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Ausgabe:

1931 Nr. 17

Spalte:

387-388

Autor/Hrsg.:

Kühn, Johannes

Titel/Untertitel:

Die Geschichte des Speyrer Reichstags 1529 1931

Rezensent:

Bauer, Karl

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387

Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 17.

388

Christen stärken, wenn sie recht viel davon in den Sonntagspredigten
, nicht nur bei Missionsfesten, erfahren!
Nur ein Beispiel: Die gesamte, japanische Lehrerwelt
hat erklärt, sittliche Erziehung der Jugend ist nur möglich
auf der Grundlage der Religion. Der religionslose
Moral-Unterricht ist völlig wirkungslos. Der Leiter der
Religionsabteilung des japanischen Unterrichts-Ministeriums
hat dazu erklärt (im Jahre 1929), daß „Jesus die
wahre Quelle geistiger Erziehung sei; er erkenne an,
daß die christlichen Missionare den Vertretern der andern
Religionen weit überlegen seien." „Das Christentum
zeigt einen überlegenen Einfluß und eine überlegene
Kraft". Dies sagt das Ministerium des nichtchristlichen
Japan! Wie gut kann man diese Tatsache im
heimischen Schulkampf verwerten! Von solchem Material
ist das Buch voll. Man lese und benutze es.
Berlin. J. Witte.

Dephoff, Dr., M. S. C, Joseph: Zum Urkunden- und Kanzleiwesen
des Konzils von Basel. Hildesheim: F. Borgmeyer 1Q30.
(XII, 121 S.) 8°. = Geschichtliche Darstellgn. u. Quellen, hrsg. v.
L. Schmitz-Kallenberg, 12. RM 7—.

Den Leser dieser Zeitschrift wird vor allem der
zweite Teil der vorliegenden Dissertation interessieren.
Denn sie schildert die Kanzleiorganisation der Kirchenversammlung
viel genauer und sorgfältiger, als Lazarus
(Das Basler Konzil 1912) es getan hat. Überall zeigt
sich die enge Anlehnung an die kurialen Einrichtungen,
vom Vizekanzler bis herab zum letzten Schreiber. Das
gilt natürlich ebenso für das im ersten Abschnitt behandelte
Urkundenwesen. Hier vermißt man mancherlei,
besonders bei den äußeren Merkmalen. Der Verf. scheint
nicht die Bedeutung des Konzils für die Schriftentwicklung
zu kennen. Zu bedauern ist es auch, daß keine
Faksimiles beigegeben werden konnten.

Göttingen. A. Hessel.

Kühn, Johannes: Die Geschichte des Speyrer Reichstags 1529.

Leipzig: M. Heinsius Nachf. Eger & Sievers 1929. (267 S.) gr. 8°.

= Schriften d. Vereins f. Reformationsgesch., Jahrg. 47, Heft 1.

(Nr. 146). RM 6.80.

Die letzte aus den Quellen gearbeitete Darstellung
des Speyerer Reichstags hat 1880 Julius Ney geschrieben
, der 1906 auch diejenigen wichtigen Aktenstücke,
welche die protestierenden Stände in ihr gedrucktes
Appellationsinstrument aufnahmen, nach dem Originaldruck
von 1529 neu herausgab. Seitdem hat Kühn im
Auftrag der bayrischen historischen Kommission den
diesen Reichstag betreffenden Band der Deutschen
Reichstagsakten bearbeitet. Auf Grund dieser eindringenden
Quellenstudien und einiger Aufsätze über Teilthemata
schrieb er zu dem Erinnerungsfest 1929 dieses
Heft, das dem Quellenwerk gewissermaßen ein Textbuch
vorausschickte und Irrtümer Neys stillschweigend korrigierte
. Für die Form der Darstellung wählte er die
einfache Geschichtserzählung, wobei er, da ihm das
gesamte Material (vgl. hierüber S. 261 ff.) zu Gebote
stand, viel Neues bringen und manches Alte in neuem
Lichte zeigen konnte. Der Wunsch, zu zeigen, wie
Eines aus dem Anderen hervorging, hat eine gewisse
Ausführlichkeit zur Folge gehabt.

Im 1. Kapitel lernen wir die Personen und Tendenzen kennen
(Ferdinand, den kaiserlichen Orator Waltkirch, die Stände und die Entstehung
der Proposition). Das 2. Kapitel betitelt sich: Angriff und Abwehr
(Der Reichstag bis zur Osterpause, Die Städte und die Fühlungnahme
der evangelischen unter ihnen mit den evangelischen Fürsten,
Heilige Zeit, Der Reichstag bis zur Rückgabe des Ausschußbedenkens).
Das 3. Kapitel betrifft Frankreich, Habsburg und die deutschen Fürsten,
worauf das 4. Kapitel den Kampf und die Spaltung schildert (Eingaben
der Reichsbehörden zu verschiedenen Gesetzesaufgaben, Die Änderung
des Ausschußbedenkens und ihre Folgen, Die Audienz Mirandulas,
Plenarberatung der übrigen Punkte des Ausschußbedenkens, Verschlechterung
der Lage der Städte und Vorbereitung einer Protestation evangelischer
Stände, Der 19. April). Das 5. Kapitel endlich beschäftigt
sich mit den Religionsparteien (Ständeverhandlungen und Ausschußarbeit,
Neue Protestation und nochmaliger Vermittlungsversuch, Letzte Reichstagsverhandlungen
, Die Protestierenden, Ferdinand). Eine Schlußbe-

I trachtung stellt eine Niederlage der Städte und eine Stärkung der Für-
! stenmacht fest und weist dem Speyerer Reichstag seine Stellung am
i Anfang einer fast dreißigjährigen Periode an. Das Ergebnis für die
! Reformation kennzeichnen die folgenden Sätze (S. 257ff.): „Man ehrt
! seine Vorfahren nicht, wenn man ihnen Absichten zuschreibt, die
I man für edel hält, die sie indes nicht hatten. Wer die Protestierenden
! zu Verfechtern der Gewissensfreiheit macht, der trifft ihren Sinn nicht",
i „Gewissensfreiheit und Berufung auf das Gewissen sind nicht ein und
j dasselbe. Offenbar gehört die zweite zum Eigentümlichen der Refor-
i mation. . .. Aber von der machtvollsten persönlichen Empfindung und
j Überzeugung bis zur grundsätzlichen Gewissensfreiheit ist es ein weiter
und schwieriger, ja überhaupt kein direkter Weg." „Die eigentliche
Leistung der Protestierenden von Speyer, ihre selbstgestellte Aufgabe
war nicht die, Gewissensfreiheit zu erkämpfen, sondern der lutherischen
Lehre Raum zu schaffen. Ein auf diese Lehre gegründetes Kirchenwesen
richteten sie in den Jahren zwischen dem ersten und zweiten
Speyrer Reichstag in ihren Ländern ein. In Speyer kämpften sie dann
um die Anerkennung des Reichs. Sie haben sie nicht durchgesetzt,
aber sie haben sie angebahnt. Darin vor allem liegt die Bedeutung
ihrer Protestation."

Münster (Westf.). K. Bauer.

Hermelink, Prof. D. Dr. Heinrich: Das Marburger Religionsgespräch
1529-1929. Zum vierhundertjähr. Gedächtnis. Predigten-
Reden-Ansprachen. Im Auftr. d. Kirchenregierung d. Evangelischen
Landeskirche Hessen-Kassel hrsg. Gotha: L.Klotz 1930. (XII, 87 S.)
8°. RM 3—.

Da nach einem Antrag von Professor D. Jundt-Paris (S. 70f.) und
Prediger C. A. Flügge-Kassel (S. 79 f.) die in Marburg getriebene Freundschaftsarbeit
der lutherischen, presbyterianischen, unierten, kongregatio-
nalistischen, baptistischen und methodistischen Kirchen Europas und
Nordamerikas fortgesetzt werden soll (vgl. S. 80), so ist es zu begrüßen,
daß alles, was in Marburg geredet worden ist, als Ansatzpunkt zu dieser
| neuen Linie der ökumenischen Bewegung hier im Druck festgehalten
und jedermann zugänglich gemacht ist. Warum freilich der erste Haupt-
j Vortrag („Anlaß, Verlauf und Folgen des Marburger Religionsgesprächs"
! von Professor Dr. D. W. Koehler in Heidelberg) fehlt, ist nicht ersichtlich
. War beabsichtigt, ihn als Sonderdruck erscheinen zu lassen
I (Sammlung gemeinverständlicher Vorträge und Schriften aus dem Ge-
[ biet der Theologie und Religionsgeschichte Nr. 140. J. C. B. Mohr
| [Paul Siebeck], Tübingen 1929), so hätte wenigstens, wie das im ent-
j sprechenden Fall bei den Verhandlungen der Theologentage geschieht,
das Wesentliche seines Inhalts hier mitgeteilt werden müssen.
Münster (Westf.) K. Bauer.

Luther-Jahrbuch. Jahrbuch der Luther-Gesellschaft. Hrsg. v. D. Th.
Knolle, Hamburg. München: Chr. Kaiser. 8°.

Jahrg. X, 1928 (VIII, 203 S.) geb. RM 8.50.

Jahrg. XI, 1929 (IV, 163 S.) geb. RM 7.50.

Den zehnten Jahrgang konnte Professor D. Julius
| Jordan (t 3. Dezember 1928), der das Luther-Jahr-
| buch 1919 begründet und seitdem geleitet hatte, noch
I von seinem Krankenlager aus vorbereiten. Da indessen
[ einige ihm zugesicherte Abhandlungen ausblieben, ver-
I spätere sich das Erscheinen. D. Rückert mußte auf die
| Fortführung der Luther-Bibliographie verzichten. Professor
Geismar-Kopenhagen erörtert die Frage: Wie
j urteilte Kierkegaard über Luther? Professor Blanke-
j Zürich hat einen Aufsatz über Hamann und Luther bei-
I gesteuert, der die exakt nachweisbaren, auf dem Wege
! der Lektüre vermittelten Einflüsse des Reformators auf
1 den Magus des Nordens aufweist. Lic. Gebhardt-Brieg
behandelt (mit Notenbeispielen) die musikalischen
; Grundlagen zu Luthers deutscher Messe. Von dem
; neuen Herausgeber stammt der Aufsatz: Luthers deutsche
Messe und die Rechtfertigungslehre. — Der elfte,
mit einem Personen- und Ortsregister ausgestattet, ist
eingeleitet mit einem Aufsatz von Althaus über Luthers
Abendmahlslehre, in dem mir freilich eine gewisse
Spannung zu bestehen scheint zwischen dem Satz (S.
11): „Wir werden dem Tatbestand gerecht nur, wenn
wir von einer gegenseitigen Bedingtheit zwischen
Luthers Exegese und dem mit den Grundzügen seines
Verständnisses des Evangeliums zusammenhängenden
sachlichen Interesse reden", und der Erklärung (S. 25
Anm. 76): „Vielmehr folgt Luthers Stellungnahme im
Kampf um das Abendmahl notwendig aus seiner Grundanschauung
". Ernst Wolf resümiert seine bereits bekannten
Untersuchungen über Johannes von Staupitz
I und die theologischen Anfänge Luthers, wobei er mich