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Ausgabe:

1930 Nr. 25

Spalte:

588-589

Titel/Untertitel:

The Catholic University of America. Patristic Studies. Vol. XVI - XXIV 1930

Rezensent:

Krüger, Gerhard

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Theologische Literaturzeitung 1930 Nr. 25.

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beruht, sondern auch ihrerseits von diesem kirchlichen
Christentum selbst getragen und stark beeinflußt sind,
also mit ihren leitenden Motiven in dieselbe Linie gehören
wie die Briefe.

Die folgenden Kapitel handeln von der Festsetzung
des Kanons, den Apokryphen, den Christian ethics und
von der Institutional religion. Für die Entstehung des
Kanons werden Onostizismus und Montanismus verantwortlich
gemacht; ersterer zwang die Kirche, die Frage
zu beantworten: was ist die richtige Tradition, letzterer:
was ist das Wesen der Inspiration und nach welchem
Kriterion ist die Inspiration zu erkennen? Im Kanon ist
das Ergebnis der kirchlichen Bemühungen zu ersehen.
Seltsamerweise kommt hier Marcion und sein Kanon
nicht besonders zur Besprechung. Sonst ist der Abschnitt
besonders anschaulich geschrieben. Er findet
seine Ergänzung in dem über die Apokryphen: von
ihrem Inhalt und von den Motiven ihrer Entstehung gibt
der Verf. ein gutes Bild; zugrundegelegt ist The apo-
cryphal N.T. von Dr. M. R. James, 1924. Ältere und
jüngere Apokryphen sind zusammengenommen. Es fehlt
die Epistola apostolorum.

Zum Schluß zwei charakteristische Kapitel über
Christian ethics und Institutional religion. Christentum
ist zunächt ein body of obiective fact. Aber aus den
facts ersteht von selbst a body of moral and ethical
principles. Seit das mittelalterliche Canon Law, in dem
diese ethischen Prinzipien für Leben und Wandel im
englischen Mittelalter sich kristallisiert haben, in der
englischen Reformation dahin gefallen war, ist das
N.T. und seine Ethik als höchster Standard und höchste
Instanz für Fragen des Lebenswandels anerkannt. Damit
ist aber eine große Schwierigkeit entstanden, die
Mr. M. konkret als das Problem der Bergpredigt
auffaßt. Seine Lösung ist interessant. Der Tatbestand
— die Unmöglichkeit nach der Moral der Bergpredigt zu
leben — ist mit allen Folgerungen eine Bedrohung des
Satzes von der Fleischwerdung des Wortes. Ganz richtig
: Bergpredigt und die Lehre von der Fleischwerdung
stehen ja auch in zwei ganz verschiedenen Evangelien!
Diese Lehre, als Grundlage genommen, führt dann auch
zu einer neuen Art von christlicher Ethik. Nicht Regeln
, sondern Prinzipien. Die Menschwerdung ist das
Evangelium, nicht die Bergpredigt. Aus der Menschwerdung
ergibt sich eine neue Ansicht vom Menschen,
von der Sünde, aber auch von den Rechten des Gotteskindes
, z. B. dem Recht auf Freiheit. So werden denn
die ethischen Probleme der Geschichte und der Gegenwart
gelöst, aus den Prinzipien heraus, die aber z. T.
doch wieder aus den Regeln der Bergpredigt geschöpft
werden. Zu einer klar durchgeführten Lösung des Zentralproblems
der neutest. Ethik kommt es leider nicht.
Was der Verf. über Krieg, Ehe, Sklaverei sagt, ist daher
nicht ganz befriedigend. Er ist z. B. schließlich doch
erstaunt, daß die Sklaverei so rasch, schon nach weniger
als 19 Jahrhunderten verschwunden ist! Von den sozialen
Problemen der Gegenwart wird nicht geredet.

Diese stehen bloß im Hintergrund des letzten Kapitels
, das von der Notwendigkeit einer organisierten
Kirche und von der Notlage der Church of England in
der Gegenwart redet. Die Not ist eine natürliche Folge
der bisherigen Geschichte der englischen Kirche und der
politischen und sozialen Entwicklung des Landes. Das
Bedenklichste ist in den Augen des Verf.'s der Mangel
an geistlichem Nachwuchs: Wenn dem nicht abgeholfen
wird, kann die Kirche nicht hoffen, an effective
force in the life of the nation zu sein. Das besonders
lehrreiche Kapitel und damit das Buch endet mit der
Mahnung: The future of religion will lie with the
Church which is most honest and succesful in its
attempts to make these two injunctions (sc. I. Thess.
5, 21 und I. Joh. 5,21) the guiding rules of its corporate
activity and of the lives of its individual members.
Kiel. H. Windisch.

The Catholic University of America. Patristic Studies. Washing-
i ton, D. C.: The Catholic University Press.

| Vol. XVI: Kaniecka, Sister Mary Simplicia: Vita Sancti Am-
brosii, M ed i o' a n en sis Ep i sco p i, a Paulino eiusNo-
tario, ad Beatum Augustinum conscripta. A Revised
Text, and Commentary, with an Introduction and Translation. (XVI,
186 S.) 1928.

Vol. XIX: Buck, Sister Mary Joseph Aloysius: S. Am brosii De

Helia et Jejunio. A Commentary, with an Introduction and

Translation. (XV, 233 S.) 1929.
! Vol. XX: Martin, Sister Marie Antoinette: The Use of Indirect

Discourse in the Works of S t. A m b rose. (XVI, 165 S.) 1930.
Vol. XXI: O'Brien, Sister Mary Bridgett: Titles of Addreü in

Christian Latin Episto 1 ography to 543 A. D. (XVI,

173 S.) 1930.

1 Vol. XXIII: Sullivan, Sister Therese: S. Aureli Augustini
Hippsuiensis Episcopi De Do ctrina Christiana Liber
Quartus. A Commentary, with a Revised Text, Introduction, and

| Translation. (XIV, 205 S.) 1930.

I Vol. XXIV: Madden, Sister Mary Daniel: The Pagan Divinities
and herWorship as Depicted in the Works of Saint
Augustine exclusive of the City ofQod. (X,135S.) 1930.

Ich habe schon einmal (diese Zeitung 1928 Sp.
214 f.) nachdrücklich auf die wertvollen Dissertationen
zur Patristik hingewiesen, die seit einer Reihe von

j Jahren von der katholischen Universität in Washington
herausgegeben werden. Es handelt sich dabei in der

; Mehrzahl um Arbeiten weiblicher Personen, Schwestern

I verschiedner Kongregationen, die sich mit einem Eifer
und einer Entsagung, für die ich kein vergleichbares
Beispiel kenne, den trockensten, dabei aber keineswegs
unfruchtbaren, Studien hingeben, die man sich

j denken kann. Mir sind nur Arbeiten über lateinische
Schriftsteller zu Gesicht gekommen. Für die griechi-

I sehen wird aber, dem Prospekt zufolge, Ähnliches ge-

: leistet.

I

Schwester Martin (XX) hat sich der Mühe unterzogen, dem Oe-
| brauch der indirekten Rede bei Ambrosius unter Durchmusterung seines
I gesamten Sprachschatzes nachzugehen. Ergebnis: Ambrosius bevorzugt
! in seinen früheren Schriften die klassische Form, also den Accusativ cum
j Infinitif. Erst später, vermutlich unter dem Einfluß des Griechischen
j und der Vulgärsprache, überwiegt die für das spätere Latein charak-
' teristische Verbindung mit quod, quia und quoniam. Das gesamte Ma-
| terial wird vorgelegt. — Schwester O'Brien (XXI) nimmt das von
I August Engelbrecht (Das Titelwesen bei den spätlateinischcn Epistolo-
I graphen, Wien 1893) in Angriff genommene Thema wieder auf, erweitert
| aber den Umkreis der dabei untersuchten Schriftsteller (im Ganzen sieben,
I dazu die Päpste von 352 - 523) auf die ganze Epistolographie von Cyprian
bis Caesarius und weiß auch das von Engelbrecht durchgeprüfte
' Material im einzelnen zu ergänzen.

Sind die Ergebnisse dieser Arbeiten in erster Linie von Interesse
für Philologen, so dürfen die anderen in besonderem Maß das der Theologen
und Religionshistoriker in Anspruch nehmen. Mc Guires Ausgabe
von des Ambrosius De Nabutha hat Schwester Buck (XIX) eine nach
den gleichen Grundsätzen gearbeitete Ausgabe von De Helia et Jejunio
i folgen lassen, r Für ihre Ausgabe der wertvollen Vita des Ambrosius
von Paulinus hat Schwester Kaniecka (XVI) die wichtigsten Handschriften
neu verglichen. Ihre Übersetzung ist die erste in eine moderne
Sprache. — Eine Sonderausgabe des 4. Buchs der Doctrina ist
I um so willkommener, als die kritische Ausgabe im CSEL noch nicht
| vorliegt, die letzte Ausgabe von Bruder (2 1865) aber der Vergangenheit
angehört. Schwester Sullivan (XXIII) hat sich nicht mit einfachem
Abdruck begnügt, sondern die wichtigsten Handschriften nach
Photographien neu verglichen und (außer der neben dem Text [mit zuverlässigem
Apparat] abgedruckten Übersetzung) einen Kommentar bei-
| gefügt, der, um Bekanntes zum Vergleich heranzuziehen, nach dem
| Muster des von Gibbs und Montgomery für die Konfessionen gelieferten
! angefertigt ist. Er will mir besonders wertvoll erscheinen durch die
zahlreichen Bezugnahmen auf die klassische und nachklassische Rhetorik.
Einleitung (beachte die Rhetorentexte) und Indices zeigen die Heraus-
! geberin auf der erwünschten Höhe. Zu beachten ist die Gegenüber-
| Stellung der von Augustin gebrachten Bibelstellen mit den Texten der
Vulgata und der Versio antiqua. Dali Augustin dabei, entgegen der
I sonst nach 400 von ihm beobachteten Gewohnheit, nicht die Vulgata
| benutzte, wird von neuem erhärtet. - Schwester Madden (XXIV) gibt
eine Übersicht über die Stellen, an denen Augustin von den heidnischen
i Gottheiten handelt, mit kurzer Angabe des Inhalts und Wiedergabe der
Texte in Fußnoten. „No attempt has been mode to discuss in a detailed
manner each fact noted." So bleibt diese Untersuchung, an sich nütz-
! lieh, doch an der Oberfläche. Überflüssig ist zu bemerken, daß alle
Arbeiten vorzüglich gedruckt sind. Man erschrickt ordentlich, daß
(XXIII S. V) einmal ein harmloser Druckfehler begegnet. Dagegen kann