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Ausgabe:

1931 Nr. 13

Spalte:

291

Titel/Untertitel:

Die neue Ee 1931

Rezensent:

Clemen, Otto

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291

Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 13.

292

Auf ihn beziehen wir das zweite der geheimnisvollen 77i (397), welche
der Patriarch vor seinem eigenen Th(eophilos) an den Toren des zu
zerstörenden (Serapis = ?) Tempels fand: Th(eos) und Th(eodosios);
denn Theodosios II ist der „Verehrer des Heiligen Kreuzes" der wahre
„Constantin seiner Zeit" (396), welche den Höhepunkt des alexandri-
nischen Pontifikats bezeichnet; seinem Tode folgt unmittelbar die traurige
Wende von 451.

2. In einer jüngeren Peschitta-Handschrift vom J. 1749 (die aber nach
Ansicht von M. auf eine alte zurückgehe) wird das vierte Evangelium
dem Schüler des Apostels Johannes zugeschrieben: Johannes dem Jüngeren
, der in Bithynien gepredigt habe, dann des Apostels Nachfolger
in Ephesus geworden, dort gestorben und begraben sei.

Hamburg. R. Stroth mann.

Vollmer, Prof. D. Hans: Materialien zur Bibelgeschichte und
religiösen Volkskunde des Mittelalters. Bd. IV: Die neue
Ee eine neutestamentl. Historienbibel. Berlin: Weidmann 1929.
(LXIV, 233 S. m. 2 Taf. in Lichtdruck) gr. 8°. RM 20—.

Die vorliegende neutestamentliche Historienbibel ist „ein religiöses
Volksbuch, in dem teilweise uraltes Überlieferungsgut, auf den verschiedensten
Wegen zusammengeflossen, seine deutsche Schlußredaktion
erhielt". Unser Text ist großenteils Prosaauflösung einer gereimten Vorlage
, die unter den sog. Schwellhandschriften der Christherre-Chronik zu
suchen ist. Vielleicht kommt noch einmal eine solche Handschrift zutage
, die sich inhaltlich restlos mit unserm Prosatext deckt und dann
als deren einzige Quelle in Betracht käme. Vorderhand kennen wir
aber einen solchen Reimtext nicht. Vielmehr bleibt bei weitgehender
Abhängigkeit der „Neuen Ee" von der erweiterten Christherre-Chronik eine
Menge Stoff, der daraus nicht abzuleiten ist, den also der Kompilator
aus anderen Quellen (Passional, Philipps Marienleben, Kindheitsevangelium
des Pseudo-Matthäus, Heslers Evangelium Nicodemi, die Urstende
des Konrad von Heimesfurt, die Acta Pilati, Ludolphs Vita Christi,
Historia scholastica, Legenda aurea, die Legende von den heil, drei
Königen, Glossa ordinaria, Josephus, Dionysius Areopagita) geschöpft hat.
Der Kompilator war wohl geistlichen Standes und oberdeutscher Herkunft
. Die ältesten Textzeugen weisen uns ins bayrisch-oberdeutsche
Sprachgebiet. Die früheste auf uns gekommene Abschrift ist von 1434
(Wien, Nationalbibliothek cod. 2862); das Werk wird also um 1400
entstanden sein.

Textkonstitution und -analyse wie immer vorzüglich.

Der S. 2 u. 3 von dem Herausgeber geäußerte Wunsch, „daß die
Erforschung der Geschichte der deutschen Bibelübersetzung endlich einmal
von einem leistungsfähigen Zentrum aus . . . organisiert werden"
möchte, ist unterdessen in Erfüllung gegangen. Am 2. Jan. d. J. hat
das deutsche Bibel-Archiv in Hamburg seine Arbeit aufgenommen (Christliche
Welt 45, 42).

Zwickau i. Sa. _O. Clemen.

Bardy, G.: Litterature latine chretienne. Paris: Bloud & Gay
1929. (IV, 231 S.) 8°. = Bibliotheque catholique des Sciences
religieuses. 12 Fr.

Dies Buch ist Bestandteil eines neuen Unternehmens
, der Bibliotheque Catholique des Sciences Religieuses
, das nach dem Prospekt auf 102 Bändchen berechnet
ist, von denen die eine Hälfte die Histoire du
Christianisme, die andere L'Eglise d'aujourd' hui (einschließlich
der nichtrömischen, ja auch der nichtchristlichen
Religionen) zum Gegenstand hat. Wenn alle
Teile so gut gearbeitet sind wie der vorliegende, kann
der französische Leser zufrieden sein. Neues wird Niemand
erwarten. Aber der Name Bardy bürgt für die
Zuverlässigkeit, und die Nachprüfung bestätigt das Vorurteil
. Der Verfasser hat es verstanden, Lesbarkeit und
Wissenschaftlichkeit zu verbinden. Auf wenig Raum ist
viel gesagt, doch bleibt jedes Eingehen auf Einzelfragen
ausgeschlossen. Das Urteil ist maßvoll, bei lite-
rarkritischen Fragen (Minucius; Tertullian; Kommodian;
Irenäus-Übersetzung; Muratorisches Fragment u. ä.)
zurückhaltend. In Deutschland wird man schwerlich
zu Bardys Buche greifen, da unser Bedarf an literar-
geschichtlichen Darstellungen zurzeit gedeckt ist. Das
braucht uns nicht zu hindern, die Güte seiner Arbeit
anzuerkennen.

Gießen. G. Krüger.

Hertling, Dr. Ludwig von, S. J.: Antonius der Einsiedler.

Innsbruck: F. Rauch 1929. (XVI, 96 S.) gr. 8°. = Forschgn. z. Gesch.
d. innerkirchl. Lebens, hrsg. v. F. Pangerl, S. J., 1. H. RM 4 — .

Diese gewandt und anmutig geschriebene Skizze
beruht auf der literarkritischen Überzeugung, daß mindestens
die Vita Antonii des Athanasius und die betreffenden
Texte der Historia Lausiaca, aber auch die
1 Briefe des Antonius, die selbst von katholischen Forschern
ihm abgesprochen wurden, echt sind. Zu dieser
literarkritischen gesellt sich die exegetische Überzeugung,
daß man in der alten, „unkritischen" Zeit die „Wüstenväter
" besser verstanden hat als heute, wo man überall
vor religionsgeschichtlichen Rätseln zu stehen glaubt.
Bis Kap. 8 folgt der Autor wesentlich dem Athanasius.
| Kap. 9 beweist die Echtheit der Briefe, und Kap. 10
legt die Mystik der Briefe vor. Kap. 11 und 12 berühren
äußere Ereignisse im späteren Leben des Heili-
gen und seine Lebensweise. Kap. 13 erzählt den Tod.

Die Echtheit der Vita des Athanasius ist heute unbestritten
, die Deutung und historische Verwertung
; unterliegt starken Schwankungen, und die letztere einer
starken Einschränkung. Die Tiervision und überhaupt
j das Dämonische stellt für den, der an der Geschichtlich-
I keit nicht zweifelt, ein Problem dar, dessen Lösung
man z. B. von Seiten der Psycho-Pathologie näher kommen
kann. Der Verfasser will diesen Weg nicht gehen,
i er fällt S. 51 das Urteil: „Die theoretische Dämonen-
I furcht der heutigen Wissenschaft ist viel größer, als es
1 die praktische früherer Zeiten war", und neigt sich auf
I S. 55 mehr einer okkultistischen Betrachtung zu, biegt
1 dann aber schließlich dahin ab, daß die Störungen, die
, der Heilige fühlte, ihm ohne weiteres als vom Teufel
geschickt erschienen sein, eine für den damaligen Men-
| sehen selbstverständliche Anschauung. Die Grenze einer
Verständigung mit dem Verfasser wird von ihm selbst
auf S. 53 Anm. 12 mit dem Satz bezeichnet: „Auf den
I Gebieten der Wunder, des Dämonischen und der My-
I stik wird es zwischen katholischen Hagiographen und
nicht-katholischen niemals eine Brücke des Verständnisses
geben". Danach haben wir uns zu bescheiden.
Es soll aber nicht verschwiegen werden, daß die Ver-
! wendung der heiligen Schrift in den Briefen nach Eua-
grios Praktika 92 den stärksten Bedenken begegnen
muß. Und wer von größeren Gesichtspunkten aus
und unter Verwendung des Materiales der mündlichen
Tradition an das literarische Kunstprodukt der Vita des
Antonius herantritt, wird, wie Bousset, zu dem Urteil
kommen können: „Ein genaues und zutreffendes Bild
des Abbas Antonios, des rauhen Eremiten und ein-
I samen Wüstenwanderers, ist uns unwiderbringlich ver-
j loren gegangen."

Es ist nicht überraschend, daß der Verfasser eine
religionsgeschichtliche Betrachtung ablehnt und sich
! gern den Satz von Grützmacher S. 9 aneignet: „Die
i Wurzeln des Mönchtums liegen in der Entwicklung
des christlichen Lebensideals". Daß Athanasios mit
seiner Vita eine ganz bestimmte Tendenz verfolgt und
dabei sogar die Vita des Pythagoras geplündert und
seinen Heros mit fremden Federn geschmückt hat, ist,
wie es scheint, für den Autor indiskutabel.
Goslar. Hugo Duensing.

Grabmann, Martin, und Joseph Mausbach: Aurelius Augustinus
. Festschrift d. Görres-Gesellschaft z. 1500. Todestage d.
Heiligen Augustinus. Köln: J. P- Bachem G.m.b.H. 1930. (XI,
439 S. m. 1 Abb.) 4°. RM 26— ; geb. 30—.

Die umfangreiche, 439 S. starke Festschrift der
Görres-Gesellschaft zum Augustinjubiläum ist ein wertvoller
Beitrag der deutschen katholischen Theologen
j zum Verständnis des großen Afrikaners. Und da Augustin
nicht bloß der katholischen Kirche, sondern der
Christenheit, ja dem Kulturkreis des Westens überhaupt
gehört, wird die reiche Gabe, die aus 18 zum
Teil längeren, sämtlich wissenschaftlich vollwertigen Abhandlungen
besteht, auf dankbare Aufnahme rechnen
können.

Beim Blick auf das Inhaltsverzeichnis fällt so-
| gleich zweierlei auf. Das erste ist ein Schönheitsfehler.
! Die Aufsätze sind nach den Anfangsbuchstaben der
| Autoren geordnet und stellen infolgedessen ein wildes
i Durcheinander dar — beispielsweise sind die beiden
i Augustins Schriftauslegung behandelnden Arbeiten von