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Ausgabe:

1931 Nr. 14

Spalte:

326-330

Autor/Hrsg.:

Beyer, Hermann Wolfgang

Titel/Untertitel:

Bekenntnis und Geschichte 1931

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 14.

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sten kritisch, nachdem er sie alle drei historisch beleuchtet
, zumal in ihrem Verhältnis zur C. A. klar gemacht
hat. Das zweite Stück hat den g 1 e i c h e n Verfasser
: 2. Der Abfall der ev. Kirchengemeinden
A. B. Oberungarns und die Verfassung
der ev. Kirche A. B. in der Slowakei,
S. 69—257. Dieser Aufsatz ist für uns der interessantere
. Er führt in die Gegenwart und zeigt, wie gewalttätig
, listig, zum Teil einschmeichelnd, die Tschechoslowakei
die ihr zugefallenen Teile der alten ungarischen
Kirche dazu gebracht hat, sich zu verselbständigen.
Die ungarische Kirche A. B. war volksmäßig nicht
einheitlich. Es gehörten auch Slawen und Deutsche zu
ihr. Letztere (Preßburg) haben ehrlichen, tapferen
Widerstand geleistet, ohne daß es ihnen geholfen hätte.
Die ehemaligen Gemeinden der ungarischen Kirche A. B.
haben jetzt ihre eigene „Verfassung", die doch der alten
ungarischen sehr nahe geblieben, sie vielfach kopiert
hat. Sie heißen jetzt die „Slovenskoer ev. Kirche
(A. B.)". — 3. Erwin Hacker, Der Einfluß der
Konfession auf die Kriminalität in Ungarn
, S. 259—301. Eine genaue statistische Ver-
gleichung der Kriminalfälle („Bestrafungen") seit 1884.
Die Neuzeit, also die Verhältnisse in „Rumpfungarn",
konnte am wenigsten beleuchtet werden, da erst ganz
neuerdings wieder Veröffentlichungen entsprechender
Art (wie bis 1913) dargeboten werden. Es ist außerordentlich
reiches Material (unterschieden nach einfachen
„Tatsachen", „kriminal-aet io 1 ogi scher Erklärung
der Tatsachen"). Das Resultat ist, daß die
„Konfession" kaum eine Rolle spielt. — 4. Karl
Schneller, Die demologi sehen Eigentümlichkeiten
der prot. Bevölkerung Ungarns,
S. 303—432. Unterschieden werden das „integre" (also
ehemalige) Ungarn und das „heutige Gebiet". Die
Untersuchung richtet sich nicht etwa nur auf die „Ziffern
", sondern sehr gründlich auch auf, daß ich so sage:
die soziale Struktur der Protestanten in Ungarn, also,
um die Hauptthemata zu nennen, daß numerische Verhältnis
der Geschlechter, Altersgliederung, Familienstand
, Bildungsgrad, Fruchtbarkeit der Ehen usw.
Durch die Abtrennungen verloren haben die Protestanten
Ungarns fast genau die Hälfte ihres Bestandes: die
Volkszählung von 1910 ergab 3 984 000 Protestanten
(davon -' 3 Reformierte, V3 Lutheraner oder, wie sie
sich selbst nennen „Evangelische A. B."); den „Nachfolgestaaten
" (zur Slowakei kommt ja noch Rumänien
und Serbien) sind zugesprochen 844 000 Ev. A. EL,
1 006 000 Reformierte; erstere haben relativ sehr den
Hauptverlust. (In Ungarn war stets und ist heute
vollends der römische Katholizismus die bei
weitem stärkste Konfession). — Es folgen noch drei
weitere Studien: 5. Edmund Szelenyi, Evangelische
Pädagogen und Philosophen Ungarns
, S. 433—490; ferner 6. Zoltän Sztehlo, Die
Geschichte der ungarischen Rechtsnormen, die sich
auf die Religion der Kinder beziehen, S.
491—540; schließlich 7. Bela von Zsedenyi, Hierarchie
und Kyrioarchie in der Verfassungsentwicklung
der ungarländischen evang. Kirche A. B„ S.
541—676: es handelt sich um das Verhältnis des
„geistlichen" und „weltlichen" (nicht etwa bloß „staatlichen
") Elements in der Verfassung (es ist bei der
Verselbständigung der Kirche A. B. das der „Parität"
festgelegt, seit 1904). Ich kann über diese drei letzten
Studien, so gediegen auch sie sind, unmöglich hier näher
referieren. Das Gesamtwerk ist als Jubiläumsgabe für
die 400jährige Geltung der C. A. eine in Ungarn sicher
allseitig mit Dank aufgenommene Gabe; daß man es
auch deutsch zu Druck gebracht, gibt ihm nicht
nur bei uns Deutschen, die wir die Gabe als Zeichen
des Gefühls von Zusammengehörigkeit zwischen dem
ungarischen und unserem Protestantismus mitempfinden,
Anwartschaft auf wissenschaftliche Berücksichtigung.
_ Halle. F. Kattenbusch.

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Beyer, Prof. Hermann wolfgang: Bekenntnis und Geschichte.

Rede bei der Feier d. Univ. Greifswald am 400. Gedenktag d. Ober-
reichung d. „Confessio Augustana", dem 25. Juni 1930. Greifswald:
L. Bamberg 1930. (20 S.) gr. 8°. = Greifswalder Universitätsreden,
26. RM 1 —.

Bornkamm, Prof. D. Heinrich: Der protestantische Mensch
nach dem Augsburgischen Bekenntnis. Rede bei d. Festakt
d. Theolog. Fakultät am 29. Juni 1930 zum Vierhundertjahr-Gedächtnis
d. Übergabe d. Confessio Augustana. Gießen: A. Töpelmann
1930. (16 S.) gr. 8°. = Schriften d. Hessischen Hochschulen Univ.
Gießen, Jhrg. 1930, H. 1. RM 1—.

Ficker, Johannes: Die Eigenart des Augsburgischen Bekenntnisses
. Eine geschichtl. Betrachtg. Rede geh. bei d. am 3. Juli
1930 v. d. Stadt Halle u. d. Univ. Halle-Wittenberg veranstalteten
Vierjahrhundertfeier d. Augsburgischen Bekenntnisses. Halle a. S.:
M. Niemeyer 1930. (44 S.) 8°. = Hallische Universitätsreden, 47.

RM 3—.

Galiey, Pastor Lic. Alfred: Die Jahrhundertfeier der Augsburgischen
Konfession von 1630, 1730 und 1830. Ein Gedenkblatt
z. 400 jährigen Augustana-Feier v. 1930. Leipzig: Dörff-
ling & Franke 1930. (125 S.) 8°. = Sonderdr. a. Allg. Evang.-Luth.
Kirchenzeitung 1930. RM 3—.

Heiler, Friedrich: Confessio Augustana. Sonderheft der „Hochkirche
" aus Anlaß d. Vierhundertjahrfeier d. Augsburgischen Bekenntnisses
unter Mitarb. v. G. Diettrich, P. Schorlemmer, K. Ramge, Dr.
Leonhard u. Fr. Wiehert, hrsg. München: E. Reinhardt. (73 S.)
gr. 8°. RM 2.50.

Hirsch, Emanuel: Fichtes, Schleiermachers und Hegeis Verhältnis
zur Reformation. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
1930. (49 S.) gr. 8°. RM 2.80.

Kohlmeyer, Ernst: Von Augsburg nach Wittenberg. Rede
geh. bei d. Augustana-Feier am 4. Juli 1930 in d. Schloßkirche zu
Wittenberg. Halle a. S.: M. Niemeyer 1930. (23 S.) 8°. = Hallische
Universitätsreden, 49. RM 1.20.

Nagel, Pastor William Ernst: Luthers Anteil an der Confessio
Augustana. Eine histor. Untersuchg. Gütersloh: C. Bertelsmann
1930. (184 S.) 8°. = Beiträge z. Förderg. christl. Theol., hrsg. v.
A. Schlatter u. W. Lütgert, 34. Bd., 1. H. RM 5—.

Es ist nur ein Teil der Literatur, die von der Vierhundertjahrfeier
der Augustana im vorigen Sommer veranlaßt
worden, welcher mir mit den acht oben notierten
zur Besprechung zugewiesen worden. Das gewichtigste
umfänglichste Werk, welches ihr vorausging, ihr gewissermaßen
den Weg, nicht brechen, eher möchte ich
sagen: mit festem Gestein sichern wollte, das von
K. T h i e m e, Die Augsburgische Konfession und Luthers
Katechismen auf theologische Gegenwartswerte
untersucht (Gießen, 1930), gehört nicht dazu, auch
manche wertvolle Kleinschrift nicht. Von letzteren ist
die eine und andere (so P. Alt haus, Der Geist der
lutherischen Ethik im Augsburgischen Bekenntnis; von
Fendt, 1930 Nr. 21) hier schon besprochen, Thiemes
Werk ist es bis zu dem Augenblick, wo ich dies schreibe
, noch nicht, wird aber gewiß noch zu seinem Rechte
gebracht werden. Wenn ich es empfehle, ja rühme,
so heißt das nicht, daß ich ihm einfach zustimmte. Im
Einzelnen urteile ich mannigfach (relativ) anders,
besonders hinsichtlich der „Gegenwartswerte" der C. A.
(sogleich z. B. ihrer Eingangsartikel — so sorgfältig Th.
auch da alles überlegt!).

Nicht alle vor mir liegenden Schriften sind Reden
, immerhin die Mehrzahl, fünf (Nr. 1, 2, 3, 6, 7).
Die, mit der ich hier beginnen möchte, Nr. 4, ist ursprünglich
erschienen als eine durch fünfzehn Nummern
sich hinziehende Reihe von Artikeln der „Allg. Ev -
Luth. Kirchenzeitung" (Nr. 24—38, 1930). Ihr Verfasser
ist, so viel ich weiß, Mecklenburgischer Pfarrer.
Ich blieb bis zuletzt bereit, den sorgsamen Forschungen
Galleys zu folgen. Nicht als ob G. besondere Mittel
hätte, das Interesse für die drei Jubiläen, die
dem „unsrigen" vorangegangen, aufzustacheln. Die
klare Darlegung der jedesmal so ganz anderen „Lage"
der lutherischen Kirche — 1630 im Verhältnis zum Katholizismus
, aber auch Calvinismus, 1730 zum Pietismus
und aufkeimenden Rationalismus, 1830 zur Union und
dem aus der idealistischen Philosophie erwachsenden
Liberalismus — macht aber G.'s Schrift dem Kirchenhistoriker
lehrreich. In concreto erfährt man auch
vielerlei „Neues" durch die recht verschiedene Art der