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Ausgabe:

1930 Nr. 8

Spalte:

175-177

Autor/Hrsg.:

Prümm, Karl

Titel/Untertitel:

De genuino Apocalypsis Petri textu 1930

Rezensent:

Hennecke, Edgar

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Theologische Literaturzeitung 1930 Nr. 8.

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fremd; einiges kommt entschieden zu kurz wie Zwingli, i
wie auch der Jesuitenorden und sein Begründer. Ganz j
ausführlich sind Luther, Goethe, Schleiermacher und
Strauß behandelt. Aber auch diese umfangreichen Abschnitte
zeugen wohl von Lektüre und manchem guten !
Willen den Ketzern gegenüber, aber sie vermögen infolge
ihrer Dispositionslosigkeit nicht, dem Leser ein
Verständnis (auch nicht ein irgendwie typisch katholisches
Verständnis) der Sache zu vermitteln.

Bei Luther wird das Festhalten an der altkirchlichen
Christologie hoch gerühmt, auch seine Originalität wird
(im Anschluß an Grisar) sehr stark gewertet. Als der
Grundzug in Luthers Theologie, dem es vor allem zu
widersprechen gelte, wird die ungünstige Beurteilung
der natürlichen und übernatürlichen Selbstbetätigung
hervorgehoben; er hänge mit einer düsteren Gemüts-
anlage zusammen. Wertvoller als diese Ausführungen
sind für unsereinen die Bemerkungen zum Herz-Jesu-
Kult und den jesuitischen Exerzitien; aber hier ist der
Verf. mit beweisenden Belegen leider sehr zurückhaltend.
Ausführlich hat er dann die Lessingsche Unterscheidung
geschichtlicher und vernünftiger Wahrheiten referiert
und kritisiert. Nicht uninteressant ist es, wie er gegen
Lessings Wahrheitstheorie den Satz des Vaticanums ins
Feld führt, nach dem der Katholik den Glauben, den er
bereits durch kirchliche Vermittlung hat, auch nicht auf
Zeit zurückstellen darf, um sich auf die Ebene der
wissenschaftlichen und also zunächst zweifelnden Diskussion
zu begeben. Die Kapitel über Goethe sind
trotz ihres Umfangs keineswegs erschöpfend; so fehlt
bei der Zusammenstellung von Zitaten über Jesus aus
Faust und Diwan jegliche Erwägung über die menschliche
und dichterische Haltung, aus der heraus diese
Verse gesprochen sind; im Faust spricht Goethe durch I
den Mund dramatischer Personen und im Diwan immerhin
in einer Maske! Ihren Umfang haben die Goethe-
Abschnitte durch besonders ausführliche Diskussion der
Eckermann-Stellen über Kirche und Christentum erhalten
sowie durch eine ausgeführte Kritik am Faust-Schluß.
Auch hier macht sich aber der Verfasser nicht klar, wieviel
an der letzten Szene dichterisch ist; seine Kritik gilt
bezeichnender Weise dem Umstand, daß in dieser
Schluß-Lösung Christus selbst zu sehr in den Hintergrund
trete: „nach katholischer Lehre und Leben erlösen
nicht die Engelscharen, nicht die Büßerinnen, nicht einmal
die Mater gloriosa. Christus allein erlöst" (S. 375).

In der Darstellung von Strauß wird die Leistung
des ersten Lebens Jesu zwar bekämpft, aber richtig erkannt
, mit seiner Quellenkritik wird abgerechnet, das
zweite Leben Jesu wird mit einem sehr ausführlichen
Zitat aus Schweitzer abgelehnt.

Geblieben ist dem Werk auch in dem zweiten Band eine Fülle von
Schönheitsfehlern. Nicht nur, daß Troelsch und Tröltsch, Alexander
und Albert Schweitzer (als Bezeichnung desselben Mannes) neben einander
stehen. Auch die in meiner ersten Anzeige betonten Exzesse im
Bildgebrauch finden sich wieder. Da gibt es gleich zu Anfang S. 9
den Einfluß der Grundwellen auf das 14. Jahrhundert, und „die freisinnigen
Gedankenwellen drängten sich auf alle Gebiete über". Dann
bricht sich im Herz-Jesu-Kult die Sonne der Liebe den Weg durch die
düsteren Nebel des Jansenismus (S. 100). Und zum Schluß wird S. 686
das Werk von Strauß als Selbstbegräbnis dargestellt, „und die Scholle,
die er selber auf den Sarg seiner früheren Arbeiten warf, heißt —
Materialismus."

Heidelberg. Martin Dibelius.

Prflmm, S. J., Karl: De genuino Apocalypsis Petri textu. Examen
testium iam notorum et novi fragmenti Raineriani. (Biblica 10,
1929, S. 62—80. gr. 8°.)

Hier wird in eine Untersuchung des Textbestandes
der Petrus apok aly pse eingetreten unter
Hinzuziehung eines neuen griechischen Bruchstücks
der Sammlung Rainer aus dem 3. oder 4. Jahrhundert
, das durch K. Wessely 1924 veröffentlicht
wurde (Patrologia orientalis 18, S. 4821), worauf F.
J. Dölger den Verfasser aufmerksam machte. Dieser erörtert
das Fragment am Schlüsse seiner Untersuchung

verhältnismäßig kurz, nach sorgfältigen Einzelvergleichungen
der bisher bekannten beiden Haupttexte
(C das griech. Akhmimfrgt., A der Aethiope), und
spricht sich für die Frage, welcher dieser beiden Zeugen
mit der Schilderung des doppelten Jenseitszustandes die
ursprüngliche Anordnung biete, zugunsten von A aus, so
wie es etwa Weinel mit seiner Textdarbietung in den
„Neutest. Apokryphen"2 S. 318ff. vorgelegt hat (doch
vgl. dessen Andeutungen S. 316).

Der Wortlaut des bisher nur in der Version von
A vorliegenden Fragments, das c. 14 der Apok. entspricht
, lautet, unter Kenntlichmachung der mit A übereinstimmenden
Wörter durch Schrägdrack, in deutscher
Übersetzung:

„(Zeigen?) werde ich meinen Berufenen und Auserwählten
Gott, wenn sie mich [?] aus der Strafe aufrichten
, und werde ihnen eine schöne Taufe geben im
Heil des Acherusischen Sees, wie sie ihn nennen, in
dem Gefilde Elysium, als Anteil der Gerechtigkeit mit
meinen Heiligen. Und weggehen werde ich und meine
Auserwählten, (diese) frohlockend mit den Patriarchen,
in mein ewiges Reich und werde mit ihnen meine Verheißungen
tun, die ich ihnen verheißen habe, ich und
mein Vater im Himmel. Siehe, ich habe dir, Petrus,
kundgetan und alles auseinandergesetzt. Und (nun)
wandere in eine Stadt, die der Hurerei vorsteht, und
trinke den Kelch, den ich dir verheißen habe in beiden
Händen des Sohnes [ ?], der im Hades (ist), damit sein
Unsichtbarwerden (Verderben) einen Anfang nehme und
du die Verheißung entgegennehmen kannst."

Zu Anfang steht eSopui, also vermutlich (:tap)e|o|.icu, besser noch
würde passen ÖEiEjopai. Vorher wurde, nach Beendigung der Schilderung
der jenseitigen Qualen, beschrieben, wie auch die Auserwählten
und Gerechten, von Engeln gebracht, noch Zeugen der verspäteten Einsicht
der Gepeinigten werden. Hier schließt das Fragment an. Jene
können also allein für die Aufrichtung aus der Strafe (xöLaoic, zugleich
Strafort, orijoorvTru, medial!) in Frage kommen (das vorangehende
u,e zu tilgen). Ihre verschiedene Bezeichnung in der Apokalypse und
das Verhältnis zn den „Heiligen" Jesu bedarf näherer Feststellung.
Deutlicher wird durch das neue Fragment die Ortsbezeichnung (vgl,
Sib. II 337f.) der Taufe im Jenseits (vgl. Apoc. Pauli 22 James.
The apoer. N.T., S. 537f.; auch S. 185). Auch das ewige Reich
Jesu (vgl. 2. Petr. 1,11) ist örtlich gedacht; anders, und doch sehr
ähnlich, Matth. 25,46 (vgl. 41. 34). Im zweiten Teil des Fragments
ist der Hades als Aufenthaltsort des Sohnes (Tut), etwa im Hinblick auf
dessen — sonst bezeugte — Hadesfahrt, fraglich, weil ihrer vorher in
der Apok. nirgends gedacht wird, wiewohl die Erwähnung der „Patriarchen
" daran erinnern könnte. Auch bereitet die Erwähnung des Sohnes
in Jesu Munde Schwierigkeiten, da eine Abglcitung der visionär-prophetischen
Rede von Jesus auf Petrus mitten in dem ganz auf diesen bezüglichen
Schlußsatz nicht angenommen werden kann. Wenn Prürara
dafür hält, daß hier die jüdische Vorstellung vom Verschwinden des
Messias vor seinem Wiedererscheinen vorläge, so ist letzteres (als end-
giltiges) ja schon kurz vorher zum Ausdruck gebracht, kann also nicht
versteckt erneut gemeint sein. Das bestätigt, daß in moü eine Textverderbnis
vorliegen und vielmehr auf den Antichrist oder dergleichen
(vgl. c. 2, und dazu Weinel S. 317 sub 5) Bezug genommen sein wird.
Das ev iZQoly könnte dagegen auf die Todesart des Petrus (in Rom,
vgl. Offb. Joh. 17,5) anspielen.

Was bei A auf c. 14 folgt, hat seinen Schauplatz
auf dem Berge der Verklärung (Matth. 17 u. Parall.),
an die sich sogleich die Himmelfahrt anschließt. Ob
auch wirklich in der ursprünglichen Apokalypse? Da
die Anfangssituation c. 1 f. die von Matth. 24 u. Parall.
(bei Marc, wird Petrus voran genannt) ist, müßte man
doch für diesen Fall erwarten, daß Kreuzigung und
Auferstehung nicht übergangen wären (erstere in c. 2
nur beiläufig in anderem Zusammenhange erwähnt);
auch ist nirgends angedeutet, daß die Aufschlüsse etwa
aus dem Munde des Auferstandenen kämen. Da nun der
Ortswechsel, wie schon Duensing bemerkte, unter den
von A geschilderten Umständen verdächtig erscheint,
während die Parallele C Vers 4 sich allenfalls auch auf
den ölberg (etwa eine höher gelegene Stelle) deuten
läßt, scheint mir für die Ursprünglichkeit der Anordnung
der beiden Hauptvisionen bei C manches zu sprechen
. Zumal da sie in der Hauptsache auch durch die
von der Petrusapok. abhängigen Schilderungen der.