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Ausgabe:

1931 Nr. 10

Spalte:

229-231

Autor/Hrsg.:

Jones, Rufus Matthew

Titel/Untertitel:

George Fox, seeker and friend 1931

Rezensent:

Freund, Michael

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229

Theologische Literaturzeitung 1931 Nr. 10.

230

Nachrichten über die Rolle, die im Leben unserer Ahnen
der Mond gespielt hat (S. 26; merkwürdigerweise hat
der Verf. die wichtige Stelle Caesar 6, 21 unberücksichtigt
gelassen). Bis auf die Neuzeit dauert die Verehrung
dieses mächtigen Gestirns und seiner verschiedenen
Phasen (Mondwechsel) an. Die neueren Volksüberlieferungen
sind nun von Wolf — ohne Vollständigkeit
zu erstreben — in wenig befriedigender Ordnung
des Materials zusammengestellt. Einen besonderen Abschnitt
widmet er dem Mond als Volksliedmotiv (S.
48 ff.). Das Hauptinteresse ist aber auf den Aberglauben
gerichtet. Auch den Gestirnglauben der Astrologie
hat er nicht ganz ausgeschieden, weil er darauf
zu verweisen hatte, daß in den Volksglauben Deutschlands
nicht wenige Bestandteile der antiken Mondvorstellungen
rezipiert worden sind. Seine Darstellung des
volkstümlichen Erbguts sucht nach „Gesetzen", unter
die er die Einzelheiten subsummiert sehen möchte: das
Wachsen des Mondes bewirkt bei den Früchten ein
Wachsen nach oben, sein Schwinden dagegen ein
Wachsen nach unten (S. 30; der zunehmende Mond
wirkt auf die Fülle und Größe des Gepflanzten ein S.
31; was vernichtet werden soll, muß bei abnehmendem
Mond bekämpft werden S. 32). Eine Sympathie waltet
zwischen Mensch und Mondphasen (S. 27 ff.; Zaubersprüche
S. 32ff.; andere magische Wirkungen S. 37ff.;
Wetterorakel in den Bauernregeln S. 68 ff.). Ausführlich
kommen auch die Mondmythen anläßlich der Mondflecken
(Mann im Mond) und der Mondfinsternisse zu
Wort (S. 51 f. 55 ff.), aber weder die Mythen noch die
Riten haben eine tiefere religionswissenschaftliche Begründung
erfahren (moderne Begriffe wie mana und
tabu sucht man in dieser Heidelberger Dissertation
vergebens).

Kid. Friedrich Kauft mann.

Kalndl, Priester Dr. P. Dominik: Geschichte des Zisterzienserstiftes
Hohenfurt in Böhmen. Im Anhanc: Ein Führer durch
die Sehenswürdigkeiten des Stiftes. Budweis: Selbstverlag des Verf.
1930. (164 S.) gr. 8°. 18 Kc.

Das Zisterzienserstift Hohenfurt, an der oberen
Moldau in Südböhmen gelegen, hat das in Deutschland
wohl nicht häufige Glück, daß es von seiner Gründung
an (1259) bis heute ununterbrochen in der Hand desselben
Ordens war. Weder die Hussitenkriege, noch
die Reformation, noch der 30jährige Krieg, noch Joseph
II. haben eine auch nur zeitweilige Existenzveränderung
für das Stift herbeigeführt, wenn sie auch
natürlicherweise starke Schädigungen besonders in wirtschaftlicher
Hinsicht im Gefolge hatten. Der Verfasser
konnte sich daher in der Hauptsache auf eine erhaltene
Sammlung von 5808 Urkunden und Aktenstücken stützen
und die Geschichte des Stifts an der fortlaufenden
Reihe seiner 43 Äbte darstellen. Der Anhang, enthaltend
eine Beschreibung des heutigen Stifts und seiner
Sammlungen gibt mit seinen Bildern eine Vorstellung
von dem Reichtum des Stifts. Die Darstellung ist, soviel
ich beurteilen kann, wissenschaftlich, nüchtern und
zuverlässig. Auffallend ist, daß aus dieser Zisterzienser
Niederlassung im Lauf von fast 7 Jahrhunderten weder
ein Mann noch ein Werk hervorgegangen ist, dessen Bedeutung
über die Grenzen des Herrschaftsbereichs des
Klosters hinausgegangen wäre. Man hat den Eindruck,
daß die Tätigkeit der Leitung und des Konvents durch
all die Jahre fast ganz von den wirtschaftlichen Interessen
absorbiert wurde.
Stuttgart. Ed. Lempp.

Jones, Prof. Rufus M.: George Fox. Seeker and Friend. London :
Allen & Unwin 1930. (221 S.) 8°. 5 sh.

Die beiden prominentesten Führer des englischen
Quäkeirtums im 17. Jahrhundert George Fox und William
Penn haben beide bisher noch keine große auf breitem
wissenschaftlichem Fundament ruhende biographische
Darstellung gefunden. Charles Braithwaites

große Darstellung der Entwicklung des Quäkertums ist
noch immer'die hervorstechendste Geschichte des Werks
und der Persönlichkeiten des Quäkertums. An dieser
| Sachlage ändert die vorliegende Arbeit von Rufus M.
1 Jones nicht viel. Ohne nur eine populäre Darstellung
zu sein, gibt das Buch einen schlichten anspruchslosen
| Bericht des Lebens von Fox, der die eigentlich wissenschaftlichen
Fragen im Hintergrund läßt, und eine allgemeine
Charakteristik von dessen Religiosität. Die
Grundlage der Darstellung ist ziemlich ausschließlich
| das „Journal" von Fox; die ganze reiche Flugschriften-
i literatur — für die Frühzeit Fox' überzeugt ein Blick
I schon auf den Katalog der Thomason Collection des
| Britischen Museums von der Überfülle solchen Materials
— sowohl die Flugschriften von Fox als die vielen seiner
Anhänger und der Zeitgenossen über und gegen ihn,
bleibt so gut wie unausgebeutet. So wird beim Bericht
der amerikanischen Reise Fox' die große merkwürdige
Streitschrift Roger Williams (George Fox digged out
of his burrows) nicht einmal erwähnt und doch würde
die Auseinandersetzung von Williams mit Fox den religionsgeschichtlichen
Aspekt des Quäkertums aufzuhellen
viel beitragen. Überhaupt kommt die Geistesgeschichte
des Quäkertums etwas zu kurz. Verantwortlich dafür
ist, daß Jones die reflexionslose Ursprünglichkeit der
Religiosität von Fox etwas zu stark akzentuiert. Gewiß
, ist Fox nicht eine theologische Natur. Aber die enorme
theologische Denkarbeit, die noch zu seinen Lebzeiten
] von den Burroughs, Howgil und vor allem Robert
I Barclay geleistet wird, umgibt das Wachstum der
| Quäkergertieinschaft, der Fox immer stärker mit allen
Fasern seines Herzens verhaftet wird und umschließt
damit sein eigenes Werden. Jones schildert Fox vorzüglich
als die lebendige überwältigende religiöse Kraft
hinter der Quäkerbewegung; wissenschaftlich aber wäre
wohl interessant gewesen zu wissen, welchen artikulierten
theologischen Ausdruck diese Kraft gewann; so
hat sie doch vor allem auf die Menschheit weitergewirkt.
Auch der zeitgeschichtliche Hintergrund ist in dem
Buche Jones' ziemlich dürftig geraten: nichts davon,
wie das Quäkertum, von dem Fox wohl kaum zu trennen
ist, aus den übrigen „enthusiastischen" Bewegungen der
Zeit herauswächst, wie es mit ihnen sich auseinandersetzt
, wie es von ihnen beeinflußt wird, wie weit das
Quäkertum an der allgemeinen „chiliastischen" Hoffnung
der Zeit teil hat. (So erfährt man über die Stellungnahme
Fox' zu dem Auftreten von James Naylor
j als eines neuen Messias in Bristol so gut wie nichts.)
| Schließlich hat man auch schon Gerrard Winstanley, den
„Digger" als den Begründer der Quäkerbewegung an-
j gesprochen. Das Kapitel: „Social work" bringt kaum
mehr als mitunter in recht erbaulichem Ton vorgetragene
Allgemeinheiten; schade; denn es knüpft sich viel
Interesse daran, welche Zusammenhänge zwischen der
! Sozialidee des Quäkertums und der großen sozialen
Gärung der Zeit bestanden. Was sich dabei herausholen
läßt, zeigt die schöne Arbeit Philipp S. Belascos über
' die sozialen und politischen Ideen des Quäkertums:
| Authority in Church and State (Ich darf auf meine
! Anzeige dieses Buches in der Deutschen Literaturzeitung
, 1930, S. 1613 ff. hinweisen).

Jones eigentliches Arbeitsgebiet, auf dem er sich
nicht unbeträchtliche Verdienste erworben hat, ist die Er-
! forschung „mystischer" Bewegungen des 16. und 17.
j Jahrhunderts. So sind auch in der vorliegenden Arbeit
j die Verknüpfungen der Religiosität von Fox mit der
Mystik des 16. Jahrhunderts, insbesondere auch mit der
! deutschen gut herausgearbeitet. Der Nachweis der
großen Ähnlichkeiten zwischen Fox und Jakob Böhme
und eines wahrscheinlichen direkten Einflusses der (bis
zur Mitte des 17. Jahrhunderts fast vollständig ins
Englische übersetzten) Werke Böhmes ist sehr dankenswert
. Jones deutet aber selbst an, ohne es näher auszuführen
, daß beim Kampf des Quäkertums gegen die
calvinistische Auffassung der menschlichen Natur und