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Ausgabe:

1930 Nr. 26

Spalte:

606-607

Autor/Hrsg.:

Storr, Vernon F.

Titel/Untertitel:

From Abraham to Christ. Studies in the Development of the Theism of the Old Testament. The Romance of Human Faith and Divine Revelation 1930

Rezensent:

Rudolph, Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung 1930 Nr. 26.

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ohne ihr Urteil als abschließend zu betrachten, natürlich
ihre persönliche Stellungnahme. Dabei muß man anerkennen
, daß sie mit Erfolg bemüht gewesen sind,
dem Leser die Grenze zwischen unserem positiven
Wissen und dem, waß wir nur mit mehr oder weniger
Wahrscheinlichkeit vermuten können, stets deutlich zu
machen; das tritt z.B. bei der Behandlung des Werkes
des Moses und der mosaischen Autorschaft des Deka-
loges unverkennbar hervor. Ich will darum auch keinen
Einspruch gegen dieses und jenes Urteil der Verf. erheben
, sondern nur auf einige Tatsachen verweisen,
die m. E. einer eingehenderen Beachtung wert gewesen
wären. Die Lade S. 179 ist doch wohl ein nordisraelitisches
Kultrequisit, und Lade und Zelt erscheinen in der
at.lichen Tradition bis auf David niemals verbunden.
An diesem ganz schwierigen Problem geht die Darstellung
vorbei. S. 199 heißt es: The populär eschato-
Iogy was political and national, while the prophetic was
primarily ethical and religious. Ganz abgesehen davon,
daß man zwischen Zukunfts- und Endhoffnung streng
scheiden soll, ist die Zukunftshoffnung in Jes. 9 und 11
nicht reichlich political and national? — Der prophetischen
Zukunftserwartung dient Daviddynastie und
-reich von Anfang und für lange Zeit als Fundament.
Über das seelische Problem der Prophetie erfahren wir
leider nichts. Überhaupt erscheinen mir in diesem Zusammenhang
manche Fragen, wie z. B. die prophetischen
Urteile über den Kult unter the need of brevity
(S. XXIII) etwas gelitten zu haben. Daß in spätnach-
exilischer Zeit persische Ideen die jüdische Endhoffnung
befruchtet haben, ist unzweifelhaft und wird durch
außerbiblische Zeugnisse gut belegt. Daß aber in Zeph.
1, 14—18. 3, 8 die Vorstellung vom Weltbrand wenigstens
„adumbrated" S. 348 sei, kann doch selbst die
raffinierteste exegetische Kunst nicht beweisen, und
ebenso wenig ist Jes. 53,1 die Auferstehung wieder
..adumbrated'' S. 350. Wohl aber wird im AT. gegen
parsistische Ideen klipp und klar polemisiert, wie Gen.
1, 3. 4. Jes. 45,6. 7 zeigen. Der Passus über den Versöhnungstag
S. 298 scheidet nicht zwischen vorexi-
lischen und nachexilischen Elementen in der Geschichte
dieses bedeutsamen Feiertages.

Königsberg i. Pr. Max Lohr.

Oestreicher, D. Th.: Reichstempel und Ortsheiligtümer
in Israel. Gütersloh: C. Bertelsmann 1930. (56 S.) 8°. = Beiträge
z. Förderung christl. Theologie, 33. Bd., 3. H. RM 1.80.

Die vorliegende kleine Schrift hat den Zweck, die
bekannte These des Verfassers über den Sinn des Deute-
ronomiums und der josianischen Reform noch weiter zu
erhärten, wie denn auch S. 32—42 nur eine kurze Zusammenfassung
des früheren Werkes („das deuterono-
mische Grundgesetz" 1923) darstellt; auch jetzt begegnet
wieder die merkwürdige Behauptung, Josias Vorgehen
sei nur „eine Sicherheitsmaßregel gegen die
Assyrer für den Fall, daß sie in Juda mit einer Heeresabteilung
einrückten und den Zorn des Landesgottes
Jahwe durch Opfer auf seinen Altären besänftigen wollten
" (S. 3S). Nach der ausgiebigen Diskussion der letzten
Jahre braucht dieser Teil der Arbeit nicht weiter erörtert
zu werden; wir haben uns nur mit dem Abschnitt
zu beschäftigen, der für die alte These einen neuen Beweisgrund
liefern soll. Dieser lautet: Josia bedurfte zur
Herstellung eines Zentralkults keiner besonderen Kultuskonzentration
, weil in Israel seit den Tagen Moses ein
Zentralkult neben den Ortskultstätten bestand; genau
wie der Islam seit seinen Anfängen die eine Ka'ba und
die vielen Moscheen nebeneinander kennt, so gab es
auch in Israel von jeher ein Zentralheiligtum (hekal)
neben den vielen Ortsheiligtümern (bamot). Dieses war
in der Wüstenzeit das hl. Zelt mit der Lade, nach der
Einwanderung zuerst der Tempel von Silo, dann der
von Gibeon, dann der von Jerusalem; nach der Reichstrennung
schuf sich Israel seinen hekal in Bethel, nur
unter den Omriden, die den lyrischen Baal als Reichs-

1 gort einführten, war dessen Tempel in Samaria der
hekal. Immer aber sind hekal und bama im AT. scharf
von einander geschieden, nie steht der eine Ausdruck
für den anderen. — Mit Hilfe dieser Annahme des
steten Nebeneinanders von hekal und bamot wird anhangsweise
(S. 43 ff.) eine neue Exegese von Jos. 22
u. Lev. 17 versucht, deren Richtigkeit natürlich ganz von
der Richtigkeit der Hauptthese abhängt, die wir nun
zu prüfen haben. Da ist zu sagen:

1. Es ist nicht bewiesen, daß hekal das jeweils
einzige Reichsheiligtum bedeutet. Für Silo folgt es
weder aus 1. Sam. 3,20 (S. 22), wo der Ausdruck „ganz
Israel von Dan bis Beerseba" sich nicht auf den Geltungsbereich
des silonischen Tempels, sondern auf die
Berühmtheit Samuels bezieht, noch aus 1. Sam. 2, 27 ff.

i (S. 23f.): dieser Text ist, auch wenn er vordeuterono-
misch ist, so lange nach der Zerstörung von Silo entstanden
, daß seine Meinung nicht entscheidend sein
kann. Und neben Bethel, dem angeblich einzigartigen
Reichstempel, steht das ganz gleich ausgestattete Dan

i (1. Reg. 12,29) oder, wie Arm 5,5 zeigt, ganz gleichwertig
Gilgal und Beerseba (in V. 5b steht üilgal sogar

i vor Bethel), auch ist zu beachten, daß in Am. 7,13 für
das Heiligtum von Bethel indeterminierte Ausdrücke

: gebraucht sind. Und wenn hekalot Hos. 8, 14 „Tempel"
heißt, was durchaus möglich ist, setzt das ebenfalls in
Israel mehr als einen hekal zu gleicher Zeit voraus.

2. Gegen die scharfe Trennung von hekal und
bama spricht der Textbefund. Der Name hekal wird
überhaupt nur für Silos und Jerusalems Tempel verwendet
. Für Bethel dürfte er in Am. 7, 13 nicht fehlen,
wenn er nur den von Oe. behaupteten ganz prägnanten
Sinn hätte (gegen S. 25), und Gibeon heißt nun einmal
1. Reg. 3,4 „die größte bama" (zu der Annahme S. 27,
dieser Ausdruck sei für ein ursprüngliches hekal eingesetzt
, liegt keinerlei Grund vor); gerade als Ort des
Zeltes, des „Zentralheiligtums" (S. 32) bekommt Gibeon
in 1. Chr. 21,29 u. 2. Chr. 1,3 den Namen bama.

Somit ist Oestreichers Beweisführung nicht gelungen
. Was bleibt und was allein den Aussagen des
AT. gerecht wird, ist die von Well hausen noch nicht
genügend gewürdigte, aber in den letzten Jahren herausgearbeitete
Unterscheidung von Lokal heiligtümern und
! W a 11 f a h rt s heiligtümern.

Gießen. V. Rudolph.

Storr, Canon Vemon F., M. A.: From Abraham to Christ.

Studies In the Development of the Theisin of the Old Testament.
The Romance of Human Faith and Divine Revelation. London:
Hodder and Stoughton 1928. (288 S.) 8°. 7 sh. 6 d.

Diese Vorträge, die inhaltlich nichts Neues bieten,
suchen die Entwicklung des Gottesglaubens im AT. als

' eine fortschreitende Selbstoffenbarung Gottes darzustellen
, die in Jesus gipfelt. Insofern ist der Titel
„. . . bis auf Christus" berechtigt; die Stoffdarbietung
selbst aber beschränkt sich auf den Kanon des AT. und
greift auch da nur das Wichtigste heraus: abgesehen
von einer Skizze der primitiven und der vorprofetischen
Religion werden nur Mose, Arnos, Hosea, Jesaja, Jere-
mia, Deuterojesaja und Jona genauer behandelt; dazwischen
schiebt sich ein Abschnitt „messianische Pro-

. fetie", dessen Stellung im Aufbau des Ganzen nicht
recht klar wird und der von der gegenwärtigen Frage-

: Stellung über Entstehung und Bedeutung der Eschato-
logie völlig unberührt ist. Nichtenglische Literatur wird
kaum beigezogen; nur die englische Übersetzung von

Ottos „das Heilige" und ein englischer Artikel von
Kautzsch wird gelegentlich erwähnt. Mehrfach kommen
Abschweifungen vor; wer würde z. B. in einem Abschnitt
über primitive Religion einen Abriß der Geschichte
der Verbalinspiration (S. 110ff.) erwarten?
Wohltuend berührt die Wärme, mit der die Bedeutung

| des alttestamentlichen Gottesglaubens für die Gegen-

| wart verfochten wird. Auf Einzelheiten soll nicht ein-

: gegangen werden; immerhin sei der Satz zitiert (S. 170),