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Ausgabe:

1931 Nr. 14

Spalte:

321-323

Autor/Hrsg.:

Schneider, Carl

Titel/Untertitel:

Die Erlebnisechtheit der Apokalypse des Johannes 1931

Rezensent:

Schlier, Heinrich

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Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 14.

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ihre Werke, so findet der ganze Abschnitt damit doch I empfindlichkeit, weniger DetailhP^hr

"■cht seine Erklärung. i mehr intensiv ahsträkt.V IvJ. dbes.chre.bungen", ist

ah Aber wenn vielleicht auch manche Einzeldeutungen ' $38) Aberder^offljlrtS ^ör*^ hbeharrend"

abgelehnt werden müssen - die Qrundthese M.'sbe- I Typ jaenschs. Er ist zw nicht F?ri4L ^JLr

steht wohl zu Recht. Damit ist die ganze Beschäftigung | Grades", aber gehört1 d?/ei JÄ8*" ^

mit dem JB auf eine neue Grundlage gestellt. ' sehen Gruppe'' (138) Die Art 1 „„!aClJ,er

Den Abschluß des Buches bildet noch eine^kurze | ^,3^ ^^^^^^

schaulichen Bild zum unanschaulich Gedanklichen
gewöhnlich durch ein Stadium des Labilwerdens" führt,
in welchem Moment „dann gerne Deutungen einge-

Untersuchung der Ursprünge des jüdischen JB. M.
verlegt die Abfassung in die Zeit Philos, vielleicht in

die Kreise der (Essener oder) Therapeuten, wo Alle- weicnem Moment oann gerne Lautungen emge-
göreseund Paränesl eigentliches Lebenswerk" war. schoben" werden (139). Der Apokalyptiker hat ferner
h bläht lKSTbei .diesen Kreisen stehen, sondern ! „Neigung zum Stereotypisieren" (139) er kennt sowohl

„Sammlungs- wie Ermudungspausen" (140). Ihm erleichtern
„Zwischenpersonen" „den Übergang vom Komplex
-Emotionalen zum Klar-Gedanklichen" (140). Das

gon
Doc

geht'au'f'die' Verwändtschaft des JB mit der hellenist
sehen Synagoge der Diaspora ein, die er mit Recht

ci i ui ? rw, i uii^c m wrwprtp* den Ertrag piex-nmononaien zum iuar-ueaanKiicnen" (14U). uas
stark betont. Der Inhalt d.f^ J6..^^^: T^" "jakobf zahlensymbolische Schema, das er verwendet/verrät
von Synagogenpredigten über die ^Geschichte Jakobs. | ^^J^ dje Stimmungslagei in der er gescnrieben

hat": „einerseits beherrschen ihn noch völlig die nachhallenden
Gefühlsmassen, . . andrerseits aber ringt er

Als dieser Ertrag zusammengestellt und der ganzen
Diaspora zugeeignet wurde, bot sich ungesucht der
Name Jakobs als Verfassername dar" (S. 300). Die
ursprüngliche Schrift hat wahrscheinlich nicht viel anders
ausgesehen als unser JB. M. urteilt jedoch vorsichtig
; und läßt die Möglichkeit bestehen, daß erst der
christliche Bearbeiter alle sprachlich-allegorischen Ausfuhrungen
wegließ.

~ Wegen 2, 14 ff. vermutet M., daß ein Christ die
t erst in der Zeit des abblassenden Paulinismus

um eine Ordnung in dem Gewirr der Visionen und Audi-
tionen" (140). Das alles aber sind wieder schizothyme
Kriterien. Daß des Johannes „Seelenleben pathologisch
genannt werden könnte" (141), ist jedoch nicht zu befürchten
.

Der Verfasser legt Wert darauf, festzustellen,
daß seine psychologische Untersuchung die geschichtliche
und die theologische Arbeit an der Apokalypse

ul i 1 ü u r ---- v~j ü .TT. i Dp+r unH I Cl i llcne und die tneoiogiscne Aroeit an aer Apoka vpse

bearbeitet haben kann - jedoch vor I Petr. und 1. U ^ ^ ^ ^ fjnden £ P

d. h. in den Jahren 80-90, und zwar - wegen des | Buch kaum theoIogiscne Erg€Dnissej €S xi denn d£

Aussage, die Theologie habe „allzuoft übersehen, daß
die Apokalypse ein Buch der Sehnsucht ist" (S. 133).

Interesses für Jacobus und Judas, wie sie der Jac- und
Judasbrief voraussetzen, — in der Nähe Palästinas, etwa
in Cäsarea. In der Zeit der schärferen Auswahl der
Vorlesungsbücher trat der JB in den Hintergrund; entschieden
wurde sein Schicksal erst, als Origenes ihn als
apostolisch anerkannte.

Damit schließt sich der Kreis der Ausführungen.
Das Buch ist durch das umsichtige Urteil und die
tiefgründige Forschung des Verfassers von hervorragender
Bedeutung für die Beschäftigung mit dem JB und
— wie schon gesagt — geeignet die Arbeit an diesem
Schreiben auf eine ganz neue Grundlage zu stellen.
Göttingen. H. Seesemann.

Schneider, Prof. Uc Dr. phil. Carl: Die Erlebnisechtheit der
Apokalypse des Johannes. Leipzig: Dörffling und Franke 1930.
(146 S.) gr. S°. RM 6.50.

Der Verfasser will durch eine psychologische Analyse
der Offenbarung des Johannes die Frage lösen, ob
die Bilder der Apokalypse „erlebt" sind und wie der
Apokalyptiker erlebt hat. Dazu bedarf es einmal der
Kenntnis des Materials, das die allgemeine Psychologie
und die Psychiatrie für ähnliche Erlebnisse erarbeitet
hat. Über diese Forschung gibt der Verfasser nach einer
kurzen Einleitung, die die Fragestellung betrifft, in einem
2. Abschnitt eine knappe, aber übersichtliche Orientierung
. Ferner bedarf es zur Lösung der gestellten
Frage einer genauen und umfassenden Textanalyse der
Apokalypse, die in dem 3. Teil des Buches geleistet
wird. Ein 4. Abschnitt faßt die gewonnenen Ergebnisse
zusammen. „Die Frage der Erlebnisechtheit der
Apokalypse ist im Grunde eine Frage nach dem Gefühlsleben
des Apokalyptikers". Denn hinter den Bildern
stehen „wirkliche, lebendige Gefühle" (134). Und zwar
starke grausame Gefühle, aber auch solche des Tröstlichen
und Stillen. Beide wechseln mit einander. Darin
Und in der „Ambivalenz der Gefühle" verrät sich, daß
wir es bei Johannes mit einer „schönen Ausprägung"
eines Schizothymen (nach Kretschmer) zu tun haben.
„Auf dieser Gefühlsgrundlage baut sich nun das Emp-
findungs- und Vorstellungsleben des Apokalyptikers
auf . . . Johannes ist ausgesprochen akustisch" (136).
„Auch hier befinden wir uns in schöner Übereinstimmung
mit Kretschmer. Schizothvme sind mehr akustisch
" (137). Ihr Vorstellungsleben hat auch, wie das
des Apokalyptikers „größere Spaltungsfähigkeit, mehr
Perseveration, größeren Formensinn, geringere Farb-

Die historische Arbeit dagegen wird nicht nur in Einzelheiten
, wo die Ergebnisse vor allem Boussets und J.
Weiß' auf Grund psychologischer Erwägungen korrigiert
werden, durch die psychologische Arbeit ersetzt,
sondern auch bei der Entscheidung über die Einheitlichkeit
und (implizit) der Echtheit der Apokalypse bei
Seite gelegt. Aber wenn wir davon absehen und uns
nur an das eigentliche Ziel des Verfassers halten, die
Person des Apokalyptikers besser zu verstehen, dann
ist Folgendes zu sagen:

1. läßt seine Methode kaum ein Ergebnis aus der
Arbeit herauswachsen. Denn daß Johannes Schizothyme
ist und Eidetiker schwächeren Grades, läßt sich
auch ohne eingehende psychologische Untersuchung erkennen
. So ist es auch symptomatisch, daß der Abschnitt
über die psychol. Grundlagen der Arbeit in
keinem engeren Verhältnis zur Analyse steht als irgendein
Kompendium der Psychologie zur Apokalypse.

2. Aber selbst ein formales Ergebnis zugegeben,
so ist mit der Aufhellung der psychologischen Struktur
des Seelenlebens des Apokalyptikers in keinem Sinn ein
Verständnis seiner Person gelungen, und kann auch nicht
gelingen. Denn wirkliches Verständnis einer Person ist
nur dort, wo sie sich mir zu verstehen gibt, d. h. aber,
wo ich sie in dem, was sie ist, für mich freigebe, dadurch
, daß ich auf sie höre. Indem ich aber den anderen
zum Objekt meiner psychologischen „Einfühlung" und
psychotherapeutischen Klassifikation mache, gebe ich
ihn nicht frei zur Erfahrung und Erkenntnis seiner
Person, sondern halte diese mir fern in der Abstraktion
eines naturwissenschaftlichen Phänomens. Welche Person
und Persönlichkeit — wir können hier ruhig identifizieren
— mir in dem Verfasser der Apokalypse gegenübertritt
, ist um keinen Funken deutlicher, wenn ich
ihn als Schizothymen klassifiziert habe. Im Gegenteil
, gerade dadurch ist sie und ihr Bild, sie und ihr Anspruch
, der vorwissenschaftlich vielleicht da war, wieder
verdeckt.

3. Außerdem muß man darauf aufmerksam machen,
daß einer solchen psychologischen Präparierung eines ntl.
Schriftstellers von diesem selbst dadurch widersprochen
wird, daß er über seine Individualität und die Intimitäten
seiner psychologischen Struktur schweigt. So weit
er sich über seine Person äußert, geschieht es nicht in