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Ausgabe:

1931 Nr. 19

Spalte:

450-452

Autor/Hrsg.:

Kierkegaard, Søren

Titel/Untertitel:

Christliche Reden 1931

Rezensent:

Hirsch, Emanuel

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Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 19.

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kanntschaft mit dem Buche, wie B. im Hauptteil seiner Wortes „Myndighed" mit „Autorität" irreleitend ist.
Einleitung zeigt, teils wahrscheinlich machen, teils be- ! Myndighed bedeutet innere Macht (Mtth. 7, 29). Dieser
weisen. So gern es im atheistischen Lager benutzt Schilderung der zentralen Kierkegaardschen Gedanken
wurde, Bauer hatte es doch keinem recht gemacht. Am fehlt das Perspektiv. Die Tagebücher der ersten und die
interessantesten ist die Kritik Stirners an Bauers Hu- j Schriften der letzten Jahre werden durcheinander zitiert,
manitätsbegriff, und man muß es bedauern, daß der ohne darauf Rücksicht zu nehmen, daß der Bruch Kierke-
Verf auf eine tiefere Gegenüberstellung mit dem „Ein- gaards mit der Kirche doch nicht mit der „Urtatsache"
zigen" Stirners verzichtet hat. Oberhaupt treten die 1 gegeben ist. Namentlich wird die Rolle, die die Gestalt
Schattierungen nicht besonders klar heraus. Die Auf- ! des Märtyrerpropheten gespielt hat, nicht genügend ge-
gabe einer Zeichnung der größeren zeitgeschichtlichen j würdigt, und die Aussagen der Pseudonyme werden zu
Zusammenhänge steht hinter der einer Einführung und i unkritisch als Kierkegaards eigne Anschauungen aufge-
Würdigung der neu veröffentlichten Schrift zurück. Man faßt. In dieser Beziehung enthalten Hirsch's Kierke-
■wird sich das Material aus Briefen, Biographieen usw., gaard-Studien sehr bedeutsame Korrektive,
das schon hier mit verwendet ist, für die Kenntnis des ! Nach einer kurzen Darstellung der früheren Be-
vormärzlichen Atheismus nicht entgehen lassen, muß j Ziehungen Deutschlands zu Kierkegaard (277—289)
aber noch auf die allgemeine, im Vorwort in Aussicht ' wird „Die Theologie der Gegenwart unter der Einwir-
gestellte Untersuchung warten. Hoffentlich macht sich j kung Kierkegaards" behandelt. Diem, Karl Heim, P.
der Verf. dabei von der preziösen Manier der Miniatur- j Althaus und namentlich die dialektische Theologie wer-
paragraphen (oft von 2—3 Sätzen) frei, mit denen er den ausführlich erwähnt, auch in einer Note die Bedeu-
hier seinen Text zerreißt. — S. 155 (u. 62) fehlt der ; tung, die Kierkegaard für die Katholiken hat. Letztlich

werden auch die nordischen Kierkegaardforscher erwähnt
, namentlich Bohlins und meine Bücher. Vielleicht
darf ich eine Meinung des Verfassers berichtigen: Die
Anschauungen Rasmus Nielsens haben auf mich gar
keinen Einfluß geübt (S. 355).

Das vorliegende Buch gibt gewiß nicht die abschließende
Beurteilung Kierkegaards. Es kann aber eine

Nachweis eines Neander-Zitats.

Gießen. Heinrich Bornkamm.

Ruttenbeck, Lic. theol. Walter: Sören Kierkegaard, der christliche
Denker und sein Werk. Berlin: Trowitzsch & Sohn 1929
(XII, 379 S.) gr. 8°. = 25. Stück d. Neuen Stud. z. Gesch. d
Theologie u. d. Kirche. RM 18—.

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Dieses Buch über Kierkegaard kann als Handbuch ; bedeutsame Hilfe für die Forschung sein, indem es zu

in der Kierkegaard-Forschung dienen. Mit unermüd
lichem Fleiß ist hier zusammengetragen, was die ver
schiedenen Verfasser über die verschiedenen bedeutendlichen
Probleme seines Lebens und seiner Wirksamkeit
als Schriftsteller gesagt haben, und durch eine ein-

fehende Beurteilung dieser Ansichten bahnt sich der Ver-
asser den Weg zu einer eignen Auffassung, die doch im
Verhältnis zu den Vorgängern nicht viel überraschend
neues enthält.

Nach einer Einleitung wird im ersten Kapitel
(9—41) Kierkegaards Lebenslauf dargestellt. Hier werden
die Probleme des Erdbebens und des Pfals im
Fleische in langen Noten erörtert. Leider sind Hirsch's
Kierkegaard-Studien erst nach dem vorliegenden Werke
erschienen. Dann gibt das zweite Kapitel (42—101) eine
eingehende Erörterung der philosophischen Anschau

fortschreitendem Denken anspornt.

Kopenhagen. Ed. Geismar.

Kierkegaard, Sören: Christliche Reden. Übers, v. Wilhelm
Kütemeyer u. Christoph Seh rem pf. Jena: E. Diederichs 1929.
(IV, 425 S.) 8°. = Erbauliche Reden, Bd. 4. RM 8.50; Lw. 11—.

Der Band enthält die 1848 in vier Abteilungen erschienenen
„Christlichen Reden"; sodann die drei Reden
über die Lilie und den Vogel 1849; ferner: Der Hohepriester
der Zöllner die Sünderin 1849; die erbauliche
Rede über die Sünderin 1850; die zwei Reden zum Altargang
am Freitag 1851; endlich die 1855 veröffentlichte
Rede über Gottes Unveränderlichkeit. Es handelt
sich um Stücke, die zu erheblichem Teile schon, von
Bärthold oder Julie von Reinke, wenn auch verkürzt,
übersetzt worden sind. Der Sinn dieser vollständigen
iingen des damaligen Deutschlands und Dänemarks, j Übersetzung kann also nur sein, es besser und g

Nach meiner Ansicht ist hier zu viel mitgenommen. Daß als die Vorgänger zu machen. Ich habe in meinen
Hegel eingehend dargestellt werden mußte, ist selbstver- Kierkegaardstudien die vielen Willkürlichkeiten und Verständlich
; dagegen werden Sendling, Trendelenburg und fälschungen der Schrempfischen Übersetzung Kierke-
Schleiermacher viel zu eingehend behandelt. Was in die- gaards bloßzustellen gehabt. Wie gerne würde ich von
sen Beziehungen von Bedeutung ist, hat schon Bohlin i diesen erbaulichen Reden Besseres sagen. Es ist nicht
sehr gut hervorgehoben. Dem Verfasser ist offenbar ! angenehm, immer und immer wiederholen zu müssen
viel daran gelegen, zu zeigen, daß Kierkegaard mit sei- i daß man Kierkegaard als Schriftsteller auf Deutsch vve-
nem Realismus, Existentialismus, Dualismus, Subjekti- gen der Unbrauchbarkeit der Übersetzung Schrempfs über-
vismus und Irrationalismus nicht allein stand. Im dritten haupt nicht kennen lernen kann. Nun zeigt gleich das InKapitel
(102—131) wird nun die schwierige Frage der j haltsverzeichnis, daß der Kierkegaard eigentümliche AusBedeutung
der Pseudonymitat behandelt. Namentlich druck „Altargang" teils beibehalten, teils willkürlich
hier scheint mir der Verf. keine wesentlich neue Beleuch- j durch Communion ersetzt worden ist; warum bald so

tung des Problems zu geben und man vermißt die genaue
Unterscheidung der beiden Arten von Pseudonymi-
tät, die doch für Kierkegaard eine sehr verschiedene Be
deutung hatten

bald so, weiß ich nicht. Wie es aber mit der Übersetzung
selber steht, möge folgende Probe zeigen. Links findet
der Leser eine streng wörtliche Übersetzung von
mir, rechts die Übersetzung Schrempf-Kütemeyer

Nach diesen vorbereitenden Kapiteln folgt das j Wörtlich- ° *riir»*~«r V«7J

grundlegende Kapitel, die Urtatsache" (132-149). Eingang. Einllg

Hier werden die verschiedenen Gedanken zusammenge- ! ... . m r. .. , c. . . on'ei™"g-

stellt, die für Kierkegaards Auffassung des Gottesverhalt- d«UoS °cScn uZ Zn h t ^ ™te vom QiefeI

nisses eigentümlichst. In den folgenden Kapiteln, SJS£H& ÄS "S'Z^

„Die Stadien des Lebensweges als Entrollung der Le- Tier, das (ad, unverschuldet und das (ach oZSld'Ä Zr'

bensfrage" (150—171), „Die Zuspitzung der Lebens- ! unversehens) sich dem heiligen heiligen Berge näherte sönte

frao-e im Sündenbewußtsein" ("172—183), „Die Offen- ! Berge nahte, sollte erschlagen wer- tötet werden — nach dem GesZ

den - dem Gesetze zufolge. Am Die Bergpredigt wurde am Fuße

Fuße des Berges wird die Berg- des Berges gehalten. So verhält

predigt gehalten. So verhält das sich das Gesetz zum Evangelium

Gesetz sich zum Evangelium, wel- das Himmlische steigt milde

„Der Glaube als Aneignung der Lösung" (218—276)
werden die Hauptgedanken Kierkegaards in Zusammen-

hang dargestellt Bedeutungsvoll ist namentlich die ! ff '^Z^ Zen Z KÄTt:S?i2

Schilderung des Glaubens. Eine Note S. 234 gibt mir Erden ist. Am Fulie des B himmlischei,' ~£ zur 52S

Veranlassung zu bemerken, daß der Verfasser dann ganz ist es; so milde ist das Evangelium, nieder- und was noch m t, f

Recht hat, daß die deutsche Übersetzung des dänischen I so nah ist das Himmlische, das die Lil'ie und der Vogel kommen