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Ausgabe:

1931 Nr. 19

Spalte:

445-446

Autor/Hrsg.:

Braun, D. Friedrich

Titel/Untertitel:

D. Johann Georg Schelhorn's Briefwechsel 1931

Rezensent:

Schattenmann, Paul

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Seite 1

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445

Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 19.

446

Druckerei hat ganz alte abgegriffene Typen verwendet, : Schaitberger, S. Urlsperger, Zach. Konrad v. Uffenbach
daß die Unsauberkeit des Satzspiegels nicht nur un- 1 und G. G. Zeltner in Altdorf gewechselt wurden. Auch
schön wirkt, sondern auch das Auge beim Lesen sehr , mit katholischen Gelehrten und Bücherfreunden stand
ermüdet; doch geht dies nicht auf das Conto des Ver- Schelhorn in brieflichem Verkehr, mit den Benediktiner-
fassers. Umsomehr ein zweiter Punkt. Sollte derselbe mönchen zu Mondsee und in der Reichsabtei Ottobeuren
noch nichts von den Grundsätzen bei Herausgabe älterer J Die Herausgabe des Briefwechsels des Kardinals Regi^
Texte gehört haben? Es wird wahrlich dem Leser etwas nald Polus veranlaßte sogar den Kardinal A. M. Quirini,
viel zugemutet, wenn er die oft recht sinnlose Schreib- Bischof von Brescia und früheren Vorstand der Vatika-
weise der Originalien buchstabengetreu vor sich sieht nischen Bibliothek, mit ihm in Beziehungen zu treten
und das vielleicht 12 Seiten hindurch (109—122). Drit- j die in einer persönlichen Zusammenkunft in Ottobeuren
tens: Bedauerlich ist es, daß die vielen Werke Bruckers | am 14. Mai 1748 ihren Höhepunkt erreichten und bis
nur zum geringsten Teile eruiert werden konnten; sie zum Tode des Kardinals (y 1755) nie ganz erloschen,
scheinen sehr selten geworden zu sein; umsomehr wäre | Erwägt man, daß in diesem umfangreichen Briefwechsel"
die Angabe des Lagerortes der Aufgefundenen nötig ge- j Strömungen wie der Chiliasmus eines enthusiastischen
wesen. Viertens: Es kann niemand verlangen, daß die I Pietismus und die langsam erstarkende Philosophie der
höchst umfangreichen Werke dieses Mannes, zumal da Aufklärung ebenso berührt werden wie die grobe katho-
«s sich oft um Wiederholungen handelt, alle gleicher- , lische Polemik eines J. N. Weislinger, die von Francke
maßen behandelt werden. Aber die Weglassung der aufgenommene Tamulenmission oder die Wertheimer
Schilderung der Jenenser Verhältnisse, wo doch nur Bibelübersetzung eines Joh. Lorenz Schmidt, so wird erFranks
Arbeiten reproduziert werden u. a. [S. 27], hätte sichtlich, welchen Anteil der abseits von den großen gei-
Raum gegeben die Eigenart Bruckers aus seinen Schrif- stigen Mittelpunkten Deutschlands lebende Memminger

ten noch mehr zu beleuchten. Und dies hätte man vor
allem gewünscht.

Der Druckfehler sind mancherlei. Notiert seien: S. 29 Z. 10 v. u,:
„incubabat", S. 30 Z. 22 v. o: „logicae", S. 69 Z. 14 v.o.: „appelliert",
S. 71 Z. 13 v. u.: „scientifice", S. 73 Z. 11 v. u.: „Reisen", S. 90 Z. 20
v. o.: „inutile", S. 53 Z. 2 v. u.: „Cassation", Z. 33, Z. 3 v. o.: „illius", .

S. 45 Z. 21 v. o.: wäre die Erklärung von MSS wahrlich nicht not | . Daß Brau"s Sammelwerk auch für die bayerische K.rchengeschichte

Superintendent und Stadtbibliothekar an den Bewegungen
und Fragen seiner Zeit genommen hat und wie dankenswert
es ist, daß uns der Verf. „diese längst nicht erschöpfte
Fundgrube" (Kolde) zu weiterer wissenschaftlicher
Benützung erstmalig darreicht.

gewesen S 46 Z. 3 v.o.: die gelehrte Welt dürfte wissen, wer Schelhorn ' ™ enKcr™ Sinn vieles abwirft, kann nur angedeutet werden. Uber die
war S 20 Z. 20 v. o.: „Corpus" statt „Codex" Reformatorum, S. 37 j Persönlichkeit des Verfassers der sog Wertheimer Bibelübersetzung gibt
■7 i».....Hm* r,-,„M„»„n,'r,r mit Ikt. Tvoen doch eigentümlich. ! noch lmmer P- • Schattenmann, J. L. Schmidt, Gymnasialprogramm

Z. 25 v. u.: liest sich TÜaöpöoöopiac, mit lat. Typen doch eigentümlich.
Nürnberg. Karl Schorn bäum.

Braun, D. Friedrich: D. Johann Georg Schelhorn's Brief-

Schweinfurt 1878, Auskunft (zu S. 594, A. 7).

München. P. Schattenmann.

Wechsel mit Einleitg. u. Erläutergn. hrsg. München: Verl. d. Gurian, Dr. Waldemar: Die politischen und sozialen Ideen
Kommission f. bayer. Landesgesch. b. d. Bayer. Akadem. d. Wissen- des französischen Katholizismus 17S9—1914. M.-Gladbach:
schatten 1930. (VIII, 795 S.) gr. 8°. = Schriftenreihe z. bayerischen Volksvereins-Verlag G. m. b. H. [1929). (XIII, 418 S.) gr. 8°. RM 12.50.

Landesgesch., hrsg. v. d. Kommission f. bayer. Landesgesch. b. d.

Bayer. Akadem. d. Wissensch., Bd. 5. RM 28—.

Das vorliegende Quellenwerk, mit dem der Verf.

seine schon vor Jahrzehnten über J. G. Schelhorn aufin
der modernen Frankreichkunde nimmt das Werden
der religiösen Ideen seit der Revolution von 1789
keinen beträchtlichen Platz ein. Bernhard Groethuysens
grundlegendes Werk über „Die Entstehung der biirger-

eenommenen Studien (Beitr. z. baver. Kirch Gesch Ürh^r, w/»i+

Band IV, 145 ff., worauf Th. Koldes Artikel" in der I HaHe/S Bd I 1927 B^n"?^8 t FranLk™ch"
P.R.E.3 17, 551 ff. fußt) abschließt, ist ein reichhaltiger ' französischen RevolJt'inn Ü 30) Sfw "Ur bis zur
Beitrag zur Geschichte der gelehrten Bildung des 18 i FW, o?^L £ ° * Herimann Platz' packendes
Jahrhunderts und spiegelt indln360aus den verschieden: 1 chen W^ &h^rZtf* ^ ^°d^n Frankreich (Mün-
sten deutschen Bibliotheken und Sammelwerken größtn- Gurian^Bucfc'Sfe* Tiltu^ S° ist

teils erstmalig mitgeteilten Briefen seine geistifen und Mit Kroßem^ Fleiße hat Ter Äa™ Lucke a"szufüllen.
theologischen Strömungen wieder. Schon8das Lebens- ! endliche? Menge ^dir französischen f versu<H die un-
bild Schelhorns, der lutherische Hirtentreue mit ein- , Gebiete zS a"f diesem

dringender Gelehrsamkeit zu verbinden wußte, berührt Bild zu ästalten zusammenhangendes
sympathisch. Wie ist es zu erklären, daß der zur ■ Seine nareteilnnrr fcw <-;~u ■ j n. ,
höhten geistlichen Würde seiner Vaterstadt, der klei- ! HtischeToSch teVrX^t™«™ Di? Wurz'eY JT
nen schwäbischen Reichsstadt Memmmgen emporstei- 1 politischen und sozialen Ideenbi dung sieh? G^cJr
gende Theologe (geb. 1694 gest. 1773), der in seiner kanismus. Er macht aber deutlich wie de ■ hnni? •
Studienzeit von Franz Buddeus in Jena und vor allem mus selbst keine einheitliche-S» ;lf Gallikanis-
von G. G. Zeltner in Altdorf beeinflußt war, mit einer König beim S 2l?l* & W'C Slch beim

erstaunlich großen Zahl seiner Zeitgenossen durch einen i ^Sm^ndMnte^ rJr Bischofen verschiedenausgedehnten
Briefwechsel verbundin war? Als eifriger die SpaÄ Zklärt sich

ßüchersammler und scharfsinniger Forscher und Poly- große? Reväutio" daher 2r 0,^% der
histor war Schelhorn tief davon durchdrungen, daß ° -> - °-1Lltl0r?/ dah.^r ..dej:. Gegensatz der liberalen
literarische Denkmäler, besonders dann, wenn sie sich
auf Persönlichkeiten beziehen, die geistige Führer ihrer
Zeit waren, keinesfalls verloren gehen dürfen. So tritt
die Tatsache, daß Schelhorn verschiedene kleinere Schriften
geschichtlichen Inhalts verfaßte (so eine kurze Reformationsgeschichte
Memmingens und eine Geschichte
des Protestantismus im Salzburgischen) hinter der anderen
zurück, daß er in mehreren Sammelschriften (z. B.
in den seit 1725 erscheinenden „Amoenitates literariae"
und den späteren „Amoenitates historiae ecclesiasticae
et literariae") unter Mitarbeit eines großen Forscherkreises
Material gesammelt hat, das bis in die Gegen

und der konservativen Katholiken im 19. Jahrh., daher
die zwiespältige Aufnahme, die Leos XIII. Ralliement-
politik vonseiten der französischen Katholiken fand. Freilich
hat G. diese Linien nicht bis zum Schluß wirklich
durchgeführt. Denn hinter der Kirchenpolitik der dritten
Republik von Ferrys Schulgesetzen 1881/82 über das
Vereinsgesetz gegen die Kongregationen bis zum Trennungsgesetz
von 1905 und der stillschweigenden Duldung
der Kongregationen seit dem Weltkriege steht
weiterhin der Parlaments-Gallikanismus, ebenso wie hinter
dem Royalismus der Action Francaise der königliche
Gallikanismus steht, der die Kirche als Mittel in der
Hand des Königs ansieht und privilegiert. Und die mo-
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wart bedeutsam geblieben ist. Hiervon gibt unsere [ dernen sozialen und demokratischen Strömungen

Briefsammlung Zeugnis, die u. a. Briefe enthält, die französischen Katholizismus bringen in veränderter Form

mit J. A. Bengel, J. Brucker in Kaufbeuren, Chr. A. Heu- den episkopalen Gallikanismus wieder zum Vorschein

mann in Göttingen, B. Raupach in Hamburg, Joseph ! der ja nicht offensiv gegen die Kurie gerichtet ist als