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Ausgabe:

1931 Nr. 1

Spalte:

14-15

Autor/Hrsg.:

Spek, Cornelis van der

Titel/Untertitel:

The church and the churchman in English dramatic literature before 1642 1931

Rezensent:

Hecht, Hans

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Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 1.

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mittein versteht. Die geisteswissenschaftliche Anschauungsweise
hat sich bei der Verlebendigung eines
scheinbar weit abliegenden Stoffes durchaus bewährt,
allerdings auch deshalb, weil der Verf. niemals
den festen Boden philologisch-kritischer Methode unter
den Füßen verliert, eine glückliche Kombination, die
nicht nur Freude an der Gestaltung des Werkes, sondern
auch Zutrauen zur Verläßlichkeit seiner Ergebnisse
hervorruft.

Oöttingen. Hans Hecht.

Völker, Karl: Kirchengeschichte Polens. Berlin : W. de Gruyter
& Co. 1930. (XII, 337 S.) 4°. = Grundriß d. slavischen Philolog.
u. Kulturgesch., Bd. 7. RM 24—; geb. 26—.

Eine Kirchengeschichte Polens ist nicht bloße
Lokal- oder Provinzialangelegenheit, sondern abendländische
Grenzgeschichte; denn fast gleichzeitig mit der
Christianisierung der Polen durch die Deutschen (966)
erfolgte auch die Taufe des Kiever (später Russischen)
Staates (988), jedoch nicht mehr nach westlichem, sondern
nach östlichem Ritus. Auf diese Weise wurde
Polen „in steter Auseinandersetzung mit den Einflüssen,
die von Westen und Osten kamen", nicht nur „dazu
ausersehen, eine eigene Geistesart hervorzubringen, als
deren charakteristisches Merkmal die Zugehörigkeit zum
abendländischen Kulturkreis hervorsticht", sondern auch
dazu bestimmt, Brückenköpfe zu bilden, tief hinein in
das östliche Kirchengebiet: große Teile orientalischer
Christenheit wohnten schon vor den Teilungen des Reiches
in der alten Adelsmonarchie und bilden auch jetzt
wieder den mehrere Millionen zählenden kompakten
Bevölkerungsstamm an den polnischen Ostgrenzen, mit
eigenem Kirchentum, 4 griechisch-orientalischen und 3
griechisch-unierten Diözesen.

Und noch ein zweites ist es, das die polnische
Kirchengeschichte auszeichnet: es ist, als ob gerade hier,
sei es aus der ganz besonderen Schichtung der Verhältnisse
, sei es aus einer eigentümlichen Veranlagung der j
Volksseele, sich Bedingungen eingefunden hätten, die |
eine gewisse vermittelnde, ausgleichende, nicht unbedingt
hart-grundsätzliche Atmosphäre geschaffen haben.
Belege dafür sind z. B. gerade für das 16. Jahrhundert |
zwei so gewichtige Ereignisse, wie die Union von San-
domir 1570, die Lutheraner, Reformierte und Brüder
vereinigte, sowie die von Brest-Litowsk 1596, der die
Vereinigung des römischen und griechischen Bekennt- j
nisses gelang.

Von diesen Merkmalen jedoch abgesehen, ist die I
polnische Kirchengeschichte in hervorragendem Maße
Geschichte des römischen Katholizismus: er drückt als
Staatsreligion, aber auch als Gegenreformation den Ereignissen
seinen besonderen, eigentümlich polnischen I
Stempel auf, jenes Gemisch von Vaterlandsliebe und
Freiheitsdurst, Demut und Stolz, Marienkult und Heldenverehrung
, Demokratie und Aristokratie, wie sie
eben nur auf dem Boden des geschichtlichen Polens gewachsen
sind.

Die Methode, mit welcher V. an die Meisterung j
seines Stoffes herantritt, ist peinlichst durchgeführtes j
Eindringen von außen nach innen. In vier großen Ab- |
schnitten zerlegt er sein Thema zuerst nach staatspoli- i
tischen und dynastischen Gesichtspunkten: Die Kirche 1
unter den Piasten (992—1386), im Zeitalter der Ja- 1
giellonen (1386—1572), im freien Wahlkönigreich
(1572—1795), und unter den Teilungsmächten (1772—
1918). In dieses Hauptschema werden nun kirchliche
Perioden eingebaut: Die Einführung des Christentums,
die Missionsarbeit, Festigung der kirchlichen Organisation
, die Steigerung der kirchlichen Macht durch die
Christianisierung Litauens und durch die Verbindung des
Episkopates mit dem bevorrechteten Großadel, endlich
der Zerfall der Kirche, die Vorbedingungen für das
Aufkommen der Reformation und die Reformation j
selbst. Obwohl V. durch eine Reihe von Untersuchungen |

j auch auf anderen Gebieten der polnischen Kirchenge-
' schichte seine Kenntnisse nachgewiesen hat (vgl. z. B.

seinen Aufsatz über die „Kirchenpolitik der Jagiellonen"
i ZKG. XLVIL, 1928), so befindet er sich doch in dem
Augenblick, wo er an die Darstellung der polnischen
Reformation schreitet, auf ureigenstem Forschungsge-
I biet. (Vgl. u. a. seine Erstlingsschrift: „Der Protestantismus
in Polen", Leipzig 1910.) Mit besonders
sicherer Hand zeigt er uns hier also zuerst die
Vorbedingungen, dann die Anfänge der Reformation
unter Siegmund L, endlich den Aufbau und Ausbau des
evangelischen Kirchenwesens bis zu seinem Absterben.
Ein Überblick über die antitrinitarischen Gemeinschaften
und den Erfolg der Gegenreformation schließt dieses
hochinteressante Kapitel ab. Als der römische Katholizismus
im 17. Jahrh. wieder zur Staatsreligion erhoben
wurde, neigte sich die Adelsmonarchie bereits ihrem
Ende zu.

Der ungeheure Stoff, den V. zu bewältigen hatte,
brachte es mit sich, daß bei allem Entgegenkommen des
Verlages, der ohnehin das Überschreiten der ursprünglich
I gezogenen Grenzen um ein Drittel gestattete, immer noch
vieles ungesagt bleiben mußte. Rein formal zeigt sich dieser
Mangel in der lapidaren, oft schlagwortartigen Anordnung
der Sätze, eine Darstellung, bei welcher vor allem
| der deutsche Leser, der aus sprachlichen Gründen nicht
immer zu den Quellen zurückzugreifen vermag, manches
I vermissen kann. Dazu kommt, daß es dem Verfasser
unmöglich wurde, neben der Geschichte der Ereignisse,
auch noch eine solche der Frömmigkeit zu bieten. Ge-
| rade so interessante Probleme, wie die etwaige Eigenart
einer polnischen Volksseele, ihr religiöses Verhältnis
z. B. zu Maria, der staatsrechtlich gekrönten Königin
von Polen, oder ihre Beziehung zur Rechtfertigung
allein durch den Glauben, dann die große Frage nach der
Teilnahme oder Teilnahmlosigkeit der Bauern an der
polnischen Reformation, endlich etwaige Einblicke in die
Volksfrömmigkeit der einzelnen Jahrhunderte z. B.
durch Analyse jeweils eines Kirchenliedes, eines Andachtsbuches
oder gar des Sagengutes: All das sind Gebiete
, von denen man ordentlich spürt, wie schwer es
dem Verfasser fiel, sie nicht berühren zu dürfen und sich
lediglich auf Tatsachenmaterial, Synodalprotokolle und
Konzilsbeschlüsse beschränken zu müssen. Die Art freilich
, wie er in diesem sparsamen Haushalt, von mehreren
Möglichkeiten immer nur die richtige ergreift, unter
den vielen Problemen stets mit größter Vorsicht Umschau
hält und oft auch das Ergebnis eigener Spezial-
studien darbietet, kann nur der Fachmann in ihrer mühseligen
Schwierigkeit erkennen.

V.s Kirchengeschichte ist auch noch in einer letzten
Hinsicht mehr als bemerkenswert: ein ähnliches Buch in
deutscher Sprache gibt es nicht und selbst die Polen
brachten bis auf den heutigen Tag keines zu stände.
Die letzten polnischen Arbeiten von K. Kantak
(Posen und Danzig 1912—1914) und von A. Ko-
zicki (Lublin 1916) sind über die Anfänge des Mittelalters
nicht hinausgekommen.

So ist auch dieses Werk wiederum ein Beweis dafür
, daß — wie mir oft slawische Schriftsteller und
Politiker gesagt haben —, erst die Deutschen den Slawen
ihre Geschichte erzählen müssen.
Wien. Hans Koch.

Spek, C. van der: The Church and the Churchman in Eng-
lish Dramatic Literature betöre 1642. Amsterdam i H. J. Paris
1930. (VIII, 188 S.) 8".

Die Arbeit überblickt in 12 Kapiteln fleißig zusammengestellte
Materialmengen in geschichtlichem Aufbau:
kirchlich - vorreformatorische Spiele; die Humanisten-
schwänke John Heywoods; die Kampfstücke der Reformationszeit
; das weltliche Drama in seiner Blüteperiode
und in seinem Abstieg; außerdem die dramatische
Darstellung einzelner geistlicher Typen: Büttel,