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Ausgabe:

1931 Nr. 19

Spalte:

437-438

Titel/Untertitel:

Die Selbstentfaltung des Stoffes in den vier Evangelien 1931

Rezensent:

Stauffer, Ethelbert

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Seite 1

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437

Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 19.

438

Melri; Sepher beth ha-bechirah al massecheth Sanhedrin. verstanden und daraus die Forderung abgeleitet zu haben Kinder auf-

Hrsg. v. Oberrabbiner Abraham S ch r ei b er (Sofer). Frankfurt a. M.: zunehmen. — S. 129: Mark. B erzählte die Speisung der 4000 Mark C

Hermon-Verl. 1930. (VIII, 343, VIII S.) gr. 8°. = Menahem: Korn- ; nannte 5000, Mark. Z. addierte beides und rundete die Summe auf

mentar z. Talmudtraktat Sanhedrin. RM 10—. 10000 ab. Daher stammen die „Zehntausende" von Hörern in Luk. 12 1

Menachem ben Schelomoh aus Perpignan (pro- ; fvSL auch S- I3°)- — s- 171».; Mark, hat drei Massenheilungen,

Vencalisch: Don Vidal Solomon, abgekürzt: M e i r i, j E : v'er' Matin- ^f1"' davon drei mit Luk. gemeinsam, die demnach aus

1249—1306) eehört zu den nächsten Talmuderläute- Ma"L z sta™.muss™: -so daß « ganzen zwanzig synoptische Er

rern nach Rasfhrft 1105) und den Tosaphisten (12. ' aa«'"^n gab, d,e ,m Grunde nur eme emzige darste
u. 13. Jahrh.). Seine neuhebräischen Kommentare zu
den meisten Talmudtraktaten sind (unter den Titeln

Das Gleichnis vom verlorenen Sohn geht auf das von den ungleichen
Söhnen (Matth. 21,28—32) zurück, das Luk. in Mark. Z vorgefunden
und „mit Gewalt so zurecht gebogen hat" (vgl. auch S. 144. 155. 273).
— S. 296f.: Das Vaterunser ist ein Nachklang der Gethsemaneszene
und lehnt sich im übrigen an Mark. 15,25 an (vgl. auch S. 233. 277).
S. 327. 401: Der erste Satz in der ersten Fassung des Johannesevangeliums

„Beth ha-bechirah" oder „Chidduschim") erst zu einem
Teile neuerdings aus Handschriften veröffentlicht, z. B.

zum Traktat Sukkah von J. • ^iih ijncl' IHermon'' ' Iautet- Es ™ das Licht. °» «» a<™des in die Welt (vgl

Der bekannte ruhrige „Verlag des Isra^ , Jon , Q) Dje partizipiale Redweise vom „Kommenden.. isteltNlaX

legt jetzt (nach M.'s Kommentar zum Ir. cmagigan, , ahmung von Matth 23 39i und Jesus als das Ljcnt der Wd{ w ejn
hrsg. von Studienrat Dr. Lange) den K. zum ir. Sanne- | Gedanke, der der synoptischen Stelle vom Auge als Licht des Leibes
drin vor, den Oberrabbiner A. Schreiber-Oörz erstmalig j entlehnt ist" (vgl. auch S. 404). —

aus einer Parma-*« Handschrift^ra^S^^ndh^ Die Beispiele mögen genügen. Eine Fülle von

Fragezeichen wäre noch zu setzen. Aber es geht hier
nicht um Einzelheiten, sondern um das Grundsätzliche
, um die Methode. Th. spaltet das Johannesevangelium
in zwei Grundbestandteile auf und will da-

er (auf den letzten VIII Seiten) die* ebenfalls handschriftlichen
kritischen Notizen des berühmten Posener
Rabbiners Akiba Eger zu Sanhedrin angefügt hat. —
Meiri reicht nicht an den Bibel- und Talmud-Riesen

Raschi heran, doch erkennt man aus seinen knappen j L:a"<?"_" " *•"»•* TL"0"u

Ausführungen gut die zweihundert Jahre Fortschritt ! ?5 SPannunp.n und Widerspruche hier, Wiederholungen
der Talmudforschung seit Raschi's Tode (bei Eger sind Uoppelheiten da beseitigen. Aber vielleicht steht

es ja sogar 700 Jahre). — Der Verlag hat auch diesmal
an bester Ausstattung und auffallend niedrigem
Preise möglichstes geleistet.
Leipzig. Erich Bisch off.

Thielscher, Paul: Unser Wissen um Jesus. Ein neuer Weg

der Quellenuntersuchung. I: Die Selbstentfaltung d. Stoffes in d. 4

Evangelien. Gotha: L. Klotz 1930. (VII, 442 S.) 8°. RM 12—.
Die Beobachtung, von der die Untersuchung
ausgeht, ist die, daß das Markusevangelium vielfach
verwandte Stoffe oder Motive in drei verschiedenen Ausgestaltungen
darbietet; und ähnlich werden, nach Th.,

im Johannesevangelium jlie wichtigsten Gedanken und , zuleiten und fragt nichts nach der reichbewegten Ge

das, was unserer Logik als störendes Nebeneinander erscheint
, für Johanneisches Denken in engster Wechselbedingtheit
und darf gar nicht getrennt werden? (vgl.
auch S. 29 ff. 355). Th. zerschlägt die synoptischen
Evangelien in Stücke und führte diese Stücke aufeinander
zurück — ohne Rücksicht auf die organischen
Einheiten der Gattungen und ihre Wachstumsgeschichte,
auf die mündliche Tradition und ihre Gesetze, auf
Problem und Gestalt des Kerygma, das bereits in den
Paulusbriefen bezeugt ist (vgl. auch S. 279). Er sucht
die mannigfaltigen Begriffe, Motive und Ideen der Evangelien
restlos aus der einen schmalen Grundschrift her-

Tatsachen in doppelter Fassung gebracht. Die Theo- dankenwelt, in der all diese Schriften entstanden, all

r i e, die aus der Untersuchung hervorwächst, ist kurz ! diese Manner groß geworden sind. Th. will in einer

diese: die mündliche Überlieferung über Jesu Wirken j *TJ Schreibtischmathematik, die den Schein der Exakt

. _ . . . Z_. __ 1 t.„:j- u„+ ......... ____:t. .• ______ c-a_______, —

und Ende wird von einem Literaten, den Th. Mark. A
nennt, schriftlich festgelegt und zugleich literarisch verarbeitet
. Er gibt z. B. zu den summarischen Berichten
über Wunderheilungen, Gleichnisreden, Jüngerberufun

heit hat, einen weithin neuen Stammbaum der Evangelienschriften
konstruieren; aber gerade an den Punkten
, wo die Konstruktion neu ist, stimmt vielfach die
Rechnung nicht. So bleibt das Buch hinter der Linie

UUV-1 " unuvi nv.......j,---, —----

gen, Pharisäerkonflikte vier Reihen von je vier Bei- ! zurück, die durch die literarkritischen relir/ions i'inri
spielserzählungen (S. 424 f.). Mark. B. setzt die literari- 1 formgeschichtlichen Forschungen der letzten Menschen
sehe Ausgestaltung des Traditionsstoffes fort, und an ihn alter erreicht war. Es will „rein wissenschaftlich" vor
schließt sich ein dritter Bearbeiter an, Mark. C. Alle j gehe,n und ,.die religiöse Stellungnahme dem I eser«
3 Quellenschriften wurden zusammengefügt in Mark. D,
dem kanonischen Markusevangelium (S. 3 f. 127), und,
davon unabhängig, zusammengezogen zu einer heute
verlorenen Zwischenquelle, Mark. Z. Auf Markus und

- * ----!X_ II „U1_ tT ,

überlassen. Es nimmt in Wahrheit diese Stellungnahme
ohne Debatte vorweg; Th.'s Buch ist gar kein historisches
, sondern ein eminent dogmatisches Buch. Das
echte Jesusbild, das nach Th. am Anfang der Tradition

~ki~~u-ü ~~,V~Ä~ iTTiT I steht und von sekundären Übermalungen nun wieder be-
der Zwischenquelle fußen «"e"^ j freit werden soll, ist das Bild eines Großen der die
(128 ff.), anderseits die Vorlagen des tvaige „heilige und reine Predigt vom ewigen Heil" verkündete
liums: eine Grundschrift, J^-j'^^^j^ I °is z" seinem T°de (S 100 ^ S" 6' 4°4" 421 «">•
Joh. II und mit ihm zusammengeaffieira Jh gewinnt den Leser durch seine phrasenlose Sachkanonischen
Johannesevangelium (J£J tl wu. uie , ,ichkeit Aber sdn Buch) sein erster Band wenigstens,
gesamte Evangelienüberlieferung gehl ™™ I erscheint mitten in der heutigen Grundlagenkrisis der
A zurück. Was über das dort Gebotene mnausgent, ist Lebenjesuforschung manchmal fast wie ein Nachzügler
„Selbstentfaltung des Stoffes" im.Sinne von Umgestal- | aug der Zeit deg vorkritischen Rationalismus.

Halle a. S._E. Stauffer.

Ja eger, Werner: Der neuentdeckte Kommentar zum Johannesevangelium
und Dionysios Areopagites. Berlin: Akademie
d. Wissenschaften, W. de Gruyter u. Co. in Komm. 1930. (28 S.)
4». = Sonderausj;. a. d. Sitzunssber. d. Preuss. Akad. d. Wiis.
Phil.-Hist. Kl. 1930. XXVI. RM 2—.

Zu dem von K. Hausmann veröffentlichten neuentdeckten
Kommentar zum johannesevangelium, der Sp.
79—81 angezeigt worden ist, hat alsbald Werner Jaeger
das Wort ergriffen. Ihm als dem hochverdienten Herausgeber
der Werke des Gregor von Nyssa mußte der
neue Fund ja besondere Teilnahme abgewinnen. Freilich
gerade dem Bearbeiter der Werke Gregors konnte das
Buch nicht viel sagen, da die nachträglich davorgesetzte

rr'-----------0 ---- ------

tung und Übersteigerung der Motive. — Die Art der
Beweisführung, die von jenen Beobachtungen zu
dieser These hinführt, sei in einem kurzen Durchblick
veranschaulicht.

S. 41 ff.: Mark. 4,21-34 bietet vier Gleichnisse. Hier spricht
Mark. A. Das Gegenstück bei Mark. B ist das eine Gleichnis vom Sämann,
denn hier ist das von der selbstwachsenden Saat „weiter ausgesponnen
". Beidemale ist von nachfolgender Auslegung der Gleichnisse
im Jüngerkreise die Rede; das gilt auch von Mark. 7,1—23. Hier
haben wir also die Weiterbildung, die Mark. C vorgenommen hat. Das
Motiv übrigens von den ungewaschenen Händen „könnte dem Abschnitt
Mark. 2,23—28 entlehnt sein". Endlich muß das Sämannsgleichnis die
Quelle sein für das johanneische Wort vom Weizenkorn, das „ganz
bestimmt" daran erinnert (S. 413). — S. 59 ff.: Mark. 9, 37 ist eine
Weiterbildung von Mark. 10,15. Mark. A bot: Wer das Reich Gottes
nicht annimmt wie ein Kind . . . Mark. B scheint Kind als Akkusativ