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Ausgabe:

1931 Nr. 18

Spalte:

416-417

Autor/Hrsg.:

Tillmann, Fritz

Titel/Untertitel:

Das Johannesevangelium 1931

Rezensent:

Bauer, Walter

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Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 18.

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Partien und Schreiber, um eine umfassende Darstellung
der Laut- und Formenlehre und ausgewählte Fragen der
Paläographie anzuschließen. Dagegen verzichtet der Verfasser
(S. 11, 280) darauf, die Textgeschichte zu geben
oder die griechische Vorlage zu rekonstruieren und die
Latinismen herauszustellen. Denn Valjavec und Jagic
haben erwiesen, daß außer dem griechischen auch der
lateinische Text benutzt ist. Für die Gewinnung der
griechischen Vorlage bietet das Glossar der neuen Ausgabe
von Sever'janov wertvolles Material. Aus diesen
Vorarbeiten ließe sich die griechische und die lateinische
Vorlage wohl rekonstruieren. Es scheint, daß von Arnim
sich dieses Werk für später vorbehalten hat. Ihm sieht
der Theologe wie der Philologe mit hohen Erwartungen
entgegen, die durch dieses erste Werk, das rein sla-
vistisch ist, gespannt sind.

Das im ll.Jahrh. glagolitisch geschriebene Psalterium Sinaiticum
bietet auf 177 Blättern Psalm 1—137 einschl. 1883 wurde es von
Geitler mit zahlreichen falschen Lesungen herausgegeben. Die notwendige
Neuausgabe wurde von Server'janov vorbereitet und erschien nach
seinem Tode 1922. Sie ist bis auf einen grundsätzlichen Mangel (s. u.)
mustergiltig. Erst jetzt war der Grund zu wissenschaftlichen Untersuchungen
gelegt, wie sie von Arnim mit großer Akribie und erstaunlicher
Belesenheit bringt. Er zieht die anderen kirchenslavischen Denkmäler
(Tetraevangelien, Lectionarien, Psalterien und Menäen) ausgiebig
heran, ist mit ihren Reproduktionen und den Fußnoten der Herausgeber
wohl vertraut und belehrt und so im Vorbeigehen über manche Erscheinungen
anderer Denkmäler.

Sehr umstritten war die Zahl der Schreiber unserer Handschrift.
Sever'janov unterschied 22 Abschnitte, die von 14 Schreibern geschrieben
wären. Die Kritiker Sever'janovs stimmten jedoch darin überein, daß
die Schreiber zu drei Gruppen gehörten, vielleicht sei auch die Zahl
der Schreiber geringer anzusetzen. Schon Geitler unterschied mindestens
3 Schreiber. (Darin hat von Arnim recht: Dolobko Z. f. sl. Phil. 1,460
irrt, wenn er Geitler die Annahme von 5 Schreibern unterschiebt: Geitler
spricht nicht nur in seiner Ausgabe, sondern auch in „Slav. und alban.
Schriften" von 3 Schreibern). Mit 3 Schreibern operierte man also
schon früher, und wenn man von 3 „Gruppen" sprach, so war das die
alte Dreiteilung in anderem Gewände. Systematisch und mit neuen
Gründen und z. T. mit neuer Abgrenzung gewann wieder 3 Schreiber
von Arnim. Aus den 14 Schreibern Sever'janovs werden bei ihm 10 Partien
, die aber nur von 3 Schreibern geschrieben sind: A schrieb 1,6,9,
B 2, 4, 7, 8, C 3, 5, 10. Diese Theorie wird eingehend begründet,
die grammatische Darstellung nimmt immer auf die Besonderheiten der
3 Schreiber Rücksicht.

Hiermit scheint diese Streitfrage endgiltig gelöst zu sein. Zweierlei
möchte ich aber dazu bemerken. Einmal ist mir unklar, wo bei von
Arnim Sever'janovs Schreiber XIII und XIV geblieben sind, oder vielmehr
, welchen Partien er diese Teile zuschreibt. In seinen Bemerkungen
in Kap. I sind sie ganz unter den Tisch gefallen. Ferner ist es unrichtig,
wenn es S. 2 heißt, auch Jagic hätte 3 Schreiber unterschieden. An der
zitierten Stelle (Encikl. Slav. Fil. III, 131) spricht er von mindestens zweien
(oder mehr), jedenfalls nennt er nicht drei. Von Arnim kommt schließlich
zu folgenden Überlieferungsschichten: 1. unsere Hdschr. in 10Teilen
von 3 Schreibern geschrieben, 2. deren Vorlage von einem Schreiber X,

3. dessen von den beiden Schreibern Y und Z geschriebene Vorlage,

4. vorher eine bulgarische Überlieferungsschicht im 1. und letzten Drittel,

5. davor eine Pannonische Schicht in der ganzen Handschrift, 6. der
Archetypus oder eine ihm nahe stehende Hdschr. Bei dieser komplizierten
Überlieferung rechnet von Arnim selbst damit, daß einzelne
Kennzeichen einer anderen Schicht zuzurechnen sein könnten, als er es tut.

Am Schluße des Buches, aber schon vorher passim, wird über die
Paläographie der Handschrift gehandelt. Hier tritt der einzige Mangel
der Ausgabe von Sever'janov zutage: sie ist in kyrillischer Transskription
gedruckt (nicht nach dem Original, sondern nach photographischen
Negativen). Allerdings sind auf Tafeln 34 Seiten ganz oder teilweise
reproduziert. Geitler („Schriften") bietet 3 weitere, Kondakov hat 14
Photographien:, die z. T. von Jagic: und Karinskij reproduziert sind.
Wenn man die Doppelreproduktionen abzieht, so kommt man auf etwa
45 Seiten von 177 Blättern, also nur rund 7« der Handschrift, ungerechnet
, daß viele Seiten nur bruchstückweise reproduziert sind. Das
ist bei den verwickelten Schreiberverhältnissen sehr wenig. Aber von
Arnim hat aus den Reproduktionen und den Fußnoten der Ausgabe
herausgeholt, was nur möglich war. Manches konnte er auch aus dem
kyrillischen Textabdruck entnehmen. Aus diesem letzten Umstand erklärt
sich wohl, daß die Beispiele für die Paläographie bei von Arnim fast
ausschließlich kyrillisch gegeben sind. Es ist also aus dem Original
umgesetzt, und man muß es wieder, um es zu verstehen, in Glagolica
umsetzen. Eine bedauerliche Erschwerung, die von Arnim nicht zur
Last gelegt werden kann.

Göttingen. Erich Hof mann.

Zu ThLZ 1931, Sp. 7—10.

Auf den Wunsch von Herrn Professor Dr. J. Klausner in Jeru-
I salem teile ich einige Einwendungen gegen meine Besprechung seines
! Jesus von Nazareth (in Nr. 1 dieser Zeitschrift) in der Form mit, in
I welcher er sie in einem Brief vom 19. Februar an mich sandte.

1. Sie sagen, daß der Name inj-' statt W eine Entstellung ist,
j da die volle Form Jesua' durch Ossuarieninschriften für Jesu Zeit hin-
I reichend bezeugt ist. Allein Dr. Sukenik hat in dem Unterhaltungsblatt
der „Vossischen Zeitung" vom 11. Januar 1931 eine Abbildung
eines längst bekannten Ossuariums veröffentlicht, in welcher neben
tpv -Q smzr auch Ter steht. Also keine Entstellung.

2. Der Beweis für die „Stillen im Lande" sind sämtliche Pseud-
epigraphen, besonders Assumptio Mosis, Esra IV, ein großer Teil des
äthiopischen Henochs u. s. f.

3. Inbezug auf Nedarim IX 1 habe ich ja die Meinung angeführt,
daß es sich hier um eine List handelt, und deshalb ist es verboten,
das Gelübde aufzuheben, trotzdem es den Vater trifft.

4. Inbezug auf die Samaritaner sind die Worte oüx ebe%avto
j atkoi (Lk. 9,52) nicht klar genug?

5. Eine Rechtstradition über die Chagiga, die an Sabbath fällt,
habe ich aus vier talmudischen Quellen S. 452, Anm. 96 angeführt.

j Genügt das noch nicht?

6. Die dritte Mauer war noch zur Zeit Jesu nicht vorhanden; aber
| sie beweist, daß man zur Zeit des Agrippa I, wenige Jahre nach der
, Kreuzigung, die Stelle der jetzigen Grabeskirche als zum Umkreis der

Stadt gehörend betrachtete, wo keine Felsengräber sein konnten.
Darauf habe ich Folgendes zu antworten:

ad 1) Die mir durch die Güte des Herrn Dr. Sukenik zugegangene
Photographie jener Inschrift zeigt neben tjÖlrT "O SHBT griechisches
Iso ohne weitere Fortsetzung, weil das Ossnar zu Ende geht. Gemeint
I ist Ieoouc,, wie es neben 1-n.oou; sonst auf Ossuarien vorkommt. Wenn
[ mit Sukenik UZT zu lesen wäre, ist die Schrift von der in der Haupt-
i inschrift angewandten verschieden.

ad 2) Es ist nützlich zu wissen, wen Prof. Kl. als die „Stillen im
i Lande" rechnet. Aber sollten jene Autoren etwas mit den Kreisen zu
! tun haben, aus denen Jesus hervorging?

ad 3) Ich verstehe nicht, was Ned. IX 1 die S. 397 von Kl. als
I Ansicht Nissims erwähnte „List" helfen soll. Es bleibt doch bei der
! Tatsache, daß die Majorität der Weisen die Eröffnung des Wegs zu
einer Lösung eines den Eltern schädlichen Gelübdes verbietet und daß
! in jedem Fall das Gelübde giltig ist, bis formelle Lösung statt hatte.

ad 4) Daß Jesus nach Lk. 9, 53 in einem samaritischen Dorf kein
Quartier fand, war gewiß eine Erschwerung seines Weges nach Jerusalem
, aber keine vollständige Sperrung. Nach Lk. 9, 56 ging er dann
nach einem anderen Dorfe, setzte also seine Wanderung fort.

ad 5) Für das rabbinische Recht steht es fest, daß das Passah am
Sabbat geschlachtet werden darf, nur das Braten darf nicht geschehen, weil
es nach Schluß des Sabbat hinreichenden Platz hat. Tosephta und die
Talmude erzählen, daß es zu Hillels Zeit einmal ernste Frage war, ob
es so recht sei. Aber nirgends wird angedeutet, daß im Tempel jemals
anders gehandelt worden ist. Auf die Weise des halachischen Midrasch
wird das als berechtigt erwiesen. Aber alles spricht dafür, daß die
i Sadducäer den Sabbat dabei nicht als Hindernis betrachteten, weil der
Schriftbuchstabe Ex. 12,6 das Datum festlegte und zu Verlegung keinen
Anhalt gab. Deshalb verstehe ich nicht, wie Jesus nach Kl. „als echter
Jude" hätte anders handeln sollen, als das Gesetz gebietet.

ad 6) Die weit vorgerückte Mauer Agrippas wollte die Stadt im
Norden gegen Feinde besser schützen. Daß man dabei auf etwa in
dieser Gegend liegende Gräber Rücksicht genommen habe, ist nicht
erweisbar. Außerdem sind drei Felsengräber in der Gegend der Grabeskirche
vorhanden gewesen. Daß sie zwischen den Jahren 70 und 135
n. Chr. entstanden seien, ist nicht wahrscheinlich, später hätte ihr Ort
im römischen Jerusalem gelegen.

Daß das wichtige Werk Klausners ernste Beachtung verdient,
bleibt trotz dieser Gegenbemerkungen selbstverständlich.

Greifswald. G. Dal man.

Till mann, Dr. Fritz: Das Johannesevangelium. Übersetzt u.
erklärt. 4., neubearb. Aufl. Bonn: Peter Hanstein 1931. (XII, 364
S.) gr. 8°. = Die Heilige Schrift d. Neuen Test., übersetzt u. erkl.,
i. Verbdg. m. Fachgelehrten hrsg. v. F. Tillmann, III. Bd.

RM 11.80; geb. 14.30.

I Meinertz, Dr. Max, u. Dr. Fritz Till mann: Die Gefangenschaftsbriefe
des heiligen Paulus übersetzt u. erklärt. 4., neubearb.
Aufl. 16.-18. Tsd. Bonn: P. Hanstein 1931. (VIII, 169 S.) gr. 8°.
= Die Heilige Schrift des Neuen Testamentes übersetzt u. erklärt in
Verbdg. m. Fachgelehrten hrsg. v. F. Tillmann, VII. Bd.

RM 5.80; geb. 7.80.

Mit diesem Jahre hat das sog. „Bonner Bibelwerk",
das katholische Seitenstück zu Jon. Weiß, Die Schriften
' des N. T.s für die Gegenwart in vierter Auflage zu er-
i scheinen begonnen. Als es zum 2. und zum 3. Male
1 ausging, hatte die Not der Zeit nur den Abdruck des