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1931 Nr. 20

Spalte:

463

Titel/Untertitel:

Die lateinischen Bearbeitungen der Acta Andreae et Matthiae apud anthropophagos 1931

Rezensent:

Foerster, Werner

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463

Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 20.

464

rrirnjsn = die zum Opfer Bestimmten, Tjbasn ]n'3 = der Priester,
der sich (von dem das Opfer Bringenden) beraten läßt, (indem er ihn
befragt), "rote = tauglich, SlDS = untauglich, n:>ZJ2 = herrichten (ein
Opfertier) usw.

Weder H. noch B. sagen merkwürdigerweise, welche von den bisher
vorhandenen Bearbeitungen ihres Traktates sie benutzt haben. Besonders
wertvoll ist die bei Itzkowski in Berlin erschienene. B. scheint
sie benutzt zu haben, H. wohl nicht. H. leitet z. B. I, 1 b aus dem
A. T. in seiner Weise ab, warum bei D1?? alle Gelübdeopfer und freiwilligen
Opfer Oanzopfer sein müssen. Itzk. aber gibt dafür folgenden
logischen Gedankengang, den H. nicht erwähnt: freiwillige Opfer können
nur als Friedensopfer und Ganzopfer dargebracht werden, Friedensopfer
von Vögeln gibt es nicht, also bleibt für die Vogelpaare nur das Ganzopfer
übrig, sobald es sich dabei um = freiwilliges Opfer handelt,
nicht um iirrin = Pflichtopfer.

Beide Bearbeiter haben sich große Mühe gegeben. In der Einleitung
ist wertvolles geschichtliches Material beigebracht. Viele Einzelheiten
— es würde zu weit führen, sie hier zu behandeln — würde B.
und H. schärfer und genauer begründet und gefaßt haben, wenn sie
Itzk. genauer berücksichtigt hätten.

Leipzig. Paul Fiebig.

Blatt, Franz: Die lateinischen Bearbeitungen der Acta
Andreae et Matthiae apud anthropophagos. Mit sprachlichem
Kommentar. Gießen: A. Töpelmann 1930. (XII, 197 S.) gr. 8°. =
Beih. z. Zeitschr. f. d. neutestamentl. Wissensch, u. die Kunde d. ält.
Kirche, hrsg. v. H. Lietzmann, Beih. 12. RM 17—.

Der schon 1917, aber nicht ohne Fehler, von
Moricca edierte Text des Codex Casanatensis von den
Taten der Apostel Andreas und Matthäus bei den Menschenfressern
wird mit einer noch nichtedierten Fassung
derselben acta (die erstere unter Gegenüberstellung mit
dem griechischen Text) herausgegeben und mit einem
Kommentar versehen, der vor allen Dingen die sprachlichen
Verhältnisse nach vorwärts und rückwärts berücksichtigt
. In vorangeschickten Erörterungen wird
noch ein Auszug, den Gregor von Tours von einer verwandten
Fassung der acta bietet, und 2 in englische
Bearbeitungen versprengte lateinische Fragmente abgedruckt
, dazu literar- und textgeschichtliche, stilistische
und chronologische Darlegungen gegeben. Ein wesentlicher
Teil des Buches ist auch der Index, in dem Beobachtungen
verschiedenster, besonders auch wieder sprachlicher
Art, zusammengefaßt sind. Die Fülle der Gesichtspunkte
, unter denen der Verfasser an den Text herangegangen
ist, ist groß.

Die beiden lateinischen Bearbeitungen stammen etwa aus der Zeit
Gregors von Tours, und weisen wohl nach Italien. Keine von ihnen
geht wahrscheinlich unmittelbar auf die erhaltene griechische Vorlage
zurück. Da die rec. Vaticana in, wenn auch kunstlosen, Rythmen geschrieben
ist, eignet sie sich umso besser für sprachliche Untersuchungen.
Es ergeben sich manche wertvolle Hinweise für Theologen, s. im Index
unter den Stichworten Apostelakten, bibl. Sprachgut (6 Spalten !), Casanatensis
, Gräzismen, Itala, lucifer, misterium, saeculum, Unachtsamkeit
der Bearbeiter. In einem Beiheft zur Z N W vermißt man freilich doch
eine stärkere Berücksichtigung der theologischen Fragen, die formgeschichtlichen
Probleme, die den Neutestamentier besonders interessieren, sind
S. 5 ff. und im Kommentar doch nur mehr gestreift, im Index sogar
entschieden zu kurz gekommen, man vermißt unter dem Stichwort Unachtsamkeit
der Bearbeiter Hinweis auf die Anmerkungen zu S. 43, 6, 9.
55,9. 81 ad Kap. 25 f. 118,3, unter Itala bezw. „bibl. Sprachgut 2,
Zitate" den Verweis auf S. 123,4. 130,14, unter Casanatensis ist der
Versuch nicht durchgeführt, die für die Eigenart des C wie V charakteristischen
Stellen, - die im Kommentar gelegentlich herausgehoben
sind — zu sammeln. Den Kirchengeschichtler wird die Eigenart von V
interessieren, da seine religiöse Gedankenwelt in der erbaulichen Umformung
der acta stark zu Tage getreten ist, ist doch von ihm sogar
ein Abriß biblischer Geschichte geboten. Ausführliche Berücksichtigung
dieser Dinge zu verlangen hieße freilich wohl den Verfasser überfordern,
so sei dies nur herausgehoben, um zu zeigen, wo noch etwas „zu holen" ist.
Münster i. W. W. Foerster.

Wich mann, Lic. Wolfgang: Die Leidenstheologie. Eine Form
der Leidensdeutung im Spätjudentum. Stuttgart: W. Kohlhammer
1930. (VIII, 97 S.) gr. 8°. = Beiträge z. Wiss. vom Alten u. Neuen
Testament. Begr. v. R. Kittel, hrsg. v. A. Alt u. G. Kittel. 4. Folge,
H. 2 (d. ganz. Slg. H. 53). RM 5.60.

Über das Problem der Leidensdeutung in der
isr., jüd. u. christl. Religion ist in den letzten Jahren

j öfters gearbeitet worden: E. Balla: Das Problem des
Leidens in der isr.-jüd. Religion, in: Gunkel-Euchariste-
rion I, 1923; N. Peters: Die Leidensfrage im A. T.,
1923; Hans Schmidt: Gott und das Leid im A.T.,
[ 1926; E. Lohmeyer: Die Idee des Martyriums im Judentum
und im Urchristentum, in: Z. f. syst. Theologie,
i 4, 1927; J. Hempel: Das theol. Problem des Hiob, irr:
I Z. f. syst. Theologie, 6, 1929; M. S. West: The Book of
Hiob and the Problem of Suffering, in: The Expos.
Times, 40, 1929.

In diesen Kreis gehört die vorliegende Arbeit, die
der Verfasser, anscheinend Schüler Prof. Eißfeldts,
als Lizentiatendissertation der Universität Halle-Wittenberg
vorgelegt hatte. Der nicht ohne weiteres verständliche
Titel stellt die Übernahme eines gelegentlich bei
Paul Volz: Jüdische Eschatologie, 1903, vorkommenden
Ausdruckes dar. Mit dieser Überschrift soll die theolo-
| gische Deutung des als Problem empfundenen Leidens,
wie sie, tiefer als das bloße Vergeltungsverständnis
führend, im Spätjudentum vorliegt, umrissen werden.
Die Absicht geht dahin (S. 17f.), „Fixierung der
j Einzelaussagen auf Zeit und Person und Verdeutlichung
" eben dieser spätjüd. „Leidenstheologie" zu
bringen. Der Aufriß folgt den nach dem Alter geordneten
Quellen und weist 10 Paragraphen auf: § 1.
Das Problem des Übels im A. T. und im Spätjudentum;
| § 2. Die „leidenstheologische" Deutung des Übels; § 3.
Die bisherigen Bearbeitungen der „Leidenstheologie";
§ 4. Die „Leidenstheologie" im II. Makkabäerbuch;
j § 5. Anklänge an die „Leidenstheologie" im N.T. und
i in der ersten Christenheit; § 6. Die „Leidenstheologie"
I in der syr. Baruch-Apokalypse; § 7. Das Verhältnis
| zwischen dem Buch IV. Esra und der syr. Baruch-Apo-
j kalypse; § 8. Die „Leidenstheologie" im rabbinischen
j Schrifttum. A. Bei den Tannaiten; § 9. B. Bei den
I paläst. u. babyl. Amoräern; § 10. Die „Leidenstheologie
" im rabbinischen Schrifttum. C. Zusammenfassung.
I Ein Anhang bringt Texte zur Leidenstheologie. Über
| den Inhalt im Einzelnen läßt sich schwer referieren.
I Der Verf. breitet das, vorher durch Quellenstudien gewonnene
Begriffsmaterial aus und prüft mit ihm vor den
Augen der Leser die Quellen durch. Vom Erziehungs-

fedanken (a. im engeren Sinne, b. als Prüfung, c. als
ühne) bahne sich die eigentliche Leidenstheologie an;
sie ist: diesseitig oder jenseitig, kollektiv oder individuell
, positiv oder negativ, formal-juristisch oder tiefer
religiös. Die L. will besonders das Leiden des Frommen
1 erklären; es wird geradezu ein Zeichen der Annahme
durch Gott. Doch bleibt alle Deutung im Rahmen der
J Vorstellung göttlicher distributiver Gerechtigkeit; „von
j Gnade ist nirgends die Rede". So werden Prägungen
und Formen im Gang durch die Quellen vorgeführt.
Auf Ergebnisse im strengen Sinne ist die Arbeit
i nach dieser Anlage nicht berechnet. Es wären allenfalls
zu nennen: II. Makk. ist der älteste Zeuge für L.;
die syr. Baruch-Apokalypse bringt sie noch volkstümlich
-ungenau; weiteste Verbreitung und Hauptbedeutung
kommt ihr, zumeist in der individuellen Fassung, in der
rabbinischen Literatur zu.

Ansatzpunkte der Kritik bietet die Arbeit mancherlei
. Es ist schwer, sich durch sie hindurchzuarbeiten
. Einmal deshalb schon, weil ein Inhaltsverzeichnis
fehlt, was sich trotz des geringen Umfangs bemerkbar
I macht. Weiter scheint die Komposition nicht des Verfassers
Stärke zu sein. Die Paragrapheneinteilung reißt
Zusammengehörendes auseinander; vgl. etwa §§ 8—10-
Literatur aus „N. T. und erstem Christentum" nennt man
„urchristliche Literatur". Wie und wann soll man die
riesigen Anmerkungen eigentlich lesen? Die Gründe für
i Zuteilung an Text oder Anmerkung sind zudem nicht
j immer ersichtlich. Exkurse in solch kleiner Abhandlung
sind auch unnötig. Die Exegese als vorherrschender
Arbeitsfaktor läßt einen ganzen Paragraphen (7) quel-
| lenkritischer Darstellung gewidmet sein. Daß der Verf.
i in der Tat sich hier verlieren kann, zeigt ein Satz wie