, daß er in seiner Doppelstellung als Bischof
und Reichsfürst beiden gleicherweise die Wagschale
zu halten bestrebt ist, da, wo die gegenseitigen
Pflichten hart auf einanderprallen, bis an die Grenze
des Möglichen mit staunenswerter Klugheit beiden gerecht
zu werden trachtet, jedoch bereit ist, in der Stunde
der Entscheidung eher seine Stellung als Reichsfürst zu
opfern, wenn sie mit der bischöflichen Amtsführung in
offenen Widerspruch treten sollte, als dieser etwas zu
vergeben." Wozu nur zu sagen ist, daß der Bischof
durch die Nachsicht des Kaisers niemals wirklich vor
die Frage eines Verzichtes auf die Regalien gestellt worden
ist und wir also nicht sagen können, wie er die Prüfung
bestanden hätte. Engel ist immer bereit, die Dinge
für ihn zum besten auszulegen. Die Gewissensbisse,
die Albert selbst empfand, weil er 1163 vor einer
Pilgerfahrt, die ihm vielleicht Gelegenheit zu einem Zusammentreffen
mit Alexander gab, es unterließ, sich mit
seinem Metropoliten zu verständigen, sind für Engel
S. 93 nur „ein neues und herrliches Zeugnis der Frömmigkeit
, Gewissenhaftigkeit und zarten Seelenstimmung"
(!) seines Helden. Ein positives Ergebnis der Arbeit
liegt S. 128 ff. in der Widerlegung der bisher allgemein
vertretenen Ansicht, wonach Albert 1168 von Erzbischof
Christian von Mainz, dem bekannten Vertreter der kaiserlichen
Politik, die Weihen genommen habe. Diese
Ansicht stützte sich auf eine Stelle in der sog. Appendix
zu Rahewin, die aber einer strikten Interpretation in der
Tat nicht Stand hält. Im übrigen wird es nicht Wunder
nehmen, daß der ganze Tenor des Buchs einen ausgesprochen
kirchlich-apologetischen Charakter aufweist.
Die alexandrinisch gesinnte Geistlichkeit ist ihm ausschließlich
von religiösen und kirchlichen Gedanken erfüllt
, die kaiserlich gesinnten Bischöfe sind gewalttätige,
verweltlichte Leute, die sich von der politischen Lage
bestimmen lassen. Man wird hier die nötigen Vorbehalte
machen, ohne deshalb das Verdienst der, auf die
Quellen zurückgehenden Arbeit zu bestreiten. Im Zusammenhang
mit dem Thema werden manche Seiten der
Tätigkeit Alberts neu gewürdigt, so seine Bemühungen
um den Dombau in Freising und seine Reise nach
Steiermark und Österreich im Frühjahr 1160. Zu rügen
ist, daß die Quellen manchmal nach recht veralteten
Ausgaben benutzt werden, z. B. Annales Colonienses
maximi Mon. Germ. SS. 17 (statt Chronica regia Colo-
niensis, hsg. v. Waitz 1880), Annales S. Petri Erphes-
furdenses SS. 16 (statt Ann. S. P. Erphesfurtenses
maiores, in: Monumenta Erphesfurtensia, hsg. v. Hol-
der-Egger 1899, S. 57—61), Ottonis continuatio San-
blasiana SS. 20 (statt Ottonis de S. Blasio Chronica,
hsg. v. Hofmeister 1912). Riezlers Geschichte Baierns
Bd. 1 erschien 1927 in 2. Aufl. Das Quellenverzeichnis
ist stellenweise unrichtig angeordnet (so Annales S.
Rudberti und Sancti Rudberti annales breves an verschiedenen
Stellen). Zu den Bischofswahlen in Freising
(S. 18 f.) vgl. Georg Weise, Königtum und Bischofswahl
im fränkischen und deutschen Reich vor dem Investiturstreit
(1912), wo S. 137 f. auch ein verbesserter
Abdruck der von Engel mehrfach angezogenen Urkunde
Ludwigs IV. des Kindes von 906 (Böhmer-Mühlbacher
2. Aufl. Reg. 2032). Schließlich noch eins: wir empfehlen
dem Verf. für die Zukunft eine sorgfältigere
Handhabung der deutschen Sprache (vgl. etwa S. 9 ZI.
19 f., S. 11 ZI. 7—9).
Berlin. Robert Holtzmann.

Hoffmann, Ernst: Cusanus-Studien. 1. Das Universum des
Nikolaus v. Cues. Textbeil. v. R. K1 i b a n s k y. Heidelberg: C. Winter
1930. (45 S. m. 1 Taf.) gr. 8°. = Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad
d. Wiss. Phil.-Hist. KI. 1929/30, Abh. 3. RM 2.5o!

E. Hoffmann — zusammen mit R. Klibansky Herausgeber der

Docta ignorantia in der 1930 beginnenden Cusanus-Ausgabe der Heidel-