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Ausgabe:

1931 Nr. 19

Spalte:

435-436

Autor/Hrsg.:

Lods, Adolphe

Titel/Untertitel:

Israel 1931

Rezensent:

Caspari, Wilhelm

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Seite 1

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435

Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 19.

436

ter illud opus doctissimum novos inveniremus fontes.
Warum doch kamen ihm nicht Berichte wie die von
Piano de Carpini und von Rubruk in den Sinn? Besonders
nachdem wir auf sie ganz neuerdings durch die
Verdeutschungen von Fr. Risch und von Herbst frisch
hingewiesen worden sind. Vielleicht ist manchem gedient
mit der Notiz, daß bei Risch ein Anhang (VII)
überschrieben ist „Zur Religion und Geschichte der alten
Russen". Hier findet sich auch eine Wiedergabe des
von Täschner beigebrachten Auszugs aus Fadian (S.
332—339). Den diesbezüglichen Artikel hat 1823 schon
C. M. Frähn herausgegeben unter dem Titel „Ibn
Fozlan und anderer Araber Berichte über die Russen
älterer Zeit". Auf diese Veröffentlichung wird von
Täschner S. 87 verwiesen mit „cf. C. M. Frähn, St.
Petersburg 1823". Das ist so eine nicht recht genügende
Angabe. Von Frähn liegt doch auch noch manches
andere vor. Nicht jeder Benützer des Heftes wird
sich auch eine Abkürzung wie M. G. ohne weiteres zu
deuten wissen. Warum nicht wenigstens, wenn schon
gekürzt werden soll, Mon. Germ.? Notiert sei ein
Druckfehler, der gleich auf der ersten Seite (p. 3) begegnet
: Z. 8 v. u. ist statt conscriptio zu lesen con-
scripto.

Leipzig. _H. Haas.

Lods, Adolphe: Israel. Des origines au milieu du VHIe siecle.
Paris: La Renaissance du Livre 1930. (XVII, 595 S. m. 3 Ktn., 38 Abb.
i. Text, 12 Taf.) 8°. = Bibliotheque de Synthese historique. L'evolution
de I'humanite, hrsg. v. H. Berr. Synthese collective XXVII. 40 Fr.

Nicht nur der tüchtige Vf., seine eingehende Kenntnis
und besonnene Beurteilung von Hypothesen, seine
wohlerwogenen Gründe und seine reiche Stoffbeherrschung
erregen Aufmerksamkeit auf dieses Buch, sondern
auch sein Leserkreis. Es sind die, vor allem in Paris
zahlreichen, gebildeten Besucher kulturhistorischer Museen
. Die Altertümer, deren Kenntnis auf den heutigen
Stand gebracht ist, umfassen, wenn man so will, 356 S.
des Buches und werden an praktisch ausgewählten 41
Zeichnungen im Text, sowie an 12 Tafeln mit Photographien
erläutert. Letztere sind von etwas größerem
Umfange wie in dem deutschen Unternehmen „Kulturgeschichtliche
Bibliothek". Ein reichhaltiges Sachregister
und ein Verzeichnis der wissenschaftlichen Hilfsmittel
vervollständigen das Buch. Letzteres Verzeichnis
enthält in der Abteilung „Vorarbeiten im Allgemeinen"
unter 93 Nr. 50 deutsche Werke, und es hätten noch
mehr sein können. Die Einteilung des Stoffs ist die gegebene
: das vorisraelitische Kanaan, das vorkananäische
Israel, das kananäische Israel. Wiederholungen lassen
sich hierbei nicht vermeiden, weil das vorkananäische
Israel trotz seiner soziologischen und auch geographischen
Sonderstellung in unvermeidlicher Abhängigkeit
von Kanaan gelebt hat. Z. B. wird unter dem Thema
„Kultmonolithen" das Tempelmodellchen aus Idalion
erst im zweiten Teile vorgebracht. Der Fachmann wird
dem Vf. für die reichhaltige archäologische Belehrung
immer wieder zu Dank verpflichtet. Die ostjordanische
Mekkapilgerstraße findet Lods unter anderem Namen
schon in Jod 8, 11 S. 25); Sesaj von Hebron ist
Simson usf. Besonders eingehend werden die kultischen
Einrichtungen und Vorstellungen berücksichtigt, m. E.
in einer zu großen Empfänglichkeit gegen R. Smith,
Frazer. Nicht in gleichem Grade wie den Altertümern
scheint die Anteilnahme der Leser an biblischen Stoffen
erwartet zu werden. Die Haltung des Vf.s, eines bekannten
reformierten Theologen, zu der Einzelerzählung
ist meist eine scharf kritische. Trotzdem bildet für die
Darstellung des Ganges der Geschichte in der Regel
das traditionelle Bild den Ausgangspunkt, welchem
Einschränkungen folgen. Es wäre zu wünschen, wenn
wir uns von diesem Verfahren lösen könnten, welches
einem geschlossenen und sicheren Urteil des Lesers hinderlich
werden kann. In Einzelfragen, wie der Habiri-
Frage oder in der Frage nach dem Verhältnis von
Jahu zu Jahwe, wird man Lods gern beipflichten. Aber

was er über Mose als nationalen Einiger ausführt, ist
doch wohl viel schwieriger vorstellbar als daß es noch
unbedenklich hingenommen werden dürfte; es hat u. a.
auch das gegen sich, daß statt Ex 19 F vielmehr Ex 18,
ein freilich noch ungenügend durchgearbeitetes Kap.,
Hauptquelle wird. In der Königsgeschichte möchte ich
nicht der Annahme (S. 439) einer volkstümlichen Quelle
über die Omriden folgen; denn nach der Ausmordung

j des Hauses war niemand mehr da, gegen die eine
solche Darstellung hätte gerichtet werden sollen. Das
syrische Kleinkönigreich heißt S. 150 Jadi, S. 371 Joudi.
Die Rechtfertigung der Abgrenzung des Stoffes, der
diesmal mit Samarias Fall endet, wird einem zweiten
Bande obliegen. Natürlich ist es aber nicht möglich,

! über die reiche Menge von Urteilen mit dem Vf. zu
rechten. Anziehend zu schreiben, ist ihm in hervorragendem
Maße gegeben. Da die Freude des fachmännischen
Lesers nicht eine ungeteilte Zustimmung einschließt
, sei jene hier noch eigens dankbar ausgesprochen
.

Kiel._ Wilhelm Caspari.

Goldschmidt, Lazarus: Der babylonische Talmud. Neu übertragen
. I. Bd.: Berakhoth, Misna Zeraim, Sabbath. II. Bd.: Erubin,
Pesahim, Seqalim und Register. Berlin: Jüdischer Verl. 1930. (XV,
948 u. VII, 704 S.) 8°. je geb RM 15 — ; Hldr- 20-.

Es war früher schon möglich, von Band III an die
! deutsche Übersetzung, welche Goldschmidt seiner Tal-
j mudausgabe beigegeben hatte, gesondert zu erhalten;

in den beiden vorliegenden Bänden wird, was vorange-
I gangen ist, in neuer Übersetzung vorgelegt ohne den
hebräischen Text. Der Inhalt des ersten Bandes deckt
sich mit dem der großen Ausgabe. In den zweiten
Band ist die Mischna Scheqalim hineingenommen und
Joma draußen gelassen. Ein Vergleich mit der früheren
Übersetzung Goldschmidts zeigt einen gewaltigen Fortschritt
, Fehler sind ausgemerzt, der Ausdruck verbessert
oder schärfer gefaßt, andere Lesarten sind bevorzugt.
Das Material der Anmerkungen der früheren Ausgabe
kehrt im Großen und Ganzen wieder, aber nicht ohne
mannigfache Veränderungen, Streichungen und Hinzu-
I fügungen. Durch sie wie durch erklärende Einsätze im
| Text, durch vom Gemaratext unterschiedenen Satz der
Mischnasätze und der Schriftzitate ist ein annähernd
I erschöpfendes und richtiges Verständnis der oft schwierigen
Materien ermöglicht.

Trotz des unleugbar vorhandenen Fortschrittes be-
i stehen doch aber auch in diesem neuen Gewände manche
[ Unvollkommenheiten. Der Ausdruck ist zuweilen undeutsch
: „Bemischung" und das „Bemischte" sind z. B.
durch „Vermischung" und das „Vermischte" zu ersetzen.
„Minderhaltigkeit" ist kaum zu verstehen, „Geringfügig-
! keit" wäre verständlicher gewesen. Bisweilen fehlt die
I scharfe Fassung der Begriffe. Schabbath Fol. 30 b Bd. I
S. 520 handelt es sich um den Gegensatz zwischen
dieser und der zukünftigen Welt. Deshalb durfte durch-
! gehends nicht „auf" dieser Welt übersetzt werden, son-
i dem mußte mit „in dieser Welt" oder „Weltzeit" wie-
j dergegeben werden. Bd. I S. 926 (Schabbath 152 b)
I hätte es richtiger heißen müssen: „Wäre ich tot, dann
; hätte ich Euch dieses nicht sagen können." Bd. II S.
331 Z. 8/9 mußte es genauer heißen: „Was macht es
ersichtlich, daß jenes 'ober ein Ausdruck für das Vorhergehende
ist?" (Pes. 7 b). Bd. I S. 519 (Schabbath 30 b)
wäre treffender übersetzt: „Und auch das Buch der
Sprüche wollten sie verbergen" d. h. zu einem apokryphen
machen, „verstecken" ist nicht recht verständlich
. Schabbath 145 b (Bd I S. 897) wäre die genaue
Übersetzung auch die klarere gewesen: „hätte ich gemeint
: dort, wo es ursprünglich eine Speise und am
Ende eine Speise ist, aber hier, wo es ursprünglich eine
Speise und am Ende ein Getränk ist, da hätte ich gesagt
: nicht".

Eine Fortsetzung des Unternehmens würde eine
verdienstliche Tat sein.
Goslar a. Harz. Hugo D u e n s i n g.